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Unter allen Freunden Schubert's hat Schober auf diesen den nachhaltigsten Einfluß ausgeübt, und der Kreis junger strebender Männer, der ihn umgab, wurde auch Schubert's vertrautere Umgebung. Die Musik als schaffende Kunst war zwar unter diesen fast gar nicht vertreten; dagegen fehlte es nicht an anderen Kunst- und Geistesrichtungen, welchen ein um so freierer Spielraum gestattet werden durfte, als ja das musikalische Element durch Franz Schubert auf das glänzendste repräsentirt war. Dieses Freundeskreises 1), welchen Schober um sich versammelte, und dem Schubert als eines der geehrtesten und geliebtesten Mitglieder fortan enge verbunden war, wird später ausführlicher gedacht werden.

von 1826 auf 1827 in einem Hause auf der Carolinenthor - Bastei, dann abermals bei Schober (Bäckerstraße, Währing, Tuchlauben) und endlich vom September 1828 an bei seinem Bruder Ferdinand, neue Wieden Nr. 694, wo er starb.

') Von hervorragenden Theilnehmern an den geselligen Zusammenkünften (Schubertiaden) sind noch Moriz v. Schwind, Bauernfeld, Spaun und Franz v. Schober am Leben. Letterer begab sich nach Schubert's Tod (zu Anfang der Dreißigerjahre) für einige Zeit nach Ungarn auf eine Herrschaft des Grafen L. Festetics, kehrte nach dem, 1833 erfolgten Tod seiner Mutter wieder nach Wien zurück, wo er die Verwaltung eines in der Nähe der Residenz gelegenen Gutes übernahm. Nachdem er später Italien und Frankreich bereist hatte, trat er als Legationsrath in die Dienste des Großherzogs von Weimar, übersiedelte aber um 1856 nach Dresden, wo er bis jetzt seinen Aufenthalt genommen hat. Die Familie Schober wurde 1801 in den österreichischen Adelstand erhoben. Eine Schwester Franz v. Schober's war an den berühmten Sänger Siboni verheirathet. Schober's Gedichte, welchen Schubert eine nicht unbedeutende Anzahl in Musik gesetzt hat, erschienen 1840 bei Cotta.

von

=

V.

(1817.)

Die poetisch musikalische Trias zu vervollständigen, welche in Schubert's Leben allenthalben in den Vordergrund tritt, und auf die Entwicklung des Tondichters in mannigfacher Beziehung veredelnd einwirkte, ist hier vor Allem abermals einer Persönlichkeit zu gedenken, mit welcher Franz bald nach Schober's Begegnung auf seiner Lebensbahn bekannt wurde, und zu der er ebenfalls in ein nahes, vom künstlerischen Standpunkt aus folgenreiches Verhältniß trat. Der junge Tonseßer durfte in seinen Freunden Mayrhofer und Schober die Dichter vieler seiner schönsten Lieder begrüßen; es war ihm aber auch beschieden, in früher Zeit den ausgezeichnetsten musikalischen Verdolmetscher derselben fast ohne alles Zuthun für seine Zwecke zu gewinnen, und dauernd an sich zu fesseln.

Dieser enthusiastische Freund der Schubert'schen Muse war der bekannte Sänger Vogl, der, beinahe um zwanzig Jahre älter als Schubert, damals im kräftigsten Mannesalter stehend, durch seine Leistungen auf der Bühne schon seit Jahren sich der vollsten Simpathie des jungen Tondichters erfreute.

Die erste Zusammenkunft beider scheint Schober vermittelt zu haben; wenigstens war er es, der in Schubert's Gesellschaft bei dem spröden, den sogenannten Genie's gegenüber mißtrauisch gestimmten Sänger mehrere Male anklopfte, bis dieser sich entschloß, die beiden Freunde in ihrer gemeinschaftlichen Wohnung (damals in der Spiegelgasse im „Göttweiherhof") in Person aufzusuchen 1).

1) In den Aufzeichnungen des Freih. Josef v. Spaun findet sich dagegen hinsichtlich Sch's. ersten Zusammentreffens mit Vogl folgende Stelle: Schubert, der bis dahin seine Lieder meist selbst gesungen hatte, richtete sein Augenmerk ganz vorzüglich auf den von ihm vielbewunderten Hofopernsänger Vogl, von dem es jedoch bekannt war, daß er schwer zugänglich sei. Es galt vor allem, ihm die Gelegenheit zu verschaffen, Schubert's Compositionen kennen zu lernen; das weitere, dachten die Freunde, würde sich dann finden. Schon öfter hatte ihm Schober mit Begeisterung von dem jungen Compositeur gesprochen, und ihn aufgefordert einer Art Probe beizuwohnen; an dem Widerwillen des von Musik schon lange gesättigten, und bei dem Worte „Genie“ durch vielfache Erfahrungen mißtrauisch gewordenen Sängers, prallten vorerst alle Versuche ab. Endlich aber konnte er den wiederholten Bitten von Schubert's Freunden nicht länger widerstehen; der Besuch wurde zugesagt, und um die verabredete Stunde trat Vogl eines Adends nicht ohne Gravität in Schubert's Zimmer, der sich ihm mit einigen linkischen Kratzfüßen und unzusammenhängend herausgestammelten Worten vorstellte. Vogl rümpfte gleichgiltig die Nase, nahm das ihm zunächst liegende Stück Notenpapier, das Lied „Augenlied" enthaltend, summte es herunter, fand es zwar hübsch und melodiös, aber nicht bedeutend, sang dann noch mehrere andere Lieder mit halber Stimme, die ihn, namentlich „Ganymed“ und „Des Schäfers Klage", freundlicher stimmten, und klopfte Schubert beim Fortgehen mit den Worten auf die Achsel: „Es steckt etwas in Ihnen, aber Sie sind zu wenig Comödiant, zu wenig Charlatan; Sie verschwenden Ihre schönen Gedanken, ohne sie breit zu schlagen.“ Er ging dann fort, ohne Zusage, wiederzukommen. Günstiger sprach er sich über Schuv. Kreißle, Franz Schubert. 8

