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Beim Abzuge aus Groß-Beeren erhielt das 1. Bataillon heftiges Kartätschfeuer, durch welches dasselbe 11 Mann verlor. Nach seiner Rückkehr wurde es zur Deckung des linken Flügels bestimmt und nahm deshalb an dem neu beginnenden Kampfe keinen weiteren Antheil.

Die beiden anderen Bataillone hatten während des vorerwähnten Gefechts mit den übrigen Truppen der Brigade bei Heinersdorf gestanden.

Das französische Korps folgte nicht, bezog vielmehr, für diesen Tag keinen Angriff erwartend, Biwaks bei Groß-Beeren.

In der That vermochte sich der Kronprinz von Schweden trog der günstigen Lage der Nord-Armee nicht zur Annahme einer Schlacht zu entschließen, gab vielmehr den Befehl zum allgemeinen Rückzuge in die Verschanzungen bei Berlin. Mit scharfem Blick erkannte jedoch General v. Bülow die vortheilhafte Situation. Von dem Wunsche beseelt, die Residenz seines Königs zu retten, trat er die rückwärtige Bewegung nicht an, sondern faßte den kühnen Entschluß, den Feind noch an demselben Tage vorwärts bei Groß-Beeren aufzusuchen und dies Dorf um jeden Preis zurückzuerobern. Unsere Gebeine", so sagte er, sollen diesseits Berlin bleichen, nicht jenseits." Die erbetene Unterstützung wurde ihm vom Kronprinzen versagt. So kam es, daß nur preußische Waffen den glorreichen Sieg erfochten, der die Hauptstadt rettete.

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Schleunigst ergingen die Befehle zum Aufbruch nach den Biwaks der verschiedenen Brigaden, da nur noch wenige Stunden bis zum Abend blieben. Mit Begeisterung empfingen die Truppen den Befehl zum Vorgehen. Hungernd und frierend lagen sie müde im nassen Lager; nun aber war mit einem Schlage alles Ungemach vergessen, mit dem Kolben wollte man bei dem unaufhaltsam strömenden Regen dreinschlagen.

Der Angriff glich fast einem Ueberfall. In dem französischen Lager bei Groß-Beeren waren die Truppen gerade mit dem Abkochen beschäftigt, als unsere Kanonenkugeln dort einschlugen. Etwa um 6 Uhr Abends stand das Bülowsche Korps gegen den Windmühlenberg entwickelt. Die 3. und 6. Brigade rückten als erste Linie, die 4. Brigade als zweite vor; die 5. unter General v. Borstell hatte den Auftrag, auf Klein-Veeren vorzugehen und die linke Flanke des Korps zu decken.

Das 2. und das Füsilier-Bataillon*) des Regiments befanden sich auf dem linken Flügel der 6. Brigade und folgten dem Colbergschen Regiment als zweites Treffen.

Das Gefecht wurde fast von der gesammten Artillerie des Korps eröffnet, die vor der Front des ersten Treffens vorging. Schon während des Anmarsches erlitten die Infanterie und Artillerie erhebliche Verluste. Mit Bajonett und Kolben wurde darauf das brennende Groß-Beeren von zwei Bataillonen Colbergschen Regiments genommen.

*) Das 3. Bataillon erhielt die Bezeichnung eines Füsilier-Bataillons" zwar erst durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 6. September 1815, es wurde jedoch von vornherein als leichtes Bataillon verwendet und, da es schwarzes Lederzeug hatte, Füsilier-Bataillon genannt.

Nach Eroberung des Dorfes erhielt das Füsilier-Bataillon den Befehl, links von Groß-Beeren gegen Klein-Beeren hin die Verbindung mit der 5. Brigade aufrecht zu erhalten, und hatte somit leider keine Gelegenheit, seine Kriegstüchtigkeit zu zeigen.

Durch das Eingreifen des Generals v. Borstell in den Kampf wurde der Feind auf der ganzen Linie zum schleunigsten Rückzuge gezwungen; nur die Dunkelheit rettete ihn vor vollständiger Vernichtung.

Der Tag kostete dem Bülowschen Korps 29 Offiziere und etwa 1100 Mann.
Vom 2. Bataillon 9. Reserve-Regiments waren der Kommandeur Major

v. Bürger und 4 Mann verwundet worden, so daß sich der Gesammtverlust des Regiments auf 1 Offizier und 15 Mann belief.

