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das alte Gesetz, wieder herstellten. Sie sind es, die mit Paulus den Korinthern, d. h. den Bauern und Geschäftsleuten der Welt, nicht zur Last fallen, sondern mit eigenen Händen arbeiten und sich als wirkliche Arme bewähren. Ihre Klöster sind Burgen Gottes, wo sie in der Nacht unter Lobgefängen und Gebeten bereit sind, den Leviathan aufzuwecken, der unter dem Schatten an feuchten Orten schläft, und wo sie am Tage auf dem Felde von Jericho ihrem Heeresfürsten zueilen, der ein zweischneidiges Schwert in seiner Hand hat, um die überflüssigen Gedanken und Werke abzuschneiden. Sie fragen mit Josua: Bist du unser oder gehörst du unsren Feinden an?" *)

Der Bischof Stephan von Tournah schreibt an den Prior von Pontigny:,,Im Cistercienserorden beneidet Lea die Rahel nicht um ihre Schönheit, noch verringert Lea die Schönheit der Rahel. Es murrt nicht Martha über das Stillsizen der Maria, aber die zu den Füßen des Herrn fißende Maria läßt auch Martha nicht allein dienen. Unter den Ordensgenossen ist gleiche Freude, nichts außerhalb der Klosterordnung, nichts dagegen. Es wundern sich die Menschen, die Engel freuen sich, und die Gegner fliehen; denn diese Gemeinschaft ist schrecklich, wie eine wohlgeordnete Schlachtlinie von Burgen. Die Gottesdienste feiern sie mit solcher Feierlichkeit und Andacht, daß man in ihrem Gejang Engelstimmen zu hören glaubt. Außerhalb der Kirche beschäftigen sie sich entweder mit Handarbeit, damit sie der Teufel immer beschäftigt finde, oder lesen, oder dringen mit heiligen Meditationen in den Himmel ein, um im Paradiese jene verborgenen Worte zu vernehmen, die kein Mensch sagen kann. Wenn sie sich von der Gemeinschaft der Brüder entfernen, so legen sie ihrem Munde ein solches Schweigen auf, daß sie das Schweigen, den, cultus justitiae', nicht einmal mit einem Laut unterbrechen. Sie thun sich nicht zu zweien und dreien allein in den Winkeln des Klosters zu müssigem Geschwätz zusammen, ja sie gestatten nicht einmal unter einander Ernstes zu reden. Um der Sünde zu

*) Sartorius, Cisterc. Bist., p. 835.

entgehen, behalten sie das im Gedächtniß und kündigen gewissermaßen der Natur, welche die Zunge zum Reden gemacht hat, den Krieg an. Der Orden ist ein Berg, der wie kein anderer den Himmel berührt; er empfängt vom Thau des Himmels und von dem Fett der Erde seinen Segen.“*)

Diese Schilderungen enthalten freilich nur die Glanzseite. Wenngleich diese im Orden wirklich die vorwiegende war, so fehlte es doch an der Schattenseite keineswegs. Es zeigte sich vielfach ein geistlicher Hochmuth, der auf alle andern Orden mit tiefer Verachtung herabsah. Von diesem, wir möchten sagen, Bettelstolze wollen wir später reden, wenn wir den Gegensatz zu den Benedictinern besprechen.

Allein es fehlte auch gleich im Anfang nicht an Zerrüttungen, und eine solche kam 1125 in dem Kloster zum Vorschein, mit dem die deutschen Cistercienser grade durch das Tochterverhältniß verbunden waren. Der Abt Arnold von Morimund hatte über Ungehorsam der Mönche gegen seine Anordnungen, über Unlust der Conversen zur Arbeit und über Feindseligkeit der Nachbarn gegen ihn und sein Kloster zu flagen. Aber die größte Verwirrung richtete Arnold selbst an, indem er ohne Vorwissen des Abtes von Cistercium und ohne Berathung mit seinen Mitäbten das Kloster mit den begabteren und vornehmeren Mönchen verließ, sich zunächst in die Gegend von Köln begab unter dem Vorgeben, seinen Bruder Bruno zu besuchen und die Entwickelung von Altencampen zu fördern, und von da aus unter dem Vorwande, eine Pilgerfahrt nach Jerusalem zu unternehmen, sein Amt niederlegte. Arnold war ein Mann von starker Willenskraft, aber auch von unbeugjamer Hartnäckigkeit. Gewonnen für den Orden, hatte er durch sein ungestümes Andrängen nicht Wenige seinem Kloster zugeführt und bereits von da aus vier Tochterklöster, darunter Altencampen, gegründet. Als aber seinem Eigenwillen Schwierigkeiten in seinem Kloster entgegentraten, da wollte er mit dem Orden überhaupt nichts mehr zu thun haben. Es ist ersicht