Johann Michael Vogl, geboren am 10. August 1768 in Stadt Steyr, war der Sohn eines Schiffmeisters'). Frühzeitig eine Waise geworden, erhielt er seine Erziehung im Hause seines Oheims, und erregte als fünfjähriger Knabe durch seine helle Stimme und richtige Intonation die Aufmerksamkeit des regens chori der dortigen Pfarrkirche. Dieser ertheilte ihm sofort gründlichen Musikunterricht, und schon in seinem achten Jahre wurde Vogl besoldeter Sopranfänger. Dabei ward seine Schulbildung nicht vernachlässigt. Der Trieb zum Lernen, der Vogl sein ganzes Leben hindurch begleitete, erwachte frühzeitig in ihm. Hinlänglich vorbereitet, trat er in die Lehranstalt des Stiftes Kremsmünster, wo er das Gymnasium und die filosofischen Studien mit Auszeichnung absolvirte. In dem genannten Kloster fand er zuerst Gelegenheit, Proben seines Darstellungstalentes abzulegen. Bei den kleinen Schau- und Singspielen, die daselbst zur Aufführung kamen, waren eben Vogl und sein Landsmann Franz Süßmayer2) (der nachherige Famulus

bert gegen dritte Personen aus, ja er erging sich in Ausdrücken der Be wunderung über die Reife und Geistesfrische des jungen Mannes. Nach und nach wurde der Eindruck von Schubert's Liedern auf ihn ein überwältigender; er kam oft unaufgefordert und studirte mit Schubert bei sich zu Hause dessen Compositionen, an denen er nun sich selbst, und jene, die ihm zuhörten, begeisterte.

1) Die hier folgende Schilderung Vogl's ist zum Theil einem im Jahre 1841 im Druck erschienen Aufsatz Bauernfeld's, zum Theil Mittheilungen der Herren von Schober und Dr. L. v. Sonnleithner entnommen.

2) Franz Xaver Süßmayer, geboren 1766 in Stadt Steyr, gestorben 1803 in Wien. Die Singspiele und Cantaten, die damals in Kremsmünster aufgeführt wurden, waren zum großen Theil von S. in Musik gesetzt.

Mozart's) unter den thätigst Mitwirkenden, die sich denn auch des Beifalles der zu diesen Productionen herbeiströmenden Bewohner der Umgebung in vollem Maße erfreuten.

Es währte nicht lange, so kamen die beiden Jünglinge überein, zusammen der Kaiserstadt zuzuwandern. In Wien absolvirte Vogl die juridischen Studien und trat sodann in die ämtliche Praxis ein. Bald aber sollte er seinen eigentlichen Beruf kennen lernen. Süßmaher wurde Kapellmeister am Hofoperntheater, und auf seinen Antrieb erhielt der junge Beamte einen Ruf dahin, dem er ohne Zaudern folgte. Am 1. Mai 1794 trat er in den Künstlerkreis der deutschen Oper, welchem er durch 28 Jahre angehören sollte. Es war damals eine schöne Zeit deutscher Gesangskunst, und die Namen Weinmüller, Saal, Sebast. Mayer, Baumann und Baucher, Anna Milder und Buchwieser, Wild und Forti bezeichnen jene mit vorzüglichen Gesangskräften gesegnete Kunstepoche. Vogl's Eintritt in diesen Kreis war von den günstigsten Folgen begleitet. Der gebildete Mann brachte nämlich in der vom rein - musikalischen Standpunkt aus vortrefflichen Gesellschaft den Geist zum Durchbruch. An seinem Geberdenspiel fand man zwar so manches auszusehen, dagegen galten eine imposante Persönlichkeit, ausdrucksvolle Miene, edler Anstand und eine wohlthuende Baritonstimme als seine unbestrittenen Vorzüge. Im Gesang verfolgte er mit bewußter Consequenz den Weg dramatischer Gesangskunst. In der Darstellung des Charakteristischen, in der künstlerischen Verbindung der Wahrheit mit der Schönheit lag seine Stärke. Er besaß ein feines Gefühl für den Rhythmus der Verse, war des recitirenden Vortrages vollkommen mächtig, und in Folge gründlicher theoretischer Stu

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