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Mit Reskript vom 9./19. März 1674 wurden 1200 Dragoner unter dem Obersten Kaspar von Hohendorff zum Marsche bestimmt.

Nach der Ordre vom 6./16. April sollten die sieben in Preußen stehenden Dragoner-Kompagnien hierzu verwendet und die fehlenden 422 Mann von den sämmtlichen im Lande befindlichen Kompagnien gegen die üblichen Werbegelder nach Maßgabe eines dem Reskript beiliegenden Verzeichnisses vom 5./15. April in folgender Weise aufgebracht werden:

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Geben ab bezw. sollen geworben und geliefert werden:

1) von jeder Dragoner-Kompagnie 10

Kurprinz
Statthalters Garde

2)

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3)

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=

70 Mann

80

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15

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Demnächst waren die Mannschaften in 12 Kompagnien zu theilen; die aus ihnen zu formirenden Regimenter sollten, das erste unter Oberst Bodo Schlieben aus seinen drei Kompagnien, zweien von Block (Major Langen und Hauptmann Krohne) und einer neuen,*) das zweite unter Hohendorff aus der Kompagnie des wegen hohen Alters zu verabschiedenden Oberstlieutenants v. Block,**) der Kompagnie Kalau v. Hofe und vier neuen Kompagnien zusammengesetzt werden.

Die Aufgabe, vor welche die beiden Obersten gestellt wurden, war keine leichte, da das Herzogthum Preußen, erschöpft und entvölkert wie es war, weder zur Werbung noch zum Unterhalt die nöthigen Mittel beschaffen konnte. Eine Besserung wurde auch dadurch nicht bewirkt, daß der Kurfürst am 24. April anordnete, die Offiziere sollten die Werbegelder

4. Mai

aus ihrem Beutel

vorschießen", ihnen dagegen die Pferde von den Aemtern durch Ausschreibung geliefert werden, da bereits am 21. Mai die gesammten Feldtruppen in Preußen (5930 Mann) Marschbefehl nach dem Rheine erhielten, sie deshalb

*) Schlieben erhielt auf das Regiment eine vom 3./13. April datirte Kapitulation. **) Ueber ihn berichtete Goerhke am 10./20. Februar 1674, daß er ganz incapabel, von sich selbst ganz weg sei und von nichts wisse. Er bat den Kurfürsten, demselben auf seine kurze Lebenszeit eine wol zu reichende, versicherte Gnade zu erweisen, da sonst die Esquadron vergeblich, zum Nachtheil und Schaden des Dienstes, gefüttert würde.

von allen Abgaben und Werbungen entbunden wurden und in Folge dessen fast die ganze Last auf die Garnisonen übertragen werden mußte. Lettere sollten nach dem Reskript vom 29. Mai in Gemeinschaft mit den vorhandenen Dragoner - Kompagnien die damals noch fehlenden 308 Mann ,,nach proportion der Mannschaft, wie die Compagnien jetzt wirklich stark sind“ zusammenbringen. Die gleichzeitig zur Zahlung angewiesenen Werbegelder betrugen aber nur 2000 Thaler.

Während dieser Verhandlungen hatte der König von Polen die Bitte um baldige Gestellung der Truppen dringend wiederholt (Schreiben vom 7. Juni). Die Geheimen Räthe erachteten in einem Berichte an den Kurfürsten vom 9. Juni die unverzügliche Absendung des Kontingents als durch Rücksichten der hohen Politik geboten und beantragten in Anbetracht der Langsamkeit und Unergiebigkeit der Werbungen, die Kompagnien von Dönhoff, Flemming und Croy, weil diese schon in Polen gewesen", in Preußen zu belassen und als Succurstruppen zu verwenden.

Allein am Rhein standen höhere Interessen in Frage.

Der Kurfürst genehmigte diesen Vorschlag, dessen Berücksichtigung ihm eine erhebliche Zahl versuchter Leute entzogen haben würde, nicht, ertheilte vielmehr (Reskript vom 12./22. Juni) dem Statthalter Herzog von Croy eine offene Ordre, kraft deren sämmtliche in Preußen zurückgebliebenen Truppen, einschließlich der Statthalter Garde nunmehr angewiesen wurden, ,,die Anzahl der Mannschaften, so ihnen nach proportion ihrer Kompagnien zu liefern zukäme, von ihren alten und bereits im Dienst stehenden Völkern" an Hohendorff abzugeben und den Abgang durch Werbung zu ersetzen.

