Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

wird für die Dauer des Krieges gegen Zusicherung der Neutralität Norddeutschlands und der Zahlung von 6 Millionen Francs jährlich an Breußen übergeben; dieses übernimmt dafür zugleich den Schuß von Holland sammt der Verpflichtung, Hannover Frankreich später wieder zur Verfügung zu stellen. Diesen Vertragsentwurf legten Duroc und Laforest dem Minister Hardenberg am 27. September zur Annahme vor, zugleich auch ein Schreiben des Marschall Bernadotte aus Kaffel vom 23. September, *) welchem zufolge dieser angeblich auf dem Marsche nach Frankreich sei, während nur die Division Barbou in Hannover verbliebe. Hardenberg lehnte mit Zustimmung des Königs den Vertragsentwurf unter dem 3. Oktober ab. Am 4. traf der Adjutant des Kaisers Alexander, Fürst Dolgoruki, von Pulawy her mit der bestimmten Forderung ein: Preußen möge sich der bewaffneten Negociation" Rußlands und Oesterreichs anschließen und den Durchmarsch durch sein Gebiet gestatten.

Unerwartet folgte bald darauf, am 6. Oktober, die Nachricht, daß Marschall Bernadotte mit den aus Hannover kommenden Truppen ohne Weiteres durch das damals der Krone Preußen gehörige Ansbachsche Gebiet marschirt sei und daß ähnliche Truppenzüge noch bevorstünden. Auch wurde, als gerade in Berlin hervorragende Militärs und Staatsmänner auf Königlichen Befehl zu einer Besprechung zusammengetreten waren, in unzweifelhafter Weise bekannt, daß die Gebietsverletzung auf ausdrückliche Anordnung des Kaisers Napoleon geschehen sei.

Bekanntlich bildeten die fränkischen Besitzungen der Hohenzollern kein geschlossenes Ländergebiet, sondern zwei Gruppen, von denen die nördliche sich um Hof, Kulmbach und Bayreuth, die südliche um Windsheim, Erlangen und Ansbach ausdehnte. Beide Gruppen näherten sich bei Gräfenberg bis auf zwei deutsche Meilen Entfernung, waren auf dieser geringen Strecke indessen völlig durch fremden Grund und Boden von einander getrennt. Wenn das Wegenetz es erlaubt hätte, so würde eine völlige Vermeidung preußischen Gebiets möglich gewesen sein; nur die Lage der größeren Straßen machte die Berührung desselben nothwendig.

Die Gewaltthat Napoleons mußte um so empfindlicher verletzen, als demselben mitgetheilt worden war, daß ihm in der Richtung aus dem Bambergischen nach der Oberpfalz eine nur durch zwei preußische Ortschaften führende Verbindungsstraße zur Verfügung stände. Die Achtung vor einem mächtigen neutralen Staat hätte ihm gebieten sollen, die ihm in so entgegenkommender Weise gesteckten Grenzen inne zu halten. Ueberdies hatte es sich Desterreich angelegen sein laffen, auf das Bündigste zu erklären, daß es die Neutralität der Ansbach-Bayreuthschen Lande achten werde.

Da Preußen soeben noch gegen das ihm politisch näher stehende Rußland bei der Ankündigung des Durchmarsches die kräftigsten Maßregeln zum Schuße

*) Derselbe befand sich auf dem Marsche nach Würzburg, um sich dem linken Flügel der nach der Donau bestimmten französischen Armee anzuschließen.

seiner Lande ergriffen hatte, konnte ein Gleiches Frankreich gegenüber nicht unterbleiben.

Nach einer am 7. Oktober auf Königlichen Befehl stattgehabten Berathung zwischen dem Feldmarschall v. Möllendorff, dem Minister v. Hardenberg und dem Grafen Schulenburg wurde eine neue Konferenz zu Potsdam auf den 9. Oktober anberaumt, welche zwar nicht den endgültigen Bruch mit Frankreich, aber doch schon sehr entschiedene Erklärungen, sowie eine Reihe militärischer Maßnahmen beschloß.

