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bei Uebersendung einer Abschrift des Potsdamer Vertrages vom 3. November für den Kurfürsten mitgetheilt wurde:

„Der Graf v. Haugwiß wird sich ohne Zweifel jetzt in dem Hauptquartier des Kaisers Napoleon befinden und der Zeitpunkt der Entscheidung kann nicht mehr entfernt sein. Je weniger sich darauf rechnen läßt, daß der Kaiser Napoleon die ihm angetragenen, obgleich billigen Bedingungen, eingehen wird, um desto nothwendiger und dringender ist es, sich zum Kriege vorzubereiten und solche Maßregeln zu treffen, daß man schnell eine kräftige Offensive angehen könne, wodurch Unsere eigenen Staaten und die Unserer Verbündeten am sichersten zu decken sind und den österreichischen und russischen Armeen Hülfe verschafft werden kann. Wir ertheilen den Unsrigen den Befehl, sich unverzüglich in Marsch zu setzen, um die der Lage der Sache und jenem Zwecke angemessenen Stellungen zu nehmen.“*)

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Um sogleich über die bevorstehenden Operationen eine bestimmte Ansicht zu gewinnen, ordnete der König Konferenzen an, zu welchen der GeneralQuartiermeister General Geusau, die General Quartiermeister - Lieutenants Obersten Phull, Massenbach und Scharnhorst berufen und an der von den höhern Befehlshabern der Herzog von Braunschweig und der Feldmarschall Möllendorff Theil nahmen, während der Fürst Hohenlohe bei seinem Heerestheile verblieb. **)

*) In einer zu Ende des Monats November stattfindenden militärischen Konferenz legte Oberst v. Phull den anwesenden Gesandten und Generalen Rußlands, Desterreichs und Englands eine Denkschrift vor, welche eine allgemeine Uebersicht über die angeordneten Truppenbewegungen gewährte.

In dieser Denkschrift ist ferner gesagt, daß die Armeen am Main nicht stehen bleiben, sondern von Bamberg und Bayreuth sofort nach den Umständen weiter vorgehen würden; ihr erstes Ziel werde es dabei sein, die deutschen Provinzen Oesterreichs zu degagiren um die durch die Russen verstärkten österreichischen Heere in die Lage zu verseßen, mit Kraft auf das erste von ihnen verlassene Kriegstheater in Süddeutschland zurückzukehren.

„Die Geseze des Krieges legen dem französischen Gouvernement die Nothwendigkeit einer wichtigen Diversion am Niederrhein auf", fährt Phulls Memoire fort. „Es ift daher mehr als wahrscheinlich, daß die preußische Armee nach Wiederherstellung der Angelegenheiten an der Donau oder in Böhmen wird Kehrt machen müssen, um den Feind` zu verhindern, daß er sich der Elbe und Wesermündung bemächtige. Die von den Ufern der Memel und des Pregel kommenden Reservekorps können nicht vor dem Monat Februar in Thätigkeit treten. Wenn die Operationen der preußischen Armee dann nicht durch Diversionen gekreuzt worden sind, werden diese Reservekorps sich mit der kombinirten Armee (das kombinirte russisch-schwedisch-englische Hülfskorps) auf gleiche Höhe seßen, welche alsdann die Invasion von Holland wird unternehmen können.“

Geheimes Staatsarchiv Gen., betreffend die politischen Verhandlungen in den Jahren 1804, 1805 und 1806. R. x. 1. n. 89.

**) Auch der österreichische General Crenneville, der englische Oberst Anstruther und russische Vertreter wohnten wiederholt den Konferenzen bei.

Am 3., 4. und 5. Dezember fanden in Potsdam und Berlin die Besprechungen schon unter dem Eindruck der Nachricht von den neuen am 27. November unerwartet begonnenen Heeresbewegungen in Mähren statt.

