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linien zu benüßen. Indessen sey diese Operazionslinie etwas länger, führe durch waldiges, sumpfiges Land, habe weniger Hilfslinien und Querverbindungen. Zwischen dem Niemen und der Berestna seyen übrigens Minsk und Dokschigy die wichtigsten Punkte.

Der Verfasser zeichnet nun dem Angreifer einen Ope= razionsplan vor, der von der Linie zwischen Kowno und Grodno ausgeht, und Moskau zum Ziel hat; das er,. ob es gleich um 13 d. M. weiter als Petersburg entfernt ist, mit Recht für das wahre Operazionsobjekt hält.

Aus der Strecke zwischèn Kowno und Grodno, dem ersten strategischen Aufmarsch, soll der Angreifende, nach Überschreitung der Grenze, in die zweite strategische Aufstellung übergehen, deren linken Flügel die Hauptstadt Lithauens Wilna, den rechten das Städtchen Belizà (von Wilna auf Beliha 17 M.) am oberen Niemen bildet. Aus dieser zweiten Stellung habe der linke Flügel nach Smorgony und Mikalitschky (11 M.) zu marschiren, der rechte Flügel und die Mitte aber sich über Nowogrodek und Neswige auf Nowa Swergen (14 M.) zu wenden. Aus der dritten strategischen Aufstellung habe der linke Flügel schnell nach Glubokoe und Dokschiky (14 M.) zu marschiren, um die Vertheidiger zur Verlassung der Beresina zu zwingen. Smolensk bliebe dann nur noch durch Babinowiczy, Orcha und Mohilew gedeckt. Orcha, zu beiden Seiten der Hauptoperazionslinie, und am Dnieper gestüßt, sey schwer zu nehmen. Man werde leichter zum Ziele kommen, wenn man sich gegen Babinowiczy oder Mohilow wende. Das Erstere sey jedoch vorzuziehen, da man nicht durch den Dnieper getrennt werde.

Der linke Flügel müsse übrigens sein vorzügliches Augenmerk auf Verhinderung aller auf die Düna basirten Gegenbewegungen richten, und deshalb die Ufer dieses Flufses reinigen. Smolensk sey das strategische Hauptobjekt; auf dessen Erhaltung alle Kräfte der Vertheidiger gerichtet seyn müssen. In der Strecke von 51 M. zwischen Smolensk und Moskau gäbe es wohl taktische, aber keine strategischen

Vortheile mehr. Alles, was man auf das Lager bei Drissa verwendet habe, wäre nuklos gewesen, da der Punkt keinen strategischen Werth besize. Man hätte daselbst keine Schlacht annehmen können, ohne Gefahr zu laufen, die Vers bindung mit dem wichtigen Smolensk zu verlieren. Für das wichtige Smolensk, in dem sich acht Straßen vereinen, habe man nichts gethan. Bei dieser, den Dnieper beherrs schenden, Stadt hätte man, mit Hilfe guter Verschanzungen, vortheilhaft schlagen, von diesem Centralpunkt auf beiden Ufern vortheilhaft manöveriren können. Smolensk sey der Schlüssel von Moskau, Moskau das Herz des Reiches.

Für die Vertheidiger hat der Verfasser zwischen Kowno und Brzesc - Litewski acht Punkte für wichtig, jedoch nicht für geeignet erklärt, des Feindes Vordringen zu hindern. Hat der Feind Wilna besetzt, so soll der rechte Flügel der Vertheidiger hinter der Gavia die erste strategische Aufstellung nehmen, indeß der linke sich bei Beliza am oberen Niemen zu behaupten sucht. Zum zweiten strategischen Aufmarsch der Vertheidiger bestimmt der Verfafser die Linie zwischen Mikalitschky und Nowogrodek; zum dritten die Linie von Dokschiky über Plestschenizy nach Minsk. Glubokoe müsse hierbei zur Sicherung des rech ten Flügels beseßt werden.

Nachdem der Verfasser die strategischen Prinzipien für den vorliegenden Fall im Allgemeinen aufgestellt, geht er auf die erste Kriegse poche über; unter welcher Benennung er den Zeitraum von dem Übergange der Franzosen über den Niemen bis zur Vereinigung der beiden russischen Heere begreift.

In dem Zeitpunkte, wo das französische Heer den Nies men überschritt, war das russische folgendermassen aufgestellt: das 1. Armeekorps (Wittgenstein), 22,000 zu Fuß, 3200 zu Pferd, bei Keidany; eine Abtheilung zur Deckung des rechten Flügels bei Roffieny;

das 2. Korps (Baggohufwudt), 15,000 zu Fuß, zwi: schen der Swenta und Willia.

Das 3. (Tuczkow), 181000 zu Fuß, bei Nowi-Troki; das 4. (Schuwalow), 14,000 zu Fuß, bei Olkeniki ; das 5. (Großfürst Kønstantin), 25,000 zu Fuß, bei Swenziany;

das 1. Kavalleriekorps (Uwarow), 3200 Pferde, bei Wilkomir;

das 2. (Korf), 3200 Pferde, bei Smorgony;
Platom mit 7000 Kosaken bei Grodno.

Das 6. Infanteriekorps (Doktorów), 15,000 M., stand bei Lida;

das 3. Kavalleriekorps (Pahlen), 6400 Pferde, bei Lebioda.

