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II. Abschnitt.

Organisation der kriegführenden Mächte.

Die Wehrkraft Preussens.

Die Regierung Preussens war seit dem Jahre 1813 bemüht gewesen, das Heer in einer zu der Bevölkerungszahl ganz unverhältnissmässigen Stärke zu organisiren. Obgleich kaum halb so gross wie Österreich und Frankreich, sollte Preussen ein Heer besitzen, welches jenen der erwähnten Grossstaaten nicht nachstand.

Dieser grosse politische Zweck sollte durch die allgemeine Wehrpflicht und die Landwehr-Institution erreicht werden, und das preussische Heer hatte demnach bis zum Jahre 1860 eine Organisation, nach welcher es für den Krieg 200.000 Mann an eigentlichen Feldtruppen und 300.000 Mann an im Waffendienste durchaus geübten Landwehren, also im Ganzen 500.000 Mann aufstellen konnte.

Durch die ganze lange Friedenszeit, die dem Jahre 1815 folgte, begnügte sich Preussen, dessen damaliger Politik eine aggressive Richtung noch ferne lag, mit dieser militärischen Organisation, ohne an derselben Wesentliches zu ändern, wenn auch bei Gelegenheit verschiedener Mobilisirungen in den Jahren 1831, 1848, 1850 und 1859, zu denen Preussen Anlass gefunden, die geringe Tauglichkeit und Verlässlichkeit der Landwehr für den Dienst im Felde nicht hatte verkannt werden können.

Erst im Jahre 1860, unter der Regierung des Königs Wilhelm I., und mit dem Eintritte des Grafen Bismarck in das Ministerium ward die Heerkraft Preussens nicht ausreichend befunden, und trotz des Widerspruches der Bevölkerung an eine Reorganisation geschritten, welche das stehende Heer Preussens zu einer den anderen Grossstaaten völlig ebenbürtigen Macht erheben sollte.

Diese Reorganisation gipfelte in folgenden Punkten:

1. Verdoppelung des stehenden Heeres.

2. Ausscheidung der Landwehr-Infanterie aus der in erster Linie zu mobilisirenden Feldarmee, mit der ausschliesslichen Bestimmung zu Besatzungsdiensten.

3. Gänzliche Auflassung der Landwehr-Cavallerie.

4. Erhöhung der jährlichen Aushebung von 40,000 auf 63,000 Mann. 5. Verlängerung der Dienstverpflichtung für das stehende Heer von 5 auf 7 Jahre (mit Festhaltung der dreijährigen Präsenz), dagegen

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6. Verkürzung der Dienstverpflichtung für das 1. Aufgebot von 7 auf 4, für das 2. Aufgebot von 7 auf 5 Jahre.

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Im Frühjahre 1866 war diese Umwandlung, - bis auf jene der Cavallerie, gänzlich durchgeführt, und nur in Betreff der Dienstverpflichtung waren die früheren Normen beibehalten, was der Heeresleitung den Vortheil gab, zur Complètirung der Cadres auf ältere Jahresclassen zurückgreifen zu können.

In Folge der Reorganisation betrug nun der Friedensstand des stehenden Heeres 210,000 Mann, und zwar :

81 Infanterie-Regimenter (Garden, Musketiere,
Füsiliere, Grenadiere) à 3 Bataillons

10 Jäger- (Schützen-) Bataillons

48 Cavallerie-Regimenter, wovon 8 à 5, die
übrigen à 4 Escadrons ==

=253 Bataillons,

200 Escadrons,

9 Feld-Artillerie-Regimenter mit je 15 Batte- 135 Batterien = rien à 4 bespannte Geschütze ==

540 Geschützen,

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9 Pionnier-Bataillons und 2 Reserve-Pionnier-Compagnien,

9 Train-Bataillons.

Diese Truppen waren in 9 gleich starke Armee-Corps eingetheilt.

