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die schon vorbestraft sind, die Neuerung angebracht erscheint, z. B. wenn die Vorstrafe weit zurückliegt oder nur eine geringfügige war. Die Hinzufügung der Altersgrenze von 18 Jahren, bis zu welcher die Neuerung „vornehmlich“ Anwendung finden soll, erscheint mir der sonstigen Tendenz des Erlasses nicht recht zu entsprechen. Die Zahl der erwachsenen Personen welche sich leitterer Strafthaten schuldig gemacht haben, deren Fehltritt nicht auf Verdorbenheit und verbrecherische Neigungen, sondern mehr auf Leichtfertigkeit, Unbesonnenheit, Unerfahrenheit oder Verführung zurückzuführen, und bei denen auch sonst die Hoffnung begründet ist, daß sie durch gute Führung sich des Straferlasses würdig machen werden", ist sicherlich eine recht große, und es wäre sehr zu bedauern, wenn durch eine zu engherzige Interpretation des Erlasses die Neuerung bei diesen nicht ebenfalls zur Anwendung gebracht werden würde.

Sehr erfreulich ist es, daß in dem Erlasse für die Ausgestaltung der „Probe", der Bewährung“, der guten Führung" völlig freier Raum gelassen worden ist. Hiernach kann die Dauer der Probezeit ganz den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles angepaßt und insbesondere auch, was mir recht wichtig erscheint, die zunächst gesezte Probezeit, wo das die Umstände rechtfertigen, verlängert werden. Es ist ferner die Bewährung nicht, wie nach dem belgischen Systeme, ausschließlich an das wenig beweiskräftige äußerliche Moment des Ausbleibens einer neuen Bestrafung gelegt, es soll vielmehr darauf ankommen, daß das Gesammtverhalten des Verurtheiten ein zufriedenstellendes" ist. Dies aber ist recht wohl möglich, auch wenn der Betreffende etwa wegen einer geringfügigen Uebertretung in der Probezeit zur Bestrafung gelangt sein sollte, wie andererseits die gute Führung sicherlich häufig mit Recht verneint werden kann, auch wenn keine anderweitige Bestrafung vorliegt. Das wird z. B. auch angenommen werden können, wo der Betreffende es unterläßt, nach Möglichkeit den durch seine Strafthat angerichteten Schaden wieder gut zu machen.

Soviel über den Allerhöchsten Erlaß vom 23. Oktober 1895! Ein fast wörtlich gleichlautender Erlaß war für das Königreich Sachsen bereits unter dem 25. März 1895 ergangen. In den lezten Wochen ist ferner eine Reihe anderer deutscher Staaten dem sächsisch-preußischen Vorbilde gefolgt, und es ist mit Sicherheit zu erwarten, daß die Neuerung demnächst auch in dem übrigen Teutschland in gleicher Weise zur Einführung gelangt. Ich habe auch keinen Zweifel, daß es schließlich zu einer reichsgeseßlichen Regelung der bedingten Verurtheilung kommen wird. Aber man möge, ehe man auf diesen Abschluß der Frage drängt, der Neuerung in der jegt eingeführten Form ein Fair trial gewähren. Je mehr Erfahrungen dadurch zunächst in den Einzelstaaten gemacht werden, umsomehr ist auf eine wirklich befriedigende gesetzliche Lösung der mit mancherlei Schwierigkeiten verbundenen Frage der bedingten Verurtheilung zu rechnen. Berlin. Landrichter Dr. Aschrott.

Abdruck aus dem LXXXIV. Bande der „Preußischen Jahrbücher."

Druck von J. S. Preuß in Berlin.

Inhalt des Märzheftes 1896 (39. Jahrgang, 1. Quartal, 3. Geff) der ,,Preußischen Jahrbücher“:

Vir pacificus, Politischer Ernst.

Arthur Bonus, Pastor in Groß-Mudrow in der Niederlausit, Shylok, Zur Judenfrage.

Adolf Philippi, Geh. Hofrath, Universitäts-Prof. a. D. in Dresden, Ueber das Wunderbare in der Poesie.

Dr. Carl Neumann, Privatdoz. a. d. Univ. Heidelberg, Kunst und Naturwissenschaft.

Hüpeden, Geh. Medizinalrath in Hannover, Die preußische Medizinalverfassung, ihre Mängel und deren Folgen.

e. Das Lehrerbesoldungs-Geseß.

Prosaicus, Verlorne Liebesmüh.

Constantin Nößler, Geh. Legations-Rath a. D., Kuno Fischers Kleine Schriften.

Ernst Heinemann, Berlin, Die Existenzberechtigung der Aktie.
Notizen und Besprechungen.

Literarisches. Dr. D. Harnad, Nom: W. v. Polenz, Der Büttnerbauer. Konrad Telmann, Unter den Dolomiten. Carl Weitbrecht, Diesseits von Weimar.

