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Friedrich Wilhelm, des nachmaligen Kaisers Friedrich III., ausersehen.

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Der Vater, nachmals Kaiser Wilhelm, schrieb u. a. Schmeichelhaften: Unser Vertrauen ist unbedingt auf Sie gefallen und ich brauche natürlich Ihnen kein Bild von Ihnen selbst zu entwerfen, um den Grund dieses Vertrauens zu rechtfertigen." Roon sah sich vor der Entscheidung einer Gewissensfrage. Er stand in seinen tiefgewurzelten Anschauungen fest auf dem Boden der Forderung, das unumschränkte Recht des preußischen Königthums unverkümmert zu wahren. In dem Prinzen Friedrich Wilhelm hoffte man den Stern. einer liberalen Zukunft aufgehen zu sehen, erwartete man den Begründer eines Parlamentsstaates. Freimüthig hat Roon nach vielen Verhandlungen in einer männliches Selbstbewußtsein verrathenden Form auf den Ruf des Hofes verzichtet. Er wollte sein politisches Glaubensbekenntniß nicht wechseln, glaubte die neuen Gedanken der Zeit dem Fürstensohne nicht aufrichtig anpreisen zu können. Es war eine ehrliche Ablehnung, bei der er sich der Gefahr ausseßte, viel zu verscherzen. Aber der Hochsinn des Vaters, des nachmaligen Kaisers Wilhelm I., chrte das Manneswort. ,,Somit müssen wir“, schreibt er u. a., „einen Plan aufgeben, in dessen Erfüllung wir Eltern das Glück unseres Sohnes gesehen hatten. Es sollte nicht sein. Empfangen Sie unsern Dank für Ihre Offenheit, die Sie uns nur noch werther macht und Ihnen unsere Achtung sichert."

Im nächsten Jahre hatte Prinz Wilhelm in dem unter seinem Oberbefehl geführten Feldzug in Baden und der Rheinpfalz Gelegenheit, Roon noch näher kennen und schäßen zu lernen. Roon selbst schreibt darüber in einem seiner Feldbriefe: „Der Prinz von Preußen ist immer in gleicher Weise gnädig gegen mich. Wo er mich sieht, ist er freundlich, giebt mir jedesmal die Hand, hört gelegentlich gern meine Meinung u. s. f., obgleich mein Betragen gegen ihn nichts weniger als höfisch ist; Du weißt, das liegt nicht in meiner Art, sondern stramm, männlich und ehrerbietig, wie sichs gebührt." Schon damals stimmte Prinz Wilhelm mit Roon's Ansichten über die Schäden und Mängel der preußischen Heereseinrichtungen überein. Ueberhaupt hat der damalige Prinz von Preußen Roon seitdem nicht mehr aus dem Auge verloren. Auch

in Koblenz, wohin Prinz Wilhelm als Militärgouverneur von Rheinland und Westfalen ging, herrschte zwischen ihm und Roon ein lebhafter Verkehr.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1850 wurde Roon als Oberstlieutenant zum Kommandeur des 33. Infanterie-Regiments zu Thorn ernannt. Schon nach einem Monat kam er von Thorn nach Königsberg und auch diese Garnison konnte er als Oberst seines Regiments bald mit Köln vertauschen, wo er bis zum Jahre 1856 blieb.

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Auch hier wußte er seinem Regiment bald einen ehrenvollen Play im VIII. Armeekorps und sich selbst die vollste Anerkennung seines Inspekteurs, des Prinzen Wilhelm, zu verschaffen.

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Im Jahre 1855 wurde Roon als Kommandeur der 10. Jnfanterie Brigade nach Posen versest. Ungern jah ihn Prinz Wilhelm aus seiner Nähe scheiden. Bald darauf übernahm der Prinz von Breußen die Zügel der Regierung. Als Roon im Juni des nächsten Jabres nach Berlin kam, wurde er vom Prinzregenten auf Schloß Babelsberg am 25. Juni in Audienz empfangen.