Einige Berichte Massenbachs an den Fürsten Hohenlohe geben Auskunft über die Resultate der Berathungen. Das Verfahren der preußischen Armee wurde im Allgemeinen von dem Ausfall der bevorstehenden Waffenentscheidung auf dem Kriegsschauplaze abhängig gemacht. Am 3. Dezember früh nahm man für den Fall einer Niederlage der Verbündeten eine allgemeine Vorwärtsbewegung nach Böhmen in Aussicht. Die Armee-Abtheilung des Fürsten Hohenlohe sollte, mit den Sachsen vereinigt, zur Einleitung dieser Bewegung nach der Gegend von Dresden, Dohna und Peterswalde links abrücken, um dort zum Vorgehen über Lowosiß auf Prag bereit zu sein, der übrige Theil der Armee des Königs über Koburg, Bayreuth und Eger ebendahin marschiren. Im Falle eines Sieges der Russen und Oesterreicher wurde hingegen der früher beschlossene Vormarsch nach der oberen Donau beabsichtigt, wobei dem linken Flügel unter Fürst Hohenlohe die Richtung über Hof auf Straubing zugedacht war.

In einer zweiten Berathung am Nachmittage des 3. Dezember änderten sich diese Bestimmungen dahin, daß die Bewegung des linken Flügels aufgeschoben wurde, bis Nachrichten vom Grafen Haugwiß eingelaufen seien. Erst dann sollte nach den beiden Hauptfällen Niederlage oder Sieg der Bundesgenossen gehandelt werden. Entweder hatte die Armee dementsprechend nach Böhmen gegen die Flanken des Feindes vorzugehen, oder die Offensive gegen die Donau zu beginnen. Im ersten Falle sollte General v. Grawert aus Oberschlesien, nach Zurücklassung der nöthigen Besatzungen in den Grenzfestungen, langsam vor den Franzosen zurückweichen, während die russische Armee sich hinter der Oder wieder sammelte.

In einer dritten Besprechung am 4. Dezember kam nach lebhaften Debatten eine neue Eintheilung der Hauptarmee unter dem Befehl Sr. Majestät des Königs zu Stande. Dieselbe erhielt danach, einschließlich der Sachsen, die Stärke von 901⁄2 Bataillonen Infanterie, 10 Kompagnien Jäger, 115 Eskadrons, 24 Batterien*) und zerfiel in die nachfolgenden Unterabtheilungen:

1) Die Abtheilung des linken Flügels unter Befehl des Fürsten zu Hohenlohe: 12 Bataillone, 4 Kompagnien Jäger, 20 Eskadrous und 5 Batterien preußischer, 18 Bataillone, 20 Eskadrons und 4 Batterien sächsischer Truppen, im Ganzen 30 Bataillone, 4 Kompagnien Jäger, 40 Eskadrons, 9 Batterien.

2) Die Abtheilung der Mitte unter Befehl des Herzogs von Braunschweig, bei welcher sich Se. Majestät der König aufzuhalten gedenken: 34 Bataillone, 2 Kompagnien Jäger, 35 Eskadrons und 9 Batterien.

*) Es trat gegen die Bestimmung vom 25. November eine Verminderung um 5 Eskadrons ein.

3) Die Abtheilung des rechten Flügels unter Befehl des Generallieutenants v. Rüchel: *) 15% Bataillone, 2 Kompagnien Jäger, 20 Eskadrons und 4 Batterien.

4) Das Seitenforps unter Befehl des Generallieutenants v. Blücher: 11 Bataillone, 2 Kompagnien Jäger, 20 Eskadrons und 2 Batterien.**)

Das Seitenkorps Blüchers war gewissermaßen zur Avantgarde der Hauptarmee ausersehen. Seine Bestimmung ging dahin, sich im Bayreuthschen zu versammeln und sodann fürs erste ins Ansbachsche, nach Umständen bis in die Gegend von Fürth oder weiter, vorzurücken, um so das Debouchiren der Hauptkräfte aus dem Thüringer Wald sichern zu können.

Mit diesen gedachte der König zunächst eine Vorwärtsbewegung bis an den oberen Main zu unternehmen, wobei die Abtheilung des linken Flügels Kantonnement quartiere am rechten Saaleufer zwischen Plauen und Chemnitz beziehen, sich dort aber bereit halten sollte, wenn nöthig, eine Bewegung durch Sachsen nach Böhmen zu machen. Zum Führer ihrer Avantgarde war im voraus Generallieutenant Prinz Ludwig von Preußen bestimmt. Der Abtheilung der Mitte, zu deren Avantgardenkommandeur der König den Generalmajor v. Zastrow ernannte, wurden Kantonnements im Bayreuthschen zwischen Bayreuth und Hof zugewiesen. An sie sollte sich westlich im Bambergischen zwischen Bamberg und Bayreuth diejenige des rechten Flügels, mit Generalmajor v. Pleß als Avantgardenkommandeur, anschließen.

