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sie nicht verlassen, und er gewährt ihnen die Bitte. Ein allgemeiner Jubelchor bildet den Schluß der Oper.

Der erste Act derselben 1) beginnt mit einer Introduction: Chor der Landleute, einem lyrisch - melodischen Gesang, aus welchem sich Solostellen des Tenors (der Jüngling) und des Alt (ein Mädchen) herausheben. Diesem folgt eine hübsche liedartig gehaltene Baß- Arie des Troila (Allegro Es-Moll 4), sodann Recitative, und auf diese abermals ein Chor der Landleute (G-Dur ) von Sologesängen (Troila und Jüngling) durchwoben. Der Chorgesang bewegt sich durchaus im Rhythmus und Charakter eines Ländlers, wie deren in der Schubert'schen Tanzmusik vorkommen, und nimmt sich in der Oper wunderlich genug aus. Ein Duett zwischen Troila und Alfonso (Andante D-Moll ) trägt den Charakter eines Liedes an sich und ist musikalisch unbedeutend; dagegen ragt die darauf folgende Tenorarie des Alfonso — mit Clarinettsolo - (Larghetto B-Dur ) durch schönen (allerdings vorwiegend lyrischen)

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1) Die Original-Partitur (im Besitz des Wiener Musikvereins) ist von Schubert metronomisirt; er ließ davon eine Copie anfertigen, für welche (nach Aufzeichnungen bei J. Hüttenbrenner) die Verlagshandlung Diabelli von dem Ertrag der ihr in Commission gegebenen Schubert'schen Compositionen 100 fl. in Abzug brachte. Auf einem Zettel aus dem Jahre 1822 (in Händen 3. Hüttenbrenners) finden sich von Schubert's Hand folgende Zeilen: „Lieber Freund! Seien Sie so gut, und bringen Sie mir von der Oper (Alfonso) einen Act nach dem andern heraus zum Corrigiren. Auch wünsche ich, daß Sie sich um die bisherige Rechnung bei Diabelli bekümmerten, da ich Geld brauche." Eine von Liszt stark zusammengestrichene Copie der Partitur besißt Herr J. Herbed in Wien, das Autograf der Ouverture die Verlagshandlung Spina.

Ausdruck über die vorhergegangenen Musikstücke hervor. Ein Duett zwischen Alfonso und Troila, im Beginn bedeutend, verliert sich in seinem weiteren Verlaufe in banalen Phrasen. Der Jagdchor der Frauen (Allegro G-Dur §) ist in üblicher Weise frisch gehalten, gewinnt aber erst durch die mit ihm in Verbindung tretende schöne Arie Estrella's an Reiz und Bedeutung. Die darauf folgende Baßarie des Adolfo (Allegro Es-Moll ) imponirt anfänglich durch heroischen Anstrich, verfällt aber später in das Liedartige, von dem sie sich nicht mehr loszuringen vermag. Das Duett zwischen Estrella und Adolfo (Andantino C-Dur 2) ist melodiös, und der sich anschließende Allegro-Satz in C-Moll bringt durch seinen leidenschaftlichen Charakter eine wohlthuende Abwechslung in die lyrische Einförmigkeit. Das Finale wird durch einen (musikalisch gewöhnlichen) Chor (der Krieger) eingeleitet, der dann in einen Chorgesang gemischter Stimmen (das Volk) hinüberleitet. Es folgen kurze Recitative und Arien des Mauregato, Adolfo's und Estrella's; die musikalische Action erweitert sich zu einem lebhaften Ensemble mit Chor, an welches sich ein interessantes Orchester-Zwischenspiel anreiht. Die Musik gewinnt hier entschieden an dramatischem Ausdruck, der namentlich auch in den bald vereint, bald abwechselnd wirkenden Chormassen der Krieger, die zur Schlacht, und der Frauen, die zur Jagd rufen, in prägnanter Weise zu Tage tritt.

Den zweiten Act leiten Recitative Troila's und Alfonso's ein, von Harfe und Flöte begleitet. Die Romanze Troila's (Erzählung von dem Wolkenmädchen) erfüllt die Erwartungen nicht, welche man gerade an dieses Musikstück zu knüpfen geneigt wäre, denn sie erhebt sich kaum über das

Niveau einer sentimentalen, in gewöhnlichen Phrasen sich bewegenden Cantilene; dagegen weht aus dem darauf folgenden Duett Alfonso's und Estrella's (in G-Moll) echt Schubert'sche Romantik. Man fühlt sich plötzlich wie von Blüthenduft und Waldesrauschen umfangen, und aus Melodie und Begleitung blickt uns wieder das lang vermißte, bedeutsame Antlitz des Meisters entgegen.

