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reich gar keine Kriegsvorbereitungen stattgefunden hätten, so käme es nur darauf noch an, dass Preussen die Rüstungen rückgängig mache, welche es zugestandenermassen seit 28. März in Gang gebracht habe.

Diese Erklärungen erregten nur den Unglauben und den Unwillen des preussischen Cabinets.

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Am 15. April antwortete Graf Bismarck: Während Österreich die ,,Zurücknahme seiner bisherigen militärischen Massnahmen als überflüssig er,,achtet, weil der Kaiser sein Wort verpfändet, dass Österreich keinen An,,griff im Sinne habe, verlange man von Preussen, dessen König in gleicher ,, Weise sein Wort verbürgt, die hervorgerufenen Vorsichtsmassregeln rück,,gängig zu machen; - diese könnten nicht rückgängig gemacht werden, ehe ,,der Anlass hiezu behoben wäre. An der kaiserlichen Regierung sei es, die ,,Initiative zu ergreifen und eingestandene Rüstungen abzustellen, wenn ein ,,Gleiches von Preussen erwartet werde."

Hierauf ward Graf Károlyi am 18. April ermächtigt, sich in Berlin dahin zu äussern,,,dass Seine Majestät der Kaiser sich bereit erkläre, durch ,,einen am 25. desselben Monats zu erlassenden Befehl die, wie die königliche ,,Regierung glaubt, eine Kriegsbereitschaft gegen Preussen fördernden Dislo,,cationen rückgängig zu machen, so wie die darauf bezüglichen Massregeln „einzustellen, wenn Se. Majestät von dem Berliner Hofe die bestimmte Zusage „erhalte, dass an demselben oder doch am nachfolgenden Tage eine königliche ,,Ordre den früheren regelmässigen Friedensstand derjenigen Heerestheile ,,wieder herstellen werde, welche seit dem 27. v. M. einen erhöhten Stand ,,angenommen haben."

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Auf diesen Antrag erwiderte die königliche Regierung am 21. April, dass sie denselben mit Genugthuung entgegennehme. Die Ausführung desselben werde sie in demselben Masse und in denselben Zeiträumen bewirken lassen, in welchen die entsprechende Verminderung der Kriegsbereitschaft der österreichischen Armee thatsächlich vor sich gehen werde.

Über das Mass und die Fristen sehe die königliche Regierung weiteren Mittheilungen entgegen.

Die Werthlosigkeit dieser Eröffnungen sollte sehr bald zu Tage treten. Die letzterwähnte Note traf zu einer Zeit in Wien ein, in welcher die offen betriebenen Rüstungs-Vorbereitungen in Italien schon weit gediehen waren, und die dortige Regierung, gedrängt durch die im ganzen Lande herrschende kriegerische Aufregung, kaum mehr Herrin des eigenen Willens war.

Durch die Einberufung der zweiten Kategorie der Classe 1844 und die neue Recrutirung, dann durch massenhaftes freiwilliges Einrücken

beurlaubter Soldaten, war der Mannschaftsstand des italienischen Heeres schon nahezu auf die systemisirte Kriegsstärke gebracht.

Unter solchen Umständen sah sich die österreichische Regierung veranlasst, am 26. April nach Berlin zu erklären, wie sehr die vereinbarte Abrüstung Se. Majestät den Kaiser mit Befriedigung erfüllt habe, und dass derselbe bereit sei, das Erforderliche ungesäumt zu verfügen, d. i. die zur Verstärkung der Garnisonen nach Böhmen disponirten Truppen zurückzuziehen; zur Vermeidung jeder Missdeutung sei es jedoch nöthig, der königlichen Regierung Mittheilung zu machen, dass Österreich sich gezwungen sehe, sein italienisches Heer auf den Kriegsfuss zu setzen und sowohl zum Schutze der Po-Grenze, als der bedrohten Küsten umfassende Massregeln zu treffen. Diese Vorbereitungen gälten nur der Eventualität eines Kampfes gegen die Italiener, und die kaiserliche Regierung werde mit der Abrüstung augenblicklich beginnen, sobald sie versichert sei, dass die königl. Regierung den Massregeln im Süden keinen Einfluss auf die verabredete Herstellung des normalen Standes zwischen den beiden Staaten gestatten werde.

Die preussische Regierung antwortete hierauf am 30. April in naiver Weise, dass sie sehr enttäuscht wäre. Sie habe gehofft, dass die Herstellung des normalen status quo sich auf die Gesammtheit der die Kriegsbereitschaft fördernden Bewegungen erstrecken werde, die kaiserliche Regierung erwähne aber nur der Truppenvermehrung in Böhmen und lasse die in Schlesien, Mähren und Westgalizien geschehene unberührt. Auch die Begründung der Rüstungen in Italien könne sie nicht anerkennen, da nach übereinstimmenden Nachrichten im Königreiche Italien keine Rüstungeu stattgefunden. Sollten solche aber in der jüngsten Zeit in Ausführung gebracht worden sein, so könnten sie nur in den österreichischen Rüstungen ihren Grund haben.