Diese denkwürdige und folgenschwere Unterredung bildet den Ausgangspunkt für die Umgestaltung des preußischen Heeres. Roon

erhielt den Auftrag, seine Pläne über die Heeresverbesserung einzureichen. In neuntägiger Arbeit entstand im Seebad Kolberg seine „erste Denkschrift über die Heeresreform“, die schon am 22. Juli unter dem Titel Bemerkungen und Entwürfe zur vaterländischen Heeresverfassung“, dem Regenten eingereicht werden konnte.

Der Entwurf wurde vom Prinzen wohlwollend aufgenommen. Noch in demselben Jahre wurde Roon zum Kommandeur der 14. Division ernannt und nach Düsseldorf verseßt. Seine Denkschrift hatte der Regent inzwischen dem Kriegsministerium zur Begutachtung eingereicht, welches dieselbe jedoch einer ungünstigen Kritik unterzog und dadurch die Entscheidung hinausschob. Die Mobilmachung von 1859 bewies aber aufs Neue die Unzulänglichkeit der damaligen Heeresverfassung, so daß der Prinzregent nunmehr die Reform unter allen Umständen durchzuführen beschloß und Roon zu diesem Zwecke nach Berlin rief. Hier fanden nun in Roon's Gegenwart zahlreiche Berathungen über die Reform statt. Schließlich sollte ein Rath von 14 Generälen, an deren Spize der alte Feldmarschall Wrangel stand, über die Annahme resp. Ablehnung der Reorganisation entscheiden.

Schon damals sagte Wrangel zu Roon:,,Sie allein sind im Stande, die Reorganisation durchzuführen, Sie müssen Kriegsminister werden."

Inzwischen war Roon nach Düsseldorf zurückgekehrt, aber schon nach 14 Tagen rief ihn eine Depesche des Regenten wieder nach Berlin.

Der bisherige Kriegsminister v. Bonin, an dessen Widerstand die Durchführung der Reform hauptsächlich gescheitert, war zurückgetreten. Am 5. Dezember wurde der Generallieutenant v. Roon zum Kriegsminister ernannt.

Roon als Minister.

Die preußischen Heereseinrichtungen standen damals längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die allgemeine Wehrpflicht bestand nur noch dem Namen nach. Die jährliche Aushebungsziffer hätte mit zunehmender Bevölkerung erhöht werden müssen; dies war nicht

geschehen. Das aktive Heer mußte erheblich verstärkt und dafür der Dienst in der Landwehr entlastet werden. Sehr richtig erklärte der Kriegsminister: „Es sollten die jüngeren Brüder zuerst ihre Haut zu Markte tragen, bevor die Familienväter, die Steuerzahler, an die Reihe kämen, bevor sie das Lezte einseßten für des Vaterlandes Unabhängigkeit." Gleichwohl konnte er nach schweren Kämpfen dem Landtag die Bewilligung der Mehrkosten für die Heeresverstärkung nur für das laufende Jahr abringen. Man wollte, wie unser Werk dieses noch weiter bestätigen wird, die Nothwendigkeit einer Heeresverstärkung mitten im Frieden nicht einsehen. Zwar gelang es Roon, gegen die Opposition eine nochmalige, außerordentliche Kostenbewilligung durchzusetzen, dann aber wurde die erforderliche Anleihe nicht mehr bewilligt.

Inzwischen war Roon am 16. April 1861 auch noch zum Marineminister ernannt worden, dem „Zentner“, den er schon zu tragen hatte, war noch ein Pfund hinzugelegt". Dabei arbeitete er mit Moltke an dem Plan zur Umänderung des bisherigen Mobilmachungssystems. Der ungeheure Umschwung, den das ganze Verkehrsleben in den lezten Jahren erfahren hatte, mußte dabei berücksichtigt und verwerthet werden.

