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Und nächtliches Punsch-Einkehren.

Nicht immer ging es so herrlich zu,
Nicht immer waren wir Praffer!
So trug mir Schubert an das Du
Zuerst mit Zuckerwasser.

Es fehlte an Wein und Geld zumal;
Bisweilen mit einer Melange
Hielten wir unser Mittagsmahl,
Mit diesem Wiener Pantsche.

Die Künstler waren damals arm!

Wir hatten auch Holz nicht immer,

Doch waren wir jung und liebten warm

3m ungeheizten Zimmer.

Verliebt war Schubert; der Schülerin
Galt's, einer der jungen Comtessen,

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Doch gab er sich einer ganz Andern hin,

Um die

Andere zu vergessen.

Ideell, daß uns das Herz fast brach.
So liebte auch Schwind, wir alle,
Den realen Schubert ahmten wir nach,
In diesem vermischten Falle.

X.

(1822.)

Dem Wanderer, der, von der Stadt St. Pölten aus die südliche Richtung längs dem Wasser der „Traisen“ einschlagend, den steiermärkischen Gebirgen zustrebt, zeigt sich auf halbem Wege zwischen St. Pölten und dem drei Stunden davon entfernten alterthümlichen Wilhelmsburg zur linken Hand das Dorf Ochsenburg mit einem Lustschloß gleichen Namens, in anmuthiger Landschaft gelegen. Das Schloß, der Staatsherrschaft St. Pölten angehörend, war damals eine Besitzung des dortigen Bischofs Hofrath von Dankesreithner 1), eines Verwandten der Schober'schen Familie. In dieser Gegend, und zwar abwechselnd zwischen Stadt und Land, verlebten die beiden Freunde Franz von Schober und Schubert die Herbstmonate des Jahres 1821, als deren musikalische Frucht die ersten zwei Acte einer von Schober gedichteten und von Schubert in Musik gesetzten Oper zu voller Reife gediehen 2).

') Ihm sind die „Harfnerlieder“ (op. 12) gewidmet.

2) Laut Originalpartitur (im Besitz des Wiener Musikvereins) ist der erste Act am 20. September 1821, der zweite am 20. October desselben Jahres begonnen, und der dritte Act am 27. Februar 1822 beendet worden.

„Alfonso und Estrella“, das rasch geförderte Werk treuverbundener Freundeskraft, ist die erste der beiden großen Opern, welche Schubert vollendet hat. Das Textbuch wurde, wie Schober selbst sich jetzt darüber ausspricht '), in sehr glücklicher Jugendschwärmerei, aber auch in sehr großer Unschuld des Geistes und Herzens geschaffen. Schubert machte sich seinerseits mit gewohnter Energie an die Arbeit, und die geniale Hast, mit welcher der von Melodien überströmende Tonseter diese, bevor noch die ganze Dichtung vollendet war, über die fertig gewordenen Theile derselben ausgoß, mag für den Dichter wohl eine Augenweide der seltensten Art gewesen sein.

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Ein Brief Schober's, datirt von Wien 2. November 1821, und an den in Linz weilenden Freund Josef Spaun gerichtet, enthält einige Andeutungen über sein und Schubert's Treiben in St. Pölten und auf Schloß Ochsenburg. Schubert erwähnt in einer auf demselben Briefblatt folgenden Nachschrift der Oper nur mit wenigen Worten. Beide Schreiben), in welchen auch Wiener Verhältnisse berührt sind, werden hier unverkürzt wiedergegeben. Der Brief Schober's lautet:

"

„Theurer Freund!

‚Schubert und ich sind nun von unserm halb Land- halb Stadt-Aufenthalt wieder zurückgekehrt und bringen die Erinnerung an ein schönes Monat mit. In Ochsenburg hatten

') In einem an mich gerichteten Briefe.

