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die er überhaupt hörte, und in welcher Vogl und die Milder1) fangen; dann Cherubini's „Medea“, Boildieu's „Johann von Paris", Aschenbrödl“ von Isouard, ganz besonders aber Gluck's „Iphigenia auf Tauris“, in welcher die oben genannten Künstler ebenfalls Vorzügliches leisteten. Diese lettere Oper versezte ihn jedesmal in Entzücken und er zog sie, ihrer edlen Einfachheit und Erhabenheit wegen schließlich allen übrigen Opern vor 2). Dieser Theaterbesuch erklärt auch einigermaßen die Thatsache, daß der geniale Jüngling sich alsbald mit staunens

') Anna Milder wurde am 31. December 1785 in Constantinopel geboren, wo ihr Vater (Felix), ein geborner Salzburger, bei dem österr. Gesandten Baron Herbert als Conditor in Diensten stand. Um 1790 verließ die Familie Constantinopel, und begab sich zunächst nach Bukarest, dann aber, nach Ausbruch des Krieges zwischen Oesterreich und der Pforte, nach Pest und endlich nach Wien. Daselbst erhielt Anna von dem Dorfschulmeister Tull in Hütteldorf die erste Anleitung im Gesang; später übernahm S. Neukomm (aus Salzburg) ihre weitere Ausbildung, und machte sie auch mit seinem Lehrer J. Haydn bekannt. Durch Schikaneder zum Auftreten auf der Bühne bestimmt, sang fie 1803 zuerst die Rolle der Juno in Süßmayer's „Spiegel von Arkadien“ mit großem Beifall. Cherubini componirte für sie die „Faniska“, Beethoven den „Fidelio“, Weigl das „Waisenhaus“ und „die Schweizerfamilie“. Im Jahre 1810 verheirathete sie sich mit dem Juwelier Hauptmann in München; 1812 unternahm sie ihre erste Kunstreise und 1816 trat sie in ein festes Engagement in Berlin, welches bis 1829 währte. Von dieser Zeit an sang sie nur noch in Concerten in verschiedenen großen Städten; so in Wien noch im Jahre 1836, wo sie Schubert's Lied „Hermann und Thusnelda“ vortrug. Während ihres Aufenthaltes in Berlin stand fie mit Schubert in brieflichem Verkehr, dessen noch erwähnt werden wird. „Suleikas (zweiter) Gesang“ ist ihr gewidmet, und das Lied „Der Hirt auf dem Felsen“ über ihre Bestellung von Schubert componirt. Milder starb im Jahre 1838 in Berlin.

2) Aus J. Spaun's Aufzeichnungen.

werther Sicherheit in dramatisch - musikalischen Arbeiten versuchte, wie denn bereits im Jahre 1813 von ihm die Composition der Zauberoper von Kotzebue: „Des Teufels Luftschloß" in Angriff genommen und im Jahre 1814 vollendet wurde, im Jahre 1815 aber mehrere Opern und Singspiele entstanden, von welchen an geeigneter Stelle die Rede sein wird.

Unter jenen Männern, welche auf Schubert's musikalische Bildung von Einfluß waren (wenn überhaupt bei Schubert von einem andern als etwa Beethoven'schen Einfluß die Rede sein kann), muß der damalige k. f. Hofcapellmeister Anton Salieri in erster Reihe genannt werden, da er es war, der das seltene Talent des Convictszöglings zuerst erkannte und ihm mehrere Jahre hindurch in der Composition Unterricht ertheilte. Aufmerksam gemacht durch das Lied: „Hagar's Klage" und einige Streichquartette, übergab er den jungen Componisten dem Musikdirector Rucziczka zur Unterweisung im Generalbaß. Als aber die Lectionen begannen, wiederholte sich das schon früher vorgekommene Schauspiel: Der Lehrer erklärte nämlich, daß sein Schüler schon Alles wisse. Der," sagte er,,,hat's vom lieben Gott gelernt." Die Folge davon war, daß sich Salieri seiner noch wärmer annahm und bald darauf die weitere Ausbildung dieses ungewöhnlichen Talentes selbst zu leiten begann. Da Salieri in Schubert's Lehrjahren die hervorragendste Rolle spielt, so möge ein kurzer Lebensabriß desselben hier seine Stelle finden und sein Verhältniß zu Schubert näher beleuchtet werden.

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Salieri (Antonio), im 3. 1750 in der venetianischen Stadt und Festung Legnago geboren, war der Sohn eines wohlhabenden Kaufmannes, der ihn frühzeitig die lateinischen

Schulen besuchen und durch den ältesten Sohn Franz in der Musik unterrichten ließ 1). Im sechszehnten Jahre traf ihn das traurige Schicksal, eine vater- und mutterlose Waise zu werden. Ein Freund seiner Familie, Giovanni Mocenigo, nahm ihn zu sich nach Venedig, wo er die begonnenen Studien mit neuem Eifer fortsette. So fand ihn der k. k. Hofund Kammercapellmeister Florian Gaßmann 2), der nach Venedig gekommen war, um für die Fenice eine neue Oper zu componiren. Er nahm ihn gleichsam an Kindesstatt an und wurde für die ganze Dauer seines Lebens sein Freund und Wohlthäter. An Gaßmann's Seite fuhr Salieri am 15. Juni 1766 in Wien's Mauern ein, die beinahe sechs Decennien später ihm die lezte Ruhestätte gewähren sollten.

