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II.

Betrachtungen über die Wirkungen des Feldgeschüßes.

Zetrachtungen über die Wirkungen des Feldgeschüßes gehören unstreitig zu jenen nüglichen Untersuchungen, welche sowohl den Artilleristen, als auch den übrigen Waffengattungen gleich interessant seyn müssen. Aus der Kenntniß der Wirkung des Feldgeschüßes gehen die Aufgaben hervor, welche man einer Feldartillerie aufzulőfen geben kann. Sielehrt die den Geschüßgattungen inwohnenden Kräfte und Eigenthümlichkeiten kennen, und bewahrt auf diese Art vor überspannten Foderungen und Erwartungen. Aus dieser Kenntniß entspringen auch diejenigen einfachen taktischen Regeln, die man überhaupt beim Gebrauch des Feldgeschüßes zu beachten hat, und welche keiner Waffengattung fremd seyh dürfen. Es ist noch gar nicht lange, daß die Artillerie eine Beleuchtung der Frage über ihre Wirkung auszuhalten im Stande ist. Der von Freund und Feind gleich geachtete Gen. Scharnhorst ist der erste Artillerist, der hier die Bahn brach, und sich mit der Untersuchung über die Wirkungen der Geschüße und Geschoffe gründlich befchäftigte. Der 3. Band seines trefflichen Handbuches der Artillerie liefert hiervon den Beweis. Aber eben dar um, weil man bis jetzt noch zu wenig Werth auf die Untersuchung der Wirkung des Geschüßes gelegt hat, bleibt noch so manches Wichtige im Dunkeln, und es

finden sich Blößen vor, die man auf dem heutigen Standpunkte des artilleristisch - praktischen Wissens nicht mehr vermuthen sollte. Man kann sich von dem so eben Gesagten aus den neuesten artilleristischen Wer. ken überzeugen.

Die Untersuchungen über die Wirkungen des Geschüßes lassen sich allerdings nicht auf der Lehrkanzel im mathematischen Kreidenstaube ausführen. Sie sind rein das Ergebniß zahlreicher, unter den mannigfaltigsten Umständen ausgeführter Versuche, mithin kostbar. Doch jede Artillerie besißt im Bereiche ihrer jährlichen scharfen Schießübungen Mittel genug, um nach und nach Alles zu erschöpfen, was in das Gebiet des praktischen Wissens gehört. Man wiederhole nur nicht immer den einmal vor langer Zeit festgesetzten Kreislauf der jährlichen Übungen; man gebe alle Jahr einen neuen Fall zum erproben auf, erwecke auf diese Art den Eifer und das Nachdenken der Artilleristen, und man wird bald eine umfassende Reihe von Versuchen besißen, aus welchen sich alles Erforderliche ableiten läßt.

Wir werden in unsern Betrachtungen nur das östreichise Feldgeschüß ins Auge fassen. Keine tief gelehrten Untersuchungen sollen das Auge des Lesers beleidigen. Man wird nur das kurz berühren, was jedem praktischen Soldaten zu wissen Noth thut.

Die Wirkung des Feldgeschüßes hängt von verschiedenen Bedingungen ab. Diese sind: 1) Bes weglichkeit; 2) Geschwindigkeit des Feuers; 3) Wahrscheinlichkeit des Treffens; 4) 3erstörungskraft der geschossenen Projektile,

Es ist einleuchtend, daß die hier aufgestellten noth= wendigen Bedingungen unmöglich alle im gleichen Grade

der Vollkommenheit bei den Feldgeschüßen vorhanden seyn können. Die Beweglichkeit ist die erste Forderung, welcher ein Feldgeschüß schlechterdings entsprechen muß, und nicht mit Unrecht, sondern ganz im Geiste der je gigen Kriegführung, haben neuere Schriftsteller den Grundsaß aufgestellt: „Höchste Beweglichkeit bei ge= rade hinreichender Wirkung." Geschüße, denen es an Beweglichkeit fehlt, sind eine wahre Last für die Trupe ven, sind die impedimenta der Alten, wenn sie auch font allen Forderungen genügten. Die Beweglichkeit muß aber aus zwei Gesichtspunkten betrachtet wers den. Der Eine begreift die Kraft, um das Geschütz auf jedem Boden fortzubringen; der Andere erstreckt sich auf die Lenkbarkeit, worunter man den Wins Eel verstehet, welchen die Deichsel mit der Mittellinie des Fuhrwerkes in dem Falle bildet, wenn das Vorderrad die Laffetenwand berührt.

