Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Die Entfernung gegen die feindliche Artillerie war auf 2500 Schritt ermittelt. Mit bewundernswerther Ruhe und Ausdauer setzte die Batterie das Feuer fort, nach und nach unterstützt durch die von den Höhen südlich Vionville in den Kampf eingreifenden Batterieen des III. Armeekorps.

Der Erfolg des diesseitigen Artilleriefeuers war ein so günstiger, daß das feindliche Feuer wiederholt schwieg und die feindlichen Geschütze öfters verschwanden, um ihre Stellung zu wechseln. Oberstlieutenant de Montluisant, Kommandeur der Französischen Artillerie an der Römerstraße, berichtet später selbst, er habe dem als überlegen anerkannten Preußischen Artilleriefeuer gegenüber seine Geschütze in Staffeln mit 30 Meter Seitenabstand aufgestellt und häufigen Stellungswechsel (etwa alle halbe Stunden) vor und zurück vorgenommen.

Inzwischen war die 6. Preußische Division allmählich gegen Flavigny und Vionville zur Entwickelung gelangt und hatte in verlustreichem Vorgehen die feindliche Infanterie zurückgedrängt.

Um 111/2 Uhr wurde Vionville nach hartem Kampfe den Händen der Franzosen entrissen. Kurz vorher traten auch wieder zwei Batterieen des 10. Regiments, die 1. reitende und 1. schwere, zur Rechten unserer Batterie Bode in Thätigkeit, so daß nunmehr drei Batterieen vereint die Französische Artillerie an der Römerstraße aus der bisher behaupteten Stellung unter Feuer nahmen. Zu diesen traten etwas später links von der Batterie Bode noch dre Battericen der Artillerie der 6. Division (5. leichte, 5. und 6. schwere). Weiter rechts standen auf der Kirchhofshöhe bei Vionville die 2. reitende des 10. und 6. leichte des 3. Regiments im Feuer gegen Flavigny.

Unterdessen gelang es bis zur Mittagsstunde dem III. Korps in blutigem Ringen von Süden her, hauptsächlich mit der 5. Division, das Französische 2. Korps zurückzuweisen, so daß es völlig erschüttert über Rezonville den Kampfplatz räumen mußte. Auch die 6. Division hatte von Westen her gegen das 6. feindliche Korps weit über Bionville hinaus Boden gewonnen und stand nebst mehreren Batterieen in hartem Kampfe um den Besit der Rezonviller Höhen. Das Ergebniß für die Preußischen Waffen war daher ein überaus glänzendes. Aber die Kräfte des III. Korps näherten sich der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Die gesammte Infanterie und Artillerie stand in der Ausdehnung von fast einer Meile in vorderster Linie. Gesch. d. Feldart. Regts. Prinzreg. Luitpold v. Bayern (Magdeb.) Nr. 4.

15

Die einzigen geschlossenen Truppentheile waren die 5. und 6. KavallerieDivision.

Marschall Canrobert, Befehlshaber des 6. Korps, ging in richtiger Erkenntniß der Sachlage nunmehr zum Angriff gegen Bionville und den linken Flügel der Preußischen Gefechtslinie vor. Gegen denselben Flügel, zur Rechten des 6., befand sich das Französische 3. und etwas mehr rückwärts das 4. Korps im Anmarsch.

Das III. Preußische Korps allein hätte dem Ansturm dieser gewaltigen Ueberlegenheit unrettbar erliegen müssen. Zwar hatte der Todesritt der Kavallerie-Brigade v. Bredow um 11/2 Uhr mittags vorübergehend eine Pause in dem Vordringen des 6. Französischen Korps herbeigeführt. Bald nach 2 Uhr versuchten jedoch MitrailleusenBatterieen aus einer Waldlücke des Tronviller Busches gegen den linken Flügel der Batterie Bode Stellung zu nehmen. Mit einigen Granatschüssen auf 1800 Schritt traf diese die feindlichen Batterieen so glücklich, daß sie nach kurzem Feuer abmarschirten.

Aber die Versuche der Franzosen, den linken Preußischen Flügel zu umfassen, nahmen durch die Entwickelung zweier Divisionen des 3. und einer des 4. Korps ihren Fortgang.

Von 312 Uhr an begannen ihre Angriffe heftiger zu werden. Um diese Zeit sah sich die Batterie Bode gezwungen, im Verein mit der 3. leichten Batterie 3. Regiments, welche sich östlich Vionville nicht mehr hatte behaupten können und an den linken Flügel der Artilleriestellung westlich des Ortes sich angeschlossen hatte, links rückwärts zu schwenken. Von Nordwesten ging aus den Tronviller Büschen Infanterie gegen Vionville vor. Da die Entfernung durch das Feuer gegen die Mitrailleusen-Batterieen ziemlich bekannt war, trafen gleich die ersten Schüsse, und fortgesettes Schnellfeuer vertrieb die Tirailleurs in das Gehölz, aus welchem sie nicht wieder vorkamen.")

