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die Probe zu stellen. Da diese sich so glänzend bewährt habe, so sei ihnen auch ihr Vergehen verziehen.

Der Oper geht eine Ouverture 1) voraus, ein rasch_dahinbrausendes charakteristisches Tonstück von unverkennbar Schubert'schem Gepräge. Der erste Act beginnt mit einer Introduction, in welcher Robert und die Bedienten des Grafen Oswald beschäftigt sind. Im weitern Verlauf gesellen sich einige Bauern dazu, und es entwickelt sich ein lebhaftes Ensemble, womit dieses erste Musikstück abschließt. Die zweite Nummer ist ein in Strofenform gehaltenes Trinklied Robert's; diesem folgt ein Duett zwischen Oswald und Luitgarde, eine Arie der letteren, ein Quartett (Oswald, Robert, ein Bauer und die Wirthin), eine Baßarie des Bauers, ein Terzett (Oswald, Robert und die Wirthin), eine Arie der Wirthin und ein Lied Oswald's. Nach diesem beginnt der Geisterspuk und ein Ensemble, an welchem sich Oswald, Robert, eine Amazone und vier Statuen betheiligen 2). Die Scene verwandelt sich sodann in den antiken Tempel mit dem Grabmal, und eine Arie Nobert's schließt den ersten Act 3).

1) Diese Ouverture wurde als Einleitung zu Schuberts Operette; „Der häusliche Krieg“ (die Verschwornen) in einem Gesellschaftsconcerte in Wien am 1. März 1861, wahrscheinlich zum ersten Male öffentlich aufgeführt, und ist wohl das einzige bis jezt bekannt gewordene Musikstück dieser Oper.

2) Das Eingreifen der Statuen in den Gesang bezeichnet jedesmal Horn- und Posaunenbegleitung.

3) Derselbe wurde am 11. Jänner 1814 beendet.

Der zweite beginnt der Situation gemäß mit einem düsteren Vorspiel (Grave D-moll ). An dieses reihen sich Recitativgesänge Robert's und Luitgarden's und eine Arie des ersteren an. Aus der Ferne ertönt sanfte Musik 1), die immer näher herankommend in einen mit dem vollen Lärmapparat türkischer Musik ausgestatteten Marsch übergeht. Jungfrauen erscheinen mit Lauten, Flöten und Cimbeln, ihren Gesang (ein Strofenlied) begleitend. Bald aber ändert sich die Situation; dem Triumphmarsch folgt ein Trauermarsch, an welchen sich der Chor der Männer und Jungfrauen anschließt. Ein Ensemblestück (Oswald, der Knappe, die Schöne, der Sclave und der Chor) beendet diesen Act 2).

Der dritte enthält nur zwei Musikstücke: Ein Terzett (Oswald, Robert, Luitgarde) und einen Schluß chor. Vollendet wurde die Oper am 14. Mai 1814. Zu öffentlicher Aufführung ist sie nie gelangt. Schubert hat übrigens dieses Zauberspiel in demselben Jahr noch einmal componirt, und soll diese zweite Bearbeitung eben jene gewesen sein, mit welcher er seinen Lehrer Salieri überraschte 3). Von den

1) Andante con moto F-Dur, von Oboe, Clarinette, Horn und Fagott getragen.

2) Schubert vollendete die Composition am 16. März 1814.

3) Der erste Act, in der Originalpartitur 128 Seiten ausfüllend, wurde am 3. September, der dritte am 22. October 1814 bearbeitet. Inwieweit die zweite Bearbeitung sich von der ersten unterscheidet, bin ich nicht im Stande anzugeben. Die Ouverture ist bei beiden dieselbe, nur ist in die später entstandene als Mittelsatz (Largo) die Musik zum Geisterspuk aufgenommen. Der musikalische Theil der beiden Bearbeitungen ist mir nicht näher bekannt geworden.

drei Acten sind nur der erste und der letzte erhalten, der zweite ist der Vernichtung anheimgefallen 1).

In den lezten Tagen des Jahres 1814 machte Schubert die Bekanntschaft eines Mannes, zwischen welchem und ihm sich bald darauf ein Verhältniß eigenthümlicher Art bilden und befestigen sollte, welches, wenn man die beiden Persönlichkeiten in Betracht zieht, in dieser Weise kaum seines Gleichen gehabt hat. Jener Mann war der durch seine poetischen Leistungen und sein tragisches Lebensende bekannte Dichter Mahrhofer.