Am 5. Dezember wurden die Befehle zur Ausführnng dieser neuen Anordnungen an die Truppen erlassen. Am 20. sollten die Abtheilungen des rechten Flügels und der Mitte die ihnen bezeichnete Gegend erreicht haben, die des linken Flügels schon einige Tage zuvor bei Plauen und Chemnit stehen. Die Hessen sollten am 22. bei Fulda sein.

Die ferneren Absichten des Königs erhellen aus einem am 7. Dezember an den Kurfürsten von Sachsen gerichteten Schreiben, welches der Major Graf Goetzen in einer Audienz am 14. Dezember in Dresden übergab.

Nach Hervorhebung seiner friedfertigen Absichten sagte der König:

„Im Falle aber die angeknüpften Negociationen nicht den erwünschten Erfolg hätten und die Friedensbedingungen von der Art wären, daß durch sie keine dauerhafte Ruhe zu erwarten stände, ein Friedensbruch also durchaus nicht abgewendet werden könnte, so bin Ich fest entschlossen, Mich an die Spiße Meiner Armee zu stellen, und sowohl für Meine Erhaltung als für die Meiner Alliirten zu streiten."

*) General v. Rüchel wurde beim preußisch - hessischen Korps durch den Generallieutenant Grafen v. Schmettau erseßt.

**) Anlage VIII. enthält die Eintheilung derjenigen Armee, welche unter dem unmittelbaren Befehl des Königs bis zum Main vorrücken soll. und deren linke FlügelAbtheilung erforderlichenfalls eine Bewegung durch Sachsen nach Böhmen machen kann.

„Die Vorsicht erfordert, daß man Alles zu einem glücklichen Anfang der Operationen vorbereiten lasse. Sämmtliche Truppenbewegungen, die Ich jetzt anordne, haben die Absicht, die verschiedenen Armee-Korps auf solche Punkte hinzuführen, durch deren Besetzung bei einem entstehenden Kriege der gemeinschaftliche Feind von dem Herzen Meiner und Meiner Alliirten Staaten entfernt gehalten werde."

,,Der Fürst von Hohenlohe-Ingelfingen mit einer Abtheilung preußischer Truppen, und demjenigen Corps d'armée, welches Euer Durchlaucht unter die Befehle dieses eben so einsichtsvollen als muthigen Feldherrn haben geben wollen, soll Kantonnirungen zwischen Plauen und Chemnitz beziehen. Die Bestimmung dieses kombinirten Corps d'armée gehet dahin, die Gefahren_abzuwenden, welche unsere Staaten bedrohen, wenn eine Niederlage der kombinirten russisch-österreichischen Armee an der Donau den Feind nach Böhmen führen sollte. Durch eine bloße Besetzung der Grenzen dürften unsere Staaten alsdann nicht gesichert werden, vielmehr könnte eine solche Ausdehnung der Truppen der Sache nur nachtheilig sein. Sachsen und die Hauptstadt dieses Mir werthen Landes, auf dessen Erhaltung sich gegenwärtig die Sicherheit Meiner Staaten mit gründet, lassen sich nur dadurch sicherstellen, daß wir mit vereinter Kraft dem Feinde entgegengehen, und im Fall Ich Mich dieserwegen mit Meiner Armee nach Böhmen wenden muß, schmeichele Ich Mir mit der gewissen Hoffnung, daß Euer Durchlaucht dann auch Ihre Truppen sich an die Meinigen werden anschließen lassen."

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Erschiene aber die Gefahr auch nicht auf der Seite von Böhmen, so könnte dieselbe dennoch von der Donau aus über den Main Sachsen bedrohen."

