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Franz ihn vielmehr von sich abzuwehren, als an sich zu ziehen bestrebt war, und seine Lobhudeleien ironisch mit den Worten zurückwies: „Dem da gefällt doch Alles von mir“ 1). Die Dienstbeslissenheit dieses Hüttenbrenner aber, insofern sie sich auf die Besorgung des Stiches Schubert'scher Compositionen, auf das Arrangiren seiner Sinfonien für Clavier, auf die Correspondenz mit auswärtigen Verlegern und andere kleinere Dienstleistungen bezog, ließ sich der behagliche Schubert gerne gefallen, und daß er wenigstens nach Außen hin zu Josef in gutem Einvernehmen stand, bezeugen verschiedene in Händen des Herrn Hüttenbrenner befindliche Briefchen Schubert's, in welchen dieser den bereitwilligeu Freund mit allerlei Aufträgen musikalischer Art beehrt 2).

1) Diese Zurückweisung seiner übertriebenen Lobpreisungen pflegt Herr Josef H. selbst mit Vorliebe als Thatsache zu bezeichnen. — Ein mit Schubert und Hüttenbrenner wohlbekannter Mann schilderte mir (vielleicht etwas übertreibend) beider Verhältniß zu einander in einer Art, daß man zu glauben versucht ist, die Freundschaft habe nur so lange gedauert, als sich beide nicht näher gekannt haben. Da heißt es: „Iosef H., der sich mit einer unabweislichen Verehrung und Dienstfertigkeit zu ihm (Schubert) hielt, war ihm fast zuwider, er wies ihn häufig rauh ab, und behandelte ihn so hart und schonungslos, daß derselbe in unserem Kreise immer nur ironisch „Der Tyrann“ genannt wurde.“

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2) So schreibt Schubert (im Jahre 1819) auf einem Zettel: „Lieber Hüttenbrenner! Ich bin und bleibe der Ihrige. Mich freut es außer ordentlich, daß Sie mit der Sinfonie fertig sind. Abends damit zu mir und zwar um 5 Uhr. Ich wohne in der Wipplingerstraße bei Mayrhofer.“ Ein ander Mal schickt er den Unermüdlichen zu Diabelli, auf daß er seine Tanzmusik zum Stich übergebe, und „dringend benöthigtes Geld" in Empfang nehme u. s. w. Die früher er

Wie sehr sich Josef Hüttenbrenner in der Folgezeit

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doch

vergeblich bemüht hat, der Schubert'schen Muse Anerkennung und Absatz im In- und Auslande zu verschaffen, ein Verdienst, das ihm kaum abgestritten werden dürfte, wird noch wiederholt zur Sprache kommen. Daß eben diesem Schubertfreund drei Acte von Opern seines bewunderten Meisters auf die erwähnte jämmerliche Art abhanden gekommen sind, darf wohl als eine bittere Ironie des Schicksals bezeichnet werden.

Josef Gahh'), in der musikalischen Kunst theoretisch bewandert, außerdem vortrefflicher Clavierspieler, ward von Schubert auserkoren, mit ihm seine eigenen und auch andere vierhändige Compositionen, insbesondere die Sinfonien Beethoven's, auf dem Pianoforte durchzunehmen, wobei Franz die Oberstimme spielte. Da Gahh rein und ausdrucksvoll vortrug, und (worauf sein Partner viel hielt) fertig vom Blatte las, so vereinigten sich die beiden Freunde, besonders in den spätern Jahren, und da oft mehrere Male in der Woche, in der Wohnung des einen oder anderen Bekannten 2)

wähnte Sinfonie war jene Schubert's in D (1813), von der ein vierhändiger Clavierauszug verfaßt wurde, welchen Schubert und Hüttenbrenner auf einem abgenützten Milpit’schen Clavier zusammen durchspielten. Auch zu Groß (Hofkammerbeamter), der ebenfalls in der Wipplingerstraße wohnte, kam Schubert öfter, um allein oder zu vier Händen (mit Groß, Szalay) Clavier zu spielen.

1 J. Gahy, zuletzt k. k. Sectionsrath in Pension in Wien, gest. im März 1864.

2) Bei Schober, Lascny, Vogl (welch letzterer in den Jahren 1827 und 1828 in der „Alleegasse“ wohute) und bei Pinterics, von welchem noch die Rede sein wird.

zu diesem gemeinschaftlichen Vergnügen. Schubert war kein Virtuose im modernen Sinn des Wortes, aber abgesehen davon, daß er seine Lieder vortrefflich begleitete, wobei er, beiläufig bemerkt, sich strenge im Tact hielt, bewältigte er mit seinen kleinen dicken Fingern die schwierigsten seiner Sonaten') und trug sie mit schönem Ausdruck vor. Gahh versichert, daß die Stunden, die er mit Schubert im Zusammenspiel verlebt, zu den genußreichsten seines Lebens gehören, und daß er jener Zeit nicht gedenken könne, ohne auf das tiefste ergriffen zu sein. Nicht nur, daß er bei solchen Gelegenheiten viel Neues kennen lernte, so gewährte ihm das reine geläufige Spiel, die freie Auffassung, der bald zarte bald feurig energische Vortrag seines kleinen, dicken Partners große Freude 2), welche dadurch noch erhöht wurde, daß sich gerade bei diesen Anlässen Schubert's Gemüthlichkeit in ihrem vollen Glanz entfaltete, und er die verschiedenen Compositionen durch launige Einfälle, mitunter auch durch sarkastische aber immer treffende Bemerkungen zu

1) Nur der Fantasie (op. 15) konnte er selbst nicht vollständig Herr werden. Als er sie einmal im Freundeskreis spielte, und im leyten Satz stecken blieb, sprang er von seinem Sitz mit den Worten auf: „Das Zeug soll der Teufel spielen!" (Kupelwieser, Spaun und Gahy waren Zeugen dieser Production.)