3. Juli

Die Komplettirung ging nunmehr schnell von Statten; beispielsweise stellte de la Cave schon am 23. Juni die von ihm aufzubringenden Mannschaften, zwei Tage später trafen die aus der Memel'schen Garnison gezogenen Leute ein. Am 18. Juli wurden die Etats des Stabes und beider Regimenter wie folgt bestätigt:

1) Jeder Regimentsstab, bestehend aus

1 Oberst, 1 Oberstlieutenant, 1 Major, 1 Regimentsquartiermeister, 1 Adjutant, 1 Prediger, 1 Auditeur, 1 Wagenmeister, 1 Pauker, 1 Feldscheer, 1 Tambour, 1 Profoß, 1 Scharfrichter, 3 Steckenknechten, 4 Schallmeiern, 4 Wagenknechten, erhielt monatlich 282 Thlr. 2) Jede Prima Plana (3 Oberoffiziere, 1 Wachtmeister, 1 GefreiterKorporal, 1 Fourier, 1 Schreiber, 1 Kapitän d'armes, 1 Feldscheer, 3 Korporale, 1 Fahnenschmied, 3 Tambours, 6 Wagenknechte) desgleichen. 171 Thlr. 45 Gr.

3) Jeder Gemeine

212 Thlr.

4) Außerordentlicher Stab*)

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194 Thlr. 45 Gr. (1 Kommissar [Johann Sand], 1 Feld-Apotheker, 1 Wagenmeister, 1 Zeugwärter, 1 Handlanger, 1 Zimmermann, 1 Rademacher,

1 Schirrmacher, 1 Grobschmied, 1 Kleinschmied, 1 Büchsenschäfter, 1 Riemer, 32 Wagenknechte).

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Nachdem die Regimenter am 14./24. Juli bei Bartenstein gemustert und zu den neuen Fahnen vereidigt waren, wurde der Marsch nach Gilgenburg angetreten; dort übernahm der Polnische Kommissar Jan Chandrzinski**) das Korps, welches bereits im Ermelande einigen Abgang durch

am

23. Juli 2. August Desertionen erlitten hatte.

Der Zug durch Polnisches Gebiet bis zum 12. August, über Mlawa, Koszary, Przasznysz, Pultusk, über den Narew bis Glodczyn ließ die Schwierigkeiten des Unternehmens in grellem Lichte erscheinen. Schon am 11. August berichtete der Kommissar Sand, „daß in allen Dörfern bisher kein Mensch, noch Hund, noch Kaz zu sehen gewesen sei;" Hohendorff klagte in der Relation vom 12. „daß die Truppen große Noth hätten leiden müssen; für Geld sei nichts zu bekommen. Nächtlicherweile hätten die Masuren den Regimentern 50 Pferde gestohlen, von denen 20 nicht wieder zu erlangen gewesen seien;" am 22. meldete Schlieben, daß manchmal zwei bis drei Tage lang kein Brot zu erhalten gewesen wäre.

Zur Erhöhung und Verschärfung dieser Widerwärtigkeiten kam hinzu, daß die beiden Obersten in fortdauerndem Unfrieden lebten; ihre Berichte enthielten fast regelmäßig gegenseitige Anschuldigungen oder Beschwerden; der eine verdächtigte den andern, daß er zu den Unterschlagungen des Kommissars schwiege.***) So kam es, daß die Regimenter seit Mitte August „apart" marschirten.

*) Ein Memorial Hohendorff's vom März 1674 hatte um folgendes Material gebeten: 50 Ctr. Pulver, 100 Ctr. Blei, 20 Ctr. Lunten, 300 Handgranaten, 6 Petarden, 1 Feldschmiede mit Zubehör, 100 Kurzgewehre zu Stürmen 2. und für den Stab sowie jede Kompagnie 4 Wagen.

**) Chandrzinski begann damit, daß er die Stellung von vier Regimentsstücken 24. Juli verlangte. Relation vom 3. August

***) Bericht Echlieben's aus Lemberg vom 18. Oktober. Mit Reskript vom 13./23. Januar 1675 wurde über die Obersten ein Kriegsgericht eingeseßt, dessen Urtheil nicht bekannt ist.

Ueber die weitere Route nach Ueberschreitung des Narew am 12. August sind die Nachrichten nur unvollständig; Hohendorff stand am 18. August in Wyczkowo am Flusse Liwa, am 25. in Grochowka, am 29. in Radzyn. Schlieben am 22. in Lupini, am 8. Oktober im Lager Ohladow.*) Mitte Oktober kampirten beide Regimenter bei Dmitrow in der Nähe des Bug, am 18. rückten sie in das Polnische Lager bei Lemberg, am 23. lagerten sie nach der am 20. bei Firlejowka erfolgten Musterung**) bei Laki. Dort erhielten sie Befehl, über Sborow, Tarnopol und Hussjatin vor Kamenjec Podolskij zu marschiren.

Je weiter sich das Korps von der Heimath entfernte, desto trostloser wurde seine Lage bei den offenen und versteckten Feindseligkeiten der Polen und der Mißachtung der an Hohendorff gegebenen Instruktion.***) Aus dem Lager von Huffjatin, welches nach zwölf Märschen erreicht war, berichtete Schlieben am 2. November, daß die Lebensmittel über alle Maßen knapp seien; täglich würde eine große Zahl Pferde „aufgefressen." Seit 14 Tagen wäre den Thieren, welche hinter der Königlichen Garde sich unaufhörlich im Trabe hätten bewegen müssen und dadurch massenhaft zu Grunde gegangen, kein Heu mehr verabreicht worden. Die Kälte sei so groß, daß man allenthalben übergehen" könne.