„Ich werde daher die wichtigsten Punkte am Main, Baireuth und Bamberg zu gewinnen suchen, um von hier aus bei einem etwaigen Friedensbruche den Unternehmungen des Feindes begegnen zu können. Während dieser Bewegung ist es mir aber nicht erlaubt, Westphalen und Hessen von denjenigen Truppen zu entblößen, welche Jch zur Deckung Meiner rechten Flanke und zur Beschütung der kurhessischen Länder aufstellen muß, weshalb Jch auch in diesem Falle auf den Beistand Euer Durchlaucht Truppen mit Zuversicht rechnen darf, denn jeder Unfall, der Mir auf der Seite des Mains oder auf der Seite von Westphalen widerfährt, würde unmittelbar auf Sachsen wirken, indem dieser Staat durch den Rückzug, den Meine Truppen auf der einen oder auf der anderen Seite anzutreten genöthigt werden mögten, einer bedeutenden Gefahr ausgesetzt werden würde."

Somit sollte die Armee am Obermain zunächst eine abwartende Stellung nehmen, wobei es ungewiß blieb, ob die ganze Heeresmacht oder nur der linke Flügel nach Böhmen, oder aber die gesammte Stärke sich gegen die obere Donau wenden würde, sobald der Krieg wirklich ausbrach.

IX. Uebersicht über die lehten Ereignisse auf dem Kriegsschauplake.

Nach den Gefechten von Ober-Hollabrunn und Schoengrab hatten die Verbündeten den Rückzug in der Richtung auf Olmüß fortgesetzt, sich am 20. November bei Wischau mit den ersten anlangenden Abtheilungen des Generals Buxhoewden vereinigt und am 23. ein taktisch vortheilhaftes Lager bei Olschan südwestlich Olmütz bezogen, wo mehr und mehr Truppen von der Armee Buxhoewdens und die Garden eintrafen.

So verstärkt, entschlossen sich die Verbündeten, das Eingreifen Preußens nicht abzuwarten, sondern mit den augenblicklich verfügbaren 85- bis 90 000 Mann die Entscheidung durch eine Schlacht zu suchen. Begleitet von den beiden Monarchen, setzte sich das ganze Heer aus dem Lager von Olschan in fünf Kolonnen in sehr kleinen Märschen, zunächst über Proßniß auf Wischau, in Bewegung, woselbst es zu einem Vorpostengefecht kam. Sodann gewann es mit dem linken Flügel am 29. November die von Brünn über Austerlig nach Ungarisch - Hradisch führende Straße und schob sich am 30. November und 1. Dezember nahe an die französischen Stellungen östlich Brünn heran, in der Absicht, Napoleon auf seinem rechten, südlichen, Flügel zu umfassen und ihn so von seinem Rückzuge auf Wien abzudrängen. Hiermit gab die russischösterreichische Armee den eigenen Rückzug in der Richtung gegen Preußen auf. Im Falle einer Niederlage mußte sie auf Ungarn geworfen werden.

Da die Verbündeten zu dem Vormarsche von 61⁄2 Meilen 6 Tage gebraucht hatten, war der französische Kaiser unterdessen im Stande gewesen, seine in Mähren und Böhmen stehenden Kräfte herbeizurufen und starke Theile der Korps Lannes, Bernadotte, Soult, Davout, der Garden und KavallerieReserve, im Ganzen etwa 81 000 Mann, zu vereinigen, mit denen er am 2. Dezember in der Schlacht von Austerlitz dem Angriff der Verbündeten nicht nur erfolgreich entgegentrat, sondern ihnen auch durch eine Offensive seinerseits im Verlaufe des Kampfes eine vollständige Niederlage beibrachte.

In Folge dieses entscheidenden Ereignisses suchte Oesterreich bei Napoleon einen Waffenstillstand nach, welcher unter der Bedingung, daß es sich von Rußland trenne, am 6. Dezember zum Abschluß kam.

X. Neuer preußischer Operationsplan vom 9. Dezember 1805 zum Vorrücken der Hauptarmee an die Eger.

Oberst Massenbach will, wie seine Berichte an den Fürsten Hohenlohe ergeben, schon in den Konferenzen am 3. und 4. Dezember zu der sofortigen Operation über Dresden nach Böhmen, also zum unmittelbaren Anschluß an die Verbündeten, gerathen haben.

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