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schluß scheitern würde. Mit begreiflicher Spannung wurde daher die weitere Entwicklung der Dinge in Paris von deutscher Seite verfolgt.

Am 28. März ging eine Allerhöchste Kabinetts-Order ein, nach welcher die bei den Offizierkorps über den Etat vorhandenen Landwehr- und Reserveoffiziere entlassen werden konnten. So schied denn zum ersten Male eine Zahl von Kameraden aus den Reihen des Regiments, die mit uns fast ein Jahr lang Freud und Leid, Mühseligkeiten und Gefahren getreulich geteilt hatten. Wohl war ihnen die Aussicht, das Vaterland und die Ihrigen nach langer Trennung wiederzusehen, hocherfreulich, wohl war ihnen die Rückkehr in den bürgerlichen Beruf erwünscht, doch im Schlachtendonner hatte auch das kameradschaftliche Band sie eng mit uns, mit dem Regiment verbunden, und Gefühle der Wehmut erregte ihr Fortgang bei Scheidenden und Zurückbleibenden. Nicht hätte es der Versicherung, daß sie das Andenken und die Anhänglichkeit an das 20. Regiment treu bewahren wollten, von ihrer Seite bedurft. Die Periode ihres Lebens, wo sie in großer Zeit unter unseren Fahnen das schöne Ruhmeszeichen erwarben, das ihre Brust ziert, sie wird allen dieser festen Hoffnung dürfen wir leben. die schönste Erinnerung sein und bleiben bis ans Ende.

An die Marne.

Die Lage von Troyes näherten sich ihrem Ende.

Nach dem definitiven Friedensschluß von Frankfurt fand eine weitere Räumung des feindlichen Gebietes statt. Auch die 6. Infanterie-Division mußte das von ihr besezte Aube-Departement verlassen.

Schon am 10. Mai erhielt das Füsilier-Bataillon Marschbefehl. Dasselbe kam mit zwei Kompagnien nach Troyes. Tags darauf wurde Troyes vom II. Bataillon geräumt. Am 12. Mai war das ganze Regiment wieder in Bewegung, um sich dem Marne-Departement zuzuwenden, das an Stelle der Württembergischen Division vom III. Armeekorps besetzt werden sollte.

Der Marsch führte das Regiment am 16. Mai über historischen Boden, die Schlachtfelder von Montmirail und Champaubert wurden passiert. Französische Denkmäler erinnerten auf jenen Gefilden an die Februartage des Jahres 1814, an denen der Stern

des ersten Napoleon noch einmal in unerwarteter Weise aufLeuchtete.

Am 17. Mai wurden die neuen Kantonnements erreicht. Die Dislokation war folgende:

Regimentsstab: Orbais,

Stab des I. Bataillons, 1. und 2. Kompagnie: Orbais,
3. Kompagnie: La Ville jous Orbais,

4. Kompagnie: Mareuil en Brie, Suizy und Corribert,
Stab des II. Bataillons, 5. und 6. Kompagnie: Ablois
St. Martin,

7. Kompagnie: Vaudancourt und Courcourt,

8. Kompagnie: Brugny, Les Limon und Vinay,

Stab des Füsilier-Bataillons, 10., 11. und 12. Kompagnie:
Montmirail,

9. Kompagnie: Courbetaux.

In diesen Kantonnements verblieb das Regiment bis zum 17. Juli. Einzelne Kompagnien wurden jedoch am 23. Mai nochmals verlegt, da die Ortschaften zum Teil nur beschränkte Unterkunft boten.

Die 3. Kompagnie gab ihre Quartiere auf und ging nach Montmort und Lacaure. Ebenso wurden beim II. Bataillon noch einzelne Veränderungen vorgenommen. Zu den bisherigen Ortschaften wurden noch einzelne Fermen und die Dörfer Monthelon und Chavot hinzugezogen.

In der Handhabung des Dienstes änderte sich nichts. Jede Kommune war verpflichtet, ein zum Ererzierplat geeignetes Terrain zur Verfügung zu stellen.

Am 16. Juni erhielt Seine Majestät der Kaiser seinen Einzug in Berlin an der Spite des Gardekorps. Zu dieser vaterländischen Feier stellte die ganze Armee Deputationen, aus denen ein kombiniertes Bataillon, eine Eskadron und eine Batterie zusammengestellt wurden.

