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zwei Acte auf gleich trostlose Art wie jene zu „des Teufels Luftschloß" abhanden gekommen, so daß man sie als für immer verloren ansehen muß 1). Die Musik des noch erhaltenen Bruchstückes ist zwar liedartig, aber reizend und charakteristisch gehalten, und die verloren gegangenen Theile, in welchen dem Componisten mehr Spielraum zur Entfaltung dramatisch-musikalischer Behandlung geboten ist, als in dem ersten Act, werden sich ohne Zweifel auf gleicher Höhe behauptet haben. Schubert selbst hielt etwas auf diese Composition, die er in dem Zeitraum von ein paar Monaten auf's Papier hinwarf, denn schon im November war er mit der zweiactigen Oper: Die beiden Freunde von Salamanka" beschäftigt.

Dem Singspiel „Claudine“ geht eine Ouverture 2) (E-Dur ) voraus, mit einem Adagio beginnend, das sodann in einen frischen Satz (Allegro vivace) übergeht.

Die Introduction bildet ein Terzett zwischen Luzinde, Alonzo und Pedro von Rovero, an welche sich ein Chor der Landleute anreiht. Auf diesen folgt eine von Streichinstrumenten begleitete Ariette der Luzinde, sodann eine Arie Claudinen's, eine Arie des Pedro (Tenor), eine Ariette

Mozart III. Band S. 79.) Auch Jos. Drechsler (1823 — 1829), Kapellmeister in dem Leopoldstädter Theater, componirte es.

1) Mit den beiden Acten ist nämlich, nach Herrn Hüttenbrenners Mittheilung, während seiner Abwesenheit von Wien im Jahre 1848, von seinen Hausgenossen eingeheizt worden. Auch die angefertigte Copie ist auf diese Weise zu Grunde gegangen.

2) Eine Copie der Ouverture besitzt Herr Wizendorf in Wien. Bon Reineke existirt ebenfalls eine Ouverture zu „Claudine“.

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der Claudine, ein humoristisches Lied des Rugantino mit Chor der Vagabunden und das Finale (Wortwechsel zwischen Nugantino und Bosco, erster und zweiter Chor der in zwei Parteien sich scheidenden Vagabunden) — eine belebte Scene. Auch Claudine“ wurde nie scenisch dargestellt, und erstand aus dem Notenverließ, nicht um gekannt, sondern um verbrannt zu werden. Die zweiactige Oper Die beiden Freunde von Salamanka" verdankt ihr Entstehen dem Freundschaftsverhältnisse zwischen Schubert und Mayrhofer, welch letterer das Tertbuch verfaßte. Die Musik dazu wurde in dem Zeitraume vom 18. November bis 31. December 1815, mithin beiläufig in sechs Wochen componirt. Die Originalpartitur (im Besitz des Herrn Dr. E. Schneider) ist umfangreich und füllt der erste Act allein 320 geschriebene Seiten. Das Textbuch ist verloren gegangen1). So weit sich die Handlung der Oper aus der Partitur entnehmen läßt, strebt Graf Tormes nach dem Besitz der Gräfin Olivia, ohne sie persönlich zu kennen, nur angezogen von dem Ruf ihrer Schön

1) Freiherr v. Feuchtersleben wollte es in die von ihm besorgte neue Ausgabe der Mayrhofer'schen Gedichte aufnehmen; wie er aber selbst bemerkt, kam er auf mehrseitigen Rath und mit Nücksichtnahme auf den größeren Theil des Lesepublicums von diesem Vorhaben wieder ab, und blieben sowohl „die Freunde von Salamanka“. als auch „Adraft“ von der Sammlung ausgeschlossen. Die Folge davon ist, daß die Terte beider Stücke höchst wahrscheinlich gar nicht mehr existiren, da von Mayrhofer's literarischem Nachlaß, der sich im Besitze des Herrn v. Feuchtersleben befand, derzeit, mit Ausnahme einiger Citate aus Herder, nichts mehr zu finden ist, und die Manuscripte, wie man mir sagte, wahrscheinlich von den Mägden verstreut und vernichtet wurden."

heit. Don Alonso haßt den Grafen, und um ihm Olivia's Besit streitig zu machen, bestimmt er seinen Jugendfreund Fidelio zur Ausführung folgenden Planes: Diego, beider Freund, soll auf die Gräfin scheinbar einen Raubanfall ausführen, Alonso und Fidelio würden dann zu Hilfe eilen und sich auf diese Weise bei Olivia einführen.

Da nun diese, von unbestimmter Sehnsucht getrieben, an einem einsamen Orte,,,wo der Giesbach über Felsen schäumt, ein tiefes Roth die Beeren säumt, und holder sind der Blumen Sterne", umher wandelt, überfällt sie Diego; auf ihren Hilferuf stürzen die beiden Freunde herbei, Diego entspringt, Olivia's Leute kommen heran; Eusebia, die Vertraute der Gräfin, erkennt in Fidelio ihren Geliebten; alles zieht in Jubel auf das nahegelegene Schloß. Olivia verliebt sich in ihren Retter, verzeiht ihm nach erfolgter Aufklärung die Angst, in die er sie durch den von ihm veranstalteten Ueberfall gesezt hat, und beide werden ein Paar.