Die siegreichen Truppen waren gerade damit beschäftigt, sich Biwakspläge zu wählen, als auf dem rechten Flügel bei Neu-Beeren in vollster Dunkelheit der Kampf von Neuem begann. Eine vom Marschall Oudinot dem 7. Korps zu Hülfe gesandte Kavallerie-Division traf auf dem Schlachtfelde ein, nachdem die Entscheidung bereits gefallen war. Das Zusammentreffen mit preußischen KavallerieRegimentern bei Neu-Beeren verursachte ein scharfes Handgemenge; die Kolonnen lösten sich bei der herrschenden Finsterniß auf und stürmten in dichtem Knäuel, Franzosen und Preußen durcheinander, vollständig direktionslos in die Dunkelheit gerade auf Groß-Beeren und ein dort zu Pferde haltendes preußisches UlanenRegiment, das bei der allgemeinen Verwirrung in den großen Knäuel auf Freund und Feind wacker einhieb. Auch die Reserve-Kavallerie stürzte schließlich in dieses Getümmel, und nun raste diese wilde Jagd bei Groß-Beeren vorbei in nördlicher Richtung mitten durch die Infanterie des 3. Armeekorps, die bei dem strömenden Regen im Finstern nicht die geringste Vorstellung hatte, was das Getümmel be= deutete. Glücklicherweise konnten die Gewehre der Nässe wegen nicht abgeschossen werden. In diesem nächtlichen Kampfe wurde die französische Kavallerie_theils vernichtet, theils zersprengt.*)

Die vom Generalstabe redigirte „Geschichte der Nord-Armee" erwähnt aus dieser nächtlichen Scene noch folgenden Vorfall: Major v. Reckow, Kommandeur des 9. Reserve-Regiments, gehörte zu der großen Zahl der Stabsoffiziere, welche durch die wilde Jagd umgeritten wurden. Wieder auf die Beine gekominen, suchte er sich dem ersten besten Infanterie-Bataillon anzuschließen und trifft auf ein Bataillon oftpreußischer Landwehr. Kaum an dasselbe herangetreten, erschallt sogleich der Ruf einiger Landwehrmänner: „Es ist ein Franzose, schlagt ihn todt!" Natürlich protestirte er hiergegen aus Leibeskräften und machte sich, wenn auch ohne rechten Erfolg, als Preuße und Regimentskommandeur geltend. Endlich erfährt er, daß das Bataillon von dem Major Friccius befehligt werde, und nimmt sofort das Einschreiten desselben in Anspruch. Der Major hindert auch die Landwehrmänner, zu Thätlichkeiten überzugehen, nimmt den Major v. Reckom in die Mitte der Kolonne, um ihn bis zum Eintreffen im Biwak bei sich zu behalten, ihn dann beim Schein des Feuers zu besehen und schließlich nach den sich ergebenden Um

*) Geschichte der Nord-Armee, vom Generalstabe redigirt.

ständen zu handeln. In der That wurde Major v. Recow erst bei Heinersdorf erkannt und entlassen.

Am Abend dieses denkwürdigen Tages kehrte ein Theil des Korps in die Biwaks bei Heinersdorf zurück, darunter auch das 9. Reserve-Regiment; es blieb dort bis zum 25. August.

Die befreiende, glorreiche That preußischer Waffen hatte Berlin in die freudigste Aufregung versetzt. Schaarenweise eilten die Berliner zu Fuß und zu Wagen auf das Schlachtfeld hinaus, ihren Dank den Truppen auszudrücken. Große Massen Lebensmittel und alle möglichen Erquickungen brachten sie herbei und vertheilten sie an die Gesunden und Kranken. Des Jubels und Dankes war kein Ende. Zur Erinnerung an den Sieg ward später in Groß-Beeren in der Nähe der am Schlachttage abgebrannten Kirche ein gußeisernes Denkmal errichtet. Dorthin pilgerten lange Jahrzehnte hindurch die Berliner alljährlich zur Feier des Gedenktages, bis neue glorreiche Siege die Erinnerung an die Großthaten unserer Väter mehr in den Hintergrund treten ließen.

Marschall Oudinot sette am 24. August seinen Rückzug nach der Elbe fort und stand am 26. Abends östlich Jüterbog zwischen Werbig und Hohen-Schlenzer. Die Nord-Armee war am 25. August gefolgt und lagerte am 26. bei Beelitz (die Russen), bei Trebbin (3. Korps) und bei Baruth (4. Korps).

An demselben Morgen versammelte sich das 9. Reserve-Regiment auf einer Anhöhe bei Wittstock zu einem Feldgottesdienst, nach dessen Beendigung es ein Lager bei der Stadt Trebbin bezog. Hier blieb es bis zum 28. Abends, marschirte die Nacht hindurch über Liebät und erreichte am folgenden Morgen die Gegend von Treuenbrießen, wo es auch am 30. stehen blieb.