Einen wahren Hohn dem Kaiserstaate in's Gesicht schleudernd, sprach sich dann Graf Bismarck weiter aus: die preussische Regierung hoffe, dass Österreich sowohl alle in den nördlichen Provinzen getroffenen Massregeln rückgängig machen, als auch sich demnächst von der Grundlosigkeit der im Süden veranlassten Rüstungen überzeugen, und demnach zur gesammten Herstellung des Friedensfusses in der k. k. Armee schreiten werde; erst dann würde es für die königliche Regierung möglich sein, den kommenden Verhandlungen anders als unter Festhaltung des Gleichgewichtes in der Kriegsbereitschaft beider Mächte entgegenzugehen.

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Hierauf war von Seite Österreichs nur mehr die folgende Antwort möglich, welche Graf Károlyi am 4. Mai an den preussischen Minister übergab:

„Euere Excellenz begreifen, dass wir Angesichts dieser Erklärung die „Verhandlung über eine gleichzeitige Zurücknahme der von Preussen gegen„über Österreich, und von Österreich gegenüber Preussen angeordneten mili„tärischen Vorbereitungen für erschöpft halten müssen. Durch die von uns in Berlin wie in Frankfurt ertheilten feierlichen Versicherungen steht fest, „dass Preussen von uns keine Offensive, Deutschland keinen Bruch des „Bundesfriedens zu besorgen habe.

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„Ebenso wenig beabsichtigt Österreich Italien anzugreifen, wiewohl die „Losreissung eines Theiles des österreichischen Staatsgebietes das bei jeder „Gelegenheit offen ausgesprochene Programm der Florentiner Regierung bil„det. Dagegen ist es unsere Pflicht, für die Vertheidigung der Monarchie zu „sorgen, und wenn die Regierung Preussens in unseren Defensiv-Mass„regeln gegen Italien ein Motiv erblickt, ihre eigene Kriegsbereitschaft auf„recht zu erhalten, so bleibt uns nur übrig, dieser Pflicht, die keine fremde „Controle zulässt, Genüge zu leisten, ohne uns in fernere Erörterungen über „die Priorität und den Umfang einzelner militärischer Vorkehrungen einzu„lassen. Dass wir übrigens nicht blos die Integrität unseres Reiches, son„dern auch das Gebiet des deutschen Bundes gegen eine Offensive Italiens „sicherzustellen haben, wird man sich in Berlin nicht verhehlen können, und wir dürfen und müssen im Interesse Deutschlands die ernste Frage stellen, wie Preussen das Verlangen, dass wir die deutschen Grenzen unbewacht lassen sollen, mit den Pflichten einer deutschen Macht vereinbar finden „könne ?"

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In der Zwischenzeit, nämlich gleichfalls am 26. April, hatte die österreichische Regierung noch, um die Discussion auf jenes Terrain wieder zurückzuleiten, von welchem dieselbe ausgegangen, im versöhnlichsten Tone die preussische Regierung aufgefordert, gleichzeitig mit Österreich in Frankfurt zu erklären, dass sie beschlossen hätten, die durch den Wiener Frieden erworbenen Rechte auf denjenigen Prätendenten weiter zu übertragen, welchem der Bund die überwiegende Berechtigung zur Erbfolge im Herzogthume Holstein zuerkennen würde.

Weiteres hiess es in dieser Note:

„Bietet die königliche Regierung hiezu die Hand, so machen wir dage"gen uns anheischig, überall, wo dies nöthig sein wird, dazu mitzuwirken, dass „dem preussischen Staate diejenigen speciellen Vortheile bleibend gesichert „werden, mit deren Gewährung wir uns im Laufe der gepflogenen Verhand„lungen einverstanden gezeigt haben, und über welche, was Holstein betrifft, ,,bereits in den Artikeln 2-7 der Gasteiner Convention provisorische nähere Feststellungen enthalten sind. Preussen wird hienach definitiv die mi„litärischen Stellungen von Kiel, Rendsburg und Sonderburg erwerben. „Kiel wird zwar Bundeshafen, Rendsburg Bundesfestung werden, aber die Österreichs Kämpfe 1866, I. Band,

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„königliche Regierung wird uns bereit finden, in den diesfalls nach Artikel „,2 und 3 der Gasteiner Convention im Einverständnisse mit ihr in Frankfurt „zu stellenden Anträgen jedem ihrer billigen Wünsche entgegenzukommen. Nicht weniger bereit sind wir, die von Preussen behufs der Befestigung von „Düppel und Alsen gewünschte Territorialabtretung gemeinschaftlich mit „der königlichen Regierung, falls sie dies verlangt, gegenüber dem künftigen „Landesherrn auszubedingen. Ebenso werden sich die Leistungen, welche die „Herzogthümer bis zu einer allgemeinen Regelung der Marinefrage am Bunde „für die preussische Flotte zu übernehmen haben, ohne Schwierigkeit durch „eine Convention zwischen Preussen und Schleswig-Holstein regeln lassen. „Und dasselbe gilt von den Bestimmungen, welche die Gasteiner Convention „zu Gunsten Preussens in den Artikeln 4, 5, 6 und 7 hinsichtlich der Com„municationen durch Holstein, des Eintritts der Herzogthümer in den Zoll„verein und der Anlage eines Canals zwischen der Nord- und Ostsee ge,,troffen hat."

