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Eine dritte Composition gleicher Gattung ist die zu Ehren des Schuloberauffehers Josef Spendou1) auf Textworte von Hocheisel für Soli, gemischten Chor und Orchester componirte, unter der Aufschrift: Empfindungsäußerungen des Witwen-Institutes der Schullehrer Wiens für den Stifter und Vorsteher desselben (Josef Spendou) veröffentlichte Cantate 2).

Die Composition besteht aus Recitativen (für Baß), einer Arie, einem Duett und mehreren Chören.

Das erste Baßrecitativ (Grave G-Moll ) „Da liegt er starr vom Tode hingestreckt" schildert, auf den todten Vater hindeutend, in kurzen kräftigen Sägen die traurige Lage der verwaisten Kinder. An dasselbe reiht sich der Klagegefang der Witwe und der diesen begleitende Chor der sie tröstenden Kinder (Andante F-Moll ). Ein zweites Baßrecitativ zeigt auf den Retter hin, welchen das nun folgende Duett der Witwe und Einer Waisen (Allegro mod. B-Dur) als solchen begrüßt. Folgt abermals eine Recitativstelle (Andante molto ); auf dieses ein Chor der

und auch diesmal bei der Aufführung anwesend, und die Zeugen jener Productionen, Dr. Leopold v. S., Albert Stadler, der nachherige Oberfinanzrath Ant. Müllner, v. Schlechta und Herr Jos. Hüttenbrenner wirkten (lezterer im J. 1819) im Chor mit. 3m 3. 1820 wollte Schubert die Cantate im Augarten aufführen, kam aber davon zurück, da die Probe nicht gut zusammenging. Die Aufführung der Cantate währte beiläufig 7 Einer Stunde.

1) Spendou war Domscolasticus, Dr. der Theologie, Regierungsrath, Mitglied der Studien-Hofcommission in Angelegenheiten der deutschen Schule, infulirter Prälat und Schuloberaufseher.

2) Die Cantate ist als op. 128 in dem von Ferd. Schubert verfaßten Clavierauszug im Stich erschienen.

Witwen und Waisen (Allegro maestoso D-Dur ) zum Lob und Preis Spendou's, und endlich ein kurzes Baßsolo (Adagio con moto D-Dur ), welches in den Schlußzchor (B-Dur ‡) leitet, der mit einem Quartett (Gattin, Waise, Tenor und Baß) beginnend, den Sologefang des Soprans (Gattin) bis zu Ende begleitet.

Die Recitative sind in dieser Cantate schön und ausdrucksvoll behandelt; die übrigen Gesangsstücke - ohne Zweifel auf den Vortrag durch die Waisenkinder berechnet bewegen sich in schön dahinfließenden Melodien. Der hausbackene Gesangstert war nicht geeignet, den Tondichter zu schwungvoller musikalischer Darstellung einzuladen; der Zweck aber, den Wohlthäter der Witwen und Waisen durch angemessenen Gesang zu ehren, dürfte bei Aufführung der Cantate vollständig erreicht worden sein.

Die Kirchenmusik ist durch die Messe in C1), ein verhältnißmäßig weniger hervorragendes Werk, durch das große Magnificat) in C, eine sogenannte Duett- Arie3) für

1) Es ist dies Schubert's vierte Messe (auf dem Titelblatt als dritte bezeichnet). Sie ist für vier Singstimmen mit Orchesterbegleitung geschrieben, Herrn Holzer „zur freundlichen Erinnerung“ gewidmet und als op. 48 bei Diabelli im Stich erschienen.

2) Das Magnificat ist für Solo und gemischten Chor mit Instrumentalbegleitung (Violine, Viola, Oboe, Fagott, Trompete, Pauke) und Orgel componirt. Es beginnt mit einem Chor (Allegro maestoso 4) Magnificat anima mea Dominum etc., auf diesen folgt ein Soloquartett (Andante ) Deposuit potentes de sede etc. und auf dasselbe als Schluß ein Chor gemischter Stimmen mit Soloquartett (Allegro vivace Gloria patri et filio et spiritui sancto Amen. Das Autograf mit dem Datum 25. Sept. 1816 besißt Herr Spina.

3) Dieser umfangreiche Doppelgesang (Moderato G-Dur 4) ist von Violine, Viola, Oboe, Fagott, Cello und Contrabaß begleitet. Die

Sopran und Tenor, das Fragment eines Requiem 8 1) und das Stabat mater nach der deutschen Nachbildung von Klopstock — endlich durch ein Paar kleinere Einlagen 2) reichlich vertreten.

Unter diesen Kirchencompositionen ist das Stabat mater für Soli, Chor und Orchester3) die umfangreichste und unstreitig auch bedeutendste. Es besteht aus vier Arien (je eine für Sopran und Baß und zwei für Tenor), einem Duett für Sopran und Tenor, zwei Terzetten für Sopran, Tenor und Baß, wovon das eine mit Chorbegleitung und aus fünf Chören für gemischte Stimmen. Diese letteren bilden auch die gelungensten Theile des ganzen Werkes, und ist namentlich der Doppelchor (Nr 5), ein Wechselgesang von Frauen- und Männerstimmen - von schönem Ausdruck. Auch das Sopransolo (Nr. 2) und das Terzett (Nr. 10) sind in edlem, echt kirchlichem Styl gehalten, und das erstere von ergreifender Wirkung. Die Baßarie könnte auch von Mozart sein, so sehr ist sie dem Styl dieses Meisters nachgebildet.