") Das Original der beiden Briefe besitzt Herr Heinrich Schubert in Wien, der die Gefälligkeit hatte, es mir zur Copirung mitzutheilen.

wir mit den wirklich schönen Gegenden, in St. Pölten mit Bällen und Concerten sehr viel zu thun; dem ohngeachtet waren wir fleißig, besonders Schubert, er hat fast zwei Acte, ich bin am letzten. Ich hätte nur gewunschen, Du wärest da gewesen und hättest die herrlichen Melodien entstehen sehen, es ist wunderbar, wie reich und blühend er wieder Gedanken hingegossen hat. Unser Zimmer in St. Pölten war besonders lieb, die zwei Ehebetten, ein Sopha neben dem warmen Ofen, ein Fortepiano nahmen sich ungemein häuslich und heimisch aus. Abends referirten wir immer einander, was des Tages geschehen, wir ließen uns dann Bier holen, rauchten unsere Pfeife und lasen dazu, oder Sofie und Nettel kamen herüber und es wurde gesungen. Schubertiaden waren ein paar beim Bischof und eine bei dem Baron Mink, der mir recht lieb ist, wobei eine Fürstin, zwei Gräfinnen und drei Baroninnen zugegen, die alle auf's nobelste entzückt waren. Jezt sind wir mit der Mutter hergekommen, in Heiligen-Eich wurde uns eine Tafel gegeben und der Himmel gab uns den ersten der herrlichen Tage zum Reisegeschenk, die uns bis heute, d. h. durch acht Tage beglückt haben. Nun ist der Bischof auch nachgekommen und St. Pölten ist so nach Wien versetzt. Es geht ihm und der Mutter gut. Sie sind ungewöhnlich heiter und lassen Dich sehr grüßen. Daß wir Kuppeln 1), der nachzukommen versprochen hatte und nicht kam, sehr hart entbehrten, kannst Du Dir denken, wie Dich; denn Euch zwei hätten wir besonders gern zu Richtern über unsere Arbeit gemacht. Ueberhaupt ist mir's wie einem, der in die Sonne

') Der Maler Leopold Kupelwieser.

gesehen hat und nun überall den fatalen schwarzen Fleck sieht, so störend ist mir überall Dein Abgang. Die Krone1) fanden wir ganz verwüstet. Derffel ist nun ganz vom Whistteufel besoffen, er hat zwei stabile Whisttage bei sich, spielt wie sonst bei Hugelmann2), Dornfeld, im Kaffeehause, folglich immer; auch Waldl ist von demselben Teufel besessen wie Huber 3), und beide werden noch durch ihre Vorstadtmenagen entfernt. Gahh hat Alles mit Dir verloren, ich habe ihn eigentlich traurig gefunden, er weiß nicht, was er thun soll und sieht in der Verzweiflung Spielen zu, ich werde suchen, ihm wieder etwas zu sein. Kuppel ist immer in Belvedere und copirt die 3e, und kommt daher fast gar nie, sondern schläft bei Schnorr, der noch weiter in der Heugasse wohnt. Sein "Faust" ist gekauft um 2500 fl. C. M. Gestern sind die Freischüßen von Weber gegeben worden, haben aber nicht recht gefallen). Sehr freut mich's, daß Max so wohl ist. Goetz und seine Frau nehmen sich allerliebst aus und sind ganz selig, neulich sind sie in trunkner Vergessenheit durch die Vorstadt, Linie zc. immer gerade fortgegangen, bis sie fich endlich, als der Hunger sich spät genug meldete, in einer Gegend fanden, wo sie mit Mühe Brod auftrieben. Ich empfehle mich allen. Glaube nicht, es werde immer wie

1) Das Gasthaus zur „Ungarischen Krone“ in der Himmelpfortgasse, wo sich die Schubertianer zu versammeln pflegten.

Hugelmann, Hof-Rechnungs-Offizial in Wien.

3) Josef Huber ein Freund Mayrhofers, welch Letterer unter „Waldl“ gemeint ist. Dieser Huber scheint derselbe zu sein, welcher später Generalconful in Egypten geworden ist. (Chezy „Erinnerungen" II. Band.)

4) Dürfte wohl ein Irrthum sein.

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