Es war von wesentlicher Bedeutung für den glücklichen Ausgang der Schlacht, daß gerade dem stark bedrohten linken Flügel des III. Korps durch die standhafte Haltung der Batterieen bei Vionville ein fester Stützpunkt geboten wurde. Nur unter ihrem kräftigen Schutze gelang es den wenigen von der Uebermacht zurückgedrängten Bataillonen der 6. Division und der 37. Infanterie-Brigade, in guter Ordnung die Tronviller Büsche zu räumen und sich so lange zu behaupten, bis ihnen durch das Eingreifen des X. Korps nach

1) Tagebuch des Hauptmann Bode.

3 Uhr nachmittags die dringend nothwendige, wirksame Hülfe zu Theil wurde.

Schon während der Umfassungsversuche des 3. und 4. Französischen Korps waren die Batterieen von Vionville wiederholt durch zahlreiche Französische Batterieen von Nordwesten sehr lebhaft beschossen worden. Die Batterieen Bode und die 3. leichte 3. Regiments nahmen den Kampf gegen den neuen Feind auf, während die 1. reitende und 1. schwere Batterie 10. Regiments die Französischen Batterieen an der Römerstraße weiter bekämpften. Das Feuer der letzteren war zwar schwächer geworden, wurde jedoch noch immer fortgesetzt. Unsere Batterieen geriethen dadurch in ein Kreuzfeuer, welches ihnen nicht unerhebliche Verluste zufügte und die Unterhaltung des eigenen Feuers wesentlich erschwerte.

Aus dieser Lage wurden sie durch das Eingreifen neuer, ihrem Korps weit vorausgeeilter Batterieen 10. Regiments weiter westlich Bionville befreit. Diese zogen das Feuer der feindlichen Batterieen westlich der Tronviller Büsche auf sich und verschafften dadurch der Batterie Bode die Möglichkeit, die nach zehnstündigem Kampfe unabweisbar gewordene Ergänzung der Munition, den Ersatz der Verluste und die Neuordnung der Batterie vorzunehmen. Hierzu ging sie gegen 5 Uhr nachmittags etwa 800 Schritt hinter eine Anhöhe zurück.

Außer den schon angeführten Offizieren hatte die Batterie verloren: Wachtmeister Linnecke,1) Unteroffizier Schirmer todt, 4 Unteroffiziere, 16 Mann zum Theil tödlich verwundet. Außerdem waren 21 Pferde todt und 15 verwundet. Dem Batteriechef war ein Pferd unter dem Leibe erschossen, eins verwundet worden.2) Die Batterie mußte neu zusammengestellt werden. Sekondlieutenant Bauerhorst übernahm das Kommando des 1., 2. und 3. Geschüßes, Sergeant Köhler das des 4., 5. und 6.; Geschützführerstellen und Bedienung mußten neu besetzt werden. Nach etwa einer halben Stunde meldete sich der Batteriechef beim Major Koerber

1) Wachtmeister Linnecke wurde, von einer Granate in die Brust ge= troffen, todt vom Pferde gerissen. Dieses, leicht verwundet, raste in der Aufregung davon, geradewegs in die feindliche Artillerielinie und wurde nie wiedergesehen. Es war dies insofern für die Batterie sehr unangenehm, weil damit fast alle wichtigen Papiere, die vom getödteten Wachtmeister mit größter Sorgfalt geführt und in beiden Satteltaschen verpackt waren, verloren gingen. (Mittheilung des damaligen Oberstlieutenants Forst, Kommandeur der Reitenden Abtheilung.)

2) Näheres über Verluste siehe Anlage 11.

15*

zurück, und dieser befahl, daß die Batterie auf dem rechten Flügel der drei reitenden Batterieen des 10. Regiments, welche die Front nach Nordwesten genommen hatten, aufmarschiren sollte. Dadurch kam der rechte Flügel etwa 50 Schritt vom Dorfe Vionville entfernt, und die Batterie fand dadurch einigermaßen Deckung gegen das feindliche Artilleriefeuer von Norden her.

Die Batterie nahm wieder das Feuer gegen die feindliche Artillerie an der Römerstraße auf 2200 Schritt auf, das bis zum Abend 730 Uhr unterhalten wurde.

Der Tag neigte sich zu Ende, allmählich schwieg das Feuer. Die Schlacht war gewonnen, die Preußen standen abends auf dem Boden, welchen die Franzosen morgens innegehabt hatten. Die ganze Französische Hauptmacht war durch die große Entschlossenheit und zähe Energie des Generals v. Alvensleben, die bewundernswürdige Tapferkeit seiner Truppen und die opferfreudige kameradschaftliche Unterstüßung durch das X., sowie später auch durch Theile des VIII. und IX. Armeekorps unter den schwersten Opfern festgehalten, die Straße über Mars la Tour nach Verdun gewonnen. An dieser „glänzendsten Waffenthat des ganzen Krieges"1) ruhmvollen Antheil genommen zu haben, darauf kann unsere 1. reitende Batterie ganz besonders stolz sein.

