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,,Durch mein tapferes Regiment Mitglied der Armee, danke Jch Ihnen als solches für eine Verfassung, welche die deutsche Wehrkraft in diesem Kriege glänzend erprobt.“

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Das Gesammt-Staatsministerium bekannte sich in einer Adresse zu der Huldigung: Preußens Geschichte verzeichnet unter den Bewahrern seiner alten Kraft und den Begründern seines neuen Glanzes dankbar und für immer den Kriegsminister von Roon."

Am 16. Juni 1871 nahm Roon mit Bismarck und Moltke an dem Einzug des neuen deutschen Kaisers Wilhelm in seine Hauptstadt theil. Am gleichen Tage wurde er in den Grafenstand erhoben mit dem vom Kaiser selbst gewählten Wappenspruch: „Echt und Recht in Rath und That."

Auch jezt konnte er, trog seiner geschwächten Gesundheit, noch nicht sofort zurücktreten. Am 1. Januar 1873 wurde er zum Feldmarschall ernannt und am gleichen Tage an Stelle des Reichskanzlers zum Ministerpräsidenten.

Endlich am 9. November 1873 konnte er, hochgeschäßt von seinem Kaiser und verehrt und geliebt vom Vaterlande, in den Ruhestand treten. Bismarck schrieb an ihn bei seinem Scheiden die schönen Worte: Ich hatt' einen Kameraden".

Als Mitglied des Herrenhauses kam Roon noch zuweilen nach Berlin. Auch im Februar 1879 kam er nach der Residenz, um seinen aus Mörderhand glücklich erretteten kaiserlichen Herrn noch einmal zu begrüßen. Bei diesem Besuche erkrankte er im Hotel de Rome an einer schweren Lungenentzündung. Tiefbestürzt eilte Kaiser Wilhelm am 21. Februar selbst an das Krankenbett seines alten Waffengefährten.

Ueber dieses lehte Zusammensein schreibt Dr. Liermann in seinem Lebensbild Roon's: „Mit den Worten: Muß ich Sie so wiederfinden, mein alter Freund", ließ sich der alte Kaiser an seiner Seite nieder, hielt des Kranken Rechte in seiner Linken - denn vom Attentat her noch hing die Rechte des greisen Helden in der Binde und sprach tiefgerührt: Ich habe Ihnen viel, viel zu danken," nahm die Hand aus der Binde, streckte die Finger nach cen mit den Worten: dort oben sehen wir uns wieder", dann ste er sich langjam um, sab noch einmal schmerzbewegt zurück

nach seinem Gefährten und rief schluchzend: Grüßen Sie die alten. Kriegskameraden! Sie finden viele!"

Im andern Zimmer hielt sich der Kaiser das Tuch vor die nassen Augen und weinte.

Das war der ergreifende, alles sagende Abschied seines Kaisers. Zwei Tage später verschied der greise Feldmarschall und wurde zu Krobniz bei Görlig beigesezt. Bei der Einweihung seines Standbildes auf dem Wilhelmsplatz zu Görlig nannte ihn der spätere Kriegsminister Bronsart von Schellendorf das unerreichte Vorbild eines preußischen Kriegsministers“.

Wir mußten, um das Lebensbild Roon's in seiner ganzen Abrundung zu geben, schon in die Ereignisse hineingreifen, denen wir erst in den folgenden Blättern in ihren einzelnen Vorkommnissen näher treten werden; allein der Leser erhält ein besseres Verständniß für den Charakter des großen Waffenschmiedes, wenn wir hier schon den Lauf seines vielbewegten Lebens bis zum Ende darstellten.

Roon kämpft im Abgeordnetenhause.

Der Waffenschmied, der Meister,
Er war des Wieland*) werth,

Er führte seine Zunge

So schneidig wie sein Schwert.

Daß der Ton und die Vorwürfe der Reden, mit welchen die eigentlichen Führer“ (Virchow, Carlowiz, Schulze, Waldeck, Loewe) das Ministerium Bismarck-Roon zerschmetterten“ obwohl sie weder die Situation genügend kannten, noch von den Plänen und Zielen „dieses Ministeriums“ eine Ahnung hatten, unendlich schwungvoll d. h. phrasenhaft waren und heute noch viel erheiternder wirken, braucht nicht noch besonders versichert zu werden.

So sah sich der Kriegsminister zur Vertheidigung der Regierung am 22. Januar 1864 zu folgender Rede veranlaßt:

Ich habe weder Sympathien für die Glücksburger, noch für die Augustenburger Linie; ich habe nur Sympathien für die Interessen Preußens oder, wenn Sie wollen, in dem Sinne, wie

*) Der erste germanische Waffenschmied, der für einen Göttersohn galt.

ich es verstehe, auch herzliche Sympathien für Deutschland. Ich konnte also, von solchen Voraussetzungen ausgehend, unmöglich auf der Grundlage für den Krieg eintreten wollen, welche hier von der Majorität dieses Hauses als einzig berechtigte hingestellt worden ist.