Am 31. rückte das Regiment in ein Biwak bei Frohnsdorf, am 1. September in ein solches bei Schwabeck und lagerte am 3. auf den Höhen bei Kroppstädt, welche es auch am 4. September besetzt hielt.

Die Nord-Armee hatte sich in den letzten Tagen des August nach der Straße Treuenbrießen-Wittenberg gezogen und begann sich Anfang September langsam zu konzentriren.

Mittlerweile war die feindliche Armee, die ihr gewährte Freiheit der Bewegung benutzend, links abmarschirt und hatte sich, theils um einen gesicherten Elbe-Uebergang hinter sich zu haben, theils auch zum Schuße der schwach besetzten Festung, auf der Straße nach Wittenberg bei Zahna den Verbündeten vorgelegt.

Gegen diese Stellung erklärte der Kronprinz von Schweden, welcher mit den preußischen Generalen weder die patriotische Hingebung noch den Haß gegen den Erbfeind gemeinsam hatte, einen Angriff nicht wagen zu dürfen, da die Nord-Armee auf einer fast neun Meilen langen Linie aufgestellt wäre, während der Gegner vollständig konzentrirt stände.

Inzwischen hatte der unternehmende Marschall Ney an Stelle Oudinots das Oberkommando über die gegenüberstehenden Kräfte übernommen; er sollte sich durchaus der preußischen Hauptstadt bemächtigen, hatte selbst aber nur geringe Zuversicht in das Gelingen der ihm gestellten Aufgabe.

Am 5. September setzte er seine Truppen in Marsch mit der Absicht, sie von

der Wittenberg-Berliner auf die Baruth-Berliner Straße zu schieben. Um dem Gegner diese Bewegungen und seine eigentliche Absicht zu verbergen, zog er seine Truppen vom linken Flügel ab hinter der Front nach dem rechten weg. Gegen 10 Uhr Vormittags griff er die ihm entgegenstehenden Abtheilungen des 4. preußischen Korps bei Zahna an, warf sie mit Uebermacht auf Jüterbog zurück und erreichte Abends die Gegend von Seyda und Naundorf.

General v. Bülow hatte die Bewegungen der französischen Armee aufmerksam verfolgt und war zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Hauptmasse über Zahna hinaus marschirt sei. Ob aber feindlicherseits ein Vorgehen gegen Berlin oder ein Marsch nach Torgau beabsichtigt würde, darüber bestanden noch Zweifel. Für jeden Fall wollte er dem Gegner in der linken Flanke bleiben, um eventuell von hier aus den General Tauenzien dadurch unterstüßen zu können, daß er den Feind in Flanke und Rücken faßte. Er führte deshalb noch an demselben Nachmittage sein bei Kroppstädt und Marzahne befindliches Korps, mit Ausnahme der 5. Brigade, welche bei Cöpenick stehen blieb, nach Kurz-Lipsdorf und bezog ganz in der Nähe des Feindes und von diesem unbemerkt ein Biwak. Die Kavallerie stand die Nacht über mit den Pferden an der Hand, es durfte kein Geräusch gemacht, kein Feuer angezündet werden. Auch das 9. Reserve-Regiment befand sich in jenem Lager; das Füsilier-Bataillon jedoch war zur Verbindung mit der 5. Brigade nach Schönfeldt detachirt.

Der Kronprinz von Schweden hatte sich schließlich mit dem Entschlusse und den Maßregeln Bülows einverstanden erklärt und die Konzentrirung der Armee befohlen; die beiden preußischen Korps sollten sich vereinigen und in Verbindung mit dem Feinde bleiben, die schwedischen und russischen Truppen bei Lobbesse zusammengezogen werden. Erstere beiden Korps sahen sich somit bei der großen Entfernung auf ihre eigenen Kräfte angewiesen.

Am Morgen des 6. September marschirte General v. Bülow in eine vortheilhafte Stellung bei Erkmannsdorf, woselbst den Truppen Brot und Branntwein gereicht wurde und die hocherfreuliche Nachricht von dem glänzenden Siege an der Katzbach eintraf. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese durch das ganze Lager und erfüllte die Truppen mit Begeisterung für den bevorstehenden Kampf, der beim 4. Korps, wie deutlich an dem fernen Kanonendonner zu hören war, bereits begonnen hatte.

