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Minderheit, auf fremdem Boden sogar das Lanzbein schwingen fonnte.

Die offizielle Feier glich genau derjenigen der heimatlichen Garnisonen. Dem Regiment brachte der 22. März das Avancement des Oberstleutnants v. Fuchs zum Oberst und das des Majors v. Stoden zum Oberstleutnant.

Gegen Ende des Monats trat für das III. Armeekorps noch eine wichtige Veränderung ein. Am 27. März wurde Generalleutnant v. Groß, genannt v. Schwarzhoff, für den wegen Kränklichkeit auf eigenen Wunsch zur Disposition gestellten Generalleutnant v. Alvensleben mit der Führung des III. Armeekorps beauftragt.

Nach Beendigung der Kompagnievorstellungen begannen im April wiederum die Bataillonsererzitien. Während des Monats Juni fand Regiments- und Brigadeererzieren statt. Das Regiment wurde am 18. Juni vom Divisionskommandeur, die Brigade am 25. Juni vom Oberbefehlshaber, General Freiherrn v. Manteuffel, besichtigt.

Das Ende der Okkupation nahte jezt heran. Nachdem Frankreich im Juli die Kriegsentschädigung bis auf den Rest von einer halben Milliarde gezahlt hatte, willigte Seine Majestät der Kaiser darein, daß nur noch 8000 Mann als Okkupation zurückblieben. Infolge dieser neuen Reduktion der Armee erhielt das Regiment Marschbefehl.

Wer beschreibt die Freude, die aller Herzen bewegte, als der Befehl bekannt wurde! Zur „Heimat“ sollte es wieder gehen. Wie Klang das Wort denen so süß, die drei Jahre lang auf französischem Boden unter einer haßerfüllten Bevölkerung gelebt hatten. Unter einer Bevölkerung, die von uns in Sprache, Sitten und Anschauungen so grundverschieden, der für die Beurteilung der Ereignisse, welche uns an ihren Herd geführt hatten, des Krieges, seiner Ursachen und seiner Folgen, jedes Verständnis, vielleicht mehr noch, jede Wahrheitsliebe, jedes Gerechtigkeitsgefühl abging.

,,Drum erhebe frohe Lieder,
Wer die Heimat wiedersieht,

Wem noch frisch das Leben blüht
Denn nicht alle kehren wieder!"

Wie bewährten sich in jenen Tagen diese Worte unseres großen Dichters! Muntere Soldatenlieder erklangen vom frühen Morgen

bis zum späten Abend unter den Zurüstungen zum Marsche. Und doch! wer hätte nicht damals vor allem auch derer gedacht, die nicht mitheimkehrten.

76 Offiziere, 122 Unteroffiziere und 1038 Mannschaften des Regiments hatten geblutet für den Sieg der deutschen Sache!

18 Offiziere, 27 Unteroffiziere und 237 Mann hatten ihre Treue mit dem Tode auf dem Schlachtfelde besiegelt.

Am 23. Juli trat das Regiment seinen Rückmarsch an.

Leider sollte dieser erste Marschtag noch seine Opfer fordern. Drei Soldaten, Junghans und Iänsch der 2. Kompagnie und Gesch der 8. Kompagnie, verstarben infolge Hißschlages troß aller ihnen zugewandten ärztlichen Sorgfalt.

Am 4. August kam das Regiment in Saaburg, der Einschiffungsstation, an. Von hier fuhren das I. und II. Bataillon noch an demselben Lage, das Füsilier-Bataillon am 5. August der heimatlichen Garnison zu. In Fulda, Gotha und Halle war kurzer Aufenthalt zur Verpflegung der Mannschaften.

Die beiden Musketier-Bataillone trafen das I. morgens, das II. nachmittags am 7. August in Wittenberg, das FüsilierBataillon an demselben Tage in Treuenbrießen ein, wohin es von Jüterbog aus marschiert war.

In beiden Städten wetteiferte die Einwohnerschaft, dem Regiment einen warmen, festlichen Empfang zu bereiten. An dem reich geschmückten Bahnhof in Wittenberg hatte sich eine unzählbare Menschenmenge eingefunden, welche die aussteigenden 20 er mit jubelnden Hurras empfing.

Die erste Begrüßung fand schon hier durch den Kommandanten Oberst v. 3edtwit statt. Da beide Bataillone jedoch einen gemeinschaftlichen Einzug in die Stadt halten sollten, so wurden die Mannschaften vorläufig außerhalb in den Vorstädten und nächsten Dörfern einquartiert.

Der Einzug erfolgte am folgenden Tage.

Früh um 7 Uhr hatten sich beide Bataillone am Elstertore aufgestellt. Unter dem Geläute der Glocken sette sich der Zug in Bewegung, an der Spiße eine Deputation des Magistrats und der Stadtverordneten. Die Stadt hatte ihr schönstes Festkleid angelegt, Straßen und Häuser prangten im Schmucke von Ehrenpforten, Fahnen, Guirlanden und Kränzen. Auf dem Marktplage war durch

laubumwundene Flaggenstangen ein großer Halbkreis gebildet, innerhalb dessen die Bataillone einschwenkten.

An langen Masten leuchteten den 20ern in Medaillons die Namen der Schlachten entgegen, in denen sie zu Deutschlands Schuß und Größe siegreich gefämpft hatten. Auf die warmen Begrüßungsworte des Bürgermeisters Steinbach, die unter überreichung von Lorbeerkränzen an die Offiziere, mit einem Hoch auf den kaiserlichen Kriegsherrn und das 20. Regiment schlossen, antwortete der Regimentskommandeur, Oberst v. Fuchs, in kräftigen Dankesworten.

