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13. Juli.

Aenderung der Marschrichtung.

Die meist sehr mangelhaften Quartiere waren so eng belegt, daß immer ein großer Theil der Truppen biwakiren mußte.

Durch das viele Biwafiren, meist im nassen Wetter, litten die Bekleidung und Ausrüstung von Mann und Pferd außerordentlich. Leinenzeug und Zugtaue rissen schließlich wie Zunder, Hosen und Stiefel der Fußmannschaften wurden sehr mangelhaft. Ein längerer Marsch auf einem Eisenbahndamm nahm auch den Husbeschlag und besonders auch die Räder der Geschütze stark in Anspruch.

Der Marsch war recht beschwerlich. Ohne Ruhepause mußte sieben Tage hintereinander durch bergiges, unwegsames Gelände, auf vollständig aufgeweichten Wegen, in einer endlosen Kolonne, mit fortwährendem Stuten marschirt werden.

Trotz alledem hielten die Leute brav aus, und die Pferde blieben. in verhältnißmäßig gutem Gesundheitszustand.

Die 7. Division und die Reserveartillerie erreichten am 13., die 8. Division am 14. Brünn. Hier wurde ein Ruhetag gewährt. Dem allgemeinen Bedürfniß entsprechend, fand in Brünn ein feierlicher Feldgottesdienst statt. Mit vollem Herzen stimmte Alles in den Lobgesang „Nun danket Alle Gott!" ein. In solcher Zeit und in solcher Stimmung ist das religiöse Gefühl und fromme Begeisterung auch dem ein Bedürfniß, dem sie im alltäglichen Leben abhanden gekommen sein mag. Sichtlich groß war auch der Eindruck der einfachen, würdigen Gottesverehrung auf die zuschauenden Einwohner dieses finsteren Landes. „Dieses Heer von Ungläubigen, diese keterische Preußenschaar, die nun gar nicht so erschien, wie sie die Pfaffen ge= schildert und die gläubige Gemeinde sich vorgestellt hatte!"

Natürlich ging auch der Ruhetag nicht vorüber, ohne daß Jeder, dem es sein Dienst gestattete, die Sehenswürdigkeiten der mährischen Hauptstadt in Augenschein genommen hätte, in der auch der König sein Hauptquartier genommen hatte.

Die im Großen Hauptquartier einlaufenden Meldungen über den Marsch Oesterreichischer Heerestheile von Olmüß auf Wien, veranlaßten neben den entsprechenden Weisungen an die Zweite Armee auch ein Abweichen der Ersten von ihrer geraden Marschrichtung auf die feindliche Hauptstadt. Sie erhielt Befehl, auf Lundenburg vorzugehen, um sich dem von Olmüt anmarschirenden Feinde vorzulegen.

Die einzelnen Theile der Ersten Armee setzten demgemäß am 16. sich in Bewegung. Durch die Gefechte der Zweiten Armee bei Tobitschau und Rokeinit am 15. Juli, sah sich die Armee Benedeks genöthigt, die Straße an der March zu verlassen, um durch die Karpathen über Preßburg die Verbindung mit Wien aufzusuchen.

Die 8. Division war bereits am 15. um 3 Uhr morgens aufgebrochen und marschirte in zwei starken Märschen nach Göding, das am 16. erreicht wurde. Die Stadt war offenbar in größter Eile vom Feinde verlassen. Große Vorräthe an Brot, Getreide und Cigarren fanden sich vor, vortreffliches Bier erquickte die durstigen Kehlen.

Die 7. Division erreichte Lundenburg, die Reserveartillerie Klobank.

Im Großen Hauptquartier wurde der allgemeine Vormarsch gegen die Donau beschlossen, um sich entweder gegen Wien oder gegen Preßburg zu wenden. Die Erste Armee marschirte auf beiden Ufern der March, die Elb-Armee rechts daneben. Die Zweite hatte zu folgen. Da man am Abend des 19. noch nicht mit Bestimmtheit wußte, wie viel Truppen des Erzherzogs Albrecht aus Italien und wie viel von den in Olmütz gesammelten bei Wien eingetroffen waren, mußte sowohl mit einem Angriff von Wien aus den starken, bei Florisdorf neuangelegten Schanzen als von der March her gerechnet werden. Die Erste und die Elb-Armee erhielten daher Befehl, nicht eher die Linie Solfersdorf-Wagram zu überschreiten, als bis die bei Olmütz entbehrlich gewordenen Theile der Zweiten sich mit ihnen vereinigt hätten. Die Erste Armee sollte jedoch versuchen, durch überraschenden Angriff sich Preßburgs sowie der dortigen Uebergänge zu bemächtigen.