Recitativstellen Alfonso's und Estrella's, eine Arie des Ersteren und eine Arie der Letteren (Andantino A-Moll 4), von welchen keine von hervorragendem Interesse, sodann ein in trivialen Formen sich abwickelndes Duett Beider, das erst gegen den Schluß zu Schubert'sche Klänge bringt, bilden die weiteren Musikstücke. Der nun folgende Doppelchor der Verschwornen, in welchen eine Arie Adolfo's hineinverflochten ist (Allegro agitato H-Moll 4), erfreut durch stimmungsvolle Charakteristik in Gesang und instrumentaler Begleitung und zählt jedenfalls zu den (dünne gefäeten) dramatisch gestalteten und Schubert's würdigen Musikstücken der Oper. Eine Arie des Mauregato mit Chor (Allegro D-Moll 4), ein Duett zwischen diesem und Estrella (A-Moll ‡) und eine Arie der Estrella (Andantino A-Dur 4) bewegen sich wieder in gewöhnlichem Geleise und bieten keinerlei hervorragende Momente. Das Finale (Allegro A-Moll ) gestaltet sich auch hier zu einem großen Ensemble, an welchem Mauregato, Estrella, der Anführer der Leibwache, der Männer- und Weiberchor und von diesen abgesondert der außerhalb der Bühne befindliche Chor der Verschwornen theilnimmt, deren wiederholter Ruf: Rache" sich wirksam contrastirend in das Klagegeschrei der Weiber und den Kampfruf der Männer mischt und der ganzen Scene, in welcher dem Componisten endlich

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wieder Gelegenheit zu dramatischer Entfaltung gegeben ist, einen lebhaften Charakter verleiht.

Der dritte Act beginnt mit einer ziemlich umfangreichen '), musikalisch schön und bedeutsam gestalteten Orchester-Introduction (Allegro D-Moll alla breve), deren leidenschaftlich unruhiger Charakter auf die Schrecknisse des in dem ruhigen Thal entbrannten Kampfes hinweist. Auf diese Einleitung folgt ein in recitativer Form gehaltener Wech selgesang des Jünglings und des Mädchens (Allegro G-Moll ), in welchem diese, von Bangen erfüllt, sich gegenseitig mittheilen, was sie von dem Fluchtgetümmel geschaut haben. Der Ruf vorübereilender Weiber: „Weh uns - fliehet!“ schließt dieses Musikstück, welches durch Innigkeit und schönen, echt dramatischen Ausdruck eine hervorragende Stelle einnimmt. Auch das Duett (Nr. 3) zwischen Adolfo und Estrella (Allegro assai F-Moll 2) ist in großem Styl gehalten und dürfte auf der Bühne von bedeutender Wirkung sein. Das darauf folgende Ensemble, ein Terzett zwischen Adolfo, Alfonso und Estrella (Allegro D-Dur ), welchem sich später vier Jäger beigesellen, erregt im Beginn schöne Erwartungen, bewegt sich aber gegen den Schluß zu in gewöhnlichen, an den damaligen italienischen Styl gemahnenden Formen. Nun folgt eine Reihe durchweg schöner, bedeutender Recitative Alfonso's und Estrella's, und auf diese ein kräftig gehaltenes Duett beider (Allegro molto C-Dur 4), das durch die gefungenen Textworte einen heroischen Charakter erhält, von der Stelle an aber, wo die Stimmen sich zum Zwiegefang vereinigen, ebenfalls wieder dem unverkennbaren Zug der ita

1) Das Musikstück füllt in der Partitur 26 Seiten aus.

lienischen Cantilene verfällt. Ein Duett der eben Genannten (Allegro assai A-Moll ), in welches der Chor der fliehenden Krieger eingreift, ist gut gearbeitet und von lebhaftem anregendem Ausdruck. Der darauf folgende Doppelchor) (Allegro Es-Dur ) von Hornsignalen, die aus zwei Orchestern abwechselnd ertönen, eingeleitet und unterbrochen, bewegt sich in leicht rhythmisirten, melodisch geradezu an's Triviale streifenden Formen, und vermag auch später nicht, wo der allgemeine Chor der Krieger und Jäger dem Ganzen eine breitere Gestaltung gibt, musikalische Bedentung zu gewinnen. Um so erfreulicher wirken wieder die Recitative Troila's, Alfonso's und Estrella's (Allegro Es-Dur ). Auch das sich anreihende Ensemble (die Vorigen, Krieger und Jäger Moderato F-Dur ) ist dramatisch effectvoll gearbeitet, wird aber überragt von der unmittelbar darauf folgenden Scene, in welcher der fliehende Mauregato plötzlich des Troila ansichtig wird, und diesen für den Geist des durch ihn von dem Thron verstoßenen Königs hält. Die vorhergehende Arie des wild und verzweifelnd sich geberdenden Mauregato (Allegro agitato G-Moll ) und die nun folgende Begegnung mit Troila sind in großartig dramatischem Styl gehalten und würden bei der Darstellung auf der Bühne zweifellos einen ergreifenden Eindruck hervorbringen. Auch das Duett zwischen Troila und Mauregato gestaltet sich durch Adel, Schönheit und Originalität der Behandlung zu einem der hervorragendsten Musikstücke der Oper. Die melodische Führung der beiden Stimmen, da

1) Der zweite Chor stürmt hülfebringend auf die Bühne, nachdem ihn die Krieger Alfonso's wiederholt gerufen.

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