Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Jeder von Frankreich her recht erhebliche Sparpfennige mitbrachte. Diese ermöglichten es zwar, nach Rückkehr in das kärgliche Friedensverhältniß das bisherige Wohlleben, wie man es von der Okkupationszeit her gewöhnt war, noch eine Zeit lang fortzusetzen; indeß blieben die daraus sich entwickelnden Nachtheile für den Einzelnen wie für das Ganze nicht aus, und erst nach manchen Erfahrungen schraubte man seine Ansprüche herunter und bekehrte sich zu den guten und einfachen Lebensgewohnheiten, wie sie früher im Offizierkorps zum Wohle der Gesammtheit bestanden hatten.

Aus den folgenden Friedensjahren mit ihren regelmäßig wiederkehrenden Rekruten-Einstellungen, Besichtigungen, ökonomischen Musterungen, Schieß- und Herbstübungen mögen in den Schlußzblättern nur diejenigen Ereignisse und Verhältnisse Erwähnung finden, welche für die Geschichte des Regiments eine besondere Bedeutung gehabt haben.

Eine Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 2. September 1873 bestimmte, daß für die in den drei letzten Feldzügen Gefallenen und an Wunden Verstorbenen Gedächtnißtafeln aus Holz in würdig einfacher Ausstattung, wie solche für die Opfer der Befreiungskriege schon vorhanden waren, errichtet werden sollten.

Am 2. Dezember 1874, dem Erinnerungstage der Schlacht bei Villiers fur Marne, fand die feierliche Einweihung der Tafel für die aus der Garnison Bromberg in den Kriegen von 1866 und 1870/71 Gefallenen durch den Divisionspfarrer Moldenhauer in der dortigen, vollständig umgebauten Garnisonkirche_statt.*) Die Kommandeure der 4. Division, der 7. und 8. Infanterie- und der 4. KavallerieBrigade, das gesammte Offizierkorps, eine kombinirte Fahnen-Kompagnie und zahlreiche Abordnungen wohnten der kirchlichen Handlung bei. Die in Trauerflor gehüllten Fahnen des Regiments erhielten zu beiden Seiten des Altars Aufstellung; die mit Lorbeerkränzen und Palmenzweigen reich geschmückte Tafel befand sich bereits auf ihrem Plaße im Altarraum über dem Eingange zur Sacristei. Während des Weiheaktes senkten sich die Fahnen, und der Geistliche sprach die Worte:

,,So möge diese Gedächtnißtafel bleiben ein Denkmal der Erinnerung an die große Zeit ruhmvoller Erhebung des Deutschen Vaterlandes, ein Denkmal der Dankbarkeit für die gefallenen Helden, ein Denkmal der Mahnung für Kind und Kindeskind, nachzufolgen dem Beispiele der Vorfahren, und des Strebens, ihrer Namen werth zu sein.“

Die nächsten Jahre nach dem Kriege brachten tiefgehende Veränderungen im Offizierkorps. Am Schlusse des Jahres 1874 fehlten bereits 20 Feldzugskämpfer, welche theils zu anderen Truppentheilen verseßt, theils aus dem Dienste geschieden waren. Dieser hohe Abgang hatte sich nicht annähernd ergänzt, sodaß bei Beginn des Jahres 1875 das Regiment weniger Offiziere zählte, als unmittelbar nach dem Feldzuge. Troß dieser beträchtlichen Verluste war das Offizierkorps sich innerlich aber gleich geblieben. Der junge Nachwuchs war in demselben altpreußischeinfachen und ritterlichen Geiste erzogen worden, welcher von Alters her im Regimente Geltung hatte und welcher gerade in jenen Jahren des ungeahnten Auf

*) Siehe Anlage 22.

schwunges aller sozialen und wirthschaftlichen Verhältnisse, aber auch des trasfesten Strebens nach materiellen Gütern sich manchem Ansturm ausgesett sah.

Auch im Unteroffizierstande trat nach dem Feldzuge in der ganzen Arme ein bedeutender Abgang ein. Dieser Uebelstand machte sich beim Regiment nach Einstellung der Unteroffiziere des Ersatz-Bataillons zunächst weniger fühlbar. Mit der Zeit zeigte sich jedoch auch hier die auffällige Erscheinung, daß bereits mehrere Jahre gediente Unteroffiziere in größerer Anzahl ihr Ausscheiden beantragten, um sich unter den damaligen günstigen wirthschaftlichen Verhältnissen einen einträglicheren und womöglich müheloseren Erwerb zu suchen. Kapitulanten waren nur schwer zu bekommen.