Das Garde-Corps, welches seine Ergänzungen aus sämmtlichen Provinzen bezog, stand in Berlin und Potsdam; die übrigen Armee-Corps waren in den Provinzen, aus welchen sie sich recrutirten, dislocirt, und zwar: das I. Corps in Ostpreussen mit dem Stabe zu Königsberg,

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Jedes Armee-Corps bestand aus 2 Divisionen, jede Division aus

1) Siehe Armee-Eintheilung 1866 und Stände in den Beilagen zum II. Abschnitt Nr. 1, 2 und 3.

2 Infanterie-Brigaden, und 2 Cavallerie-Brigaden; ferner gehörten zu jedem Corps 1 Jäger-Bataillon, 1 Artillerie-Brigade (Feld- und Festungs-Regiment), 1 Pionnier-Bataillon und 1 Train-Bataillon.

Das von jedem Corpsbezirk ergänzte 9. Infanterie- (Füsilier-) Regiment, eigentlich zur Disposition des Corps - Commandeurs bestimmt, entfiel bei sämmtlichen Armee-Corps, mit Ausnahme des Garde-Corps, durch verschiedene Abcommandirungen.

Zum VIII. Armee-Corps gehörten noch die unter einer besonderen Inspection stehenden Besatzungen von Mainz, Rastatt und Luxemburg mit zusammen 6 Infanterie-Regimentern.

Die bei Beginn des Feldzuges im Schleswig'schen befindlichen Truppen waren aus mehreren Generalaten dorthin abcommandirt und formirten 2 combinirte Infanterie-Brigaden (4 Regimenter) und 1 combinirte CavallerieBrigade (2 Regimenter), dann 1 Artillerie-Fuss-Abtheilung (letztere vom 6. Armee-Corps), endlich 2 Festungs-Artillerie-Compagnien.

An Landwehren waren zu Beginn des Jahres 1866 die Stämme von 116 Infanterie-Bataillons und 12 Cavallerie-Regimentern mit im Ganzen 2247 präsenten Mann, worunter 276 Officiere, vorhanden.

Für den Krieg hatte die preussische Armee sich organisationsgemäss wie folgt aufzustellen:

a) Feldtruppen.

Diese begriffen das ganze stehende auf Kriegsfuss gesetzte Heer mit Ausnahme der Festungs-Artillerie-Regimenter. Die zu mobilisirenden ArmeeCorps setzen sich durch Einberufung der Reserve auf den Kriegsstand. Der Bedarf an Officieren wird theils durch Beförderung, theils durch Beiziehung von Landwehr-Officieren zur Linie gedeckt.

Das Pferde-Erforderniss (80.000 bis 90.000) ist schon im Frieden auf die einzelnen Kreise repartirt, und kann im Lande aufgebracht werden.

Die Landwehren zählen nur mittelbar, d. h. insoweit selbe nicht zu Besatzungstruppen verwendet werden, zu den Feldtruppen und werden gewöhnlich in zweiter Linie verwendet; ihre Ergänzung erfolgt durch Einberufung der zu selben gehörigen Officiere und Mannschaften, und die formirten Bataillons werden in der Regel Stabsofficieren der Linie übergeben, während die schon im Frieden als „Bezirks-Commandeure" angestellten Stabsofficiere zur Führung des Ersatz-Control-Geschäftes in ihren Bezirken verbleiben.

b) Besatzungstruppen.

Zu diesen gehören: die Festungs-Artillerie-Regimenter des stehenden Heeres, die Landwehr-Infanterie, soweit selbe zu Festungs-Besatzungen und Garnisonen benöthigt wird, und 40 Besatzungs-Escadrons, welche im Kriege

aus den im Landwehr-Verhältnisse stehenden Officieren und Mannschaften der Cavallerie gebildet werden. Ferner 28 Festungs-Pionnier-Detachements, ebenfalls aus Reserve-Mannschaften und Landwehrpflichtigeu formirt.

c) Ersatztruppen.