Graf Tormes wird von Fidelio zu Eusebia geführt, die er für Olivia hält, und um deren Hand er sich nun bewirbt. Eusebia, in das Geheimniß eingeweiht, gibt sich nicht zu erkennen, bis endlich Olivia selbst kommt und Tormes erfahrt, daß er getäuscht worden sei.

Nebenbei bewirbt sich Diego, ein junger Jurist, um des Alkalden Tochter Laura. Dieser überträgt ihm, nachdem er die Prüfung aus den Digesten gut überstanden, mit Einwilligung der Gräfin seine Richterstelle und gibt seine Einwilligung zu der gewünschten Heirath. Alonso geht allenthalben leer aus.

Der Oper geht eine Ouverture voraus und dieser folgen achtzehn Gesangsstücke. Der erste Act enthält deren fieben: Eine Introduction als Einleitung zu einem Terzett

zwischen Alonso (Tenor), Diego (Tenor) und Fidelio (Baß); eine Arie des leßteren, ein Quartett (die Vorigen und Tormes), eine Arie der Olivia (Sopran), ein Terzett (Olivia, Eusebia und ein Bauer), ein Duett (Alonso und Diego) und das Finale, ein Ensemblestück, an welchem außer den Genannten auch der Alcalde, Laura, der Chor der Männer und der Frauen theilnehmen.

Der zweite Act beginnt in anmuthig heiterer Weise. Es ist Weinlese; Winzer und Winzerinnen sind, mit dem Einsammeln der Trauben beschäftigt, des Festes gewärtig, das ihrer nach der Arbeit harrt. Das Orchester1) spielt eine Introduction. im ländlichen Stil. (Allegretto F-Dur 4.) Der Schaffner tritt unter das Winzervolk, um es zur Arbeit aufzumuntern. Laßt nur alles leichtfertige Wesen, Hurtig die Trauben gelesen,

Was soll das Grüßen,

Das Flüstern und Küssen?

ruft er den Arbeitern zu; diese antworten im Chor: Zum Moste stampfen wir die Beeren,

Der Most muß gähren,

Sich veredeln und zum Wein,

Zum süßen Blute roth und rein u. s. w

Ein allgemeiner Chor, der zum Feste ruft, schließt die belebte, musikalisch alla Pastorale gehaltene Scene.

Das nächste Musikstück ist ein national charakteristisches Lied eines Guerillas (Baß):

Guerillas zieht durch Feld und Wald

In rauher Kriegeslust u. s. w.,

welches nach dem Hinzutreten eines zweiten Guerillas von beiden wiederholt wird. Darauf folgt eine Arie des

1) Violine, Viola, Cello, Oboe, Fagott und Baß.

Tormes, eine Arie des Xilo (Baß), ein Duett zwischen diesem und Tormes, ein Duett zwischen Diego und Laura, eine Arie der Olivia, ein Duett zwischen ihr und Alonso, eine Romanze des Diego, ein Terzett zwischen dem Alcalden, Laura und Diego, eine Arie der Laura und endlich das Finale, an welchem alle Personen des Stückes theilnehmen.

Auch diese Oper, in welcher übrigens Schubert, ohne seine Eigenthümlichkeit völlig zu verleugnen, im Ganzen sich vorwiegend dem Stil des Singspieles der älteren Componisten anschließt, ruht bis zu dieser Stunde ungekannt in des Tondichters musikalischem Nachlaß.

Nebst den oben genannten Opern und Singspielen sind noch: „Die Minnesänger“, „Adrast“ und „Der Spiegelritter" zu erwähnen. Daß Schubert das Singspiel: „Der Minnesänger" (wahrscheinlich jenes von Kozebue) in Musik gesezt hat, wird mit Bestimmtheit versichert1); auch von der Oper,,Adraft 2) von Mayrhofer soll Einzelnes componirt sein, es fehlt aber bis jetzt jede Spur davon. Die dreiactige Oper von Kotzebue Der Spiegelritter" dürfte er vollständig in Musik gesezt haben. Von dieser hat sich ein Bruchstück vorgefunden 3). Der Operntext enthält Arien, Duette, Ensemblestücke und Chöre, und ist vorwiegend von possenhaftem Charakter. Der Inhalt des

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') Ferd. Schubert und Bauernfeld erwähnen dieser Oper.

2) Wahrscheinlich der Peripathetiker und musikalische Schriftsteller Adraftrus von Philipoppolis. Herr Jos. Hüttenbrenner behauptet, daß Schubert einen Chor daraus componirt habe.

3) Bei Ferd. Schubert's Familie. Dasselbe besitt jezt der Wiener Musikverein.

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