2) Als Sch. einmal dem (im Jahre 1861 in Hitzing verstorbenen) Pianisten und Compositeur Johann Horzalka eine seiner Sonaten vorspielte, rief dieser entzückt aus: „Schubert, ich bewundere Ihr Clavierspiel mehr als Ihre Compositionen!“ ein Aussprnch, der später zu Mißdeutungen Veranlassung gab. - In Concerten begleitete Sch. mitunter seine Lieder; so z. B. in Jansa's und Frl. Salomon's Concert (1827), „Normans Gesang“ und den „Einsamen“, welche Tieze vortrug.

charakterisiren pflegte. Gahy's freundschaftliches Verhältniß zu Schubert (mit dem er auf Bruderfuß stand) währte ungetrübt bis zu des Lezteren Scheiden fort.

Was die Compositionen Schubert's aus dieser Zeitperiode anbelangt, so finden wir die Orchestermusik mit den zwei sogenannten „Ouverturen im italienischen Styl“ vertreten. Die Opern von Rossini mit ihren füßen Cantilenen und dem sinnlich leidenschaftlichen Ausdrucke erfreuten sich bekanntlich zu jener Zeit auch in Wien einer überschwänglich beifälligen Aufnahme. Schubert besuchte öfters das Theater, und es darf nicht Wunder nehmen, daß der liederreiche Tondichter sich von dem Melodienstrom Rossinischer Musik angeregt fühlte, wobei freilich Niemand weniger als er die schwachen Seiten des genialen Maestro übersehen konnte. Als er nun eines Abends mit mehreren Bekannten (darunter auch Herr Doppler, der Gewährsmann dieses Geschichtchens) aus der Oper „Tancred" nach Hause wanderte, ergingen sich diese derart in Lobeserhebungen über Rossini's Musik und insbesondere über seine Opernouverturen, daß Schubert, dem des Lobes zu viel sein mochte, zum Widerspruch gereizt, erklärte, es würde ihm ein Leichtes sein, derlei Ouverturen, in ähnlichem Styl gehalten, binnen kürzester Zeit niederzuschreiben. Seine Begleiter nahmen ihn beim Wort, und versprachen ihrerseits die That durch ein Glas guten Weins zu belohnen. Schubert machte sich sogleich an die Arbeit und componirte eine Ouverture für Orchester, welcher später noch eine zweite folgte, und die unter dem Namen: „Ouverturen im italienischen Styl" bekannt,

v. Kreißle, Franz Schubert.

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bei seinen Lebzeiten in Concerten mit Beifall aufgeführt wurden 1).

Unter den Liedern2) dieses Jahres ragen die zu Gedichten von Mayrhofer und Schober componirten durch inneren Werth hervor. Die Wahl derselben deutet auf Vogl's Einfluß hin, der einige davon zu seinen besten Vortragsstücken zählte.

Von mehrstimmigen Gesängen ist die erste Bearbeitung)

1) Das Original der Ouverture in D (componirt im Mai) und in C (componirt im November 1817) befitt Herr Spina. Schubert arrangirte die beiden Ouverturen für Clavier zu vier Händen. — Eine derselben wurde am 1. März 1818 in des Violinspielers Jaell Concert im Saal „zum römischen Kaiser“ in Wien aufgeführt. In der Wiener Theater-Zeitung vom 14. März ist darüber zu lesen:,,Die zweite Abtheilung begann mit einer wunderlieblichen Ouverture von einem jungen Compositeur Franz Schubert. Dieser, ein Schüler des hochberühmten Salieri, weiß schon jetzt alle Herzen zu rühren und zu erschüttern. Obwohl das Thema bedeutend einfach war, entwickelte sich aus demselben eine Fülle der überraschendsten und angenehmsten Gedanken mit Kraft und Gewandtheit ausgeführt u. s. w.“

2) Von unveröffentlichten Liedern kommen zu erwähnen: „La pastorella al prato“, eine italienische Canzonette, leicht und anmuthig ge= halten; ein Lied für Sopran mit Begleitung von Streich- und Blasinstrumenten, und die Lieder: „Einsiedelei“, Fischerlied“ und „Geist der Liebe," später als Vocalquartette componirt. — Eine italienische Arie mit Recitativ von respectabler Ausdehnung, ist im Styl der Mozartschen Concertarien gehalten.

3) Den „Gesang der Geister“ hat Schubert dreimal componirt, uud zwar im 3. 1817 als Vocalquartett, im J. 1820 als Männerchor mit Clavierbegleitung, und bald darauf als achtstimmigen Männerchor mit Instrumentalbegleitung. Den ersten Entwurf besitt Herr Josef Hüttenbrenner, die zweite Bearbeitung blieb Fragment, die letzte besitzt die t. Bibliothek in Berlin.

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