Geschichte. Schirren, Prof. a. d. Univ. Kiel: Louis Bobé, Efterladte Papirer fra den Rerentlowske Familie-Kreds i Tidsrummet 1770-1827. Politische Korrespondenz.

Otto de Terra, Eisenbahndirektor in Guben, Der Mißerfolg des ungarischen Zonentarifs. Theodor Brix, Zur nordschleswigschen Landtags= wahl. (*), Aus Desterreich. Delbrück, Der Austritt Herrn Stöckers aus der konservativen Partei. Die Wahlreform in Sachsen. Die Flottenfrage. Die Währungsfrage. Eine persönliche Angelegenheit.

Inhalt des Aprilheftes 1896 (39. Jahrgang, 2. Quartal, 1. Heft) der ,,Preußischen Jahrbücher":

Charlotte Broicher, Berlin, Sonia Kovalevsky in Beziehung zur, Frauenfrage.

Dr. H. Thiel, Geh. Db.-Reg.-Rath u. vortr. Rath im Ministerium für Landwirthschaft, Zur Erhöhung der Beamtenbesoldung.

Hans Delbrüd, Friedrich der Große und der Ursprung des Siebenjährigen Krieges.

Dr. Ostar Ollendorf, Wiesbaden, Der Eortegiano-Typus.

X, Der Gesezentwurf über die Regelung der Richtergehälter in Preußen.
Dr. Mar Lenz, Prof. d. Gesch. a. d. Univ. Berlin, Florian Geyer.
Dr. B. Varges, Ruhrort, Zur Entstehungsgeschichte der Stadt Róm.
Zwei Briefe über Katholizismus und Protestantismus.

Vindex, Deutschland und die Weltmachtpolitik.

Dr. Gotthold Kreyenberg, Direktor in Iserlohn, Ein Kapitel aus der Deutschen Frauenfrage.

Notizen und Besprechungen.

Kunst. Carl Neumann, Privatdoz. a. d. Univ. Heidelberg, Hans Müller, Wilhelm Kaulbach. Joseph Sattler, Bilder vom internationalen Kunstkrieg.

Politische Korrespondenz.

Dr. Aschrott, Landrichter in Berlin: Bedingte Verurtheilung und bedingte Begnadigung. w, Die Schlacht von Adua. Der Stillstand in der internationalen Politik und die fortdauernde Bewegung der Staatenwelt. Graf Paul von Hoensbroech, Gloffen zur Kultusdebatte im Preußischen Abgeordnetenhaus. D., Politischer Aberglaube. Die Peters-Debatte.

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Preußische Jahrbücher

herausgegeben von Professor Dr. Hans Delbrück in Berlin. Neununddreißigster Jahrgang.

Der ganze Raum ist in den „Preußischen Jahrbüchern“ wissenschaftlichen und politischen Auffäßen und Bücherbespechungen ge= widmet, die alle Gebiete unserer Bildung umfassen und Gegenstände von allgemeinem Interesse derart behandeln, daß in ihnen strenge Wissenschaftlichkeit in ansprechender Form zum Ausdruck kommt.

Die politische Richtung der „Preußischen Jahrbücher" ist frei von jeder Parteischablone. Das Gute wird anerkannt, wo es sich findet, und die Kritik auf alle Stellen und Parteien, auch auf die Mittelparteien, denen der Herausgeber Professor Hans Delbrück, sonst im Allgemeinen zugerechnet werden kann, angewandt. Wer sich unabhängig von den Tagesströmungen eine Meinung bilden will, findet das Material nirgends reicher und vielseitiger, als in einer Zeitschrift, die wie die „Preußischen Jahrbücher" so vielen und hervorragenden Mitarbeitern auf allen Gebieten das Wort giebt.

Die Menge des Gebotenen, die Bedeutung der Mitarbeiter, die energische, von wissenschaftlicher Grundlage ausgehende Behandlung aller bewegenden Fragen unserer Gegenwart machen die „Preußischen Jahrbücher" zu der Zentral-Zeitschrift des geistigen Lebens in Deutschland. Ihre einzigartige Stellung beruht nicht zum Wenigsten darin, daß sie Schäden, die im Volksbewußtsein schwer empfunden wurden, zum erstenmal in diskutirbarer Form zum Ausdruck brachte und durch konkrete Vorschläge die Abhilfe der Mißstände ermöglichte.

Die Preußischen Jahrbücher" kosten im Abonnement zwölf Monatshefte von je ungefähr 200 Seiten jährlich 24 Mark, vierteljährlich 6 Mark. Das einzelne Heft der „Preußischen Jahrbücher" kost

Die Preußhrbücher" sind zu beziehen: durch die Post, den Buchhandel wie durch die Verlagsbuchhandlung, Berlin W., Kleiststraße 14; leßtere versendet auf Wunsch Prospekte kostenfrei.

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