Ignaz Mosel: „Leben Salieris“.

Gaßmann (Florian Leopold), geb. 1729 zu Brix in Böhmen, zeichnete sich als zwölfjähriger Knabe durch Gesang und Harfenspiel aus. Um dem Krämerstand zu entgehen, wozu ihn sein Vater bestimmt hatte, entfloh er in seinem dreizehnten Jahre aus dem väterlichen Hause, ging nach Carlsbad, wo er sich als Musikant in kurzer Zeit viel Geld verdiente, von da nach Venedig, um bei Pater Martini Musikunterricht zu nehmen. Nach zwei Jahren wurde er Organist in einem Nonnenkloster, und bald bemühten sich Kirchen und Theater um seine Compofitionen. 1763 folgte er einem Rufe nach Wien als Balletcomponist. 1766 kehrte er mit Bewilligung des Kaisers, der ihn zum Hof- und Kammerorganisten ernannt hatte, nach Venedig zurück, um daselbst und auch in Mailand seine Opern aufzuführen. Von Venedig nahm er den jungen Salieri mit sich nach Wien. Im Jahre 1771 wurde er (nach Reuter's Tod) Hofcapellmeister, und 1772 stiftete er in Wien die (noch bestehende) Witwencasse für inländische Tonkünstler. G. starb in Folge eines Sturzes vom Wagen 1772 in Italien. Von seinen Kirchencompositionen pflegte auch Mozart mit Achtung zu sprechen.

Da ging es nun an ein eifriges Lernen. Gaßmann nahm mit ihm die contrapunctischen Studien nach Ioh. Jos. Fur's 1) ,,gradus ad Parnassum" vor; ein anderer Lehrmeister unterrichtete ihn allerdings mit kläglichem Erfolg — im Deutschen und Französischen; lateinische und italienische Poesie, Declamation, Rhythmik und Prosodie bildeten die übrigen Lerngegenstände. So ausgerüstet wurde er Kaiser Josef II. vorgestellt, wirkte sofort in der kaiserlichen Kammermusik mit und beschäftigte sich alsbald mit der Composition von Gesangs- und Instrumentalstücken, so wie von Kirchenmusik jeder Gattung. 3m 3. 1770 componirte er seine erste Oper:,,Le donne letterate", die sich großen Beifalls erfreute. Dieser folgten in den nächsten sechs Jahren ein Dußend anderer Opern und Operetten. 3m 3. 1778 ging er auf einige Zeit nach Italien, wo er für die Theater in Venedig, Mailand und Rom abermals fünf Opern von Stapel ließ. Im J. 1781 schrieb er im Auftrag des Kaisers die deutsche Oper: „Der Rauchfangkehrer“, welche glänzenden Erfolg hatte. Auf Gluck's Empfehlung componirte er nun auch für Paris mehrere Dramen, die er daselbst persönlich zur Aufführung brachte. Unter diesen gilt „Tarare," später als „Arur König von Ormus," für die italienische Bühne umgearbeitet und gar bald eine Zierde aller deutschen Theater, für sein Meisterstück. Es war dies eben jene Oper, welche auch Schubert's Beifall hatte.

1) Fux, geb. 1660 in Ober- Steiermark, wurde 1715. Hofcapellmeister. Er schrieb Kirchen-, Kammer- und dramatische Musik, und ist Verfasser des gradus ad Parnassum. Er starb zu Wien 1741.

Nach dem Tode des Hofcapellmeisters Bono1) rückte Salieri auf dessen Posten vor, dem er nun bis an sein Lebensende mit größtem Eifer vorstand. 3m 3. 1789 dispensirte ihn Kaiser Leopold II. von der Operndirection, die sofort dem Capellmeister Weigl übertragen wurde. Mit erneuertem Eifer warf er sich wieder auf die Composition von Opern, Cantaten, Gesangstücken, Kirchenmusik, Sinfonien, Concertstücken u. s. w. Am 16. Juni 1816 feierte er sein 50jähriges Dienstjubiläum, an welchem auch Franz Schubert Antheil nahm und wovon noch ausführlich die Rede sein wird.

Von nun an trat er nicht mehr als schaffender Meister öffentlich auf, da er wohl fühlte, wie weit der Zeitgeschmack von jenem abzuweichen begann, den er für den einzig richtigen gehalten hatte. In seiner Eigenschaft als Vicepräses des Institutes der Tonkünstler 2) (dessen Präses im 3. 1818 Graf Kuefstein, später Graf Moriz Dietrichstein war), dann als Oberleiter der Singschule, womit von der Gesellschaft der Musikfreunde der Grund zur Errichtung des vaterländischen Conservatoriums gelegt wurde, hatte er noch immer. ein reiches Feld der Thätigkeit vor sich, und es war ihm in der That eine Art Befriedigung, mehrere Male in der Woche in den Vormittagsstunden jungen Talenten beiderlei Geschlechtes unentgeltlichen Unterricht im Gesang, Generalbaß und in der Composition zu ertheilen.

') Bono, Hofcapellmeister, geboren 1710 zu Wien, gestorben daselbst 1788.

2) Secretär des Institutes war im Jahre 1824 der Vice Hofcapellmeister Eybler, der nach Salieri's Penfionirung Hofcapellmeister wurde.

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