Ihre lezte Aufstellung befand sich an der Stelle, wo morgens das Lager des 9. Französischen Dragoner-Regiments gewesen war, das durch die Granaten der Batterieen des Major Koerber so völlig überrascht und verjagt worden war. Hier fanden sich Lebensmittel und Ausrüstungsstücke aller Art vor, die unter die Mannschaften der Batterie vertheilt wurden, eine höchst willkommene Beute nach den langen Entbehrungen. Gegen 9 Uhr abends ging auf Befehl des Major Koerber die Batterie hinter das Dorf Tronville zurück, wo sie mit der 5. Kavallerie-Division biwakirte.

Die Batterie hatte 585 Granaten (fast 3/4 ihrer gesammten Munition einschließlich 2. Staffel) verschossen.

Die 2. Wagenstaffel konnte in der Dunkelheit nicht aufgefunden werden und blieb deshalb während der Nacht von der Batterie getrennt.2)

1) Moltkes Schriften III, S. 45.

2) Die Haltung der Mannschaften war nach dem Berichte des Batteriechefs Hauptmann Bode I. während der zehnstündigen Schlacht eine tadellose. Besonders verdienen genannt zu werden:

,,1. Avantageur, Gefreiter Dony. Fast die ganze Bedienung des 1. Geschüßes wurde durch ein feindliches Schrapnel verwundet und außer Gefecht

4. Unternehmung gegen Toul.')

Im Laufe des 16. August rückten die Korps der Zweiten Armee, welche an der Schlacht bei Vionville--Mars la Tour nicht theilnahmen, weiter in westlicher Richtung gegen die Maas vor und überschritten größtentheils die Mosel.

Auf dem linken Flügel trat das IV. Armeekorps, am frühen Morgen nördlich von Marbache die Mosel überschreitend, den Vormarsch an, die 8. Infanterie-Division erreichte Marbache und Belleville, das Generalkommando und die Korpsartillerie weiter vorwärts die Gegend von Les Saizerais, die Trains verblieben noch auf dem rechten Mosel-Ufer.

Von der 7. Infanterie-Division, welche östlich von Rosières en Haye biwakirte, wurde die 14. Infanterie-Brigade, welcher das Dragoner-Regiment Nr. 7, die 1. schwere und 2. leichte Batterie, zwei Pionier-Kompagnieen und der leichte Brückentrain zugetheilt wurden, als Avantgarde gegen Toul vorgeschoben. Das Dragoner-Regiment erhielt um 6 Uhr morgens am Straßenknotenpunkte bei Les Quatre Vents den Befehl, auf der Straße von Toul gesezt. Auch er war verwundet (Streifschuß im Gesicht), lief aber sofort zum 2. Geschüß, um dort die Verrichtung einer Bedienungsnummer zu übernehmen.

2. Unteroffizier Luther war am Fuß bedeutend verwundet und nach einem Lazareth gesandt. Er traf abends wieder bei der Batterie ein und bat, bleiben zu dürfen und gefahren zu werden, um nach seiner Genesung gleich wieder da zu sein. Da die Verwundung bedeutend war, konnte dies nicht ge= nehmigt werden. Er wurde nach der Heimath transportirt und blieb dort noch mehrere Monate krank.

3. Unteroffizier Hafermalz. Beim Zurückgehen der Batterie behufs Ergänzung wurde sein Pferd erschossen. Er blieb im starken feindlichen Granatfeuer halten, sattelte das Pferd ab und brachte den Sattel selbst nachgetragen.

4. Trompeter Schmidt. Er wurde durch eine Kugel im Bein verwundet, verließ jedoch die Batterie nicht. Erst, als er noch zwei Kugeln ziemlich an derselben Stelle erhielt, ging er zurück.“

Die verdienstvolle Thätigkeit, welche die Batterie in ihrer Stellung in vorderster Linie entwickelt hatte, fand ihre Anerkennung in den zahlreichen Auszeichnungen, die ihr verliehen wurden. (Näheres siehe Anlage 17.) In ihr volles Licht und in ihre wahre Bedeutung für den erfolgreichen Verlauf der Schlacht trat diese Thätigkeit erst, als die Ereignisse der kriegsgeschichtlichen Untersuchung unterzogen wurden. Der Batteriechef Bode erhielt infolgedessen noch nachträglich das Eiserne Kreuz 1. Klasse.

1) Skizze 13.

« ZurückWeiter »