Graf Bismarck beantwortete diesen Antrag am 7. Mai.

In seiner Note erklärte er auf's Bestimmteste Preussens Willen, am Wiener Frieden und Gasteiner Vertrage festzuhalten, dass aber dadurch jede Einmischung eines Dritten, somit auch des deutschen Bundes ausgeschlossen wäre, ferner, dass Preussen keine Neigung habe, auf seine auf Schleswig-Holstein erworbenen Rechte zu Gunsten eines Dritten zu verzichten, dass es aber dagegen immer bereit sein werde, mit Österreich über die Bedingungen zu verhandeln, unter welchen dasselbe auf seinen Antheil an dem durch den Wiener Frieden Erworbenen verzichten wolle.

Durch diese Antwort waren also die Dinge wieder auf den alten Standpunkt gestellt.

Auch die Frage der Bundesreform nahm gleichzeitig eine bedenkliche Wendung. Der preussische Antrag zur Reform war am 21. April an einen zu wählenden Ausschuss von 9 Mitgliedern verwiesen worden.

In der Sitzung von diesem Tage hatten die meisten der den Bundesstandpunkt einnehmenden Regierungen dem von Österreich ausgesprochenen Verlangen beigestimmt, dass Preussen positive Vorschläge, welche die Ziele und Tragweite der angestrebten Reformen erkennen liessen, stellen möge.

Dieses Verlangen wies Graf Bismarck brüsk ab, indem er am 27. April in einer Circularnote erklärte, dass er an eine Verständigung der Regierungen über Text und Inhalt der Vorschläge ohne vorangegangene Bestimmung des Termines für die Parlamentseröffnung, d. i. ohne eine selbstauferlegte Nöthigung der einzelnen Regierungen nicht glaube, und dass somit die Bestimmung dieses Termines als der Kern des Antrages vom 9. April zu betrachten sei.

Mit der Ablehnung dieser Frage wäre die ernstliche Behandlung der Bundesreform ausser Möglichkeit; doch werde er in den Ausschussberathungen die Gebiete des Staatslebens bezeichnen, auf welche sich die preussischen Vorschläge erstrecken würden 1).

Mittlerweile hatte die preussische Regierung Anlass gefunden, die sächsische ihrer Kriegsvorbereitungen wegen zur Rede zu stellen, indem sie am 27. April nach Dresden erklärte, dass die militärische Lage Sachsens ihr nicht gestatte, dessen Vorbereitungen gleichgiltig zuzusehen, umsomehr, als die bisherige Haltung Sachsens vermuthen lasse, dass dieselben gegen Preussen gerichtet seien, daher die preussische Regierung, falls keine befriedigenden Erklärungen erfolgen sollten, zur Anordnung entsprechender militärischer Massregeln sich bemüssigt sehen würde.

Die sächsische Regierung erwiderte hierauf am 29. April, dass, wie sehr sie auch den von ihr präcisirten Standpunkt fest halte, sie sich doch nicht der Betrachtung entziehen könne, dass der zunächst vom Separatkriege bedrohte Staat sich in solchem Falle vor Allem selbst in die nothwendige Verfassung setzen müsse, um vor dem von ihm anzurufenden Bunde nicht als ein wehrloses, sondern als ein gerüstetes Glied zu erscheinen.

Die bisherigen Rüstungen Sachsens bestanden übrigens nur in geringfügigen Vorbereitungen und Standeserhöhungen; es rüstete erst ernstlich, als Preussen selbst die Mobilisirung aller seiner Streitkräfte anordnete.

Erst nachdem die preussische Regierung zwischen dem 3. und 12. Mai die auf die Mobilisirung ihrer gesammten Armee abzielenden Ordres erlassen. hatte, mobilisirte Sachsen seine Armee. Am 6. Mai erfolgte die Einberufung sämmtlicher Urlauber, am 7. jene der Kriegsreservisten, und am 9. erging die Anordnung zum öffentlichen Pferdeeinkaufe.

Erst jetzt schritt auch Österreich zur vollständigen Mobilisirung jener Truppen seiner Armee, die die Aufgabe hatten, sich dem preussischen Heere entgegenzustellen.

Vielen, und namentlich Jenen, die berufen waren, den höchsten Einfluss auf die Führung des kaiserlichen Heeres zu nehmen, schien es, dass Österreich viel zu spät rüste, dass es früher hätte rüsten sollen.

Am 5. Mai brachte Sachsen seine mit Preussen entstandene Controverse an den Bund, indem es die beiden Noten vom 27. und 29. April demselben vorlegte und mit dem Antrage: „die Bundesversammlung wolle un„gesäumt beschliessen, die königl. preuss. Regierung darum anzugehen, dass „durch geeignete Erklärungen dem Bunde mit Rücksicht auf Artikel XI der Bundesacte volle Beruhigung gewährt werde", den Schutz des Bundes anrief.

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1) Dies erfolgte am 11. Mai.

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