Behufs Hebung des ganzen Standes in dienstlicher wie sozialer Beziehung entschloß man sich daher zu einer Reihe von Reformen, unter welchen die Schaffung einer Vize-Feldwebelstelle bei jeder Kompagnie, die Aufbesserung der Löhnungsfäße und der Bekleidung, die von den Mannschaften getrennte Unterbringung in den Kasernen und die Regelung der Civilversorgung nach 12jähriger Dienstzeit die wichtigsten waren.

Am 18. Juli 1874 wurde das Regiment mit dem Infanterie-Gewehr M/71 ausgerüstet, dessen Vorzüge, dem bisherigen Zündnadelgewehr gegenüber, in einem fleineren Kaliber, in einer größeren Rasanz der Flugbahn, einer einfacheren Handhabung beim Laden und einer größeren Schußweite bestanden. An Stelle der früheren Papierpatrone trat die Metallpatrone, das Bajonett sollte gegebenenfalls durch das aufzupflanzende Seitengewehr ersetzt werden.

Unter der vortrefflichen Anleitung des Oberst v. Kalinowsky, welcher in seiner früheren Stellung als Direktor der Militär-Schießschule einen hervorragenden Antheil an der Konstruktion der neuen Waffe genommen hatte, machte die Kenntniß und Verwendung derselben beim Regiment schnelle Fortschritte, so daß noch vor dem Beginn der Herbstübungen sämmtliche Offiziere und Unteroffiziere eine Anzahl schwieriger Schießbedingungen erfüllen konnten.

Zufolge Allerhöchster Kabinets - Ordre vom 2. Juni 1875 wurde Oberst v. Kalinowsky in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit dem Charakter als Generalmajor zur Disposition gestellt.

Derselbe hatte in seiner früheren Stellung Bedeutendes geleistet und viel Anerkennung erfahren. Bald nach der Rückkehr des Regiments aus Frankreich an dessen Spitze gestellt, fand er ein großes Feld für seine außerordentliche Arbeitskraft. Seiner rastlosen Thätigkeit und völligen Hingabe an den Dienst gelang es in verhältnißmäßig kurzer Zeit, die natürlichen Nachwirkungen des Feldzuges und des langen Aufenthaltes im Auslande auf den Stand der Ausbildung und der gesammten ökonomischen Wirthschaft vollständig zu verwischen. Wenngleich bei seinen nur schwer zu befriedigenden Anforderungen in allen Dienstzweigen herber Tadel und harte Maßregeln durchaus nichts Seltenes waren, so zeigte er sich doch bei anderen Gelegenheiten als ein wohlmeinender und theilnehmender Vorgeseßter. Wer sich einmal durch Tüchtigkeit bewährt hatte, dem wandte er sein Wohlwollen in vollem Umfange zu, ohne dies gerade in Worte zu kleiden, da es seiner abgeschlossenen,

schroffen Natur anscheinend nicht leicht wurde, zur rechten Zeit ein Wort der Anerkennung und Aufmunterung zu äußern.

In Hermsdorf unter dem Kynast, bei Warmbrunn, lebte v. Kalinowsky in stiller Zurückgezogenheit bis zu seinem im Januar 1886 erfolgten Tode.

Zu seinem Nachfolger war der Oberstlieutenant v. Feldmann vom GardeFüsilier-Regiment ernannt worden.

Zufolge kriegsministerieller Verfügung vom 15. November 1876 erhielten die drei Fahnen, wie bei den anderen Infanterie-Regimentern Nr. 1 bis 40, an Stelle der alten Ringe mit der Inschrift XXI. J. R., neue Ringe mit der Inschrift:

J. R. No. 21. I. bezw. II. bezw. F. B.

Am 11. Mai 1879 verlor das Offizierkorps einen trefflichen Kameraden, den Premierlieutenant v. Kleist, welcher nach kurzem Krankenlager einer schweren Lungenentzündung erlag.

Während des Frühjahrs und Sommers 1879 wurde ganz besonders häufig der Exerzirplatz an der Danziger Chauffee aufgesucht und die nähere und weitere Umgegend von Bromberg abgestreift, um sowohl im strammen Exerziren als auch im Felddienst sich möglichst vortheilhaft bei dem bevorstehenden Kaisermanöver zeigen zu können. Am 25. August wurde das Regiment in voller Etatsstärke per Eisenbahn nach Bahn in Pommern befördert, wo das Brigade-Exerziren und demnächst auch die Detachementsübungen stattfanden. Am 8. September überschritt es bei Greiffenhagen die Oder und nahm alsdann an den Divisionsübungen bei Tantow und am 12. desselben Monats an der Parade des 2. Armeekorps unter General Hann v. Weyhern vor Seiner Majestät dem Kaiser und Könige auf dem Kreckower Felde bei Stettin Theil.