Textworte lauten: Auguste jam coelestium Divis recepte sedibus dignare te colestium piis adesse mentibus. Omnem per orbem gloriae tuae eriguntur simbola. Per te impetratae gloriae ubique stant insignia. Das Autograf besißt Herr Spina.

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Das Requiem reicht bis (einschließlich) zur Fuge des Kyrie.

2) Klopstocks Halleluja (dreistimmig) in Lief. 41 enthalten, und ein Salve regina.

3) Das Stabat mater trägt das Datum Februar 1816. Die Instrumentalbegleitung besteht aus Violinen, Viola, Oboe, Posaunen und Contrabaß. Im Jahre 1841 wurde es in Wien im Musikvereinssaal aufgeführt, wobei Staudigl, Lutz und Frl. Tuczek die Solo fan

Den im vorausgegangenen Jahre entstandenen zwei Sinfonien (in B und D) folgten in diesem Jahre abermals zwei sinfonische Werke: die Sinfonie in C-Moll 1) (die sogenannte tragische) und eine zweite in B-Dur. Von den zwei Sinfonien in B ist die eine bekannt als „Sinfonie ohne Trompeten und Pauken", was vielleicht darin seinen Grund hatte, daß in jener Gesellschaft von Dilettanten, für welche damals Schubert seine Kammer- und Orchestermusik zu componiren pflegte, sich damals weder ein Trompeter noch ein Paukenschläger vorfand.

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Der kleine Kreis von Freunden und Bekannten, welche sich nach und nach den schon erwähnten, bei Vater Schubert abgehaltenen Streichquartett - Uebungen angeschlossen hatten, erweiterte sich nämlich allmälig derart, daß Haydn's Sinfonien in Quartettauszügen mit doppelter Beseßung aufgeführt werden konnten. Zu den Theilnehmern zählten Hr. Josef Doppler (Geschäftsführer der Hofmusikalienhandlung C. A. Spina), welcher mit Franz schon von den Kinderjahren her

gen. Im Jahre 1858 brachte die Wiener Singakademie das Terzett mit Chor zu Gehör; am 3. April 1863 kam es in der Altlerchenfelderkirche in Wien vollständig zur Aufführung.

') Die C-Moll-Sinfonie, componirt im April, besteht aus vier Säßen: einer Einleitung Adagio molto mit daran sich schließendem Allegro, einem Andante (As-Dur 4), einem Menuett mit Trio (Allegro vivace Es-Dur ) und dem Finale (Allegro C-Moll ); jene in B hat ebenfalls vier Sätze: ein Largo und Allegro, ein Andante, Menuett und Finale. Der zweite Satz der C-Moll-Sinfonie kam am 2. Dec. 1860 in einem Gesellschaftsconcert in Wien als sinfonisches Fragment zur Aufführung. Eine Copie der B-Sinfonie besitzt der Wiener Musikverein, eine Abschrift von jener in C-Moll Dr. Schneider.

bekannt war, die Violoncellisten Kamauf und Wittmann und der Contrabaßspieler Redlpacher.

Als Vater Schubert's Wohnung für diese Zusammen= künfte nicht mehr ausreichte, nahm der Handelsmann Franz Frischling die Musiker in seiner Wohnung (Dorotheergasse Nr. 1105) bereitwilligst auf. Der Beitritt mehrerer neuer Mitglieder bewirkte, daß im Herbst 1815 schon kleinere Sinfonien (von Pleyel, Rosetti, Haydn, Mozart) aufgeführt werden konnten, und einige Zuhörer sich einfanden.

Der Raum wurde abermals zu enge, und so übersiedelte die Gesellschaft zu Ende des Jahres 1815 in die Wohnung des Otto Hatwig (vordem Mitglied des Burgtheater-Orchesters) im Schottenhof, und im Frühjahr 1818 in desselben neue Behausung im Gundelhof. Fortwährende regelmäßige Uebungen und das Hinzutreten tüchtiger Musiker ermöglichten die Aufführung der größeren Sinfonien von Haydn, Mozart, Krommer, Romberg und der beiden ersten von Beethoven, sowie der Ouverturen von Cherubini, Spontini, Câtel, Mehul, Boildieu, Weigl, Winter u. s. w. Für diese Gesellschaft nun schrieb Schubert die beiden erwähnten Sinfonien und im Jahre 1818 die Sinfonie in C, sowie auch 1817 die Ouverturen im italienischen Stil, von welch legteren noch die Rede sein wird, und eine Ouverture in B') (comp. im September 1816). Die Uebungen währten bis in den Herbst 1820, wo sie wegen Mangels einer geeigneten Localität eingestellt und nicht wieder aufgenommen wurden 2).

1) Das Autograf der B-Ouverture besißt Dr. Schneider in Wien. 2) Von Hatwig übersiedelte die Gesellschaft noch in die Wohnung des Spediteurs Anton Pettenkoffer (am Bauernmarkt). Als dieser Wien verließ und kein geeignetes Locale unentgeltlich zur Verfügung

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