"

Unter dem nämlichen Tage meldete Hohendorff, ein kleiner Scheffel Hafer würde mit 7 Gulden bezahlt, in der letzten Nacht habe ein Dragoner, um seinen Hunger zu stillen, ein Pferd geschlachtet.

Bei Hussjatin wurde der Angriff auf die östlich gelegene Festung Bar beschlossen.

Nachdem die Dragoner nun fast vier Wochen lang mit den abgehungerten Pferden durch lauter wüste Felder, wo blos vermodertes Feldgras zu fressen" (Bericht an Croy vom 17. November), marschirt waren, trafen sie am 11. vor der von Türken, Tataren, Kosaken und 1000 Czemerusen (lithauische Tataren) unter Mursa Beg vertheidigten Festung ein. Tags darauf wurde zehn Schritt von dem Walle die Aprosche hergestellt", am 14. begann die Beschießung aus 24 Kanonen und 4 Mörsern.

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Am 16. erfolgte Minensprengungen führten am 18. die Kapitulation des Plates herbei. Die Türken und Tataren erhielten freien Abzug, die Czemerusen wurden, nachdem ihnen die Fahnen genommen, in das Polnische Heer eingereiht.

*) Vom 18. September bis 18. Oktober fehlen alle Berichte.

**) Schlieben hatte am 18. Oktober gemeldet, daß sein Regiment ganz komplet und wieder beritten sei.

***) Die Instruktion datirt vom 6./16. Juli. Sie bestimmte namentlich, daß Hohendorff nur von dem König, dem Kron-Ober- und Unter-Feldherren und deren Vertretern dependiren“ sollte.

Die Brandenburger hatten, wie es in dem Berichte vom 17. heißt, die gefährlichsten Pläge gehabt; vom Hohendorff'schen Regiment, über welches allein genaue Nachrichten vorliegen, waren 6 Mann erschossen worden.

Mit der Zeit hatte die Auflösung der Truppen einen so hohen Grad erreicht - beide Regimenter hatten am 22. nicht mehr hundert brauchbare Pferde, fünf Munitionswagen konnten nicht mehr bespannt werden —, daß Hohendorff Veranlassung nahm, dem Könige von Polen vorzustellen, die Truppen könnten nicht weiter marschiren und Dienste leisten, wenn sie nicht vollständig zu Grunde gehen sollten. Einen Erfolg hatte dieser Schritt so wenig, daß die Brandenburger vielmehr am 23. den Befehl erhielten, gegen das südöstlich am Bug belegene Braclaw vorzurücken. In rascher Reihenfolge ergaben sich Braclaw, Njemirow (beide im Gouvernement Podolien), Linzi und Kalnik (diese im Gouvernement Kiew). Mit der Wegnahme des lettgenannten Ortes wurde der Feldzug beschlossen; den Brandenburgern wurden vom 16. Dezember an Winterquartiere in Linzi angewiesen; 200 unberittene Leute famen nach Kalnik (Befehl des Königs vom 3. Dezember).

Die Relationen beider Obersten entrollen düstere Bilder von den Leiden, welche die Truppen zu ertragen hatten. Jetzt stehen wir", heißt es in dem Schreiben Hohendorff's vom 9. Dezember, „, im Schnee bis unter die Kniee." Bis zum 14. Dezember waren etwa 200 Mann gestorben, 300 lagen frank. Schlieben meldete am 24. aus Braclaw, daß die Leute täglich zu sechs, acht und zehn stürben; sämmtliche Feldscheerer seien krank oder todt. Hierzu kam, daß Ende Dezember die Löhnung noch für den September rückständig war und die Preise der Lebensmittel eine fabelhafte Höhe erreicht hatten. Ein kleines Brot kostete 36 bis 40 Groschen, ein Stof Bier, so nicht besser als Wasser", einen halben Thaler, der Scheffel Hafer einen Dukaten! Und dabei verboten die Polnischen Befehlshaber, den Brandenburgern etwas zu reichen". (Bericht vom 10. Januar 1675.) Die Pferde waren fast sämmtlich gefallen, hatten sie doch seit dem 20. Oktober kein Heu, geschweige Hartfutter erhalten. Außer einigen Offizieren und der Hohendorff'schen Leib-Kompagnie, welche noch 30 Pferde besaß, waren sämmtliche Kompagnien durchgehends unberitten, bei den acht vorhandenen Munitionswagen befanden sich noch 12 Pferde.

Es liegt nur vom Hohendorff'schen Regiment eine ursprünglich bis zum 20. Dezember 1674 geführte und dann bis zum 7. Januar 1675 ergänzte Abgangsliste vor, welche die summarischen Berichte des Obersten in vollstem Maße bestätigt. Sie ergiebt folgende Zahlen (s. umstehend):

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