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seines Aufenthaltes in Stehr zu Vogl's Geburtstag eine von A. Stadler gedichtete Cantate für Sopran, Tenor und Baß mit Clavierbegleitung '). Von unveröffentlichten Compositionen sind noch zu verzeichnen: Ein Vocalquartett 2), ein Salve regina (in A-Dur) für Sopran, mit Begleitung von Streich instrumenten, drei Hymnen von Novalis), ein Vocalquintett (für zwei Tenore und drei Bässe) auf das viel besungene Lied: „Nur wer die Sehnsucht

') Die Cantate, von welcher Josef v. Spaun und Frau Dr. Lumpe in Wien Abschriften befißen, beginnt mit einem Terzett (C-Dur †); auf dieses folgt ein Sopran-Solo (Allegretto F-Dur 3), sodann ein Tenorsolo, und dann abermals ein Sopran- und Tenorsolo. Den Schluß bildet ein Canon (Moderato C-Dur ), Das Gedicht enthält Anspielungen auf Vogl's vorzüglichste Rollen und Leistungen in verschiedenen Opern. Den Sopranpart sang damals Pepi Koller.

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Es find die

Im traulichen Kreise

Beim herzlichen Kuß
Beisammen zu leben

Ist Seelengenuß.

geistlichen Gefänge": 1. „Wenige wiffen das Geheimniß der Liebe“ u.s. f. 2. „Wenn ich ihn nur habe“ u. s. f., und 3. „Wenn alle untreu werden“ u. s. w. Die erste Hymne in A-Moll beginnend, besteht aus mehreren Theilen und enthält auch Recitative; die zweite und dritte (beide in Des-Dur ) find kleinerer Art. Diese drei Gesänge find weniger schön, als eigenthümlich. Die andern zwei Hymnen fallen in die Jahre 1815 und 1820.

v. Kreißle, Franz Schubert.

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kennt", und ein Vocalquartett für zwei Tenore und zwei Bässe 1).

Unter den vielen Liedern, welche Schubert bis zu dieser Zeit aus seinem reichen Füllhorn mit verschwenderischer Lust ausgestreut hatte, ragen insbesondere die auf Goethe'sche Gedichte componirten durch vollendete Schönheit der Form und tiefe musikalische Auffassung über die anderen hervor. Der Gedanke lag nahe, dem in Weimar thronenden Dichterfürsten durch die Zusendung einiger der gelungensten Gefänge zu erfreuen, und ihm Kunde von der Begeisterung zu geben, mit welcher ein junger Wiener Tondichter seine poetischen Gebilde erfaßt und in Tönen wieder gedichtet hat. Schubert selbst dürfte wohl kaum den ersten Anstoß zu diesem Unternehmen gegeben haben; sein schüchternes in sich gekehrtes Wesen spricht entschieden dagegen wohl aber mag er auf die von einem wohlwollenden Rathgeber angeregte Idee des gefahrlosen Versuches bereitwillig eingegangen sein, und so sendete er in der That ein geschriebenes Heft seiner Compositionen Goethe'scher Gedichte ohne Zweifel die dem Dichter gewidmeten Lieder: „An Schwager Kronos“, „An Mignon“ und „Ganymed“ zugleich mit einem ehrfurchts

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vollen Geleitschreiben nach Weimar 1). Der Altmeister, dessen Haus dem musikalischen Vergnügen und sowohl ausübenden als schaffenden Künstlern freundlichst geöffnet war, während auf ihn selbst die Musik nur „gelegentlich" wirkte 2), hat entweder von den Liedern überhaupt keine Notiz genommen, und sie sammt dem Dedicationsschreiben den vielen anderen Widmungen und Zusendungen, wie solche fast täglich an ihn. gelangten, als „schäßbares Materiale" beigelegt, oder es grundsäglich vermieden, mit einem ihm persönlich unbekannten, zu jener Zeit noch ohne Ruf dastehenden Menschen, in ein näheres Verhältniß zu treten. Weder in Goethe's Werken, noch in seinem Vriefwechsel mit Zelter, noch in den Gesprächen mit Eckermann wird Schubert's auch nur mit Einer Silbe Erwähnung gethan, obwohl der Dichter zu wiederholten Malen in der Lage war, Schubert'sche Compositionen seiner Gedichte, von ausgezeichneten Künstlern vorgetragen, zu hören. Diese befremdende Thatsache findet eben darin ihre Erklärung, daß die in Norddeutschland beliebten und heimisch gewordenen Strofengefänge von Reichardt, Zelter, Eberwein dem mit ihnen aufgewachsenen, damals bereits fiebenzigjährigen Goethe mehr zusagten, als die in größerem

') Dieser Thatsache erwähnt Herr Dr. Leopold v. Sonnleithner in einem Aufsatz über Schubert, den er mir freundlichst zur Einsicht mittheilte.

