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V.

Literatur.

1.) Beschreibung des gegenwärtigen Zustan des der europäischen Feld-Artillerien; von G. A. Jakobi, Lieutenant in der königl. preußischen Garde Artillerie. Mainz, bei Kupferberg.

in Werk, welches in einer Reihe von Heften die Beschreibung der Einrichtungen aller Artillerien unseres Welttheiles mit besonderer Rücksicht auf ihre Eigenthümlichkeiten um faffen soll, konnte mit vollem Rechte einer willkommenen Aufnahme entgegensehen.

Nach dem Volworte liegt eine Kritil der Einrichtungen außer dem Plane des Herrn Verfassers. Der Leser foll nicht mehr als eine Zusammenstellung aus verschiedenen, zum Theile noch ungedruckten Quellen geschöpfter Materia lien erwarten, bei der die Tendenz zum Grunde liegt, mit dem in verschiedenen Staaten Bestehenden bekannt zu machen.

In den bis heute erschienenen fünf Heften sind die großbritannische, die niederländische, die frans zösische, die würtembergische und die großhers zoglich-hessische Feld-Artillerie abgehandelt. Die Angabe der Konstrukzions - Verhältnisse des Materials, die Munitions-Einrichtung und Ausrüstung, die Organisazion der Feldbatterien und Kolonnen, das nummerische Verhälts niß der Artillerie zu andern Waffen, die Hauptzüge der Bedienungsweise des Geschüßes und seines Gebrauches, endlich die Verfassung des Personals, feine Ausbildung und

Bewaffnung bilden den Inhalt jedes dieser Hefte. Dié Ge sammtzahl der noch zu erwartenden ist unbestimmt.

Erstes Heft. In diesem im Jahre 1835 erschienenen Hefte hat der Verf. mit der Beschreibung der großbrittas nischen Artillerie begonnen, und zwar aus dem angegebenen Grunde, weil sich deren Laffettirungs- Systeme ein großer Theil der europäischen Artillerien angeschlossen hat.

Von den fünf Abtheilungen des Heftes sind die erste der Einrichtung des Materiales, die übrigen vier der Ors ganifazion, der Ausbildung des Personals, und der Handhabung der Feldgeschüße gewidmet. Die interessantesten Gegenstände sind mit guter Wahl auf vier lithographirten Tafeln vorgestellt, außer welchen dem Hefte noch 11 Tas bellen beiliegen. Da in dem Vorworte die ungedruckten Mittheilungen von in England gereisten. Sachverständigen als die reichhaltigste Quelle des Verf. angegeben werden, welche aus Ursache der häufigen Veränderungen dieses Materials vielfältig von degen der Schriftsteller über diese Artillerie abweichen, so muß man in Hinsicht auf die Richtigkeit der Angaben der Bürgschaft des Verf. vertrauen. Die Bereitwilligkeit des Lesers hierzu wird durch die den Verf. sehr ehrende Erklärung unterstüßt, es vorgezogen zu haben, nach träglich vielleicht noch auszufüllende Lücken offen zu lassen, als Gefahr zu laufen, der Arbeit durch unverbürgte Angaben ihren Werth zu nehmen.

Von den Verschiedenheiten der hier abgehandelten Ars tillerie im Vergleiche mit unserer vaterländischen, dürften` auf besonderes Interesse Anspruch machen: die Art des Gebrauches der Hohlkugeln aus Feldgeschüßen. Es werden nämlich für Haubigen und Kanonen in dem Munizionswagen die Granaten von ihren in kleinen Patronen enthaltenen Sprengladungen abgesondert, und die Brandröhren für sich in eigenen Beuteln mitgeführt; demnach erst mährend des Feuerns der Batterie alles das vorgenommen wird, was man unter dem Adjustiren der Granaten begreift. Eine zweite überraschende Sonderbarkeit der besprochenen Artille rie ist der allgemeine Gebrauch blinder Patronen beim Feld

geschüße. Obgleich für alle Gattungen Schüsse bei jedem Kaliber nur einerlei Pulverladung üblich ist, so werden doch die Kugeln abgesondert von den Pulverpatronen mit= geführt, welche Lehtere in großen Säcken von getheerter Leinwand in den Munizionskisten ober den mit Holzpflöck. chen beisammen gehaltenen Kugeln gepackt werden. Diese Patronensäcke werden im Gefechte zur Seite der Proße auf die Erde gelegt. Selbst Patrontornister sind nicht üblich.

Ein für die Erhaltung der Laffettirung gewiß sehr em pfehlenswerther Gebrauch ist der von zwei getheerten Segeltüchern (wadmiltilts) für jedes Geschüß und Fuhrwerk, von denen im Parke und während des Marsches eines über die Proke, und das andere über die Laffette oder den Hinterwagen, zum Schuße vor Nässe oder großer Sonnenhike, gebreitet wird. Alle neuen Feldgeschüß-Röhren haben nächst des Zündloches eine Vorrichtung zum Anschrauben eines Flintenschlosses; und zwar scheinen hierfür, nach dem im Hefte Enthaltenen, Steinschlösser bestimmt zu seyn; eine wahrscheinlich von der Marine angenommene Einrichtung, deren Zweck kaum abzusehen ist.

Die theilweise 1835 eingeführt gewesenen Brändchen für Perkussions-Abfeuerung waren von Federkiel, mit einem rechtwinklig angeklebten zweiten Stücke Federkiel, in dem fich die Schlagzündung befand. Man soll die Erfahrung ge macht haben, daß mit dieser Abfeuerungsart häufig Schüffe versagten. Die Einrichtung des Schlaghammers ist in dem Hefte durch eine Zeichnung verdeutlicht.