Johann Mayrhofer 2) wurde am 3. November 1787 mithin beinahe ein Decennium vor Schubert - in Stadt Steyr in Oberösterreich geboren. „Aus demselben Füllhorn“, sagt Ernst Freih. v. Feuchtersleben, welches jenes herrliche Land mit allen Reizen der Natur überschüttet hat, fielen auch die Blumen auf seine Wege, die sein Leben schmückten. Das Gefühl für die Schönheit der Welt war seine eigentliche Muse, die ihn auf dem dunklen Lebenswege geleitete, seine erste Erinnerung, und die ihm am längsten treu geblie ben ist. Er absolvirte die Gymnasialstudien und sodann die philosofischen im Lyceum zu Linz. Auf seines Vaters Wunsch, der ihn zur Theologie bestimmt hatte, trat er als Kleriker in das Stift Sct. Florian, wo er drei Jahre

1) Das Autograf besißt Herr I o s ef Hüttenbrenner, dem es Schubert an Zahlungsstatt einer kleinen Geldschuld als Eigenthum überließ. Mit dem 2. Act heizten die Hausleute des Herrn Hüttenbrenner im Jahr 1848 den Zimmerofen!

2) Die hier folgende Schilderung Mayrhofers ist Mittheilungen der Herren v. Feuchtersleben, Franz v. Schober und v. Gahy ent

nommen.

hindurch verblieb und sich während dieser Zeit viel mit alten Sprachen beschäftigte, deren Kenntniß ihm in seinen späteren Bestrebungen sehr zu Statten kam. Nachdem er bereits das Noviziat abgelegt hatte, entschloß er sich, seinem bisherigen Beruf zu entsagen und in Wien die Rechte zu studiren, die er denn auch, Dank der ihm eigenen Beharrlichkeit, mit bestem Erfolg absolvirte. Hier nun war es, wo sein Streben eine entschiedenere Richtung und seine poetische Productionskraft lebendigere Impulse erhielt. Dem bisher fast ausschließlich nach innen gewendeten, einsamen Autodidakten that sich eine bedeutende, reiche Außenwelt auf, die, in Verbindung mit dem ihm innewohnenden Ernst und sittlichen Gehalt, nur Erfreuliches wirken konnte. Bald schloß er sich strebenden, fröhlichen und mannigfach begabten jungen Männern gesellig an, und es entwickelte sich da eine Seite seines Wesens, die früher bei einer Art jugendlichen Einsiedlerthums nie recht herausgetreten war, eine gemüthliche frohe Laune von der besten kernhaften Qualität. Sie war ein Element in der Complexion dieser ernsten tüchtigen Natur, und ist auch später nicht ganz von ihm gewichen, wenn sie sich gleich allmälig mehr verbarg und jenen minder schuldlosen Charakter annahm, den er selbst als kaustisch zu bezeichnen pflegte. Wurde aber der Wig in ihm seltener, so wirkte er, wo er hervorbrach, nur um so schlagender.“

,,Das in seinem Nachlaß vorgefundene Gedicht „Mephistofeles" drückt diese gemüthliche Bitterkeit vollkommen aus. Es ist die Stimmung, die einen tüchtigen Menschen befällt, der gern mit andern des Lebens froh werden möchte, und nun sehen muß, wie diese sich das Leben verderben und ihm dazu. Für solche Stimmungen erfand er sich eine Dichtungs

form, die er „Sermone" nannte, und worin er seine Galle über dasjenige ausließ, was an den Menschen gemein und für ihn verlegend war. Denn so derb sein Charakter auf der einen Seite, so sittlich-zart bis zum Krankhaften war sein Gemüth auf der andern. Er hatte darin eine große Aehnlichkeit mit dem Verfasser von Dia-Na-Sore Wilhelm Mehern1), der überhaupt auf Mayrhofer am bleibendsten einwirkte. Beide machten an die Welt und an sich selbst übertriebene Ansprüche und zerfielen dadurch mit sich und der Welt; beide waren gleich rechtlich und gleich hypochondrisch, nur daß Mayrhofer sich durch poetische Gestaltung mit den Dingen der Außenwelt eher abzufinden wußte".

„Diesen Vorzug verdankte er ganz hauptsächlich dem Einflusse Goethe's, der ihm in jener Epoche zum größten Heile gedieh. Er lebte noch jene Zeit mit, in welcher neue Werke des Dichterfürsten erschienen und auf das Publicum wirkten. Ihm war übrigens dieser gerade damals alles, als die Welt anfing, sich vom Dichter abzuwenden, und der nicht mehr verstandene Goethe interessirte ihn mehr als der allbewunderte. Ward ihm Goethe auf diesem Wege nüglich, so war dagegen

1) Meyern (Wilhelm Friedrich), geb. 1762 zu Ansbach, studirte in Altdorf die Rechte, verlegte sich aber nebstbei auf andere Wissenschaften. Er trat als Artillerie-Lieutenant in österreichische Dienste, folgte 1807 der österreichischen Gesandtschaft nach Sicilien, in späterer Zeit jener in Rom und Madrid und wurde schließlich der Bundes- Militär-Commission in Frankfurt am Main beigegeben, wo er 1829 starb. Er galt als ein Mann von Geist und seltenen Kenntnissen, den jedoch seine Abgeschlossenheit und Unfähigkeit, auch dem äußerlichen Leben einen Werth beizulegen, verhinderten, eine entsprechende Lebensstellung einzunehmen. Sein wunderlicher Roman Dia-Na-Sore (1787–1791) fand großen Beifall.

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