2) Als im Jahr 1796 Madame Unger ihm die neuen Lieder von Zelter übersendete, schrieb er an sie: „Musik kann ich nicht beurtheilen, denn es fehlt mir an Kenntniß der Mittel, deren sie sich zu ihren Zwecken bedient; ich kann nur von der Wirkung sprechen, die sie auf mich macht, wenn ich mich ihr rein und wiederholt überlasse.“ (Briefwechsel Goethe's mit Zelter 1. Bd.)

Styl gehaltenen, nicht selten durchcomponirten Lieder des Wiener Barden ').

So geschah es denn auch, daß ihm das musikalische Verständniß des Schubert'schen „Erlkönig“, welche Ballade er schon einmal fingen gehört hatte, erst in seinen leyten Lebensjahren durch den hinreißend dramatischen Vortrag der Wilhelmine Schröder-Devrient in herrlicher Weise erschlossen wurde 2).

') Goethe's Leibmusikus war bekanntlich der Director der Berliner Singakademie, Carl Friedrich Zelter (geb. in Berlin 1758, gest. daselbst 1832), der alte deutsche Reichs componist, wie ihn Beethoven nannte. Schon im Jahre 1796 trat er durch Zusendung seiner neuesten Lieder an Goethe zu diesem in ein freundschaftliches Verhältniß, welches in dem, bis in das Jahr 1832 geführten, lebhaften Briefwechsel schönen und bedeutenden Ausdruck fand. Es bildete sich zwischen beiden ein ähnlicher Bund, wie zwischen Mayrhofer und Schubert, nur daß der Liedercomponist Zelter kein Schubert, und Goethe um jene Zeit über die lyrische Epoche schon hinaus war. Zelter componirte über hundert Goethe'sche Lieder, unter diesen beinahe alle Balladen, und schon von den Erstlingen seiner Liedercompositionen sagte Goethe, „daß er der Musik kaum solche herrliche Töne zugetraut hätte." Im Jahre 1823 sang ihm die Milder - Hauptmann in Marienbad vier kleine Lieder vor, „die sie dergestalt groß zu machen wußte, daß die Erinnerung daran ihm noch Thränen auspresse." Sollte darunter nicht ein Schubert'sches gewesen sein? Im Jahre 1825 trug die Milder in ihrem Concert in Berlin Schubert's „Suleika“ mit großem Beifall vor, wovon aber Zelter keine Erwähnung macht. Die berühmte Sängerin stand damals mit Goethe und Schubert in brieflichem Verkehr, von welchem später noch die Rede sein wird.

2) Als die Schröder im April 1830 auf ihrer Reise nach Paris durch Weimar kam, ließ sie sich von dem Mitglied der dortigen Hofbühne, Eduard Genaft, dem Dichtergreise vorstellen und sang ihm unter Andern auch den „Erlkönig“ vor. Wiewohl Goethe kein Freund durch

Fühlte sich Goethe von keinem Zug künstlerischer Sympathie zu Schubert angeweht, so schwelgte dieser um so lieber in dem, durch den Dichterfürsten erschlossenen Liederfrühling. Mehr als ein halbes Hundert Goethe'scher Gedichte, und unter diesen viele seiner schönsten, hat er durch sinniges Erfassen ihres poetischen Inhaltes musikalisch verherrlicht, und, das Dichterwort mit Tönen umkleidend, in eine höhere Sfäre emporgehoben.

Als Curiosum möge hier noch erwähnt werden, daß zu Anfang dieses Jahres (am 28. Februar 1819, und nicht erst im Jahr 1821, wie man anzunehmen pflegt) ein Schubert'sches Lied in einem Concert in Wien zum ersten Mal öffentlich vorgetragen wurde. Der Tenorist Jäger 1) sang nämlich an jenem Tag (und am 12. April abermals) das bekannte: „Schäfer's Klagelied" in einem, von dem Violinspieler Jäll im Gasthof „Zum römischen Kaiser“ veranstalteten Concert.

componirter Lieder war, ergriff ihn doch der hochdramatische Vortrag so sehr, daß er das Haupt der Sängerin in beide Hände nahm und sie mit den Worten: „Haben Sie tausend Dank für diese großartige künstlerische Leistung!" auf die Stirn küßte und sodann fortfuhr: „Ich habe diese Composition früher einmal gehört, wo sie mir gar nicht zusagen wollte, aber so vorgetragen, gestaltet sich das Ganze zu einem sichtbaren Bild. (Alfred Frh. v. Volzogen: Wilhelmine Schröder-Devrient, ein Beitrag zur Geschichte des musikalischen Drama, S. 146.) Im Jahre 1821 wirkte die Schröder in jener „Akademie“ in Wien mit, in welcher Vogl zum ersten Mal den „Erlkönig“ öffentlich vortrug.

Jäger (Franz), 1796 zu Wien geboren, daselbst bis 1826 als Theatersänger thätig, erfreute sich in einigen Rollen großer Beliebtheit. Er ging später, als Singlehrer am Theater, nach Stuttgart, wo er bis an sein Lebensende blieb.

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