Vom Regiment wurden kommandiert:

Feldwebel Liesow, 4. Kompagnie,

Gefreiter Pöthfe,.

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Offupation.

Für das Regiment wurde an demselben Tage die Aussicht des Wiedersehens der Heimat in weite Ferne gerückt.

Nachdem schon seit längerer Zeit ein Gerücht die 6. Division zu den Okkupationstruppen designiert hatte, erhielt dasselbe jezt seine offizielle Bestätigung. Die 4., 6., 19. und 2. bayerische Division waren bestimmt, bis zur Zahlung des letzten Restes der Kriegsentschädigungsgelder das französische Gebiet besezt zu halten.

Hatte der Gedanke, den heimatlichen Verhältnissen so lange entzogen zu werden, für manchen anfangs auch etwas Schweres, so war doch jest wenigstens Klarheit in die Lage gebracht. Das Hangen und Bangen, Zweifel und Ungewißheit hatten aufgehört. Jeder konnte der neuen Situation gegenüber seine Einrichtungen treffen. Bald gestalteten sich die Okkupationsverhältnisse so, daß alles versöhnt war.

Der Tag des Einzuges sollte aber nicht vorübergehen, ohne daß auch unserem Regiment wieder eine hohe Auszeichnung in der Person einer seiner Führer zuteil wurde. Durch Allerhöchste Kabinetts-Order, datiert von jenem Tage, wurde Major Stocken für Auszeichnung im Felde in den Adelsstand erhoben. Das ganze Regiment wurde durch diese erst einige Tage später bekannt_werdende Nachricht freudig berührt.

Der 17. Juni brachte nochmals eine Veränderung in der Dislokation. Die Bergdörfer Monthelon, Chavot und Vaudancourt wurden, hauptsächlich der unbequemen Kommunikation wegen, ganz aufgegeben und dafür Pierry von der 8. Kompagnie, Moussy von der 7. Kompagnie belegt.

Am 21. Juni traf eine Allerhöchste Kabinetts-Order ein, nach welcher die in Frankreich verbleibenden Bataillone auf 802 Köpfe zu reduzieren waren. Das Regiment hatte hiernach 612 Mann zu entlassen.

Als Entlassungstermin war von der Division vorläufig der 3. Juli festgesezt. Das Regiment gehörte nunmehr der Okkupations-Armee an und stand unter dem Befehle des Generals der Kavallerie Freiherrn v. M anteuffel.

Die Reserven der drei Bataillone unter den Leutnants H o mann, v. Berenhorst und v. Normann sammelten sich am 29. Juni in Moussy, um von dort nach Reims an die Eisen

bahn zu marschieren. Vor ihrem Abgange richtete Oberst v. Flatow folgende Worte an sie:

„Die ältesten Leute des Regiments kehren in ihre Heimat zurück, nachdem sie ein Jahr lang für den Ruhm und die Ehre des Vaterlands tätig gewesen und in mancher heißen Schlacht, manchem scharfen Gefecht die übermütigen Franzosen die deutsche Weise gelehrt haben.

Mit Trauer und mit Freude sehe ich Euch scheiden, Euch, den alten Stamm des Regiments, Euch, die Ihr in der Mehrzahl von Anfang bis zu Ende ausgehalten habt. Mit Trauer deshalb, weil wir, die wir noch hier bleiben, uns von den besten Leuten des Regiments trennen müssen, von den Gesichtern, die bei Vionville, Vaumainbert und Azay uns so lieb geworden und die bei Changé und Le Mans den letten eisernen Stamm des Regiments bildeten mit Freude deshalb, weil Ihr zurückkehrt zu den Eurigen und weil Ihr im Vaterlande den verdienten Lohn findet für das, was Ihr getan. So lebt denn wohl, Ihr Reserven, ich werde Euch nie vergessen, und bis in mein spätestes Alter wird es mein Stolz und meine Freude sein, solche Soldaten gegen den Feind geführt zu haben. Mag es Euch gut gehen im Leben, und macht auch in Eurem Zivilverhältnis dem Regiment dieselbe Ehre, die Ihr ihm im Rocke des Kaisers gemacht habt. Lebt wohl!“

Der Eindruck dieser Worte auf die Mannschaften war ein tiefer. Voll Begeisterung brachten sie dem geliebten Regimentskommandeur, der einen großen Teil von ihnen in sieben Schlachten und Gefechten siebenmal zum Siege geführt hatte, ein dreifaches Hoch.*)

Am 10. Juli wurde 17 Trainsoldaten entlassen. Für sie wurde eine gleiche Zahl von Mannschaften des Train-Bataillons Nr. 3 zum Regiment kommandiert.