General Tauenzien war denselben Morgen von Jüterbog rechts ab nach Kaltenborn aufgebrochen, um sich mit Bülow zu vereinigen, wurde aber sehr bald in dieser Bewegung durch zahlreich eingehende Meldungen über die Annäherung des Feindes aufgehalten und auch zur Annahme des Kampfes rechts vorwärts Jüterbog, Dennewitz gegenüber, gezwungen. Es war das 4. Korps Bertrand, das unter Neys persönlicher Anführung den Dennewitzer Grund überschritten und sich Tauenzien hier entgegengestellt hatte.

Ohne Entscheidung wurde von 10 bis 1 Uhr nördlich des Bachgrundes gerungen; schon begann die Lage des preußischen Korps, das sich fast ganz verschossen hatte, eine mißliche zu werden. Da brach General v. Bülow über Nieder-Görsdorf unvermuthet in die linke Flanke des Gegners ein.

Beim ersten Kanonenschuß war er von Erkmannsdorf abmarschirt und hatte sich in der Richtung auf Nieder-Görsdorf in der Weise zum Angriff formirt, daß die Brigade Thümen den linken, die Brigade Krafft den rechten Flügel erhielt; die 3. Brigade blieb in Reserve, die 5. hatte den Befehl, ungesäumt sich an das Korps anzuschließen.

Bei der 6. Brigade stand im ersten Treffen rechts das Colbergsche, links das 9. Reserve-Regiment, dessen Füsilier-Bataillon inzwischen von seinem Posten bei Schönfeldt zurückgerufen worden und beim Regiment eingetroffen war, als dieses sich auf dem Marsche nach Nieder-Görsdorf befand.

Gleichzeitig mit dem Korps Bülow traf auf feindlicher Seite das Korps Reynier auf dem Schlachtfelde ein, das den Schuß der bedrohten Seite übernehmen mußte und sich im Haken von Dennewiß bis Göhlsdorf, Bülow gegenüber, aufstellte.

Die Brigade Thümen kam zuerst ins Feuer links von Nieder-Görsdorf, sezte sich unter schweren Verlusten schließlich in den Besitz der dominirenden Anhöhen und stellte hierdurch die Verbindung mit dem Tauenßienschen Korps her. Lezteres sowie die Brigade Thümen erhielten allmälig auf der nördlichen Seite des Schlachtfeldes das Uebergewicht, drängten das Korps Bertrand zurück und eroberten Dennewitz und im weiteren Vordringen das Dorf Rohrbeck, womit die Niederlage des rechten feindlichen Flügels entschieden war.

Während des Vorgehens der Brigade Thümen gegen den linken Flügel des Korps Bertrand war auf dem rechten Flügel der preußischen Stellung Oberst v. Krafft zwischen Nieder-Görsdorf und Wölmsdorf vorgerückt und befand sich um 21⁄2 Uhr auf dem Nordwestabhang der Höhen zwischen ersterem Dorfe und Göhlsdorf; die Brigade Hessen-Homburg dahinter in Reserve bei Wölmsdorf. Gegenüber stand das Korps Reynier.

Es entspann sich nun um Göhlsdorf und die beherrschende Höhe nördlich davon ein äußerst erbitterter Kampf. Die 6. Brigade sah sich hier einem weit überlegenen Feinde gegenüber. Zwar gelang es ihrem rechten Flügel, sich unter schweren Verlusten für kurze Zeit des Dorfes zu bemächtigen. Nachdem aber das bis dahin noch im Anmarsch gewesene 12. französische Korps Dudinot ebenfalls vor Göhlsdorf eingetroffen war, mußte Oberst v. Krafft das Dorf wieder räumen.

Es war ein kritischer Moment; auf diesem Flügel lag die Entscheidung des ganzen Tages. Die Kräfte der stark erschütterten Bataillone begannen nach einem dreistündigen blutigen Ringen zu sinken, und schon neigte sich der Sieg auf die Seite der Franzosen. Die letzten Bataillone mußten vorgezogen werden, um den vorderen Abtheilungen nur einigermaßen Luft zu verschaffen.

Daim entscheidenden Augenblicke traf endlich General v. Borstell mit dem größten Theile seiner Truppen am richtigen Plage ein; sein militärischer Blick hatte ihn zum Glück nach dem gefährdetsten Flügel geleitet. Ohne gerastet zu haben, von den fast erliegenden Truppen mit Jubel begrüßt, griff er, den rechten Flügel der Schlachtlinie bis südlich Göhlsdorf verlängernd, im Verein mit Theilen der 6. Brigade den Ort von Neuem an und setzte sich nach zweimaligem Ansturm auf der ganzen Front in den Besitz desselben und der nördlich gelegenen, von zahl

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