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I.

(1797-1813.)

Die Familie der Schubert's, aus welcher der Tondichter Franz Schubert hervorgegangen ist, stammt aus der Gegend von Zukmantel in Desterreich-Schlesien 1). Franz Schubert's Vater war der Sohn eines Bauers und Ortsrichters in Mährisch-Neudorf. Der Studien halber von dort nach Wien gekommen, trat er im Jahr 1784 bei seinem Bruder Carl Lehrer in der Vorstadt Leopoldstadt als Gehülfe ein, und wurde zwei Jahre darauf als Schullehrer bei der Pfarre zu den heil. 14 Nothhelfern in der Vorstadt Lichtenthal angestellt 2). Er galt als ein tüchtiger

1) Die Angaben über Schh 8. Familienverhältnisse beruhen zum Theil auf schriftlichen Notizen Ferdinand Sch's., zum Theil auf mündlichen Mittheilungen der Frau Therese Schneider (Franzens Schwester) und des Herrn Anton Schubert.

2) Die Schule befand sich in dem Haus Nr. 10 (derzeit Nr. 12) in der Säulengasse auf dem Himmelpfortgrund. Dasselbe gehörte Sch's. Vater, und ist derzeit Eigenthum der Milchhändler Georg und Therese Schreder. Die Gestalt und Anordnung der Zimmer weist auch jetzt noch auf ihre ehemalige Bestimmung hin. Vater Schubert hat daselbst bis zum Jahre 1817 oder 1818, um welche Zeit er die Pfarrschule in der Rossau übernahm, gewohnt und Schule gehalten. v. Kreißle, Franz Schubert.

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Schulmann, und unter den Trivialschulen des Pfarrbezirkes war die von ihm geleitete eine der besuchtesten. Seine erste Ehe schloß er in einem Alter von neunzehn Jahren mit der um drei Jahre älteren Elisabeth Fiz, einer Schlefierin, welche damals in Wien als Köchin in Diensten stand. Diese Ehe war mit vierzehn Kindern gesegnet, von denen sich nur fünf, nämlich: Ignaz, Ferdinand, Carl, Franz und Therese am Leben erhielten. Nach dem, im Jahre 1812 erfolgten Tod seiner Gattin verheirathete sich Vater Franz ein Jahr darauf mit Anna Klahenbök, einer Fabrikantenstochter aus Gumpendorf in Wien, und es wurden ihm in dieser Ehe noch fünf Kinder geboren, die sich bis auf

eines alle am Leben erhielten.

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Von den Kindern aus der ersten Ehe lebt derzeit nur noch Therese, Witwe des Mathias Schneider, Oberlehrers in der Vorstadt St. Ulrich in Wien, von jenen aus der zweiten Ehe: Andreas, k. k. Rechnungs - Official, und Anton (mit dem geistlichen Namen Hermann), Capitular im Stift Schotten in Wien ').

Uebrigens ist sowohl auf diesem Haus, als auf jenem Nr. 41 in der nahegelegenen Krongasse“ ober der Eingangsthür ein „Rössel“ ausgemalt, was zu Verwechslungen der beiden Häuser, als ehemaligen Schulen, Veranlassung gegeben hat.

1) Der älteste der Brüder — Ignaz — Schullehrer in der Rossau, ist im Jahre 1844, Ferdinand, Director der Normalhauptschule zu St. Anna in Wien, im Jahre 1859, und Carl, Landschaftsmaler und Schreibmeister, im Jahre 1855 gestorben. Franz Sch’8. Halbschwestern Marie (unverehlicht) und Josefa, verehlichte Bitthan (Oberlehrersgattin in Wien), sind, erstere im Jahre 1834, lettere im Jahre 1861, der Vater am 9. Juli 1830 und die Stiefmutter im Jänner 1860 mit

Franz Peter Schubert, der jüngste der erwähnten vier Söhne aus erster Ehe, wurde am 31. Jänner 1797 zu Wien in der Vorstadt Himmelpfortgrund, Pfarre Lichtenthal geboren '). Die Kinder- und Knabenzeit bis zu seinem eilften Jahre verlebte er im väterlichen Hause. Unter den Augen seiner Eltern, im Kreise seiner Geschwister 2), wuchs er in jenen

Tod abgegangen. Das Pädagogenthum spielt in der Schubert'schen Familie eine hervorragende Rolle, und selbst Franz ist demselben nicht entgangen. Mehrere seiner jüngeren Verwandten haben sich ebenfalls wieder dem Lehrfach zugewendet.

