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und wirklichen Schüler und Schülerinnen in seiner Wohnung. Graf Kuefstein beehrte die Gesellschaft mit seiner Gegenwart. Sobald Alles versammelt war, begann die musikalische Feier. Salieri, von seinen vier gleichgekleideten Töchtern umgeben, nahm am Clavier Plaz. Zur Rechten in einem Halbkreise saßen vierzehn theils ehemalige theils noch wirkliche Schülerinnen, nämlich die Damen: Rosenbaum und Fux (beide geborne G a ßmann), Correga, Flamm, Klüber, Schütz, Milani, Hähnel, Canzi, Franchetti, Teyber, Fery, Weiß und Mathes; zur Linken zwölf ebenfalls theils schon absolvirte theils noch wirkliche Schüler, und zwar Schüler in der Composition 1): Carl Freiherr von Doblhoff, Josef Weigl, Stunz, Aßmahr und Franz Schubert. Hummel und Moscheles, eben auf Kunstreifen abwesend, beschränkten sich darauf, ihre Compositionen einzusenden. Als Schüler im Gesang erschienen: Mozatti, Fröhlich, Plaßer und Salzmann. Dem Jubelgreise gegenüber waren zwei ausgezeichnete Pläße für die beiden oben erwähnten Vorgesetzten bereitet, in Mitte derselben aber die Büste Kaiser Josef II., seines ersten „Gebieters und Wohlthäters“, aufgestellt. Als Jedermann seinen Platz eingenommen, sprach Salieri den Anwesenden seinen Dank aus, worauf ein die Gefühle gegen Gott, Kaiser, Vaterland, Familie und Freunde ausdrückender Chor (Text und Musik von Salieri) gesungen wurde. Sofort begannen seine Schüler in der Composition, von dem Jüngsten angefangen, einer nach dem andern, die von ihnen für diese Gelegenheit componirten Gesangsstücke vorzutragen, nach welchen die Compositionen von Hummel und Moscheles an die Reihe kamen.

') Auch ein Lißt findet sich unter den Schülern aufgeführt. Franz Lißt stand damals im sechsten Lebensjahr.

v. Kreißle, Franz Schubert.

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Schubert fand sich zu dieser Feier, wie bereits erwähnt, mit einer von ihm gedichteten und in Musik gesezten Cantate ein, die er als „Beiträge zur fünfzigjährigen Jubelfeier des f. t. ersten Hofkapellmeisters Anton Salieri von seinem Schüler Franz Schubert" bezeichnete.

Die Composition besteht aus einem Vocalquartett für vier Männerstimmen (Adagio B-dur 4) auf die Worte: Gütigster, Bester! Weisester, Größter!

So lange ich Thränen habe

Und an der Kunst mich labe,

Sei beides Dir gebracht, (geweiht ?)

Der beides mir verleiht.

An dieses schließt sich eine Arie mit Clavierbegleitung (Andantino G-dur 2):

So Gut als Weisheit ströme mild

Von Dir, o Gottes Ebenbild.

Engel bist Du mir auf Erden,

Gern' möcht' ich Dir dankbar werden,

worauf ein dreistimmiger Canon (Moderato G-dur 2)

Unser aller Großpapa

Bleibe noch recht lange da!

die Cantate1) abschließt, welche mehr durch die Gelegenheit, der sie ihre Entstehung verdankte, als durch ihren musikalischen Werth Interesse zu erregen geeignet ist.

1) Die Composition findet sich in Abschrift bei Jos. von Spaun, bei dem Musikalienhändler Hrn. Witzendorf und bei Frau Dr. Lumpe in Wien. Letztere besitzt auch ein Terzett mit Clavierbegleitung auf dieselben Worte, und ebenfalls componirt im Juni 1816, das von dem obigen Quartett zwar nicht wesentlich, aber doch in Einigem abweicht.

Ungleich bedeutender als diese war eine kurz darauf entstandene, bei Schubert bestellte Composition, welche von den noch lebenden Zeugen ihrer Aufführung einstimmig als ein schönes Werk gepriesen wird, und auch dem bescheidenen Tondichter, der ihr den Empfang des ersten Honorars zu danken hatte '), folche Befriedigung gewährte, daß er sie, mehrere Jahre später, zu öffentlicher Aufführung bringen wollte.

