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um dieselbe Zeit in Kobylnicky, der rechte Flügel in Kurgeneh seyn. Der erste Ort ist 10 deutsche Meilen von Glubokoe, der zweite 9 deutsche Meilen von Dokschiß y ent: fernt. Am 8. Juli, wo Davoust in Minsk eintraf, zwei Tage früher als daß russische Heer nach Drissa kam, konnte demnach die Mitte und der rechte Flügel des Hauptheeres Glubokoe und Dokschißy erreichen. Mit den Korps von Ney, Nansouty und Montbrun hätte Murat Barclay in dem verschanzten Lager bei Drissa im Schach halten können. Saint Cyr und der Vice-König hätten demnach Barclay, der erst am 14. Juli das Lager von Drissa verließ, ganz leicht bei Witebsk zuvorkommen können.

Indeß hatte die Mitte und der rechte Flügel nicht die Stellung inne, die sie inne haben konnten. Napoleon hatte seinen rechten Flügel eine excentrische Bewegung gegen Dewenicki machen lassen, um Bagration abzuschneiden, den schon eine übergroße Macht verfolgte. Dieser fehlerhaften Seitenbewegung, und der Abwesenheit Napoleons, dankte Barclay die Möglichkeit, Witebsk und Smolensk zu erreichen; so wie Bagration ebenfalls nur durch die Unentschiedenheit und Langsamkeit von Jerome und Davoust, nach Smolensk, und zur Vereinigung mit dem ersten Heere gelangte.

Davoust, der am 8. Juli zu Minsk eintraf, sandte erst am 12. das Korps von Grouchy und die Brigade Colbert nach Orcha, was er jedoch schon am 10. hätte thun können. Von Minsk nach Orcha sind bei 27 deutsche Meilen. Diese Strecke konnte in acht bis zehn Märschen zurückgelegt werden, und Grouchy demnach spätestens am 19. Juli in Orcha eintreffen, und sich links mit dem ViceKönig, rechts mit Davoust, der indeß auf Mstislaw hätte vorrücken sollen, in Verbindung feßen. Da man den hier entwickelten richtigen strategischen Ansichten und Berech nungen nicht folgte, so ward es Barclay möglich, nach einem langen und beschwerlichen Marsch, wo er den Feind immer zur Seite hatte, am 23. Juli Witebsk zu

erreichen, und so das Übel zu hindern, was der excentrische Marsch nach Drissa hätte herbeiführen können.

Von Witebsk fandte Barclay ein starkes Truppenkorps nach Babinowiczy, um seinen Rückzug über Liozna nach Smolensk zu sichern und sich die Verbindung mit Bagration, dessen Ankunft in Orcha erwartet wurde, zu eröffnen. Während die russische Hauptmacht bei Witebsk war, bestanden Barclays Vortruppen zwei bedeutende Gefechte. Das Erste am 25. Juli bei Ostrowno hatte zum Zwecke, dem Munizionspark und den Pontons, welche am rechten Düna Ufer gegen Witebsk zogen, Zeit zu geben, diese Stadt zu erreichen. Das Zweite, am 26. bei dem Wirthshause Pes czonka, deckte die Herbeiziehung von Ostermanns Korps. Barclay wollte, in der Hoffnung, nur einen Theil des französischen Heeres zu finden, die Schlacht bieten. Der Verfasser tadelt diesen Entschluß, da ein Sieg nicht benut werden konnte, und vor Allem die Vereinigung mit Ba= gration bewirkt werden mußte. Die Nachricht, daß Bas gration nicht auf Orcha habe vordringen können, sondern über Mstislam auf Smolensk marschire, bewog Barclay, am 27. Juli von Witebsk nach Smolensk zu marschiren; wo er am 1. August ankam, und die Vereinigung mit Bagration am 3. bewirkte. Dieser General hatte somit seinen beschwerlichen und gefährlichen Rückzug, auf den ihm ein Heer folgte, ein anderes ihm vorzueilen suchte, glücklich bewirkt. Mit Recht spendet ihm der Verfasser ein reiches Lob; aber was ihm glückte, machte doch nur die Versäumniß der Gegner glücken. Durch die höchst fehlerhafte, erste strategische Aufstellung der russischen Heere ging alles Land zwischen dem Niemen, der Düna und dem Dnieper beinahe ohne Schwertstreich verloren. Daß die Heere selbst sich retteten, vereinten, war Gunst des Geschicks. Hätte Jerome und Davoust gethan, was sie konnten, so wäre Bagration aufgerieben, feine Trümmer nach Moskau versprengt worden. Hätte Napoleon, statt in Wilna seine Zeit mit halben Maßregeln zu verlieren, seine Heere mit gewohne ter Kraft und Nachdruck gelenkt, so würde Barclay genö

