Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

benen Schußweiten durch Vergrößerung der Elevazion noch um mehrere hundert Schritte zu vergrößern, und man kann mit 10 bis 11 Graden Elevazion die zwölfs pfündige Kugel ohne Anstand auf 3000 Schritte bringen. Also überflüssig genug, selbst für den am Weitesten strebenden Soldaten. Aber welchen vernünftigen Artil leristen wird es je in den Sinn kommen, von diesen ungeheuern Entfernungen Gebrauch zu machen? Nicht genug, daß gar Nichts getroffen wird, sondern auch die Lafette geht in kurzer Zeit zu Grunde. Man wolle doch bedenken, daß das Feuer auf so große Distanzen nur zur Verschwendung der Munizion führt, und über. dieß den Artilleristen um das Vertrauen der übrigen Waffengattungen bringt, welche beständig knallen hőren, aber keinen Feind fallen sehen. Die Entfer nung, in welcher eine Artillerie ihr Feuer beginnt, ist ein untrüglicher Probierstein ihrer Brauchbarkeit. Je schlechter eine Artillerie ist, desto eher wird sie zu feuern. beginnen; dagegen eine brave Artillerie, welche ihre Geschüße kennt, ihren Stolz darein seht, nur auf wirksame Weiten zu schießen.

[ocr errors]

Die Gellschüsse, noch mehr aber die Schleus derschüsse, fordern einen ebenen und festen Boden, welcher übrigens auch wohl auf- oder ablaufend seyn kann. Sie müssen unter niedrigen Richtungen gescher hen, damit die Kugel oder Granate nicht in den Bes den eindringe, sondern viele und niedrige Sprünge mache, und daher eine große Weite erreiche. Gell- oder Schleuderschüsse erfodern keineswegs eine so genaue Höz henrichtung als die Bogenschüsse, daher man auch schnel~ler schießen kann. Die Schußtafeln der öftreichischen Artillerie seßen als die Grenze der Gellschußweite beim Östr. milit. Zeitsch. 1831. III.

[ocr errors]

beim Sechspfünder,

Dreipfünder 1700 bis 1800, 2000 bis 2100,- beim Zwölfpfünder, 2200 bis 2300, und bei der siebenpfündigen Haubiße 2000 Schritte fest. In diesen Weiten machen die Kugeln oder Granaten im Durchschnitte 5 bis 6 Sprünge. Ist aber der Boden nur mittelmäßig für Gellschüsse geeignet, so verkürzen sich die angegebenen Entfernungen um mehrere hundert Schritte, und man bringt die dreipfündige Kugel nur auf 1500, die siebenpfündige Granate kaum auf 1700 Schritte. Die Gellschüsse liefern, bei vorausgeseßtem gutem Boden, ein Mittel, noch mit einigem Erfolge auf Weiten zu schießen, in welchen die Bogenschüsse, wegen der zu geringen Wahrscheinlichkeit des Treffens, gar nicht mehr brauchbar sind.

[ocr errors]

Sieht man einer scharfen Artillerie Übung zu, fo wird man bald die Erfahrung machen, daß nicht alle Schüsse treffen. Die Art der Fehlschüsse und ihre Ursachen bleiben die nämlichen, wie bei dem Infanteriegewehre. Je größer die Entfernungen und je kleiner die zu beschießenden Gegenstände werden, desto gerin ger ist auch die Wahrscheinlichkeit des Treffens; doch erfolgt die Abnahme im Treffen keineswegs im geraden, sondern in einem kleinern Verhältnisse. Eben der grös Bern Höhe wegen wird auch die Kavallerie weit öfter als die Infanterie getroffen. Ursachen genug, um sie nicht unnüger Weise dem Geschüßfeuer auszuseßen.Ferner ist auch die Wahrscheinlichkeit des Treffens bedeutend geringer, wenn sich der zu beschießende Gegens stand vor oder rückwärts bewegt; indem der Artillerist schon nach einigen Schüssen die Höhenrichtung ändern muß. Darum sollen alle Angriffe gegen Artillerie fo schnell als möglich geschehen. Endlich wird auch noch

bedeutend weniger getroffen, wenn man von der Höhe nach der Tiefe, oder umgekehrt schießen muß. Im ers sten Falle bohren sich die Kugeln in die Erde, oder sie gehen in hohen Bogen über den Gegenstand hinweg; im zweiten Falle bleiben alle zu kurz gehenden Kugeln, stecken. Nicht so verhält es sich beim Schießen in der Ebene. Hier erhebt sich die etwas zu kurz gehende Kugel wieder unter einem flachen Bogen, und trifft nicht selten das Ziel. Daraus folgt, daß alle Aufstellungen der Geschüße auf hohen Bergen der Wirkung der Artillerie höchst nachtheilig sind. Die weite Aussicht, die man von solchen Höhen hat, mag wohl sehr anlockend seyn; aber wer die Wirkung der Artillerie kennt, wird sich nicht täuschen lassen. Aus dem Gesagten ist auch ersichtlich, auf welche Art ein mit der Wirkung der Artillerie vertrauter Truppenkommandant gewisse Ters ränabschnitte zum Schuße gegen das Geschüßfeuer mit Vortheil benüßen kann. Eine Aufstellung in einer seichten Vertiefung hinter einem kleinen Aufwurfe im Ackers felde, wo die Furchen parallel mit der Truppenlinie Laufen, auf Anhöhen, hinter deren Kamme sich die Truppen etwas zurückziehen, u. s. w., schwächen die Wirkung der Artillerie über alle Erwartung.

