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ERSTES ERKRANKEN.

1485.

Sound, drums and trumpets, boldly and cheerfully,
God, and Saint George! Richmond and victory!
SHAKSPEARE.

f

1. Ausbruch.

Als die Schlacht bei Bosworth am 22. August 1485 über Englands Geschick entschieden hatte 1), wurde die Freude des Volkes über Heinrich's Sieg durch eine mörderische Krankheit getrübt, welche die Reihen der Streiter lichtete, und als folgte sie dem Kriegszuge, innerhalb weniger Wochen von Wales bis in die Hauptstadt des Reiches vordrang. Es war ein überaus hitziges Fieber, das nach kurzem Froste die Kräfte wie mit einem Schlage vernichtete, und während schmerzhafter Magendruck, Kopfweh und schlafsüchtige Betäubung hinzutraten, den Körper in übelriechenden Schweifs auflöste. Dies alles geschah innerhalb weniger Stunden, und niemals blieb die Entscheidung über Tag und Nacht aus 2). Unerträglich war den Kranken die innere Hitze, doch brachte ihnen jede Abkühlung den Tod, und als man nun sah,

1) Grafton, Vol. II. p. 147. 155.

2) Hall, p. 425,

dafs kaum der Hundertste am Leben blieb 1), so entstand Bestürzung unter dem ganzen Volke, dessen erster Gedanke war, es müfste wohl eine unheilvolle Regierung werden, die mit so grofsen Schrecknissen begonnen 2). Zu Anfang achtete man kaum des neuen Feindes: Städter und Landleute wallten dem Heere jubelnd entgegen, und Heinrich's Zug von Bosworth nach London glich einem grofsen Triumph, den man aller Orten durch Siegesfeste verherrlichte; denn man hoffte nach vieljährigem Bürgerkriege bessere Tage zu erleben, als unter dem blutdürstigen Richard. Als aber nun der König am 28. August 3) in die Hauptstadt eingezogen war, begann die Schweifssucht *) so nannte man die Krankheit einige Zeit darauf in den volkreichen Gassen furchtbar zu wüthen. Zwei Mayors und sechs Aldermänner starben innerhalb acht Tagen 5), nachdem sie kaum ihre Feierkleider abgelegt. viele, die noch am Abend fröhlich gewesen, waren am andern Morgen nicht mehr

1) For suddenlie a deadlie burning sweat so assailed their bodies and distempered their blood with a most ardent heat, that scarce one amongst an hundred that sickened did escape with life: for all in maner as soone as the sweat tooke them, or within a short time after yeelded the ghost. Holinshed, Vol. III. p. 482. Polydor. Vergilius, L. XXVI. p. 567.

Godwin, p. 98.

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Wood, T. I. A. 1485. p. 233. Wood hat seine Angaben über die Zufälle der Krankheit aus der dritten Hand, von Carol. Valesius (Cap. XIV. p. 226.), einem französischen Arzte in Rom, um 1650, der sich der Worte von P. Foreest bedient. Dieser hat aber den englischen Schweifs nicht selbst beobachtet.

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5) Die Mayors hiefsen Thomas Hylle und William Stokker. Fabyan a. a. O.

unter den Lebenden. Die meisten Opfer wählte sich die Seuche unter den kräftigen Männern, und wie nun tagtäglich alte berühmte Familien ihre Häupter, grofse Handelshäuser ihre Herren, und zahllose Unmündige ihre Stützen verloren, so verkehrte sich bald die Heiterkeit der Feste in tiefe, finstere Trauer. Die Krönung des Königs, welche die Zweifel vieler Bedenklichen an seinem Rechte auf den Thron beseitigen sollte, mufste in so angstvoller Noth aufgeschoben werden 1), und unterdessen verbreitete sich die Krankheit von Osten nach Westen 2) unaufhaltsam über das ganze Land.

Es ist ausgemacht, die Seuche brach nicht früher Richmond in aus, als in den ersten Tagen des Monats August 1485, Frankreich, und sie stand mit den Begebenheiten dieser Zeit in offenbarer Verbindung. Lange war die Rückkehr ins Vaterland das Ziel der Wünsche des Grafen von Richmond und seiner treuen Begleiter gewesen. Funfzehn Jahre alt (1471) dem Hasse des Hauses York und den Mördern Eduard's entronnen, fiel er, von Stürmen verschlagen, in die Hände des Herzogs von Bretagne (Franz II.), der ihn lange Zeit gefangen hielt, nach Eduard's Tode aber (1483) ihn ausrüstete, seine Ansprüche auf den englischen Thron, als letzter Sprofs des Hauses Lancaster geltend zu machen. Diese erste Unternehmung scheiterte. Stürme warfen den kühnen Abenteurer nach Dieppe zurück, und er mufste mit seinen fünfhundert Engländern die Gastfreundschaft des Herzogs Franz wieder in Anspruch nehmen. Doch machte Richard's Einfluss den Aufenthalt bei diesem Herzoge gefährlich. Richmond

1) Bis zum 30. October. Grafton, p. 158.