*) Sartorius, Cist. Bist., p. 834.

lich, welchen hemmenden Einfluß es haben mußte auf die Entwickelung der Cistercienser in Deutschland, wenn man sah, wie derselbe Mann, der noch vor wenigen Jahren bei Köln im Cistercienserorden das alleinige Heil für das Menschengeschlecht gesehen hatte, nun in derselben Gegend unbekümmert um diesen Orden sich aufhielt, ja wohl gar feindselig sich äußerte.,,Ach", so ruft Bernhard von Clairvaux klagend in einem Briefe an ihn aus,,, was werden nun die neuen, zarten Pflanzungen machen, die durch Deine Hand an verschiedenen Orten, an Orten des Schreckens und grausiger Einöde angelegt wurden? Wer wird sie umgraben? Wer wird sie düngen? Wer wird sie mit einem Zaun umgeben? Wer wird sich darum kümmern, die nachwachsenden Sprößlinge zu beschneiden? Gewiß, sie werden entweder, wenn der Sturm der Anfechtungen weht, da sie noch so zart sind, leicht entwurzelt werden, oder unter den Dornen, die sicherlich mit aufgehen, erstickt werden, da Niemand da ist, der reinigt, und so keine Frucht bringen!"*) Glücklicherweise starb er im folgenden Jahre; aber es war wohl Folge dieser Zerrüttung, daß in diesem Jahre kein einziges Kloster neu gegründet wurde. Es scheint uns nicht unwahrscheinlich, daß jener Rücktritt Arnolds die Ursache war, daß in der ganzen Kölner Diöcese lange Zeit kein neues Cistercienserkloster entstand, und daß Altencampen für Neugründungen ausschließlich ein Feld in Ostsachsen fand. Es bedurfte erst wieder eines neuen mächtigen Impulses in der Nähe von Köln, wie er durch den Grafen Eberhard von Berg gegeben wurde, um ein neues Stift in Altenbergen entstehen zu lassen.

Es legt ein außerordentlich günstiges Zeugniß für die Macht der Disciplin im Orden ab, daß Altencampen trog dieser tiefen Zerrüttungen innerlich sehr bald wieder erstarkte. Schon innerhalb der nächsten zehn Jahre besetzte Altencampen drei Klöster, und innerhalb des folgenden Decenniums gewann es aufs Neue drei Töchter. Und alle diese Colonien bewährten sich, wenn man von Haina in Hessen absicht, auf das treff

*) Manrique, Ann. Cist. I, 161.

lichste. Vor allem aber brach Walkenried dem Ruhm des neuen Ordens Bahn und verschaffte dem Mutterkloster in Sachsen Bewunderung und Anerkennung.