Ich war und bin der Meinung, der Krieg würde sich als eine Nothwendigkeit ergeben, weil es Rechte zu vertreten gab, weil Preußen die Pflicht hatte, Rechte geltend zu machen, nicht Erbfolgerechte, sondern politische Rechte, weil Preußen Verheißungen gemacht hat, Anregungen gegeben hatte, die leider späterhin durch die daran sich knüpfende Vergewaltigung seitens der dänischen Regierung nur zum Gegentheil geführt haben. Meine Herren! Diesen Pflichten gegenüber halte ich den Krieg für nothwendig, wenn jenen Verheißungen und Verabredungen nicht in vollem Maße Rechnung getragen wird. Es kommt darauf an, den Herzogthümern die ihnen auch von der preußischen Regierung in Aussicht gestellten Zustände zu sichern, nicht für heute und morgen, sondern für alle Zeiten.“

Ferner sagte er: Jene monströse Behauptung, die man hier gehört hat, daß die Regierung damit umgehe, das Blut unsrer Söhne und Brüder zu versprizen, um den Dänen eine Provinz abzunehmen, bloß in der Absicht, um sie ihnen zu neuer Vergewaltigung oder, wie Ihre Presse sagt und ich glaube, es ist auch hier gesagt worden. um sie ihnen geknebelt wiederzugeben. (Unruhe). Wie kann man einer Regierung solche unvernünftigen Ziele unterlegen?!" (Sensation.)

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Ferner: Der Referent sagte, wenn ich ihn recht verstanden habe, Preußen solle in seiner europäischen Politik abhängig sein von den Beschlüssen des Bundes. Ich weiß nicht, ob ich ihn recht verstanden habe, wäre das aber, so habe ich darüber wohl eigentlich nichts zu sagen, denn der Widerspruch, der in dieser Behauptung liegt, widerlegt sie von selbst. Sie haben sich verschiedentlich auf die allgemeine Meinung in Preußen und in Deutschland berufen. Ich möchte die Frage an Sie richten:,,wo ist Deutschland?" die auch gestern der Herr Referent besprochen hat. Ist Deutschland da, wo 12 Millionen wohnen unter so und so vielen kleinen Fürsten, oder ist Deutschland da, wo die beiden Großmächte, berufen, für den Schuß und Schirm, für die Ehre und Interessen Deutschlands einzutreten, demgemäß ihre Politik treiben. Ich bin der Meinung,

daß die 28 Millionen Deutsche, welche durch die Großmächte repräsentirt werden, ihren Regierungen folgend, mehr auf den Namen ,,Gesammt-Deutschland" Anspruch haben, als die 12 Millionen, die außer den Großstaaten noch existieren.

Das hat denn auch, gestern sowohl als heute, auf verschiedene Besprechungen geführt, die eigentlich zu der Frage in keiner direkten Beziehung stehen. So hat der Herr Abgeordnete für Saarbrücken

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(Virchow) die Frage aufgeworfen:,,Was ist die deutsche Revolution?" Die deutsche Revolution, hat er gemeint, müsse doch irgend einen haltbaren, werthvollen inneren Gedanken haben, wenn sie überhaupt fruchtbar sein sollte, und in dieser Beziehung gebe ich ihm vollkommen Recht. Er hat dann diesen haltbaren werthvollen Gedanken gefunden in dem Worte:,,Deutsche Einheit". Er hat gemeint, das Bestreben, die deutsche Einheit herzustellen, sei ein wohl berechtigtes.

Nun, meine Herren, wenn dies Streben, dieser Drang die deutsche Revolution sein soll, dann bin ich auch ein Revolutionär. Denn der Wunsch, der lebhafte Drang nach Deutschlands Einigung,

glauben Sie mir, ist vielleicht in keinem von Ihnen lebhafter als in mir.

Aber, meine Herren, es handelt sich nicht um diesen Zweck, sondern um die Mittel dazu."

Roon sagte ferner in dieser glänzenden Rede:

,,Derselbe Herr Abgeordnete (Virchow) hat gestern ferner gesprochen von Preußens Großmachtstellung und zu meinem großen Bedauern in seiner gelassenen Weise das Wort ausgesprochen:

„Preußens Großmachtstellung sei eine bloße oder blasse rauer habe ich es nicht verstanden Renommage."

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Ich muß aufrichtig sagen, daß dergleichen Aeußerungen in diesem Hause an jener unverantwortlichen Stelle doch in der That keine Mittel sind, um die Sympathien, die für Ihre Zwecke auf dieser Seite des Hauses (auf die rechte deutend) zu finden sein. möchten, zu Ihnen hinüberzuführen.

Es ist nach meiner Auffassung eine ich fürchte keinen parlamentarischen Ausdruck zu finden, darum überlasse ich es den Herren, das betreffende Hauptwort selbst zu suchen.“

Roon fuhr fort: Sobald Preußen (ist von diesem Plaze ferner gesagt worden) einmal gegen eine Großmacht gezeigt haben wird, daß es eine Großmacht ist, dann sprechen Sie wieder von der preußischen Großmacht, bis dahin schweigen Sie davon.

Meine Herren! Der verehrte Abgeordnete, dessen Gelehrsamkeit ja einen europäischen Ruf erlangt hat, scheint doch in der Geschichte des Vaterlandes noch keine große Fortschritte gemacht zu haben. (Heiterkeit); ich muß ihm bemerken, daß die Geschichte unsres Vaterlandes recht viele glänzende Seiten aufzuweisen hat, aus denen dieser Beweis bereits geführt worden ist, und ich glaube, der Herr Abgeordnete wird mir das selbst nicht bestreiten wollen.

Seitdem das Abgeordnetenhaus deutlich und deutlicher zu erkennen gegeben hat, daß es nur ein Ziel verfolgt, nämlich den Sturz der gegenwärtigen Regierung, seitdem muß die Regierung an der Möglichkeit jeder Verständigung, selbst über technische Fragen, verzweifeln" (Widerspruch).

Die nun folgende Abstimmung lehnte den Entwurf zum Armeegeseze mit 275 gegen 51 Stimmen ab, und sprach sich damit das Haus sein Urtheil, dem noch der Präsident das Siegel aufdrückte,

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