2) Wood, a. a. O.

zog heimlich ab, und suchte nun den Hof des minderjährigen Karl's VIII. für sein Vorhaben zu gewinnen. Ein Stamm französischer Krieger, einige Geschütze und hinreichende Geldmittel waren das endliche Ergebniss Abfahrt von vielfältiger Verwendungen. Das kleine Heer wurde Havre. eiligst auf 2000 gebracht, man ging zu Schiffe, und am 25. Juli 1485 wurden in Havre die Anker gelichtet. Sieben Tage später weheten Richmond's Fahnen in Milford Haven ').

Landung in
Milford
Haven.

Die Landung geschah bei dem Dorfe Dalle auf der Westseite des Hafens, noch am Abend der Ankunft, und schon am folgenden Tage in aller Frühe eilte Richmond nach Haverford West, wo noch kein Bote den erneuten Bürgerkrieg verkündigt hatte. Cardigan am nördlichen Meeresufer erreichte er wahrscheinlich am 3. Angust, und gönnte hier seinem kleinen, nun schon anwachsenden Heere die erste Ruhe Eilmarsch im Lager. Nach einigem Verweilen drang er sicheren Schrittes vorwärts, setzte in Shrewsbury über die Severn 2), wandte sich von da nach Newport und Stafford, und schlug sein Lager bei Lichfield wahrscheinlich noch vor dem 18. August auf 3). Der Weg von Milford Haven bis hierher beträgt gegen 40 geographische Meilen, und führt über waldige Berge und fruchtbare Felder, ohne irgendwo sumpfiges Land zu berühren. Nur Lichfield liegt niedrig, und hier ge

nach Bosworth.

1) Phil. de Comines, Tom. I. p. 344. Vergl. die angeführten englischen Zeitbücher. Als den Tag der Ankunft Richmond's in Milford Haven giebt die Geschichte der Abtei Croyland den 1. August an. Es ist kein Grund vorhanden, mit einigen Späteren, namentlich Kay, du Chesne, p. 1192, Lilie, p. 382. und Marsolier, welche die Landung des Heeres am 7. August geschehen lassen, hiervon abzugehen. Historia Croylandensis, p. 573., bei Jo. Fell.

2) Grafton, p. 147. 3) Stow, p. 779.

rade verweilte das Heer in einem feuchten Lager, bis es nach dem nahen Schlachtfelde bei Bosworth aufbrach. Hier ging Richmond mit kaum 5000 Mann, mit seinem rechten Flügel sich an einen Sumpf lehnend, der doppelt so starken Macht seines Todfeindes entgegen; der Kampf war anfangs hitzig, doch schon nach zwei Stunden krönte Lord Stanley den Sieger mit Richard's Diadem 1).

Alle diese Begebenheiten folgten in Zeit von drei Wochen so rasch auf einander, dafs die Ritter und Söldlinge Richmond's, von Furcht und Hoffnung täglich mehr angeregt, so grofsen Anstrengungen kaum gewachsen blieben. Doch liegt eben in dieser Schnelligkeit der Bewegungen ihrer Heerhaufen der Grund, warum die Krankheit nicht so rasch um sich greifen und kein Hindernifs der endlichen Entscheidung bei Bosworth werden konnte, wiewohl die Kunde von ihr schon vor diesem Ereignifs nach allen Seiten hin Schrecken verbreitete, so dafs Lord Stanley von Richard gebieterisch aufgefordert sich zu stel‐ len, um Zeit zu gewinnen, sich mit der neuen Seuche entschuldigte 2).

Nach dem Siege bei Bosworth verweilte König Heinrich zwei Tage lang in Leicestre, und eilte dann ohne weiteren Verzug in weniger als vier Tagen nach London, ohne kriegerischen Prunk und nur von einer auserlesenen Schaar begleitet. Sein übriges Kriegsheer, der Ruhe nach so harter Kriegsarbeit dringend bedürftig, konnte ihn schwerlich auf dem noch vier und zwanzig geographische Meilen langen Wege begleiten, sondern erholte sich in den benachbarten

1) Nach übereinstimmenden Angaben der Chronisten.
2) Histor. Croylandens. p. 573. Fell.

Schlacht bei

Bosworth.

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