Es ist dies die Eingangs erwähnte Cantate: „Prometheus" für Solostimmen, Chor und Orchester. Mehrere Hörer der Rechte, unter diesen Graf Constantin Wickenburg (österr. Handelsminister a. D.) und als Hauptveranstalter Herr v. Managetta) beschlossen, den Professor der politischen Wissenschaften, Heinrich Watteroth 3), an seinem Namenstag (12. Juli) mit einer musikalischen Feier zu überraschen, welche in dem zu seinem Wohnhaus in der Vorstadt Erdberg gehörigen Garten stattfinden sollte. Der Studirende Filipp Drärler von Carin (derzeit Hofrath und KanzleiDirector des k. k. Obersthofmeisteramtes) dichtete auf Ersuchen mehrerer Collegen während eines Spazierganges durch die Gebirgsthäler von Baden die Cantate „Prometheus", welche sofort dem ihm persönlich ganz unbekannten Schubert zur Composition übergeben wurde. Die Proben für die Aufführung fanden in dem Consistorial-Saal der Universität statt

') Franz erhielt dafür 40 fl. C. M. (S. Tagebuch.)

2) Vermuthlich der vor Kurzem verstorbene Hofrath Filipp v. Managetta.

3) Watteroth war der Schwiegervater des bekannten Schubertfreundes v. Witteczek.

und wurden daselbst eifrig betrieben. Die Aufführung, des ungünstigen Wetters wegen zu wiederholten Malen verschoben, konnte endlich am 24. Juli vor sich gehen.

Frl. Maria Lagusius (später verehelichte Griesinger, gest. 1861) und Josef Goet hatten die Solopartien der „Gea" und des „Prometheus" übernommen; Studirende wirkten im Chor und Orchester mit. Die Anrede an den Gefeierten hielt Graf Wickenburg; auf diese folgte die Cantate und noch andere Musikstücke. Die Aufführung scheint eine gelungene gewesen zu sein, und der Eindruck, welchen das originelle, schön instrumentirte Werk zurückließ, war ein entschieden günstiger1). Der bedeutenden Musik wegen schlug es Dr.

In der Theaterzeitung erschien wenige Tage darauf folgendes Gedicht von Herrn F. v. Schlechta (derzeit jubil. Sectionschef des k. k. Finanz-Ministeriums):

An Franz Schubert, als seine Cantate „Prometheus“ gegeben wurde. In der Töne tiefem Leben,

Wie die Saiten jubelnd klangen,

Ist ein unbekanntes Leben
In der Brust mir aufgegangen.

In dem Sturmeston der Lieder
Klagt die Menschheit jammernd Ach,
Kämpfend steigt Prometheus nieder,
Und das schwere Dunkel brach.

Mich hat's wunderbar erhoben,

Und der Wehmuth neue Lust

Wie ein schimmernd Licht von oben

Kam in die bewegte Brust.

Und in Thränen und Entzücken
Fühlte ich mein Herz zerstücken,
Jauchzend hätte ich mein Leben
Wie Prometheus hingegeben.

Leop. v. Sonnleithner für die Concerte des Musikvereins vor, drang aber mit seinem Antrag nicht durch, da man „von einem so jungen, noch nicht anerkannten Tonsezer“ nichts wissen wollte. In Schubert's lezten Lebensjahren wurde es mehrfach verlangt, so auch von dem Stift Göttweih, wohin auch die Partitur und die von Schubert selbst herausgeschriebenen Stimmen gesendet wurden. Von dort auf Schubert's Verlangen zurückgestellt, da man es anderswo benöthigte, wurde die Cantate in seine Wohnung (damals auf der Wieden Nr. 694) gebracht, aus welcher sie um die Zeit von Schubert's Tod verschwand und bis jezt nicht wieder zum Vorschein gekommen ist 1).

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Im Jahre

') Auch das Gedicht ist nicht mehr aufzufinden. 1842 erließ Herr Alois Fuchs in der Wiener Musikzeitung einen Aufruf um Nachricht über die verloren gegangene Composition, der aber resultatlos blieb. In der „Neue Zeitschrift für Musik“ Nr. 8 aus dem Jahre 1842 wurde dieser Aufruf bezogen und daran die Bemerkung geknüpft: „Wenn doch die wirklich vorhandenen, noch ungedruckten Compositionen Schubert's erst an's Tageslicht gebracht würden! So liegt in der Bibliothek in Berlin eine große Oper (Alfonso und Estrella) von ihm und in Wien über 50 größere Werke. Es geschieht nichts von selbst; die es angeht sollten sich darum bekümmern, daß die Welt endlich zur vollen Würdigung Schubert's gelange." Die Zurückstellung des „Prometheus“ von Göttweih vermittelte Herr Frühwald, und Dr. Leop. v. Sonnleithner (welchem ich diese Notiz verdanke) schickte die Partitur an Schubert, der ihn in einem Zettel, den Frühwald überbrachte, darum ersucht hatte. Leider wurde die Cantate, von welcher Schubert selbst die Stimmen herausgeschrieben hatte, nicht copirt. Auch nach Innsbruck war sie gesendet und daselbst vom Capellmeister Gänsbacher zur Aufführung gebracht worden. Im J. 1819 wurde der „Prometheus" im Sonnleithner'schen Hause gegeben, wobei Dr. Ignaz v. Sonnleithner den Prometheus sang. Schubert war im Jahre 1816

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