Alle genannten Korps gehörten zur ersten Armee, welche unter Befehl des Generals Barclay de Tolly stand, der sein Hauptquartier zu Wilna hatte. Sie zählte an regulirten Truppen 109,000 zu Fuß und 16,000 zu Pferd. *)

Zur zweiten Armee, unter Befehl des Fürsten Ba= gration, der sein Hauptquartier in Wolkowisk hatte, gehörten folgende Truppen:

das 7. Infanteriekorps (Raeffskøy), 15,000 Mann, bei Nowi Dwor.

das 8. Korps (Borosdin), 15,000 Mann, bei Wolkowisk;

das 4. Kavalleriekorps (Sievers), 3200 Pferde, zu Zelwa; 4000 Rosaken zwischen Belsk und Brzesè - Litewski ; die 27. Infanterie Division (Neverovskoy), auf dem Marsche zur zweiten Armee, war in der Gegend von Minsk. **)

*) Diese und die folgenden Zahlen find aus dem Werke des Mars quis Chambrai entnommen, auf das Okuneff verweist. Die Urtillerie und Genie-Truppen sind mit einbegriffen.

**) Nach Chambrai zählte das zweite Heer an geregelten Truppen: 38,000 zu Fuß, 12,800 zu Pferd, an unregulirten 2000 zu Fuß, 11,600 zu Pferd. Das Infanteriekorps Woronhow, die Kavalleriekorps Knorring, Wasiltschikow, die er aufführt,

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Die dritte Ar me e, unter Befehl des Generals Lormassow, der sein Hauptquartier in Lukk hatte, bestand aus folgenden Truppen:

dem Korps des Generals Kamenskoy bei Makiow, 8000 zu Fuß, 2400 zu Pferd;

dem Korps des Generals Markow bei Lukk, 16,000 zu Fuß, 6400 zu Pferd;

dem Korps des Generals Sacken zwischen Zaslaw und Stari - Constantinow;

dem Kavalleriekorps Lambert bei Luboml und Kowel. 4000 Kosaken, von der Grenze des Gouvernements Grodno bis Jegorlik vertheilt. *)

Hinter den genannten Truppen waren in zweiter Linie 87 Bataillons und 54 Schwadrons, deren Stärke der Verfasser jedoch nur zu 34,800 Mann angibt, folgendermassen aufgestellt:

5600 in Riga und Dungmünde

3400 zu Mitau

7000 zu Dünaburg

3200 zwischen Walk und Nevel

500 zu Borissow

5200 zu Bobruisk

5300 zu Mozyr

2500 zu Kiew

1600 zu Olmiopol

fehlen bei Okuneff, der dagegen eine Division' Neverovskoy ausweist, die bei Chambrai fehlt. Okuneff erörtert diesen Unterschied gar nicht. Nach ihm wäre die zweite Armee, wenn man die Division Neverovskon zu 8000 annimmt, aus 38,000 zu Fuß, 3200 zu Pferd, und 4000 Kosaken bestanden. *) Chambrai gibt Lambert, den Okuneff ein Kavalleriekorps kommandiren läßt, 8000 zu Fuß, 2400 zu Pferd. Sackens Korps erscheint bei ihm gar nicht. Nach ihm bestand die dritte Armee aus 32,000 zu Fuß, 11,200 zu Pferd, dann 4000 Kosaken. Nach Okuneff zählte sie 50,000 Streitbare. Die Gesammtstärke der drei Armeen gibt Chambrai, mit Einschluß der Artillerieund Genie Truppen, auf 181,000 zu Fuß, 41,600 zu Pferd, und 19,000 Kosaken, in Uuem auf 241,600 Mann an.

Die Moldau-Armee, über 50,000 Streitbare stark, war durch den Frieden mit der Türkei verwendbar. Man wollte Anfangs dieses Heer durch Serbien, Bosnien und Kroatien nach Italien führen. Wie man einen so abenteuerLichen Plan fassen konnte, ist schwer begreiflich; doch scheint es, daß man sich klugerweise bald eines Bessern besann.

Aus der angegebenen Aufstellung der russischen Heere ergibt sich nach Ansicht des Verfassers klar, daß man die Absicht hatte, in der nördlichen und südlichen Zone den Krieg zu führen; was er aus folgenden Gründen nicht billigt: das erste und zweite Heer, bestimmt in der nördlichen Kriegszone zu wirken, nahmen von Keidany bis Nowi - Dwor einen Raum von 40 deutschen Meilen ein. Die erste Armee konnte sich bei einem plöhlichen Einbruch nur bei Wilna, Die zweite nur bei Wolkowisk oder Slonim sammeln. Diese Punkte sind 23 deutsche Meilen von einander entfernt, und durch den Niemen getrennt. Der Weg von Grodno auf Minsk blieb, nach dieser Sammlung, nur durch 7000 Kos faken gedeckt. Sie konnten den König von Westphalen nicht hindern, gegen Minsk vorzurücken, und beide Heere, deren balde Vereinigung doch das nächste Ziel bei einem Rückzuge seyn mußte, zu trennen. Nach der Ansicht des Verfassers, der wir beistimmen, hätte das zweite Heer vor Grodno, das Hauptquartier zu Kamionka aufgestellt feyn sollen. Beide Heere sollten zwischen der Willia und dem Niemen operiren; dann hätte nichts das zweite Heer ges hindert, Minsk zu erreichen. Die so wichtige Vereinigung beider Heere an der Beresina konnte jedoch nur durch einen Marsch über Minsk erreicht werden.

Die dritte Armee hätte, nach dem Verfasser, bloß ein Korps bei Stari - Konstantinom zur Beobachtung der gas lißischen Grenze zurücklassen, feine Aufstellung aber bei Wolkowisk erhalten sollen. Der Marsch des Fürsten Schwar. zenberg von Lemberg nach Lublin habe klar gezeigt, daß der Feind nicht in der südlichen Kriegszone zu wirken ge denke. Zu einem Einfall in das Herzogthum Warschau wäre aber der Zeitpunkt nicht günstig gewesen, da die an Zahl

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