11. Erfte und zweite Mobilmachung im Monat September 1805.

In Ausführung seines Entschlusses, die Neutralität bewaffnet aufrecht zu erhalten und eine Armee von 80 000 Mann aufzustellen, hatte König Friedrich Wilhelm III. am 7. September eine theilweise erste" Mobilmachung in allen Provinzen angeordnet.*)

Am 14. September wurden die Offiziere angewiesen, keinerlei Urlaubsgesuche mehr einzureichen; es sei denn in höchst wichtigen Angelegenheiten, worüber Seine Majestät sich die Entscheidung vorbehalte. In Folge der oben erwähnten wiederholten Forderung Kaiser Alexanders und der weiteren Erklärungen des Grafen Alopaeus berief der König auf den 19. September in Berlin eine Konferenz, an welcher der Herzog von Braunschweig, der Feldmarschall v. Möllendorff, der General Graf Kalckreuth, die Minister v. Hardenberg und Graf Haugwiß, die Generale v. Geusau, v. Rüchel, v. Koeckriz und Oberstlieutenant v. Kleist theilnahmen. Sie unterbreitete ihm folgende Vorschläge:

1) Aufbietung der ganzen Armee behufs Aufrechterhaltung der Neutralität, Würde und Selbstständigkeit Preußens.

2) Unverzügliche Vornahme der nöthigen militärischen Maßregeln.

3) Zeitgewinn, indem man dem Kaiser Alexander die Aussicht auf gütlichen Ausgleich und eine Zusammenkunft nicht benimmt, aber bis zu dieser den Durchmarsch untersagt. Ein Offizier ist sogleich mit einem entsprechenden Schreiben an den Kaiser zu senden.

4) Ausübung einer Pression auf den Wiener Hof, um durch denselben auf Rußland zu wirken.

5) Vorläufiger Verzicht auf eine Besetzung von Mecklenburg und der Hansestädte, Versammlung eines Korps an der Beene und in der Priegniß.

*) Anlage I. enthält das Verzeichniß der am 7. September 1805 mobil gemachten Truppentheile.

dem 19. September

wurde die schleunige

Noch am nämlichen Tage „zweite" Mobilmachung der ganzen Armee befohlen. Auch die dritten Musketier-Bataillone sollten ihre Urlauber einziehen und die Kriegs-Augmentation formiren. Besonderes Gewicht legte die betreffende an das OberKriegskollegium gerichtete Allerhöchste Ordre auf schnellste Bereitstellung der neuostpreußischen und Warschauer Regimenter. Minister v. Schroetter ging sogleich nach dem Often der Monarchie ab, um die Vorkehrungen aufs Eifrigste zu betreiben.

Borgreifend sei ferner erwähnt, daß, in Folge des unter Nr. 3 des Konferenzprotokolls gemachten Vorschlages, am 9. Oktober General Graf Kaldreuth mit dem Anerbieten einer Monarchen-Zusammenkunft nach Pulawy abgesendet wurde, und daß Graf Haugwiß sich, gemäß des Beschlusses unter Nr. 4, am 22. September nach Wien begab. Er erklärte dort, Desterreich möge die Russen von einem Einmarsche in preußisches Gebiet zurückhalten, da Preußen sonst genöthigt sein werde, mit Frankreich zu gehen.

Schon vom 21. September an trafen inzwischen Knechte und Mobilmachungspferde bei den Regimentern ein. Das Artilleriegeschirr, die Zelte, Decken, Feldflaschen, Kessel, Kasserollen wurden besichtigt und in Stand geseßt,*) Munition und Geschüße bereitgehalten. Mit dem 1. Oktober trat Alles auf den Feldetat.

Nur die in jener Zeit noch bestehenden Mortier-Batterien wurden hiervon ausgeschlossen und sollten daheim bleiben.**)

Der Einmarsch russischer Truppen war übrigens nicht nur von Often her zu besorgen. Schweden, das mit Rußland damals im engsten Bunde stand, hatte bereits seit dem Herbst des Jahres 1804 einen Theil seiner Truppen in und um Stralsund versammelt. Ein russisches Korps unter dem General Grafen Tolstoi wurde in Reval und Kronstadt eingeschifft, um in Stralsund zu landen und mit den Schweden vereinigt die Franzosen aus Hannover zu vertreiben, anderenfalls, wenn Preußen sich der Koalition versage, auf Berlin zu rücken.

