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Zwey Tassen genoß ich mit Appetit. Da sie mich aber die dritte anbot, so weigerte ich mich fie anzunehmen, und sagte, daß mich der Kaffee zu viele Wallung mache!

2. Deswegen, antwortete sie, können Sie ein Dugend Tassen trinken. Es ist geraspelt Hirsch horn drunter, das schlägt alles nieder.

Geraspelt Hirschhorn, fragte ich, unter dem Kaffee? und zitterte am ganzen Leibe, da ich es fragte, suchte in der Angst ein Fenster, und gab durch dasselbe die zwey genoßnen Tassen wieder von mich.

O lieber Mann! wie schlecht ist doch in der Welt für die Gesundheit der Menschen gesorgt! Wenn wir wissen sollten, was wir immer essen und trinken müssen der Appetit würde uns oft vergehn. Wer weiß, wie manchen Hirnschädel ich schon verschluckt habe.

Leb wohl! und sey mir so treu wie Dir ist.

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Sechster Brief.

Der Oberste von Brav an Carln.

Holdersleben den zten Febr.

Mein lieber Carl!

Deine lieben Briefe habe ich zeither mit innigem Vergnüger gelesen, weil Sie mich immer mehr von der Theilnehmung überzeugen, mit der Du alles, was um Dich ist, betrachtest. Ich hätte Dir über manche Deiner Aeußerungen Verschied nes zu sagen. Aber Dein lehter Brief vom 18ten Sånner, den ich, ich weiß nicht warum? heute erst bekommen habe, und der mich sehr erschreckt hat, muß schleunig beantwortet feyn, und verstattet keine Weitläuftigkeit.

Ich wünsche sehr, daß meine Beantwortung unnöthig seyn mag; daß, wenn Du diesen Brief erhältst, Du entweder Deine Henriette wieder erobert, oder Dich überzeugt haben magst, daß es eine andere, als Henriette, gewesen sey, die Deinen Namen rief.

Uebrigens wenn dieser Brief Dich trifft, ohne daß Du in dieser Sache Gewißheit hast,

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fo rathe ich Dir geradezu auf das Landgut Deis ner Mutter zu reisen, das iho unbewohnt ist, und nachzuspüren, was dort passirt. Ich will sogleich mein Pferd satteln lassen, und Deine Mutter selbst aufsuchen.

Denn, lieber Carl, so sehr ich Dir auch Achtung gegen Deine Mutter empfehle, so muß ich doch gestehen, daß ich sie, wenn Henriette wirklich entführt seyn sollte, im größten Verdacht habe. Sie war anfänglich so sehr, so heftig gegen Deine Verbindung mit ihr, und hernach gleich so freundlich, so zufrieden mit allem. Dieß war, wenn mich nicht alles trügt, Verstellung. Und wo Verstellung ist da wittere ich Fallfiricke. Ehe ich Deinen Brief erhielt, hatte ich schon die nachfolgende Nachricht für Dich aufgefeßt, und lege fie bey, weil sie einmal nieder. geschrieben ist.

Gestern Abends hatte ich ein großes Schrecken. Der Wirth schickte mir einen Boten, der ganz außer Odem kam, und mich bat, ich möchte um Gottes willen den Augenblick in das Wirthshauskommen ―es wåren da zwey'Fremde, die fo heftig an einander gerathen wären, daß einer von ihnen gewiß das Leben einbüßen müßte,

wenn

wenn ihnen nicht augenblicklich Friede geboten würde.

Ich eilte dahin, fand da zwey Reisende, die die Stöcke gegen einander aufgehoben hatten, einander droheten und schimpften, und zwischen ihnen den Wirth, der sie von einander zu brin gen, und zu beruhigen suchte.

Ich gab mir Mühe, beŋ meinem Eintritte in die Stube, mich ganz als Soldat zu zeigen. Die Stellung meines Huts, die Fassung meines Stocks, meine Miene, meine Stimme, mein

Gang alles war so, wie, wenn ich ißo an der Spise meines Freycorps stünde, unter einen Trupp Feinde tråte, und sagen wollte: Hunde, streckt das Gewehr!

Was giebts hier? fragte ich heftig, mit aufgehobnem Stocke.

Beyde schwiegen, und sahen mich einige

Minuten mit Verwunderung an.

Dann fragte der Eine: wer sind Sie, mein Herr?

Ich bin der Oberste von Brav, war meine Antwort, Erb- und Gerichtsherr von Holdersleben. Als Erb- und Gerichtsherr befehle ich Ihnen, daß Sie mir den Augenblick sagen, was ́ Sie gegen einander haben, oder ich laffe Sie auf

der

der Stelle arrétiren. Die Wache ist schon bestellt.

Hierauf fiengen beyde an einander zü fchels ten, die heftigsten Vorwürfe zu machen, und meinen Beystand zu fordern.

J. Da kann ich nicht durchkommen, meine Herren. Das ist tumultuarisch gehandelt. Einer muß reden. Sie, mein Herr Blaurock, was haben Sie gegen den Herrn Graurock? Sie reden, und jener muß schweigen.

Blr. So hören Sie denn - ich fodere Rache― Rache fodere ich, schreckliche Rache! Grr. Das belohnte sich wohl die Mühe, um so einer Lumperen willen.

J. Mein Herr! wiffen Sie, wo Sie sind? Wiffen Sie wen Sie vor sich haben? Sie sind auf meinem Grund und Boden. Sie sind in mei ner Gewalt ich bin hier Gerichtsherr, wenn Sie noch ein Wort reden, ehe ich es Ihnen erlaube, so lasse ich Sie ins Hundeloch werfen. Herr Blaurock fagen Sie, was ist das schreckliche, Verbrechen, deswegen Sie von dem Herrn Graurock Nache fodern? Aber reden Sie gelaffen! gelassen reden Sie, ich fage es Ihnen.

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