Im Jahre 1866 hatte organisationsgemäss jedes Infanterie-Regiment 1 Ersatz-Bataillon, jedes Jäger- (Schützen-) Bataillon 1 Ersatz-Compagnie, jedes Cavallerie-Regiment 1 Ersatz-Escadron, jedes Artillerie-Regiment 1 Ersatz-Abtheilung mit 4 Batterien à 4 Geschützen, jedes Pionnier-Bataillon 1 Ersatz-Compagnie und jedes Train-Bataillon 1 Ersatz-Abtheilung zu errichten.

Die Mannschaften zu diesen Formationen sollen bei der Infanterie zur Hälfte den Reserven entnommen, zur andern Hälfte durch Recruten ergänzt werden; zur Cavallerie und den technischen Truppen sollen nur ausgebildete Leute genommen werden. Zum Train werden Reserven der Cavallerie commandirt.

Für den Krieg im Jahre 1866 wurden zur Infanterie der Feldtruppen Leute eingestellt, welche auch nach dem Reorganisationsplan schon in das 1. Jahr der Landwehr gehörten, d. i. im 8. Dienstjahre standen.

Es waren sonach Leute mit halb- bis achtjähriger Dienstzeit in der Linientruppe.

Zu den technischen Truppen wurden selbst Mannschaften zugezogen, welche nur mehr im 2. Aufgebote zu dienen hatten.

Für die aufgestellten Landwehr-Bataillons 1. Aufgebotes wurden Mannschaften ohne Rücksicht auf die Kategorie, in welcher dieselben nach der Dauer ihrer Dienstzeit standen, also nach Bedarf selbst bis zum 40. Lebensjahre einberufen.

Recrutirung fand zu Ausbruch des Feldzuges keine statt, es waren sonach die jüngsten Mannschaften schon seit 1865 unter den Waffen.

Der Landsturm ist im Frieden gar nicht organisirt und soll erst in dem Augenblicke über allerhöchsten Befehl unter die Waffen treten, wenn ein feindlicher Einfall die Provinzen bedroht; er besteht aus allen Männern bis zum 50. Jahre, die nicht im stehenden Heere und der Landwehr eingetheilt sind, aus allen Männern, die aus der Landwehr ausgetreten sind, und aus allen rüstigen Jünglingen von 17 Jahren an.

Der organisationsgemässe Kriegs-Etat des Heeres stellte sich zu Beginn 1866 wie folgt:

Österreichs Kämpfe 1866. I. Band.

4

An Infanterie:

a) Feldtruppen: 81 Regimenter Infanterie à 3 Ba-
taillons, dann 10 Jäger-Bataillons

b) Ersatztruppen: 81 Ersatz-Bataillons und 10 Jä-
ger-Ersatz-Compagnien

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c) Landwehr 1. Aufgebot: 116 Bataillons.

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a) Feld-Cavallerie: 12 Regimenter 48 Escadrons

b) Ersatz-Cavallerie: 12 Escadrons
c) Besatzungs-Escadrons: 40 Escadrons.

34.073 Mann, 11.952

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2. Landwehr:

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(Hiezu eventuell weitere 72 Festungs-Compagnien 15.048 Mann.)

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(Hiezu eventuell 28 Festungs-Detachements mit 2000 bis 3684 Mann.)

Endlich an Train:

9 Train-Bataillons

8 Ersatz-Abtheilungen.

12.762 Mann, 5.193 99

Zusammen Train. 17.955 Mann 1)

Zusammen das Heer: (mit höheren Stäben 5735 Mann)

660.985 Mann, 126.500 Pferde, 1008 Feldgeschütze und 7992 Fuhrwerke.

') Die zu den Truppen selbst gehörigen Trains sind in den Etats der betreffenden Formationen aufgenommen, ihre Gesammtzahl beträgt 19.743 Mann.

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