Zur Deckung der Landesgrenzen gegen diese russisch-schwedische Armee***) befahl der König am 22. September die sofortige Zusammenziehung eines Armee-Korps von 18 Bataillonen, 3 Jäger-Kompagnien, 33 Eskadrons, 2 12 pfündigen, 2 reitenden Batterien, zu denen im Bedarfsfalle noch 2 12-Pfdr.-Batterien aus Magdeburg herangezogen werden konnten, in Borpommern. Es trat unter Befehl des Generals der Kavallerie Grafen Kaldreuth.

*) Einige vorbereitende Maßnahmen waren schon vor dem 19. September auch bei denjenigen Truppentheilen getroffen worden, welche in dem Mobilmachungsbefehl vom 7. September nicht bezeichnet sind.

**) Kabinets-Ordre vom 21. September 1805.

***) Sowie gegen die russische Flotte, welche sich nach Colberg, Swinemünde und Stettin wenden konnte.

Die vom Oberst v. Scharnhorst entworfenen Marschbewegungen waren theilweise schon vorher begonnen worden. Einige Regimenter, welche ihre Mobilmachung noch nicht vollendet hatten, erhielten Befehl, ihre Urlauber während des Marsches oder nach den Sammelpläßen heranzuziehen. Die Festungen Stettin, Colberg und Swinemünde wurden kriegsmäßig durch dritte Musketier-Bataillone und Invaliden-Kompagnien beseßt.

General Graf Kaldreuth sollte den Umständen gemäß Kantonnements beziehen, die Peene zwischen Anklam und Demmin sowie die Inseln Usedom und Wollin besetzen lassen, alle Vorkehrungen zur Behauptung seiner Stellung treffen, ferner aber einige Eskadrons nebst einer halben reitenden Batterie nach Treptow a. d. Rega entsenden, um eine Beunruhigung der Küste zwischen Treptow und Colberg zu verhüten.

Für den Fall einer Landung der Russen und eines Vormarsches der vereinigten russisch-schwedischen Streitkräfte durch das Mecklenburgische, erhielt General Graf Kalkreuth die Instruktion, zunächst Vorstellungen über das Unrecht einer solchen Bewegung zu machen. Wenn dies fruchtlos blieb und das Einschreiten mit bewaffneter Hand nicht mehr vermieden werden könnte, sollte er seine Veranstaltungen so treffen, daß die Gegner die Feindseligkeiten eröffnen müßten und Preußen als im Stande der Nothwehr befindlich erscheine.

Kalkreuth äußerte mit Rücksicht auf die vorgeschrittene Jahreszeit Bedenken wegen der engen Versammlung seines Armee-Korps an der Peene. Er befürchtete Mangel und Krankheiten und glaubte einen Hauptwerth auf Verhütung derselben legen zu müssen; denn der siegt, der am längsten sich gesunde Soldaten erhält". Der König gestattete hierauf eine weitläufige Unterbringung, welche der General derart anordnete, daß seine Truppen bis zum 14. Oktober 1805 über den ganzen Raum um die Odermündungen herum zwischen der Rega, der Gegend von Schwedt, Zehdenik, Neuruppin und der mecklenburgischen Grenze vertheilt stehen sollten.

Erst wenn die Russen wirklich gelandet sein würden, beabsichtigte er eine engere Versammlung hinter der Peene zwischen Neuwarp und dem Kummerower See unter gleichzeitiger Entsendung von etwas Kavallerie auf das rechte Oderufer zur Küstenbewachung.

