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Gesek

betreffend

den Forßdießfahl.

Yom 15. April 1878.
GejS. S. 222.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen mit Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie*) für den ganzen Umfang derselben, was folgt:

*) Nach Art. 4 Nr. 13 der Reichsverfassung unterliegt die gesezliche Regelung der Vorschriften über den Holz- (Forst-) Diebstahl der Zuständigkeit des Reiches. Das Reich hat aber seine Befugnis an die Landesgesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten abgetreten: im Gebiete des materiellen Rechts durch den § 2. des Einführungsgesetzes zum StrGB.:

„In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Landesstrafrechts über den Holz- (Forst-) Diebstahl."

im Gebiete des Prozeßrechts durch den § 3. des Einführungsgesetzes zur StrPro.:

„Die Landesgesetze können anordnen, dass Forstund Feldrügesachen durch die Amtsgerichte in einem besonderen Verfahren, sowie ohne Zuziehung von Schöffen verhandelt und entschieden werden."

Auf der Grundlage dieser vom Reich abgetretenen Zuständigkeit ruht das gegenwärtige Gesez. Es hat keinen erschöpfenden Charakter, findet vielmehr seine Ergänzung im Reichsrechte, nämlich, soweit es sich um materielle Strafbestimmungen handelt, in den Vorschriften des Strafgesetzbuches (vgl. u. a. die Anmerkungen zu den §§ 4. 5. 6. 8. 12. Forstdiebstahlsgeseß. 5. Aufl.

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§ 1.

Forstdiebstahl1) im Sinne dieses Gesetzes ist der in einem Forst oder auf einem anderen hauptsächlich zur Holznutzung bestimmten Grundstücke 2) verübte Diebstahl 3):

u. 18. dieses Gesezes und soweit es sich um das Verfahren handelt, in den Vorschriften der Strafprozeßordnung (vgl. die Anm. zum § 21. dieses Gesetzes).

1) Die Bezeichnungen Holzdiebstahl und Forstdiebstahl werden in der deutschen Landesgeseßgebung in dem gleichen Sinne gebraucht; auch das Reichsstrafrecht stellt sie als gleichbedeutend neben einander (§ 2. Abs. 2. Einf.-Ges. 3. StrGB.). Die erste Bezeichnung weist (ähnlich wie: Gelddiebstahl, Getreidediebstahl, Pferdediebstahl) auf den Gegenstand der Entwendung, die andere (ähnlich wie: Kirchendiebstahl, Hausdiebstahl, Taschendiebstahl auf den Ort hin, wo der entwendete Gegenstand zur Zeit der Tat sich befindet. Das gegenwärtige Gesez hat dem Ausdrucke Forst diebstahl den Vorzug gegeben, weil es bei der Begriffsbestimmung der in ihm behandelten strafbaren Handlungen in erster Linie den Ort, wo gestohlen worden ist, ins Auge faßt.

2) Ein Forstdiebstahl liegt nur dann vor, wenn_Holz oder andere Walderzeugnisse gestohlen sind in einem Forst (d. H. in einem eingerichteten und planmäßig bewirtschafteten Walde) oder auf einem anderen, hauptsächlich zur Holznuzung bestimmten Grundstücke.

In holzarmen Gegenden pflanzt man an Wegen und Grenzrainen der Holznuzung wegen Weidenbäume, denen man von Zeit zu Zeit die Äste wegnimmt, um diese als Brennmaterial zu verwerten. Die Entwendung eines solchen Baumes fällt nicht unter den Begriff des Forstdiebstahls, weil das Grundstück, worauf der Baum sich befand, nicht zur Holznuzung hauptsächlich bestimmt, die Zweckbestimmung des Baumes aber gleichgültig ist. In solchem Falle greifen entweder die Bestimmungen des Feld- und Forstpolizeigesehes v. 1. April 1880 Play (§§ 6, 18, 20 Nr. 4), oder es kommt die Strafe des Diebstahls zur Anwendung; so beispielsweise bei der Entwendung von Holz aus einem sogenannten „Knick“. (Rurt. 1. Juni 81. URStr. Bd. 4, S. 268). Anlandungen eines Flusses, die zur besseren Befestigung des Ufers mit Weidenanpflanzungen versehen sind, können als Holzgrundstücke in Betracht kommen, wenn die Weiden durch regel

1. an Holz, welches noch nicht vom Stamme oder vom Boden getrennt1) ist;

mäßigen Abtrieb und Verarbeitung zu Faschienen genugt werden (RUrt. v. 25. Okt. 1889 URStr. Bd. 20, S. 11; vgl. auch RUrt. v. 25. Jan. 1889 URStr. Bd. 18, S. 437).

Wird aber von einem Grundstücke, das nicht als Forst gelten kann, aber hauptsächlich zur Holznuzung bestimmt ist (z. B. von einem Grundstücke, auf welchem Weiden gezogen werden, um als Flechtwerk zu dienen), ein dort zufällig stehender Obstbaum gestohlen, so liegt Forstdiebstahl vor, weil das Grundstück, worauf der Baum stand, der Holznuzung dient.