Alle Fehlschüsse reduziren sich dahin, daß einige Kugeln oder Granaten entweder zu kurz aufschlagen, oder seitwärts des Gegenstandes vorbeigehen. Diese, auch bei der zweckmässigsten Behandlung des Geschüßes une vermeidlichen, Fehler wachsen nicht allein mit der Entfernung und Kleinheit des zu beschießenden Zieles, son= dern sie hängen auch von der Geschüßgattung selbst ab. Sie sind bei den Kanonen weit Eleiner als bei den Haus bigen, wo sie öfters unglaublich groß werden. So ist

es z. B. gar nichts Ungewöhnliches, bei einer und ders selben Richtung einmal eine Granate auf goo Schrits te, das andere Mal auf 1500 Schritte aufschlagen zu sehen.

Im Allgemeinen hat man die Seitenrichtung weit mehr als die Höhenrichtung in der Gewalt, und es müßte ein sehr ungeübter Artillerist seyn, der bei einer bataillonlangen Front noch vorbei schöffe. Es wäre mits hin sehr wenig gewonnen, wenn eine Truppe sich da= durch den einschlagenden Kugeln entziehen wollte, in dem sie sich aus ihrer gehabten Aufstellung mehr rechts oder links zöge; denn schon nach einigen Schüssen würde der Artillerist wieder die Seitenrichtung gefunden haben. Viel zweckmäßiger geschieht dieses durch eine Vor- oder Rückwärtsbewegung, welche den feindlichen Artilleriften wingt, die gehabte Höhenrichtung zu ändern; eine Cache, die eben nicht leicht ist, da sich die Weite des Vor- oder Rückmarsches immer nur sehr schwer beurtheilen läßt. Aber nicht selten unterbleibt die Ver besserung der Höhenrichtung ganz und gar, wenn Staub und Rauch die Beobachtung der Truppenbewegung ve hindern.

Manchmal ist die Artillerie selbst an den Fehlschüßfen Schuld; indem sie die Entfernung des Feindes übel beurtheilt, und dadurch eine ganz fehlerhafte Höhenrichtung wählt. Eine Artillerie, die es in der Beurtheis lung der Distanzen zur gewünschten Vollkommenheit gebracht hat, behauptet einen überwiegenden Vorzug vor jeder andern, welcher diese Eigenschaft mangelt, wenn lettere auch in ihren übrigen Einrichtungen ets was voraus hätte; denn das gute Echießen bleibt doch immer das Endresultat der gesammten Artillerie-Taktik.

Aus dieser Bemerkung fließt eine für die Truppen höchst wichtige Regel, nämlich sich so aufzustellen, daß die feindliche Artillerie die Entfernung nur schwer zu beurtheilen vermag. Aufstellungen hinter Gebüschen, hinter einer Reihe Bäume, hinter Anhöhen, bewirken in der Abschätzung der Distanzen recht arge Fehler. Gewöhnlich wird in diesen Fällen die Entfernung zu groß angenommen, und die meisten Kugeln geben ohne Schaden über die Truppen hinweg. Eine üble Beschaf= fenheit des Geschüßes und der Munizion ist freilich auch eine mitwirkende Ursache der Fehlschüsse, der auch zu Zeiten viel aufgebürdet wird; doch glaube man keineswegs, daß die Geschüße, besonders die Kanonen, gar so empfindliche und launenhafte Instrumente seyen, die heute so, und morgen wieder anders wirken. Man forge nur für ein hinreichend festes, mithin dauerhaftes Pulver, und lasse bei der Übernahme der Munizion keine unzeitige Nachsicht eintreten, so wird man vielen Übelständen vorgebeugt haben.

Nach Erwägung der Fehlschüsse läßt sich nun fragen, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit des Treffens im Allgemeinen; was läßt sich mit Berück sichtigung der obwaltenden Umstände billiger Weise erwarten, und wie groß ist endlich die höchste, wie groß die niedrigste Leistung der Feldgeschüße im Gefechte? - Die Beobachtung der Geschüßwirkung in Schlachten und Gefechten, wo es immer der Erperimentatos ren viele gibt, könnten über diese Fragepunkte allein die sicherste Auskunft geben. Aber wer hat Lust und Muße die Zahl der feindlichen Schüsse und ihre Treffer zu zählen? Man hat ähnliche Erfahrungen hie und da auf gezeichnet; aber sie sind sämmtlich so schwankend und

« ZurückWeiter »