Am 20. rückte deshalb die 7. Division bis in die Gegend von Stillfried und überschritt am 21. bei Angern die March. Jhr folgte die II. Fuß- Abtheilung der Reserveartillerie bis Zohor. Die 8. Division stand bei Bisterniß, ihre Avantgarde bis gegen Blumenau vorgeschoben. Am folgenden Tage sollten beide Divisionen, vereint mit der herangezogenen Kavallerie-Division Hann v. Weyhern, unter dem Oberbefehl des Generallieutenants v. Fransecky, gegen Preßburg vorgehen.

16. Juli.

6 Uhr.

8. Gefecht bei Blumenau. Sonntag, den 22. Juli.

Erkundungen ergaben, daß vom Feinde eine Stellung zwischen Kaltenbrunn und Blumenau stark besetzt war. Auf den Höhen. zwischen beiden Dörfern stand starke Artilleric. Generallieutenant v. Fransedy beschloß, den Feind in der Front nur zu beschäftigen, bis eine Umgehung wirksam würde, die General v. Bose mit sechs Bataillonen gegen die rechte Flanke des Feindes ausführen sollte. Bald nach 6 Uhr begann das Gefecht durch einen Zusammenstoß der beiderseitigen Kavallerie. Die feindlichen Ulanen wurden zurückgeworfen. Die Oesterreichische Artillerie eröffnete ihr Feuer. Unmittelbar darauf gingen die gezogenen Batterieen der I. und III. Fuß-Abtheilung vor. Da es hier nur darauf ankam, den Kampf hinzuhalten, so nahmen sie auf einer Geländewelle südlich Bisternit, 4000 bis 3600 Schritt von der feindlichen Artillerie entfernt, Stellung. Zuerst traf die Avantgarden-Batterie der 7. Division, die 1. vierpfündige v. Raußendorff, ein. Um gute Uebersicht zu haben, marschirte sie in zwei Hälften auf zwei, etwa 150 Schritt voneinander getrennten Kuppen östlich der Chaussee nach Preßburg auf. Unmittelbar darauf setzte sich zwischen diese die AvantgardenBatterie der 8. Division, die 4. vierpfündige v. Schlotheim und dann auf den linken Flügel die 3. vierpfündige, Kipping und die 3. sechspfündige, Anton. Links dieser marschirte die 1. sechspfündige Batterie, Kühne auf, während die 5. vierpfündige v. Nordeck rechts der Chaussee Stellung nahm.

Diese sechs gezogenen Batterieen nahmen unter gemeinsamer Leitung des Oberstlieutenants Weigelt, Kommandeurs der I. FußAbtheilung den Kampf mit der feindlichen Artillerie auf. Die glatten zwölfpfündigen Batterieen blieben, da bei der großen Entfernung auf ihre Wirksamkeit nicht zu rechnen war, vorläufig zurück, bald aber wurde die 4. zwölfpfündige, v. Not, mit dem Füsilier-Bataillon Regiments Nr. 66 zur Unterstützung des II. Bataillons 72er nach dem rechten Flügel entsandt. Gegen den feindlichen rechten Flügel bei Franzhof gingen anderthalb Bataillone 72 er, Regiment Nr. 67, Füsilier-Bataillon 27 er und eine Pionier Kompagnie vor. In Reserve verblieben noch vier Bataillone vom Gros der 7. Division und die 3. zwölfpfündige Batterie v. Seebach. Die Reserveartillerie befand sich im Anmarsch.

Um diese Zeit, 730 Uhr, erhielt General v. Fransecky die Nachricht, daß um 12 Uhr eine fünftägige Waffenruhe zu beginnen habe. Er hatte sich schon zu weit in das Gefecht eingelassen, um es ohne Bedenken abbrechen zu können. Er beschloß daher, den begonnenen Kampf weiterzuführen und, ohne die Wirkung der eingeleiteten Umgehung des General v. Bose abzuwarten, gegen beide Flügel des Feindes vorzugehen. Zunächst verstärkte er seine Geschützlinie, indem er die vier Batterieen der um 830 Uhr eintreffenden II. Fuß-Abtheilung rechts vorwärts der bereits im Feuer stehenden aufmarschiren ließ. Zuerst trafen die 2. vierpfündige, Reinhardt und 6. vierpfündige, Philippi, ein. Auf deren rechten Flügel setzte sich dann die 2. sechspfündige v. Schaper und rechts dieser die 4. sechspfündige Meißner.1)

Nach etwa einstündigem Kampfe, der bei der großen Entfernung keine große Wirkung haben konnte, führte Oberstlieutenant v. Scherbening, Kommandeur der II. Fuß-Abtheilung, die fünf westlich der Chaussee aufgestellten Batterieen, staffelweise vom linken Flügel, näher an den Feind heran. Die anderen fünf Batterieen links der Straße hatten einen steilen, schwer zu durchschreitenden Grund vor sich und blieben daher stehen. Das Feuer wurde lebhafter und hatte auch Erfolg. Die feindlichen Batterieen mußten öfter ihre Stellung wechseln. Zur Sicherung der vorgeschobenen Batterieen stellte sich hinter ihrem rechten Flügel je ein Bataillon der Regimenter Nr. 26 und Nr. 27 auf, und weiter rechts marschirte die Kavallerie-Division Hann v. Weyhern auf.