') Ein von der fürsterzbischöflichen Pfarre zu den h. 14 Nothhelfern im Lichtenthal am 3. Jänner 1827 ausgestellter Laufschein bezeugt, „daß Franz Schubert ein ehelich erzeugter Sohn des Herrn Franz Schubert, Schullehrers, und dessen Ehegattin Elisabeth, geborne Fit, beide kath. Religion, am Himmelpfortgrund Nr. 72 geboren und am 1. Februar 1797 von dem damaligen Cooperator Johann Wanzka im Beisein des Herrn Carl Schubert, Schullehrers, als Pathen, in hiesiger Pfarre nach christkatholischem Gebrauch getauft worden ist.“ Das Geburtshaus, „zum rothen Krebsen“ benannt, in der, nach der Nußdorfer Linie führenden oberen Hauptstraße gelegen, trägt derzeit die Nr. 54 und ist Eigenthum der Frau Barbara Leithner. Ueber dem Eingangsthor befindet sich eine, aus grauem Ranna-Marmor angefertigte Gedenktafel mit der Inschrift: „Franz Schubert's Geburtshaus;“ auf der rechten Seite ist eine Lyra, auf der linken ein Lorbeerkranz mit dem Datum der Geburt angebracht. Die feierliche Enthüllung dieses, von dem Wiener Männergesang - Verein gestifteten und durch den Steinmetzmeister Wasserburger ausgeführten Gedenkzeichens fand am 7. October 1858 statt. Eine Seitengasse der „Nußdorferstraße“ (früher Brunngasse genannt) heißt jezt Schubertgasse.

2) Unter den Geschwistern war es vorzugsweise Ferdinand, der in späterer Zeit dem, um 3 Jahre jüngeren Franz im Leben nahe stand, und dem daraus Scheidenden die Augen schloß. Ferdinand Sch.,

mehr oder weniger beschränkten Verhältnissen heran, welche die Existenz eines mit zahlreicher Familie gesegneten Schullehrers zu kennzeichnen pflegen. Seine Neigung zur Musik machte sich in frühester Zeit und bei den geringsten Anlässen bemerkbar. Einer Mittheilung seiner Schwester Therese zufolge schloß sich der Knabe besonders gerne einem Tischlergesellen an, der ebenfalls ein Schubert und Verwandter des Franz diesen zu öfteren Malen in eine Clavierwerkstätte mit sich nahm. Auf den daselbst befindlichen Instrumenten und dem abgenüßten Clavier im elterlichen Hause hat Franz ohne alle Anleitung seine ersten Exercitien durchgemacht, und als er später ein siebenjähriger Knabe eigentlichen Musikunterricht erhielt, stellte sich bald heraus, daß er das, was der Lehrer ihm beibringen wollte, schon vorweg sich angeeignet hatte.

In den Aufzeichnungen seines Vaters findet sich darüber folgende Stelle: „In seinem fünften Jahr bereitete ich ihn zum Elementar-Unterricht vor, und in seinem sechsten Jahre ließ ich ihn die Schule besuchen, wo er sich immer als der erste seiner Mitschüler auszeichnete. Schon in seiner frühesten Jugend liebte er die Gesellschaft, und niemals war er fröhlicher,

1794 geboren, wurde im Jahre 1809 Schulgehülfe im Waisenhaus in Wien, 1816 Lehrer daselbst, 1820 regens chori in Altlerchenfeld, 1824 Lehrer an der Normalhauptschule zu St. Anna in Wien, und 1851 Director daselbst. Er war musikalisch gebildet, und verfaßte auch mehrere Kirchencompositionen und theoretische Schriften über Musik. Der reiche musikalische Nachlaß des Franz befand sich längere Zeit hindurch in seinem Besitz, und was davon nach seinem im Jahre 1859 erfolgten Tode noch vorhanden war, ging schließlich auf seinen Neffen, Dr. Eduard Schneider in Wien, über.

aks wenn er seine freien Stunden in dem Kreise munterer Kameraden zubringen konnte. In seinem achten Jahre brachte ich ihm die nöthigen Vorkenntnisse zum Violinspiel bei, und übte ihn soweit, bis er im Stande war, leichte Duetten ziemlich gut zu spielen; nun schickte ich ihn zur Singstunde des Herrn Michael Holzer, Chorregenten im Lichtenthal. Dieser versicherte mehrmals mit Thränen in den Augen, einen solchen Schüler noch niemals gehabt zu haben. „Wenn ich ihm was neues beibringen wollte," sagte er, hat er es schon gewußt. Folglich habe ich ihm eigentlich keinen Unterricht gegeben, sondern mich mit ihm bloß unterhalten, und ihn stillschweigend angestaunt.“

Als Holzer ihn einmal ein gegebenes Thema durchführen hörte, kannte seine Freude keine Grenzen, und entzückt rief er aus: „Dieser hat doch die Harmonie im kleinen Finger!" Holzer unterrichtete ihn auch im Clavier- und Orgelspiel und im Generalbaß.

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Sein ältester Bruder Ignaz ließ es sich ebenfalls angelegen sein, ihm die Anfangsgründe des Clavierspielens beizubringen. „Ich war sehr erstaunt erzählt dieser als er kaum nach einigen Monaten mir ankündigte, daß er nun meines ferneren Unterrichtes nicht mehr bedürfe, und er sich schon selber forthelfen wolle. Und in der That brachte er es in kurzer Zeit so weit, daß ich ihn selbst als einen, mich weit übertreffenden und nicht mehr einzuholenden Meister anerkennen mußte."

So war denn Franz Schubert eine jener begnadeten Naturen, welchen der Genius der Kunst bei ihrem Eintritt in das Leben den Weihekuß auf die Stirne gedrückt hat, und wenn man von Wolfgang Mozart absicht, der ein echtes

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