Um über den ersten Punkt bei einem Geschüße oder Fuhrwerke urtheilen zu können, muß man nicht allein die Gesammtlast, und die Zahl der Bespannungspferde, sondern noch überdieß das Verhältniß wissen, nach welchem die Zugkraft bei 2, 4 und 6 Pferden abnimmt; da es ein bekannter Erfahrungssaß ist, daß 4 Pferde keineswegs das Doppelte von 2 Pferden, sondern weniger als dieses ziehen. Eine lange Erfahrung scheint es zu bestätigen, daß für jedes zuwachsende Paar Pferde um weniger Last für 1 Pferd gerechnet werden müsse, wenn die Fuhrwerke mit gleicher Geschwindigkeit fortgebracht werden sollen. Rechnet man z. B. bei zweis spänigen Fuhrwerken 10 Zentner für 1 Pferd, so kann man bei vierspännigen nur 9 Zentner annehmen.

Nachstehende Tafel gibt das Totalgewicht der vollständig ausgerüsteten Geschüße, und ihre Bespan=

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Noch handelt es sich um einen Maßstab zur Vergleichung der Beweglichkeit der angeführten Ge fchüßgattungen. Es wird Niemand beifallen, diesen Maßstab vom schweren Lastfuhrwesen, welches 15 3ent= ner und mehr auf jedes Pferd rechnet, zu entlehnen. Ja ein solcher Maßstab darf selbst nicht bei den Artille riereserve Fuhrwerken angelegt werden. Die durch for: cirte Märsche bei fehlender Fourrage, durch das Bivaquiren herabgekommenen Pferde, elende Straßen, schnelles Fahren über nasse Ackerfelder, bedingen ein

*) Bei dem Kavalleriegeschüß ist die auf der Wurst sigende Mannschaft mit 650.Pfunden eingerechnet.

ganz anderes Verhältniß, zu welchem nur die Erfah rung im Kriege führen kann.

Eine solche Erfahrung bietet der östreichische ore dinäre Sechspfünder dar. Der vielfältige Gebrauch, welchen die östreichische Artillerie von diesem trefflichen Kaliber in allen Gegenden zu allen Jahreszeiten ge= macht hat, seßen die Zweckmäßigkeit der Bespannung außer Zweifel. Wir wollen daher diesen Kaliber, bei welchem 500 Pfunde für 1 Pferd gerechnet sind, für das Feldgeschütz zum Grunde legen. Nimmt man das oben angegebene Bespannungsverhältniß als richtig an, so folgt, daß beim Dreipfünder 550 Pfunde, beim Zwölfpfünder aber 450 Pfunde auf 1 Pferd Zuglast genommen werden müssen, wenn alle drei Kaliber einen gleichen Grad der Beweglichkeit haben sollen. Vergleicht man die so eben angegebenen Zahlen mit denen in der Tafel enthaltenen, so geht hervor, daß sowohl der Dreipfünder, als auch der Zwölfpfünder be deutend weniger Beweglichkeit als der Sechspfünder besiße. Die sechspfündigen Fußbatterien eignen sich das her am vorzüglichsten zur Eintheilung bei allen Gate tungen der Infanterie, und darum legt auch die östs reichische Artillerie einen so hohen Werth auf diese Bate teriegattung. Aus der Last von 450 Pfunden, welche 1 Pferd beim Kavalleriegeschüß zu ziehen hat, ist es ferner ersichtlich, daß das Kavalleriegeschüß Kraft ge= nug habe, nicht allein schnelle, sondern auch ausdauernde Bewegungen zu vollbringen. Gen. Scharns horst erwähnt zwar im zweiten Bande seines Handbu ches, daß im letzten Kriege die östreichischen Kavalleriegeschüße in gepflügten Ackern, hohem Getreide, auf thonigen, nassen und in Sandwegen, bei den schnellen.

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