Das Regiment hatte die große Freude, daß der Allerhöchste Kriegsherr sich in jeder Beziehung befriedigend über die Haltung der Mannschaften und den guten Parademarsch auszusprechen geruhte.

Nach einem dreitägigen Korpsmanöver bei Tantow kehrte dasselbe am 16. September per Eisenbahn nach Bromberg zurück.

In Anerkennung der guten Leistungen des Armeekorps erhielten vom Regiment der Kommandeur, Oberst v. Feldmann, den Kronen-Orden 2. Klasse, Major v. Germar und Hauptmann Noell den Rothen Adler-Orden 4. Klasse; Hauptmann v. Jahn wurde zum überzähligen Major, Premierlieutenant v. Schenck zum Hauptmann und Kompagniechef und Sekondlieutenant v. Kronhelm zum PremierLieutenant befördert.

Die Erhöhung der Friedensstärke der Armee im Frühjahre 1881 forderte, wie von allen übrigen alten Infanterie-Regimentern, so auch vom 21. die Abgabe einer Kompagnie; das Loos traf die 3., welche zufolge Verfügung des Generalkommandos 2. Armeekorps vom 26. März 1881 am 11. April geschlossen mit fämmtlichen Unteroffizieren zu dem in Bromberg neu zu bildenden Infanterie-Regiment Nr. 129 übertrat. In genanntes Regiment waren zugleich der Premierlieutenant Osterroht als Hauptmann und Kompagniechef und Zahlmeister Bonson verseßt worden.

Die alte 3. Kompagnie wurde an demselben Tage unter der nämlichen Nummer aus Abgaben der anderen Kompagnien (je 1 Unteroffizier und 10 Mann) neu formirt, während diese sich wiederum durch Einziehung von DispositionsUrlaubern ergänzten.

Das Regiment stand seitdem bis zu seiner Versetzung nach Thorn mit dem Infanterie-Regiment Nr. 129 zusammen in Bromberg und trat dem neuen Truppentheil die Hälfte der großen Kaserne in der Karlstraße ab, infolge dessen mehrere Massenquartiere in den Vorstädten bezogen werden mußten. Die beiden Offizierkorps theilten sich kameradschaftlich in die Benutzung der Kasinoräume und haben dort mehrere Jahre bei gegenseitiger Rücksichtnahme freundnachbarlich zusammen gelebt. Durch die Versetzung des Zahlmeisters Bonson verlor das Regiment seinen damals ältesten Angehörigen. Im Frühjahr 1843 bei der 2. Kompagnie eingestellt, wurde er bei der Mobilmachung von 1850 Rechnungsführer und hat später viele Jahre die Geschäfte des Regiments-Zahlmeisters mit unermüdlicher Thätigkeit verwaltet. Im Jahre 1868 widmete ihm das Offizierkorps eine goldene Taschenuhr nebst Kette als Erinnerungszeichen an 25jährige, in Krieg und Frieden bewährte treue Dienste. Derselbe trat im Jahre 1887 mit dem Charakter als Rechnungsrath in den Ruhestand und nahm seinen Wohnsitz in Charlottenburg.

Durch ein Reichsgesetz vom 1. April 1881 war bestimmt worden, daß die Ersatz-Reservisten 1. Klasse in Zukunft zu vier Uebungen einberufen werden sollten, damit im Falle eines Krieges die entstehenden Verluste durch entsprechend vor gebildete Mannschaften möglichst schnell wieder ergänzt werden könnten. Die ersten derartigen Uebungen fanden bereits im Laufe desselben Jahres statt und bildeten, regelmäßig wiederkehrend, fortan mit denen der Reserve und Landwehr eine sehr beträchtliche Mehrbelastung des gesammten Ausbildungspersonals. Die Führung der Ersatzreserve-Kompagnien erhielten gewöhnlich die ältesten Premierlieutenants.

Zufolge Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 16. Juni 1881 wurde Obers v. Feldmann in Rücksicht auf andauernde körperliche Leiden mit der Regiments. Uniform zu den Offizieren von der Armee versezt und ein Jahr später als Generalmajor zur Disposition gestellt. An seine Stelle trat der Oberstlieutenant v. Siefart vom Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2.