thigt worden seyn, in der Richtung von St. Petersburg zu entfliehen. Strategische Fehler lassen sich selbst durch Siege, durch taktische Vortheile schwer verwischen. Gefellen sich noch Niederlagen dazu, dann seht die Wohlfahrt des Staates auf der Spiße, wenn nicht noch ein schneller unglücklicher Friede rettek.

Als Barclay das Lager von Drissa verließ, blieb Wittgenstein mit 25,000 Streitbaren zurück, um in der Richtung über Sebege, Pskow und Novgorod Petersburg. zu decken. Wittgenstein ging bei Druia auf das linke llfer der Düna, um im Rücken des französischen Heeres zu wirken. Diesen Plan mußte er jedoch aufgeben, als Dudinot, nachdem er das verschanzte Lager bei Drissa zerstört, und bei Disna den General Merle mit einer Division Infanterie und einer Kavallerie - Brigade zurückgelassen, am 26. Juli mit zwei Infanterie - Divisionen, einer Kürassier: Division, und einer Brigade leichter Reiterei Polokk befeste, und gegen Sebege vorrückte. Da Macdonald zu gleicher Zeit Miene machte, bei Jakobsstadt über die Düna zu gehen, und seine Unternehmungen mit denen Oudinots zu verbinden, so beeilte sich Wittgenstein über Kokhanowo und Katerinowo zu marschiren, um Oudinot anzugreifen, und sein Zusammenwirken mit Macdonald, zu vereiteln. Der Angriff erfolgte am 31. Juli bei Kliastiķy. Sechzehn. tausend fünfhundert Russen schlugen hier, nach dem Verfasser, den weit überlegenen Feind, und zwangen ihn, nach Polok zurückzuweichen. Der Verfasser tadelt Oudinot, daß er mit 3 Infanterie - Divisionen und Reiter - Brigade das Treffen angenommen, und nicht von Drissa die Division Merle über Losowka und Siwoschino an sich gezogen. Er würde dann Wittgenstein wahrscheinlich nach Jakubowo zurückgeworfen, und ihn von Sebege ab, nach Lußin, in eine seiner Bestimmung entgegengesetzte Richtung gedrängt haben. Die Generale Sazonow und Kulnew, welche die weichenden Franzosen verfolgten, feßten am 1. August unklugerweise über die Drissa. Sie wurden in Unordnung zurückgeworfen, und von Wittgen

stein aufgenommen, der im Laufe des Gefechtes eine Kopfe wunde erhielt.

Nachdem Wittgenstein den Marschall Oudinot nach Polosk zurückgedrängt, sette er sich wieder nach Druia in Marsch, um die bei Dünaburg stehenden Feinde anzugreis fen. Indes kam St. Cyr am 6. August mit dem Korps der Baiern bei Polokk an, wodurch Oudinots Streitkraft auf 35,000 Mann anwuchs, denen Wittgenstein nur 20,000 entgegenzustellen hatte. Der Verfasser tadelt den französtschen Marschall, daß er nicht gegen Sebege, sondern ge gen Drissa an die Swolna marschirte. Die Bedrohung von Sebege hätte Wittgenstein genöthigt, sogleich zum Schuße dieses wichtigen Punktes herbeizueilen. Es hätte zur Schlacht kommen müssen, deren Ausgang, bei seiner großen überlegenheit, doch nur für Odinot günstig seyn konnte.