Der Verf entschuldigt die Mangelhaftigkeit seiner Angaben über die englischen Kriegsracketen mit der wohl erklärs baren Schwierigkeit, Einsicht in das Detail dieses Theiles der Artillerie- Ausrüstung zu erlangen. Doch scheint es, daß eine Zusammenstellung des hierüber Mitgetheilten in einem eigenen Paragraphe von den meisten Lesern der Weise vorgezogen werden dürfte, `in der die wenigen Notizen in den verschiedenen Abtheilungen zerstreut sind. Die Racketen-Batterien werden durchgehends zur reitenden Artillerie gezählt; es sind deren 6- und 12pfündige. Jedem Sachverständigen

wird die Angabe des Verf. auffallen, daß die mittels Na deten abgeschossenen Granaten bei deren Anwendung gegen Truppen keine Sprengladung erhalten. Es wird als Grund dieses Gebrauches die Erfahrung angeführt, wie durch zu frühes Sprengen der Rackete deren Wirkung ganz verloren gehe, während sie ohne Sprengladung doch noch als Voll. geschoß treffe. Die Stäbe werden, nach den leßten Verbesses rungen, in der Achse der Racketen eingeschraubt, wodurch auch Die so wünschenswerthe Verkürzung der Stäbe ohne Nachtheil thunlich geworden seyn soll. Doch gebrauchen die Engländer ihre Racketen aus Röhren. Über die Einrichtung dieser Nadetengeschüße, die Ausrüstung derselben, insbesondere über die Perkussionskraft der Racketengeschoße, hat der Verf. mans ches Wissenswürdige aufgenommen. Daß die Engländer noch so viele Gebirgs-Artillerie in ihren Kolonialkriegen mitfüh ren, dürfte wohl auf den noch sehr unvollkommenen Zustand ihres Racketenwesens schließen lassen; was in dem Heimats lande so vieler mechanischen Erfindungen wohl befremdet, aber aus Congreves eigenem Geständnisse bekannt ist.

In der Organisazion des Personals der Artillerie ist, seit Frazers so wohl begründeten Klagen hierüber (1818), die einzige Veränderung geschehen, daß in dem Stande der Kompagnien sich fahrende Soldaten (farers) statt des früheren Träns befinden. Nur bei der meist lebenslänglichen Dienstzeit des englischen Kanoniers und bei den geringen Forde rungen an seine technische Ausbildung läßt sich die Vorschrift erklären, daß jeder Fahrsoldat der Artillerie auch in der Geschüßbedienung, überdieß noch in dem Infanterie- oder Kavallerie-Exerzieren geübt seyn soll. Jeder Kanonier muß für den Pontonnierdienst brauchbar seyn. Dagegen sind Batteriebau und Laboratorium nicht Gegenstände des Dienstes der Feld - Artillerie in England.

Zweites Heft. In diesem ist die niederländi fche Feld Artillerie dargestellt, weil das Material dieser Macht dem in dem vorhergehenden Hefte beschriebenen nachgebildet ist. Des gemeinschaftlichen Vorbildes wegen hat diese Artillerie auch viel Ähnlichkeit mit jener Frankreichs;

in jedem beider Staaten war man aber bemüht, auf ver, schiedene Weise, Verbesserungen anzubringen.

Die Niederländer führen gegenwärtig keine Kammers geschüße uuter ihren Feldbatterien; denn seit 1827 haben die fogenannten 24pfündigen Haubißen in der ganzen Seele gleichen Bohrungsdurchmesser; doch sind für sie 5 Ladungen, → nach Wiener Gewicht von 57, 28, 17, 14 und 5, Loth, üblich, die erste zum Kartätschen- und Granatenschießen. die übrigen für das Werfen und Schleudern. Durch Verbindung einer Patrone mit einer zweiten läßt sich die Zahl der verschiedenen Ladungen noch vervielfältigen. Der Herr Verf, theilt die Ergebnisse der Schießversuche aus diesen Haubißen mit, bei welchen bedeutende, Seiten & Abweichungen bemerkt wurden, wenigstens die Vorzüglichkeit der langen vor kurzen Haubißen sich in keiner Hinsicht darthuta ko. Am.

Der Schlaghammer für die Perkussions - Abfeuerung der niederländischen Feldgeschüße ist an einem dem Rohre gut angepaßten Reife angebracht, wobei dessen Befestigungsschrauben jedoch nicht in das Metall eingreifen. Der Verf hat die Vorzüge dieser Vorrichtung über andere einleuchtend erörtert ihr wesentlichster scheint der zu seyn, daßiste im Falle einer Störung des Mechanismus die gewöhnliche Abs feuerung mittels Lunten oder Lichteln nicht behindert. Die hölzernen Perkussionsbrändchen lassen sich auch als gewöhne liche verwenden, und außer ihnen hat jedes Geschüß noch die Hälfte des früheren Ausmaßes an Lichteln und papierenen Brändchen bei sich. Dieß dürfte wohl auf die wenige Zuverlässigkeit der Perkussions abfeuerung dieser Art bei verschiedenen vorauszusehenden Zufällen zu schließen erlauben. Nach Mittheilungen eines später in den Niederlandén gereisten Artillerie - Offiziers. sollen diese hölzernen Perkussionsbrändchen durch andere ersekt worden seyn.d/909booli

́ ́Die Verschiedenheiten der niederländischen Blocklaffetten und Munisionswagen von dem englischen Originale find nicht wesentlich. In den Abmessungen der Holz- und Eisen= theile scheint die Ausdauer auf Kosten der Leichtigkeit unangemessen berücksichtigt worden zu feyn. Die niederländischen Öftr. milit. Zeitschr. 1839. II.

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