Die parlamentarischen Kämpfe nahmen inzwischen ihren Fortgang, die Gegensätze zwischen Regierung und Volksvertretung spigten sich immer mehr zu. Es ist dies eine jener Staatskrisen, bei der man an das „,Videant consules" der alten Römer erinnert wird, mit dem sie dem Staate einen Diktator bestellten. Das Verdienst, einen solchen Diktator in dieser höchsten Noth dem Vaterlande in der Person Bismarck's als Ministerpräsident gegeben zu haben, gebührt Roon.

Aber selbst die mächtige Persönlichkeit Bismarck's konnte, wie wir sehen, in dem schon zu erbitterten Verfassungskampfe die Versöhnung nicht erzielen, erst „Blut und Eisen“ sollten sie bringen: Die raschen Erfolge im dänischen Kriege 1864, der Heldenmuth der Truppen bei der Erstürmung der Düppeler Schanzen, bewiesen dem Lande, daß die von Roon ausgestreute Saat aufgegangen und herrliche Früchte getragen hatte. Der Landtag jedoch blieb auch jezt noch bei seiner Verblendung. Erst nach dem siegreichen Kriege gegen Desterreich und der glänzenden Waffenthat vom 3. Juli 1866

bei Königgräß, wurde auch, durch die sogenannte „Indemnität“ vom 14. September 1866, der Streit zwischen der Regierung und dem Parlament beendigt. Die Erfolge dieses Krieges brachten Roon's Wirken die verdiente Anerkennung im Volke. Er selbst äußerte damals bescheiden: „Der Krieg hat bewiesen, daß ich vorher kein fauler Knecht gewesen.“

Bei seiner damals schon schwankenden Gesundheit dachte er an Rücktritt. Die Zeitverhältnisse aber verlangten sein Ausharren und sein König brauchte ihn noch. Das neue Wehrgeseß mußte ausgearbeitet und dem Könige vorgelegt werden (20. Oktober 1867). Am 16. Juni 1868 wurde er Stellvertreter des Kanzlers Bismarck, am 14. Februar 1869 Bevollmächtigter beim Bundesrath des norddeutschen Bundes.

In dem großen Kriege gegen Frankreich 1870/71 sollte Roon noch sein Meisterstück liefern. Mit vollster Ueberzeugung konnte er am Abend des 15. Juli 1870 dem von Ems zurückkehrenden König Wilhelm auf seine Frage die Antwort geben: Jawohl, Majestät! Das hat keine Schwierigkeiten; es ist alles vorbereitet, Majestät." In 11 Tagen vollzog sich ohne die geringste Betriebsstörung die Mobilmachung, in 20 Tagen standen die Truppen am Rhein.

Einen Ehrentag seltener Art, sein goldenes Dienstjubiläum, konnte Roon am 9. Januar 1871 im Kriegslager, vor den Thoren der feindlichen Hauptstadt feiern. Und in seltener Weise verstand es auch der greise König Wilhelm, seinen treuen „Waffenschmied“ an diesem Tage zu ehren.

Schon früh am Morgen erschien der König selbst, dienstlich, mit Helm und Schärpe, in der Wohnung seines Ministers. Schon vorher hatte er ihm sein Bild mit einem Kabinetsschreiben überreichen lassen, in dem es heißt: „Das ernste Streben Ihrer Jugend, die strengste Pflichterfüllung während Ihrer ganzen Dienstzeit und Ihr redlicher ehrenhafter Sinn haben Sie erreichen lassen, was Wenigen beschieden ist: die höchsten Ehrenstellen der Armee und das Bewußtsein, Ihrem König und Ihrem Vaterlande die wesentlichsten Dienste geleistet zu haben. Ich danke Ihnen warm und aufrichtig, daß Sie Mir manches Jahr, oft in sehr bewegter Zeit, immer treu und fest, mit Rath und That zur Seite gestanden haben.“ Königin Augusta sprach telegraphisch ihre Verehrung aus:

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