Der König hatte den Grafen Kalkreuth zugleich benachrichtigt, daß er einen Theil der Truppen der Berlinischen und der Magdeburger Inspektion bereithalten werde, um ihn nöthigenfalls zu unterstüßen.*) Ferner wurde die Versammlung von 14 Bataillonen, 15 Eskadrons und 4 Batterien unter Prinz Ludwig von Preußen in der Gegend von Wittstock und Fürstenberg, endlich von 9 Bataillonen, 15 Eskadrons und 11⁄2 Batterie unter dem Generallieutenant Grafen Kunheim als Observationskorps bei Razeburg, Gadebusch und Wismar

*) Anlage II. enthält die Allerhöchste Kabinets-Ordre an den General Grafen Kaldreuth.

in Aussicht genommen; doch kamen diese Maßnahmen bei der schnellen Veränderung der politischen Lage nicht mehr zur Durchführung.

Gleichzeitig mit der Aufstellung des Kalkreuthschen Korps waren die umfassendsten Maßregeln an den Ostgrenzen des Staats getroffen worden. Generallieutenant v. Rüchel erhielt den Oberbefehl über die ostpreußische Hauptarmee, welche sich in der Stärke von 20 Bataillonen, 4 Kompagnien Jäger, 40 Eskadrons, 16 Batterien bei Drengfurth oder, wenn dieses in Folge des Einmarsches der Russen nicht mehr zulässig sein sollte, bei Osterode zu versammeln hatte. Generalmajor v. Diericke wurde gleichzeitig beauftragt, mit 5 dritten Musketier-Bataillonen und 7 Eskadrons die Vertheidigung der samländischen Küste zu übernehmen.

Ein westpreußisches Armee-Korps von 15 Bataillonen, 10 Eskadrons, 3 Batterien wurde ebenfalls mit Befehl zur Versammlung bei Osterode oder, wenn angängig, bei Drengfurth versehen, um unter General v. Rüchels Kommando zu treten, welchem für die Folge auch das bei Ostrolenka und Pultust hinter dem Narew sich zusammenziehende neuostpreußische Detachement, 4 Bataillone, 15 Eskadrons des Generals v. Lestocq, unterstellt wurde. Im Ganzen sollten sich demnach unter Rüchels Befehlen, ungerechnet die Küstenbesatzung, 39 Bataillone, 4 Kompagnien Jäger, 65 Eskadrons, 19 Batterien den an der Grenze versammelten russischen Truppen gegenüber vereinigen.

General der Infanterie Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen wurde mit der Zusammenziehung des südpreußischen Armee-Korps bei Sieradz an der oberen Warthe beauftragt. Dasselbe sollte im Ganzen 271⁄2 Bataillone, 3 Kompagnien Jäger, 65 Eskadrons, 8 Batterien stark werden und die von Warschau unter Generallieutenant v. Köhler nöthigenfalls vor dem überlegenen Feinde zurückweichenden 13 Bataillone, 10 Eskadrons, 2 reitenden Batterien aufnehmen, zu denen dann noch zwei weitere Batterien stoßen konnten. Sonach vermochte der Fürst im Ganzen 401⁄2 Bataillone, 3 Kompagnien, 75 Eskadrons, 12 Batterien zu vereinigen, während Generallieutenant v. Grawert zwischen Kosel und Neustadt in Oberschlesien 13 Bataillone, 15 Eskadrons, 3 Batterien zusammenzog, andere 5 Eskadrons aber in die Grafschaft Glag einrückten.*)

Eine Reserve-Armee, 44 Bataillone, 55 Eskadrons, 15 Batterien, sollte unter dem Feldmarschall v. Möllendorff aufgestellt werden, blieb aber vorläufig noch in den Friedens - Standquartieren. Ebenso war ein westfälisches Korps unter Generallieutenant v. Blücher von 13 Bataillonen, 2 Kompagnien Jäger, 7 Eskadrons und 3 Batterien dazu bestimmt, sich später mit den Kurhessen zu vereinigen, vorläufig jedoch seine Standquartiere noch nicht zu verlassen. Eine reitende Batterie war diesem Korps noch zugedacht.**)

*) Zu diesem Korps gehörten außerdem 2 Bataillone Müffling, welche jedoch in Reiße bleiben sollten.

**) Anlage III. enthält ein „General-Uebersichtstableau der verschiedenen zusammenzuziehenden Armee-Korps".

« ZurückWeiter »