3) Forstdiebstahl liegt nur vor, wenn alle Erfordernisse eines Diebstahls vorhanden sind; insbesondere muß der Täter in diebischer Absicht gehandelt haben, d. h. in dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der bezweckten Zueignung.

[Als Forstdiebstahl ist es daher nicht anzusehen: wenn jemand in der irrigen Vorausseßung einer ihm zustehenden Holzberechtigung sich eigenmächtig Holz angeeignet; ferner nicht, wenn jemand sich, wenn auch irrtümlich, für den Eigentümer des angeeigneten Holzes gehalten hat (KUrt. v. 18. Jan. 1892 Joh. Bd. 12, S. 269); ingleichen nicht, wenn jemand ein Walderzeugnis, von dem er den Ümständen nach annahm, daß der Waldeigentümer es preisgebe, aufgesucht und sich zugeeignet hat, ingleichen nicht, wenn jemand zur Beseitigung eines augenblicklichen Notstandes (beispielsweise der Fuhrmann zur Aufrichtung seines umgeworfenen Wagens) einen Holzstamm abgeschlagen und in vorübergehenden Gebrauch genommen hat.

Es können in diesen und ähnlichen Fällen forstpolizeiliche Strafbestimmungen Plaß greifen; eine Bestrafung wegen Forstdiebstahls aber würde wegen Mangels einer diebischen Absicht des Täters ausgeschlossen sein.]

4) Den Gegensatz zu dem in Nr. 1. bezeichneten Holze bildet (abgesehen von dem durch Zufall abgebrochenen oder umgeworfenen Holze, welches in Nr. 2 erwähnt ist) das durch die Handlung eines Menschen vom Stamme oder Boden getrennte Holz. Ohne eine solche Trennung behält es auch dann die Natur des in Nr. 1 bezeichneten Holzes, wenn es zu gewissen Zwecken zugerichtet ist; der Diebstahl an Baumstümpfen also, die zu Merkzeichen hergerichtet find, ohne vom Boden getrennt zu sein, ist Forstdiebstahl. (RUrt. 5. Okt. 83. ÜRStr. Bd. 9, S. 72).

2. an Holz, welches durch Zufall abgebrochen oder umgeworfen, und mit dessen Zurichtung noch nicht der Anfang gemacht worden ist 5).

5) Im besonderen: Lagerholz, Windfall- und Windbruchholz, Schneebruchholz u. dgl. m., und zwar ganze Stämme, Teile des Schaftes, Wipfel, Äste und Zweige. Den Gegenfaz zu dem in Nr. 2. bezeichneten Hölze bildet das durch Zufall umgeworfene oder abgebrochene und demnächst in Zurichtung genommene Holz.

[Wesentlich für den Begriff des Forstdiebstahls also ist, daß an dem Holze keine Handlung vorgenommen worden ist, die auf eine Aneignung durch den Berechtigten oder auf die Besizergreifung durch einen anderen hinweist.

Es ist Diebstahl und nicht Forstdiebstahl, wenn B. aus dem Forste einen Baum wegnimmt, der vorher vom Forstdieb A. gefällt, aber aus irgend einem Grunde nicht mitgenommen, sondern zurückgelassen worden war.

Ebenso ist das Abhauen und Entwenden von Ästen bereits gefällter Bäume im Walde, mit deren Zubereitung noch nicht begonnen ist, einfacher und nicht etwa Forstdiebstahl. (RUrt. v. 1. Juni 1894. URStr. Bd. 25, S. 393.)

Auch der Förster, der in dem seiner Obhut anvertrauten Forste einen von Frevlern gefällten und zurückgelassenen Baum sich zueignet, begeht einen Diebstahl. (OErk. 2. Mai 66. ORO. VII. 264; indirekt auch Rurt. 2. Dez. 81. URStr. Bd. 5, S. 180.)

Ebenso ist es Diebstahl, wenn jemand in der Absicht, einen Forstdiebstahl zu begehen, Holz gefällt, dieses aber, weil er seine Absicht aufgab, im Walde zurückgelassen und erst später in der Absicht rechtswidriger Zueignung abgeholt hat. (Erk. 22. Sept. 65. GA. XIII. 804.)

Wenn die vom Waldeigentümer mit der Abholzung eines Schlages beauftragten Holzschläger Holz, das sie selbst geschlagen haben, sich aneignen, so richtet sich die Entscheidung der Frage, ob Diebstahl oder Forstdiebstahl vorliege danach, in welchem Zeitpunkte die diebische Absicht zuerst auftrat. Geschah dies vor dem Einschlagen des Holzes, so liegt Forstdiebstahl, geschah es nach dem Einschlagen, Diebstahl vor. (OErk. 4. Dzbr. 67 und 11. Dzbr. 67. GA. XVI. 148.)

Als Zurichtung des durch Zufall umgeworfenen oder abgebrochenen Holzes ist es schon anzusehen, wenn der

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