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tember.

musste, genug, in den ersten Tagen des September Allgemeiner finden wir das Schweifsfieber in Stettin, in Danzig Ausbruch um und anderen preufsischen Städten, in Augsburg, tief den 1. Sepunten jenseits der Donau, in Köln am Rhein, in Strafsburg, in Frankfurt a. M., in Marburg '), in Göttingen und Hannover 2) zu gleicher Zeit ausgebrochen. Die Lage der genannten Städte giebt eine anschauliche Vorstellung von dem unabsehbaren Gebiete, das der englische Schweifs wie durch einen Zauberschlag in Besitz nahm. Es war wie ein sengender Brand, der sich unaufhaltsam nach allen Seiten hin verbreitete, doch gingen die Flammen nicht von einem Heerde aus, sondern sie schlugen, wie von selbst entzündet, überall empor, und begegneten sich aller Orten, und während dies alles in Deutschland und Preufsen geschah, wurden auch die Bewohner der übrigen nordischen Länder, Dänemark, Norwegen, Schweden, vielleicht auch Litthauen, Polen und Rufsland von der Gluth des Schweifsfiebers ergriffen.

Stettin, den

In Stettin zeigte sich die Krankheit am 31. Au31. August. gust unter der Dienerschaft des Herzogs 3). Am 1. September erkrankte die Herzogin selbst mit vielen Hofleuten und Bürgern in der Stadt, wenige Tage darauf zählte man schon einige Tausend von der Seuche Befallene, und es war keine Gasse, in der nicht tagtäglich einige Leichen angemeldet wurden. Doch währte diese Schreckenszeit nicht viel länger, als eine Woche, denn gegen den 8. September liefs die Seu

1) Euric. Cordus.

2) Gruner, It. p. 23.

3) Nämlich Dienstag nach Johannis Enthauptung (den 29. August), die auf einen Sonntag fiel, da Aegidi (den 1. September) ein Mittwoch war. Die Zeitbestimmung ist hier durchgängig nach Pilgram's Calendarium chronologicum.

che in ihrer Heftigkeit nach, sie wurde nicht weiter gefürchtet, und es erkrankten nur noch Einzelne 1).

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An demselben Tage, nämlich am 1. September, Danzig, den 1. September. war die Krankheit in Danzig, funfzig Meilen weiter östlich, und griff auch hier so vernichtend um sich, dafs sie in kurzer Zeit an 3000 Einwohner wegraffte 2). Andere sagen sogar 6000, doch gelten diese, für Danzig gewifs zu hohen Angaben wahrscheinlich von einem grössern Theile Preussens. Darf man einem ungenannten Berichterstatter Glauben beimessen 3), so liefs die Seuche schon nach fünf Tagen nach, und überhob dann die Einwohner der tödtlichen Angst, die bis zur Wiederkehr der Besinnung überall nur das Unrechte und Schädliche zur Abwendung der Gefahr ergreifen liefs.

In Augsburg finden wir das Schweifsfieber am 6. September. Es währte auch hier nur sechs Tage, warf gegen 1500 Einwohner auf das Krankenlager, und tödtete von ihnen mehr als die Hälfte, man sagt gegen 800 *). In Köln ganz um dieselbe Zeit, wie aus den Aeufserungen des Grafen von Newenar, eines dortigen Prälaten hervorgeht, der seine Schrift über diese Krankheit am 7. September beendigte 5). In Strafsburg aber um etwa zehn Tage früher, näm lich den 24. August. Hier erkrankten in einer Woche gegen 3000 Einwohner, doch starben nur sehr wenige ").

Ende den 6. September.

Augsburg, den 6. September.

Köln.

Strafsburg, den 24. August.

In Frankfurt a. M. wurde gerade (vom 7. Sep- Frankfurt a. M., den tember an) die Herbstmesse gehalten, als dort die 7. September.

1) Klemzen, S. 255. - 2) Curicke, S. 271.

3) Kronica der Preufsen, fol. 191. b.

4) Stettler, II. S. 33. 5) Bei Gratorol. fol. 74. b.
6) Gruner, It. p. 25., nach handschriftlichen Chroniken.

Verbreitung.

Schweifssucht herrschte 1), woher denn die auch in neuerer Zeit 2) wiederholte Meinung entstand, die reisenden Kaufleute hätten die Krankheit von da durch ganz Deutschland vertragen, und in eben diesem Mefsverkehr wäre die wesentlichste Ursache der grofsen Verbreitung der Schweifsfieberseuche zu finden. Nach den angeführten Thatsachen bedarf eine so kleinliche Ansicht keiner Widerlegung. Das Schweifsfieber war flüchtiger, als die damaligen Fracht- und Reisewagen auf ungebahnten, grundlosen Landstrafsen, denn es konnte so bald kein Gerücht von der Krankheit wohin kommen, so kam die Krankheit mit 3).“