Es war 10 Uhr geworden. General v. Fransecky hatte von den sechs Bataillonen des General v. Bose, die den feindlichen rechten Flügel umgehen sollten, noch keine Nachricht erhalten. Nur noch zwei Stunden blieben zum Handeln übrig. Der General ertheilte nunmehr den Befehl zum Angriff. Auf dem rechten Flügel (westlich) wurden die feindlichen Schüßen bis über die Höhe von Kaltenbrunn hinaus zurückgeworfen und die feindliche Artillerie in

1) Es standen nun 10 Batterieen des Regiments im Feuer, und zwar vom rechten Flügel gerechnet in folgender Ordnung;

westlich der Straße nach Preßburg:

4. und 2. sechspfündige, 6., 2. und 5. 4pfündige, östlich der Straße nach Preßburg:

1/2 1., 4., 1/2 1., 3. 4pfündige, 3. und 1. sechspfündige. Gesch. d. Feldart. Regts. Prinzreg. Luitpold v. Bayern (Magdeb.) Nr. 4.

13

730 Uhr.

830 Uhr.

980 Uhr.

10 Uhr.

1130 Uhr.

12 Uhr.

der Flanke bedroht. Die Batterieen rechts der Chaussee nahmen auch allmählich weiter vorwärts Stellung, ohne das Feuer einer auf dem spitzen Thebener Kogl stehenden feindlichen Raketen-Batterie zu beachten. Während dieser Bewegung zeigten sich plöglich rechts vorgehende feindliche Kavalleriemassen. Die Batterieen protten ab, bereit zum Kartätschfeuer. Einige Granaten aber der Batterie Philippi bewogen die feindlichen Reiter zum Umkehren, worauf die Batterieen ihre Vorwärtsbewegung fortsetten. Auf 2000 bis 2500 Schritt wurde von Neuem der Kampf aufgenommen. Besonders die Batterie v. Schaper hatte hier furchtbar zu leiden. Sie hatte ohne jede Deckung auf einem festen Anger, auf dem fast alle Granaten krepirten, Stellung genommen. In kurzer Zeit verlor sie 25 Mann und 37 Pferde. Die Proße des 5. Geschüßes flog in die Luft. Merkwürdigerweise wurden durch letzteres Ereigniß nur den Stangenpferden die Schweife verbrannt und ein Mann im Gesicht verwundet. Ungeachtet der Verluste, die die Batterie fast gefechtsunfähig machte, wurde das Feuer mit Ruhe und Kaltblütigkeit fortgesetzt. Eine Aenderung der gefährlichen Stellung war nach vorwärts verhindert durch einen tiefen, breiten Graben, eine Flankenbewegung würde der Batterie wahrscheinlich den Rest gegeben haben. Zum Zurückgehen aber wollte der Batteriechef sich nicht entschließen. Fald war auch die Batterie wegen Mangels an Pferden nicht mehr bewegungsfähig.

Unterdessen wurde das Feuer der Oesterreicher schwächer, die Batterieen ihres linken Flügels zogen ab. Der Preußischen Infanterie gelang es, besonders gegen den feindlichen linken Flügel immer weiter vorzudringen. Um 1130 Uhr fuhren die letzten feindlichen Batterieen ab.

Die Preußischen Batterieen des rechten Flügels, 4. sechspfündige, Meißner, und 6. vierpfündige, Reinhardt, wurden um 1130 Uhr noch einmal um 300 Schritt vorgezogen. General v. Bose hatte auf seiner Umgehung den Gämsenberg erstürmt und war im Vorgehen gegen Preßburg in den Rücken der Oesterreicher begriffen. Ein glänzender Sieg war sicher. Da ertönte plötzlich um 12 Uhr das Signal: „Das Ganze Halt!" Die Waffenruhe begann, der Kampf mußte abgebrochen werden. 1)

Die Truppen bezogen rückwärts der festgesetzten Demarkationslinie Quartiere bezw. Biwaks, die 7. und 8. Division in und bei

1) Munitionsverbrauch siehe Anlage 6. Verluste siehe Anlage 7.

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