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than und bedauerte nur, daß die Vereinigung mit ihnen durch die verschiedenen Bahnen, die sie einschlugen oder andere Zufälle hie und da vor der Zeit sich lösen mußte.

Außer den Genannten wäre noch eine Reihe von Personen aufzuführen, die, persönlich wenig mit Schubert bekannt, desto mehr seinen Werth erfaßten; sodann aber noch eine Schaar solcher, welche, Zugvögeln gleich, an ihm vorüberflogen, nur flüchtige Berührungspunkte mit ihm hatten, daher auch keinen Einfluß auf ihn ausübten, und überhaupt weit entfernt waren, die Bedeutung des Mannes zu ahnen.

In eigenthümlicher Beziehung stand Franz zu seinen nächsten Verwandten. Er war ihnen auf das innigste zugethan und liebte sie herzlich. Von den Brüdern aber ließ sich nur der Landschaftsmaler Carl1) und zwar durch Bestellungen von Bildern zu einiger Annäherung an den Schubertkreis bewegen; die übrigen Verwandten waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt oder räumlich zu weit entfernt und würden. sich auch in dem geistig erregten Kreis, dem Schubert angehörte, unbequem und gedrückt gefühlt haben.

In Mitte jener jugendlich brausenden lebensfrohen Genossen und Freunde feierte der vorwiegend ernste, verschlossene, mitunter aber auch zu den tollsten Späßen aufgelegte Schubert seine lustigen Tage. Den künstlerischen Schwer- und Glanzpunkt derselben bildeten die sogenannten „Schuber

1) Nach dem Brief aus dem Jahre 1818 zu schließen, stand nebst Ferdinand auch Ignaz in vertrautem Verkehr zu seinem Bruder Franz. Die Gesellschaft der „Freunde“ scheint er aber auch gemieden zu haben, da er als Schullehrer viel beschäftigt war und seine freie Zeit am liebsten bei Hollpein's zubrachte.

tiaden", gesellige Unterhaltungen der Schubertfreunde, in welchen Spiele gespielt, getanzt, vorgelesen, deklamirt, ganz hauptsächlich aber Schubert'sche Compositionen, insbesondere neuentstandene Lieder, vorgeführt wurden. Die Schubertiaden beschränkten sich nicht blos auf Wien 1), sondern fanden auch an anderen Orten statt, wenn eben Schubert und Genossen sich zu längerem Aufenthalt daselbst zusammenfanden, so beispielsweise in Linz, in St. Pölten, auf Schloß Ochsenburg (bei St. Pölten) und in Aßenbruck, einem in der Nähe von Abtstetten in Niederösterreich gelegenen Sommersiß, den ein Oheim Schober's bewohnte, und wo dieser alljährlich ein durch drei Tage währendes Fest veranstaltete, „an dessen gemüthliche und geistige Genüsse sich (wie Herr v. Schober mir mittheilt) gewiß jeder der Theilnehmer sein Lebelang mit Freuden erinnern wird." Zu diesem Luftgelage war jedesmal eine größere Gesellschaft von Damen und Herren, darunter Schwind, Bauernfeld, Anton Doblhoff, Leopold Kupelwieser und selbstverständlich auch Schubert geladen, der seine Anwesenheit durch die Composition von Märschen, Ecossaisen und Walzern („Aßenbrucker Tänze“) illustrirte 2).

1) In Wien wurden die Schubertiaden bei Schober, Bruchmann, Spaun, Witteczek u. s. w. abgehalten. Die beiden Ersteren pflegten da vorzulesen.

2) Im Besitz des Freih. Heinrich von Doblhoff in Wien befindet sich eine Zeichnung aus dem Jahre 1821, eine Scene in Aßenbruck darstellend. Es wird da eben eine Allegorie aufgeführt, an wel cher Schober, Kupelwieser und mehrere Mädchen theilnehmen. Im Vordergrund sitt Franz Schubert, mit ernstem Blick auf das dargestellte Bild hinsehend. Die Zeichnung enthält die Porträte von 16 Personen.

Abgesehen von den Schubertiaden fehlte es auch sonst nicht an Gelagen, Landpartieen und allerlei Zerstreuungen, in welche der harmlose Franz mit oder gegen seinen Willen hineingezogen wurde. Da mag zuweilen ein Glas Wein zu viel getrunken, über die Mitternachtsstunde hinaus geschwärmt und eine zu den Gefeßen solider Hausordnung in schroffem Gegensatz sich stellende Wirthschaft geführt worden sein 1).

Rusticocampius gibt eine Schilderung des Treibens jener Tage in folgenden, diese Episode aus Schubert's Leben abschließenden

Strofen 2):

Die Sehnsucht zieht mit Allgewalt

Durch alle die Tage und Stunden,

Mein Schubert! wie bist du doch so bald
Dem trauten Kreis entschwunden.

1) Ein Vereinigungsort der Gesellschaft, an welche sich Sch. um diese Zeit enger angeschlossen hatte, war das noch bestehende Extrazimmer zu ebener Erde in dem Gasthaus zur „Ungarischen Krone“ in der Himmelpfortgasse. Zu den Abendgästen gehörten die Maler Schwind, Kupelwieser, Schnorr und Teltscher, die Dichter Senn und Bauernfeld, die Beamten J. Hüttenbrenner, Berindl und Bernhard Teltscher; der Börsenrath Engelsberg, der (noch am Leben befindliche) Clavierspieler Szalay Schubert soll in jenem Kreis der Kanevas“ geheißen haben, weil er, wenn ein Fremder eingeführt und der Gesellschaft vorgestellt wurde, immer zuerst seinen Nachbar zu fragen pflegte: „Kann er was?" -- Im Jahre 1827 erhielt der korpulente Franz den Spißnamen Schwammerl"; Groß und Witteczek nannten ihn kurzweg „Bertl".

u. a. m.

"

2) In dem „Buch von uns Wienern in lustigen gemüthlichen Reimlein von Rusticocampius". Leipzig 1858.

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Wer reitet so spät durch Nacht und Wind!
Es rauschen der Töne Wogen;

Bald ach! ist der Vater mit seinem Kind,

Dem Lied, zum Vater gezogen!

Was ist Beifall der Welt, was Ruhm!
Und Zeitungs-Preisen und Krönen,
Wir hatten das wahre Publicum
Der Guten und der Schönen.

Wie göttlich ein Genie im Keim,
Das in höchst eigener Weise
Sich kräftig entwickelt, süß, geheim,
Im traut verwandten Kreise!

Stellt bei genialer Jugend sich ein
Gott Amor mit seinen Waffen,
Da ist viel holde Lust, viel Pein,
Ein ewiges Gähren und Schaffen.

Real das war der Schubert auch,
Kein künstlicher Textverdreher,
Doch freilich des Gedichtes Hauch
Erfaßt er als Sänger und Seher.

Der Rhythmus gewagt, die Harmonie
Bisweilen auch zerrissen,

Doch sprudelt ihm reich die Melodie,
Von der man jetzt nichts will wissen.

Oft ging's zum „Heurigen“ zum Wein,
Gleich außerhalb des Thores

Stellt meist sich auch Franz Lachner ein,
Cantores amant humores.

Und frisch nach Grinzing, Sievering
Mit andern muntren Gesellen,

Zitzak gar mancher nach Hause ging,

Wir lachten im Mondschein, im hellen.

v. Kreißle, Franz Schubert.

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