Beide von einander so sehr verschiedenen und doch wieder in ihrem unablässigen und von Erfolg gekrönten Streben, das Regiment auf eine möglichst hohe Stufe der Vollendung zu bringen und mit demselben das Beste zu leisten, sich so ähnlichen Kommandeure stehen noch zu lebhaft im Gedächtniß des jezigen Geschlechts, als daß eine eingehende Schilderung derselben nothwendig wäre. Außerdem verbietet sich eine solche auch schon von selbst, da beide noch in voller Rüstigkeit der Gegenwart angehören und der Eine noch im Dienste sich befindet. Um indessen einer späteren Fortführung dieser Blätter einigen Anhalt zu geben, mag erwähnt werden, daß Oberst v. Feldmann mit der ganzen Kraft einer energischen und imponirenden Persönlichkeit sein hochgestecktes Ziel durch strenge Disziplin und straffe Ausbildung des Regiments sowohl im Exerziren, wie ganz besonders im Felddienst und in den Gefechtsformen zu erreichen suchte, während Oberst v. Siefart mehr in der forg fältigen Ausbildung des einzelnen Mannes und der kleineren Truppenkörper,

namentlich der Kompagnie, die Grundlage suchte, auf welcher sich alles Andere aufbauen müßte.

In besonders hervorragendem Maße ließ sich der Lettere die seiner liebenswürdigen und für sich gewinnenden Natur so sehr entsprechende Aufgabe der Erziehung des Offizierkorps angelegen sein. Da er diese Aufgabe mit seinem ganzen Herzen, in echt kameradschaftlichem Geiste auffaßte, so konnte der Erfolg bei der großen Liebe und Verehrung, die er genoß, gar nicht ausbleiben. Der Einfluß des wahrhaft vornehmen, ritterlichen Mannes auf seine Offiziere war ein geradezu mächtiger und nachhaltiger, da ein Jeder ihm sowohl als Kamerad und Mensch wie auch als Untergebener persönlich nahe stand. Die natürliche Folge hiervon war, daß das Gefühl fester Zusammengehörigkeit und gegenseitiger Verantwortlichkeit unter ihm von Neuem und kräftiger zum Bewußtsein Aller kam, als jemals vorher.

Das Gedächtniß an die ruhmreiche Vergangenheit des Regiments, an die vielen, bereits zur großen Heerschau abberufenen und an die noch lebenden Kameraden, welche einstmals die Nummer 21 getragen hatten, wachzurufen und rege zu erhalten, erschien ihm als das wirksamste Mittel zur Förderung eines gewissen Regiments-Patriotismus. In diesem Sinne begründete er die Sammlung der Bildnisse sämmtlicher ehemaliger Regimentskommandeure und schmückte mit denselben den Festsaal des Kasinos; ferner das Regiments album zur Erinnerung an die aus dem Offizierkorps geschiedenen bezw. später noch ausscheidenden Kameraden. Durch das Entgegenkommen der alten Herren gelangte das Offizierkorps in kurzer Zeit in den Besitz der Bilder fast aller seiner einstigen Angehörigen.

Der Regimentskapelle wandte Oberst v. Siefart sein ganz besonderes Interesse zu und wohnte ihren Uebungsstunden häufig selbst bei. Da der aus der Zeit der Offupation herstammende, sehr bedeutende Musikfonds die Einstellung ausgesuchter Kräfte ermöglichte, so dauerte es nicht lange, bis die Kapelle unter seiner, von feinem musikalischem Verständniß unterstützten Leitung geradezu Mustergültiges leistete.

Die einstmals in Colberg eingerichtete Füsilierkapelle mußte im Herbst 1883 infolge eingetretener Etatsveränderungen aufgelöst werden.

Noch zur Zeit des Oberst v. Siefart beging das Regiment die Erinnerungsfeier seines 70jährigen Bestehens. Der Tag gestaltete sich bei den angedeuteten Anschauungen und Bestrebungen des Kommandeurs zu einem Regimentsfest im schönsten Sinne des Wortes.

Es war am 1. Juli 1883, einem herrlichen Sommertage, als gegen Mittag die drei Bataillone auf dem Ererzirplate an der Danziger Chaussee in einem geöffneten Karree Aufstellung nahmen. Auf die offene Seite desselben traten die höheren Stäbe der Garnison, sowie Abordnungen des Infanterie-Regiments Nr. 61, unter Führung des Oberst Bering, und der städtischen Behörden von Bromberg, ferner eine große Anzahl ehemaliger Offiziere und Reserveoffiziere des Regiments, welche von Nah und Fern herbeigekommen waren, um mit ihm den Stiftungstag zu feiern.

Alsdann trat Oberst v. Siefart in die Mitte des Karrees und hielt mit weithin vernehmlicher Stimme eine von Begeisterung getragene Ansprache, in welcher

« ZurückWeiter »