Mittags bewirtete die Stadt die Mannschaften in der Kaserne, abends fand eine Fest-Theatervorstellung für das Offizierkorps und gleichzeitig für die Unteroffiziere des Regiments ein Festessen im Mittmann schen Lokale statt. Aus allem, was die Stadt bot, leuchtete herzliche Freude und Teilnahme, ja Enthusiasmus in wahrhaft wohltuender Weise hervor. Es war dies um so anerkennenswerter, da die Wittenberger den Kriegsreserven schon früher wiederholt einen festlichen Empfang bereitet hatten und da wir schon das Jahr 1873 schrieben, wo Siegesjubel und Siegesbegeisterung in Deutschland verrauscht waren.

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Daß demungeachtet das warme Interesse für die Zurückkehrenden so manchen schönen Ausdruck fand, war ein erfreuliches Zeichen, daß die 20er, obwohl vor dem Kriege erst wenige Jahre mit Wittenberg verknüpft, sich schon einen Plaß im Herzen seiner Bewohner erobert hatten.

Möge jezt, wo das ganze Regiment zu ernster Friedensarbeit dort vereinigt steht, dies Band ein immer engeres werden!

Mögen den 20ern in der alten Lutherstadt die kernigen Eigenschaften des großen Reformators immer ein Vorbild sein, und mögen sie vor allem sich dort den Sinn bewahren, der sie bisher, wo sie dem Feinde gegenübertraten, stets unbesiegbar gemacht hat, der Sinn der

Treue bis zum Tode!

Dritter Teil.

Die Beit von 1873 bis heute.

Jas Regiment war nach Beendigung der Okkupation in Frank

reich am 7. August 1873 wieder in die Heimat zurückgekehrt und in die alten Garnisonen Wittenberg und Treuenbrießen eingerückt. Es beginnt damit eine lange Zeit friedlicher Tätigkeit. Die Jahre bis zum heutigen Tage haben keine kriegerischen Ereignisse zu verzeichnen, geeignet, den Kriegsruhm des Regiments zu vergrößern; wohl aber sind sie reich an Arbeit und Tätigkeit, in dem Streben, auch im Frieden die alte Tüchtigkeit zu erhalten und die Kriegsbereitschaft bis aufs äußerste zu heben.

Das Regiment nahm in dieser Zeit teil an allen Fortschritten der preußischen Armee auf dem Gebiete der Bewaffnung und Ausrüstung und ist durch Abgaben bei allen Neuformationen und Vermehrungen der Armee beteiligt.

Schon im Jahre 1874, am 21. April, empfing das Regiment das neue Infanteriegewehr M/71. Die alten aptierten Zündnadelgewehre, die in zwei Feldzügen ihre Schuldigkeit getan und sich unvergeßlich auf den Blättern der Weltgeschichte eingetragen hatten, wurden an das Artilleriedepot Wittenberg abgegeben. Die Zahl der mitzuführenden Patronen wurde gleichzeitig pro Kopf von 80 auf 90 Stück vermehrt.

Im Jahre 1876 nahm das Regiment nach seiner Abkommandierung zum ersten Male wieder im Korpsverbande des III. Armeekorps an den Kaisermanövern mit dem Gardekorps und der Parade

auf dem Tempelhofer Felde teil, wobei Kaiser Wilhelm dem kommandierenden General Groß, gen. v. Schwarzhoff, seine volle Anerkennung aussprechen konnte.

Das Jahr 1877 brachte einen Wechsel des Regimentskommandeurs. Oberst v. Fuchs, unter dem das Regiment aus Frankreich in die Heimat zurückgekehrt war, erhielt durch Allerhöchste Kabinetts-Order vom 5. April den erbetenen Abschied. Ihm folgte der bisherige Kommandeur des Seebataillons, Oberst v. Behr. Die Kommandeure, die im Laufe der nächsten Jahre nacheinander an die Spite des Regiments gestellt wurden, sind:

Am 16. August 1883 Oberst Kumme, der am 30. März 1885 an den Folgen einer bei der Rekrutenbesichtigung zugezogenen schweren Krankheit starb. In ihm verlor das Regiment das Muster echter altpreußischer Soldatentugenden, einen Kommandeur, der bis zum lezten Atemzuge in treuester Pflichterfüllung im Dienst ausgehalten hatte. Ferner ant 4. April 1885 Oberst Kanter, am 8. März 1887 Oberst Freiherr v. Lüßow, am 24. März 1890 Oberst Freiherr v. Richthofen, am 24. März 1893 Oberst Auer v. Herrenkirchen und am 15. November 1894 Oberst Wieczorek.

Im August des Jahres 1877 wurde das Füsilier-Bataillon von Treuenbrießen nach Wittenberg verlegt. Es wurde zunächst zum Regimentsererzieren nach Wittenberg herangezogen und von der Garnison und den Vertretern der Stadt feierlich empfangen. Nach der Beendigung der Herbstübungen kehrte es nicht nach Treuenbrießen zurück, sondern rückte mit seinen beiden anderen Bataillonen in seine neue Garnison Wittenberg ein, so daß seitdem das Regiment hier vereinigt ist.

Im Jahre 1881, am 1. April, trat die erste Vermehrung der Armee um einige neue Regimenter ein.

Unser Regiment gab zur Formierung des Infanterie-Regiments Nr. 98 die bisherige 9. Kompagnie unter ihrem Kompagniechef, Hauptmann v. Hiddesen, ab in der Stärke von 3 Offizieren, 14 Unteroffizieren, 13 Gefreiten, 104 Gemeinen, 1 Lazarettgehilfen; außerdem 2 Hoboisten und 4 Ökonomiehandwerker. Die neue 9. Kompagnie wurde am gleichen Tage durch Abgabe von Mannschaften aller Kompagnien und Einziehung von Dispositionsurlaubern wieder gebildet.

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