Mit dem 18. Juli trat für das Regiment eine wichtige Änderung in der Dislokation ein. An diesem Tage rückte es in die Standquartiere ein, in denen es voraussichtlich während der Hauptzeit der Okkupation verbleiben sollte, und zwar:

*) 26. Juni. Durch Allerhöchste Kabinetts-Ordre vom 10. Juni erhielten Hauptmann v. Briesen und Feldwebel Förster das Eiserne Kreuz 1. Klasse.

Am 4. Juli erhielten das Eiserne Kreuz 2. Klasse: Leutnant Podraz, Sergeant Fleischer, Gefreiter Richter 1. Kompagnie, Unteroffizier Erdert, Unteroffizier Thieme, Unteroffizier Fischer 2. Kompagnie, Vizefeldwebel

Der Regimentsstab, das 1. und II. Bataillon nach Epernay, Stab des Füsilier-Bataillons, 9. und 11. Kompagnie nach Dormans, 10. und 12. Kompagnie nach Treloup.

Das Regiment hatte wahrlich Ursache, mit seinen Kantonnements in dem schönsten Teile der weingesegneten Fluren der Champagne zufrieden zu sein. In Epernay lagen die Offiziere zum größten Teile in den Châteaur der Rue du Commerce, die zwar von Champagnerschaum erbaut sind, nichtsdestoweniger aber an Solidität der äußeren und inneren Einrichtung nichts zu wünschen übriglassen.

Auch in Dormans, einem freundlichen Landstädtchen mit reizender Umgebung, waren sie vortrefflich untergebracht.

Wenige Tage nach dem Einrücken in Epernay zeigte sich, daß die Stadt mit acht Kompagnien zu stark belegt war. Eine Kompagnie die 7.- wurde daher nach Cumières, einem benachbarten Dorfe, verlegt. Als diese Kompagnie später am 2. Januar 1872 wieder in die Stadt verlegt wurde, quartierte statt ihrer die 2. Kompagnie nach Hautvillers um.

In sämtlichen Ortschaften lagen die Leute in Bürgerquartieren. Nur in Epernay war ein Haus, das auch den französischen Truppen

Lohse, Unteroffizier Tiek II, Gefreiter Bähr, Musketier Purbs 3. Kompagnie, Unteroffizier Dammköhler, Gefreiter König, Unteroffizier Stricker 4. Kompagnie, Musketier Busch 5. Kompagnie, Unteroffizier Arndt, Gefreiter Süßkow, Musketier Bergemann 6. Kompagnie, Vizefeldwebel Vidal, Musketier Wille 7. Kompagnie, Gefreiter Schmidt II, Unteroffizier Finkeldeh, Musketier Kothe 8. Kompagnie, Unteroffizier Petermann, Füsilier Hamann 9. Kompagnie, Sergeant Starke, Füsilier Hemp 10. Kompagnie, Unteroffizier Spillner, Sergeant Erbe 11. Kompagnie, Oberlazarettgehilfe Friedrich, Füsilier Tillack 12. Kompagnie.

23. Juli. Durch Allerhöchste Kabinetts-Order vom 10. Juli wurden die Portepeefähnriche La Baume und Bach zu Sekondleutnants, die Vizefeldwebel Töbe, Vidal, Scheer und Lohse zu Sekondleutnants der Reserve befördert.

27. Juli. Durch Allerhöchste Kabinetts-Order vom 12. Juli wurde Hauptmann Hecht vom Grenadier-Regiment Nr. 109 in das Regiment verseht und erhielt die 12. Kompagnie.

4. Oktober. Durch Allerhöchste Kabinetts-Order vom 21. September ist Hauptmann Hübner zum Major befördert, Premierleutnant Beck zum Hauptmann und Kompagniechef (1. Kompagnie).

27. Oktober. Durch Allerhöchste Kabinetts-Order vom 13. Oktober erhalten das Eiserne Kreuz 1. Klasse: Hauptmann Thortsen, Premierleutnant Schubka und Feldwebel Gensicke.

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