Als Wittgenstein Oudinots Marsch an die Swolna erfuhr, beeilte er sich, links ab, nach Kokanowiczy zu marschiren. Seine Wunde hatte sich indeß so verschlimmert, daß er sich genöthigt sah, das Heer zu verlassen. Ohne den gewohnten Führer erschienen die Nussen bei Kokanowiczy, als die Vorhut der Franzosen sich bereits am rechten Ufer der Swolna aufgestellt hatte. Die Swolna hat bei Swols no keine Fuhrten; die Ufer sind steil; nur einige Brücken verbanden die Vorhut mit der am linken Ufer befindlichen Haupttruppe. Statt sogleich mit aller Kraft diese Vorhut anzugreifen, verloren die russischen Generale eine lange Zeit mit Berathungen, und als sie endlich doch zum Angriff schritten, wurde dieser nicht kraftvoll genug ausges führt, und dem Feinde die Möglichkeit gegeben, das linke Ufer ohne erheblichen Verluste wieder zu gewinnen. Aber auch strategisch tadelt der Verfasser das Gefecht an der Swolna (10. August). Nach ihm hätte eine russische Vorhut bei dem Schlosse von Kokanowiczy verbleiben, das Korps aber über Sokolitschy nach Polokk marschiren fol len, wohin sie nur 54 Stunden weiter als die Franzosen hatten. Sie würden Polosk ohne Widerstand genommen,

und Oudinot genöthigt haben, bei Drissa über die Düna zu gehen, und zur Deckung des linken Ufers aufwärts ge: gen Polokk zu marfchiren. Die Bewegung, die der Verfaffer angibt, konnte gelingen, blieb jedoch, da man über zwei Flüsse: die Swolna und Nichtscha, sehen mußte, bis zur Erreichung der Straße von Sebege gefährlich. Das Beste wäre gewesen, unverzüglich und kraftvoll die fraus zösische Vorhut am rechten Ufer der Swolna anzugreifen. Gelang es, fie aufzureiben, so war ein solcher Erfolg schon des Kampfes werth, konnten auch die Russen den Sieg nicht auf das linke Ufer, wegen der zu vortheilhaften Stellung der Franzosen, verfolgen. Nie sollte man die Gelegenheit vorbei lassen, dem Feinde einen bedeutenden Abbruch zu thun. Die bedeutende Schwächung des Feindes hat, wenn auch mittelbar, doch strategische Folgen. Man kann nicht mehr, man wagt nicht mehr, was man früher konnte und wagte.

Oudinot verließ bald darauf die unangreifbare Stel= lung am linken Ufer der Swolna, nm sich nach Polokk zurückzuziehen, wo er am 16. August ankam. Es ist mög lich, daß Besorgnisse für diesen Punkt ihn hierzu bestimms ten. Wittgenstein, von seiner Wunde genesen, erschien am 17. August vor Polokk. Er griff die Mitte des am rechten Ufer der Polota, eines kleinen unbedeutenden Baches, aufgestellten französischen Heeres an. Es wurde um den Besitz des Dorfes Spaß lebhaft gefochten, das bei einbres chender Nacht die Baiern behaupteten. Nach Chambrais Bericht wollte der verwundete Oudinot am 18. Polokk räu. men. Geschüß und Gepäck waren bereits über die Düna ge gangen, als Oudinot sich genöthig sah, den Heeresbefehl dem GL. St. Cyr zu übergeben. Dieser beschloß, Wittgenstein anzugreifen. Um ein Uhr Nachmittags den 18. begann die Schlacht. Sie wurde vorzüglich durch die Tapferkeit des baierischen Fußvolks entschieden, das Okuneff, mit gerechtem Lobe, dem besten europäischen gleichstellt. Wrede und Deroy eroberten den Stükpunkt des russischen linken Flügels, den Pachthof von Presmenika ; die Mitte der Russen wurde

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