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Zwischen den angedeuteten Gränzen blieben wahrscheinlich nur einzelne Städte und Dörfer von der Schweifsfieberseuche verschont, und es möchten vielleicht nur wenige Jahrbücher dieses an grofsen Ereignissen so fruchtbaren Zeitalters aufzufinden sein, in denen der gewaltigen Geifsel des Jahres 1529 nicht auf irgend eine ausdrucksvolle Weise Erwähnung geschähe. Doch war das Schweifsfieber nach der Art grofser Volkskrankheiten ohne allen Zweifel sehr ungleich verbreitet, und es liegt am Tage, dafs je weiter nach Süden es im Ganzen desto milder wurde, wie denn auch alle die Orte, in denen es später ausbrach, ohne Vergleich weniger litten, als die in den ersten Tagen des September und in den letzten des August heimgesuchten, denn will man auch die schwüle Hitze nach dem 24. August, die doch wahrscheinlich nicht lange anhielt, weniger in Anschlag bringen, so

1) Franck, fol. 253. a.

2) Von Joseph Frank, in der neuesten Ausgabe seiner Praxeos medicae universae Praecepta. - Vergl. Gruner, It. p. 28. 3) Klemzen, S. 254.

lag doch der Hauptgrund seiner anfänglichen grofsen Bösartigkeit in der gewaltsamen Behandlung der Kranken, deren Unzweckmäfsigkeit man glücklicher Weise bald erkannte. In Marburg erkrankte nur ein Bür- Marburg. ger an der Schweifssucht, und auch dieser genas 1); in Leipzig aber kam die Seuche entweder gar nicht, Leipzig. oder sehr viel später, vielleicht im October oder November zum Ausbruch, denn die dortigen Aerzte geben in ihren Flugschriften ganz deutlich zu erkennen, dafs sie die Krankheit gar nicht aus eigener Beobachtung gekannt haben 2), und als erst das Gerücht ging, der gefürchtete Feind sei in die Mauern dieser Handelsstadt nicht eingedrungen, so kamen von nah und fern Schaaren von Fliehenden, um hier Schutz und Sicherheit zu suchen, wiewohl der Ort an sich durchaus nicht zu einer Zufluchtsstätte geeignet war, denn die Sumpfluft, die aus seinen Stadtgräben aufstieg, erzeugte schon damals in den engen und finsteren Gassen viele langwierige Krankheiten 3).

6. In den Niederlanden.

Es ist auffallend, dafs die Niederlande von dem Schweifsfieber *) um ganze vier Wochen später heimgesucht wurden, da doch hier der Handelsverkehr mit England, will man diesen überhaupt in erheblichen Anschlag bringen, ungleich bedeutender war, als in den deutschen Nordseestädten. Denn in Amster

1) Dies geht aus einem Briefe von Euricius Cordus an den hessischen Kammersecretair Joh. Rau von Nordeck hervor, am Ende der zweiten Auflage seines Regiments.

2) Magnus Hundt schlofs die seinige am 7. October.
3) Bayer von Elbogen, Cap. 7.

4) Man nannte es dort die ingelsche Sweetsieckte, oder die sweetende Sieckte.

Amsterdam, den 27. September.

dam erschien es erst am 27. September Vormittags, während die Stadt in einen dichten Nebel eingehüllt

war 1), und ganz gleichzeitig, vielleicht um einen Tag Antwerpen. früher, in Antwerpen, wo man am 29. September einen feierlichen Umzug hielt, um durch Gebet noch gröfseres Unheil von der Stadt abzuwenden. Es waren nämlich in den letzten Tagen gegen 4 bis 500 Menschen am englischen Schweifse gestorben 2). Man könnte glauben, der feuchte Boden Hollands und seine undurchdringlichen Nebel hätten die Seuche noch weit früher angelockt, als das hohe und heitere Land zwischen den Alpen und der Donau, oder das weit entlegene Preufsen, aber die Entwickelung der Volkskrankheiten folgt keiner menschlichen Berechnung, keiner ärztlichen Ansicht! In den Städten um Amsterdam soll das Schweifsfieber erst nach dem Aufhören des Sterbens in dieser Stadt zum Ausbruch gekommen sein, d. h. fünf Tage nach dem 27. September, und so können wir ohne erheblichen Irrthum annehmen, dafs die Seuche in den letzten Tagen dieses Monats und den ersten des October über das ganze Gebiet der Niederlande, mit Einschlufs von Belgien verbreitet war 3). Alkmaar und Waterland blieben frei 4), wie ohne Zweifel auch in England und Deutschland

1) Forest. L. VI. Obs. VII. Schol. p. 157. Obs. VIII. c. Schol. P. 158. Wagenaar, T. II. p. 508.

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3),, Laquelle (la suette)

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s'estendit par le pays d'Oostlande, de Hollande, Zeelande, et autres des pays bas, on en étoit endedens vingt et quatre heures mort ou guarry, elle ne dura en Zeelande pour le plus que 15 jours, dont plusieurs en moururent. “ Le Petit, T. I. Livr. VII. p. 81.

4) Forest. a. a. O.

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