Der Hof Walkenried lag in einem einsamen Waldthale, das von hohen Bergen aus Kalkfelsen eingeschlossen ist, etwa drei Stunden nordwestlich von Nordhausen. Ein kleines Gewässer, die Wiede, durchfließt dieses Thal und macht es durch seine Neigung zur Sumpfbildung so ungesund, daß noch in späteren Jahrhunderten darüber geklagt wurde. Das war indeß kein Hinderniß für Cistercienser. Scheint es doch, als ob vom Orden die Thäler auch um deßwillen aufgesucht wurden, weil die durch die feuchte Luft erzeugten schleichenden Fieber als eine Schule des Todes, als ein Mittel zur Tödtung des Fleisches angesehen wurden. Dort in dem abgeschiedenen Harzthale begann 1127, wie eine spätere Ueberlieferung behauptet, eine Viertelstunde weiter nördlich vom jezigen Walkenried, also mehr in das Gebirge hinein, der dürftige nur eben für die erste Unterbringung der Mönche berechnete Bau, und am 20. Januar 1129 zog der Convent dort ein. Es war keine reiche Ausstattung, die seiner wartete. Außer Walkenried selbst gab die Stifterin zwei benachbarte Dörflein; König Lothar fügte 1132 Einiges hinzu, und Bischof Udo von Naumburg gab 1135 noch ein Dorf. Allein die Cistercienser wollten auch keinen Reichthum. Und was sie hatten, benutzten sie außer zu ihrem Unterhalt vorzugsweise für ihren Kirchenbau, für den die Stifterin selbst ihr Geschmeide hergab, wie später berichtet wird. Am 2. Mai 1137 konnte der Erzbischof von Mainz die Kirche einweihen zur Ehre der Maria und des heiligen Martin. Im Anschluß daran wurde das Kirchweihfest stets am Sonntag Rogate gefeiert. *)

Unter dem noch sehr jungen Abt Heinrich entfaltete sich Walkenried in einer Weise, daß es gleich nach seinem Entstehen Veranlassung ward, in der Nähe neue Cistercienserklöster an

*) Walkenr. Urkundenbuch I, 1ff. Leuckfeld, Walkenried I, 27. Martène et Durand, Thesaurus nov. anecd. IV, 1553.

zulegen. Es war grade die Zeit, in welcher Kloster auf Kloster entstand; kein anderes Jahrhundert hat hier so viel Stiftungen aufzuweisen als das zwölfte. Es schien fast, als ob nur um deßwillen noch Menschen geboren würden, um die Klöster zu füllen. Im Mönchsleben sah man das Ideal des christlichen Lebens, und je strengere Entsagungen sich ein Orden auferlegte, einen um so größeren Heiligenglanz gewann er in den Augen des Volkes. Als die Cistercienser einmal in Sachsen festen Fuß gefaßt hatten, war es gewiß, daß ihnen hier eine Zukunft bevorstehe.

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3m Jahre 1130 erwarb die Gräfin Helinburgis von Gleichen die Ruinen einer verfallenen Reichsburg zu Volkerode, nordöstlich von Mühlhausen in den nördlichen Ausläufern des Thüringer Waldes gelegen, um daneben ein Kloster zu gründen. Auch sie wandte sich nach Altencampen, um Cisterciensermönche zu bekommen, und am 1. September, nach anderer Nachricht am 24. September, 1131 zogen diese in Volkerode ein. Ihr Sohn Bruning wurde Mönch daselbst, und als ihr anderer Sohn, Graf Lambert von Gleichen, 1149 starb, ward er in demselben Kloster begraben. Obwohl das Geschlecht der Grafen von Gleichen nicht die Vogtei über Volkerode übernahm die Cistercienser durften grundsäßlich keine weltlichen Vögte haben, so blieben sie doch seine Gönner. Auch hier war Anfangs großer Mangel. Kaiser Konrad III. schenkte daher, damit der religiöse Eifer nicht aus Mangel an Existenzmitteln verschwinde, eine Mühle, und Landgraf Ludwig gab 60 Mark zum Bau des Klosters. *)

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1129

Schon vorher hatte der Graf Siegfried von Bomeneburg eine Klosterstiftung zu Amelungsborn begonnen. schreibt Bernhard von Clairvaux an die dort zur Einrichtung befindlichen Brüder:,, Ich habe mich im Herrn gefreut, als ich hörte, daß der Graf Siegfried aus himmlischem Antrieb Gott eine Hütte gegründet habe in seinem Dorfe Amelungs

*) Manrique, Ann. Cist. I, 453. Jongelinus, Not. abb. Cist. II, 2 Annal. St. Petri bei Bert XVI, 20. Schöttgen, Scriptores et diplomataria I, 751. Zeitschr. für Thür. Gesch. V, 391. Winter, Ciftercienser.

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