Imitiertes Leben: Ein Essay über die Konsumgesellschaft

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BoD – Books on Demand, 05.04.2022 - 80 Seiten
Die an fordistischen Prinzipien ausgerichtete Konsumgesellschaft ist offenbar nicht dazu in der Lage, eine rationale Antwort auf die derzeitige Umweltkrise zu geben. Dieses Umschlagen von Rationalität in Irrationalität wird verständlich, wenn man den vielfach zum Selbstzweck gewordenen Prozess von Produktion und Konsum als Stoffwechsel eines künstlichen Lebewesens auffasst. Insbesondere lässt sich hiermit der kontraintuitive Umstand erklären, dass auch Praktiken, die nicht wirklich produktiv oder nützlich sind und Ressourcen nur sinnlos verbrauchen, Existenzen sichern beziehungsweise Arbeitsplätze schaffen (wie etwa im Bereich des Tourismus, neben vielen weiteren Beispielen der Verschwendung). Denn aus dem an sich unnützen Umsatz von Energie und Materie entstehen - genauso wie bei der Selbst-Erzeugung eines lebenden Organismus - bestimmte stabile Strukturen (z. B. eine Infrastruktur oder eine soziale Struktur), die einen ökonomischen (Tausch-)Wert besitzen. Solange kein nennenswerter ökologischer Schaden droht, ist eine solche Art des Wirtschaftens, die nicht allein auf die Befriedigung elementarer Bedürfnisse zielt und daher ein fortwährendes Wachstum ermöglicht, für alle Beteiligten äußerst attraktiv. Jedoch wäre die Grenze des Verantwortbaren erreicht, wenn der quasi-biologische Prozess der Wertschöpfung sich zu einer ernsthaften Konkurrenz des Ökosystems auswächst. Heute gibt es überzeugende Belege dafür, dass eben dieser Fall eingetreten ist. Das bequeme Generieren von Wohlstand dient indes vielen als ein allzu gewichtiges Argument für die Beibehaltung der auf Verschwendung beruhenden Wirtschaftsform. Dadurch erhalten die ökonomischen Prozesse aber eine Autonomie, welche die menschliche Rationalität unterläuft. Der Ansatz, die Konsumgesellschaft als ein künstliches Lebewesen zu beschreiben, erschließt also den Zusammenhang zwischen der erst seit kurzem akuten Umweltproblematik und dem bereits älteren Phänomen der Entfremdung: In materieller Hinsicht ist jener künstliche Organismus so groß geworden, dass er eine Gefahr für das Ökosystem der Erde darstellt. Zugleich beraubt er die Menschen ihrer geistigen Dimension, indem er sie für ökonomische Zwecke funktionalisiert. (Zweite, geringfügig verbesserte Auflage; erste Auflage 2021)
 

Ausgewählte Seiten

Inhalt

Abschnitt 1
9
Abschnitt 2
17
Abschnitt 3
29
Abschnitt 4
39
Abschnitt 5
48
Abschnitt 6
49
Abschnitt 7
67

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Autoren-Profil (2022)

Bernhard Sarin, geboren 1965, Dipl. Physik, Studium Malerei/ Graphik, Dissertation in Philosophie über das Werk von Imre Kertész, freischaffender Künstler und Autor. Veröffentlichungen: "Ein Leben als Artikulation. Die anthropologische Ikonographie der Schriften von Imre Kertész", Universitätsverlag Potsdam, 2010. "Lewis Hine revisited. Der anthropologische Ansatz von Lewis Hines Work Portraits", BoD - Books on Demand, Norderstedt, 2019 (1. Aufl. 2015). "Lot auf der Terrasse des Kempinski. Fiktion und Realität im Werk von Imre Kertész", Norderstedt, 2020. "Natur und menschliche Freiheit", Norderstedt, 2021 (1. Aufl. 2019). "Imitiertes Leben. Ein Essay über die Konsumgesellschaft", Norderstedt, 2022 (1. Aufl. 2021).

Bibliografische Informationen