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.592 1839

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I.

Der Feldzug 1706 in Spanien.

Nach öftreichischen Originalquellen bearbeitet vom Hauptmann Heller des k. t. General-Quartiermeister stabes.

Erster Abschnitt.

Mit dem Plane der Belagerung von Barcellona.

Ereignisse in Katalonien, Aragonien und Valenza in den drei ersten Monaten des Jahres. Belagerung von Barcellona.- Rückzug der französisch - spanischen Armee

Seit

nach Roussillon.

Peit Karl III. am Schlusse des vorigen Jahres sich im Besige von Katalonien und des größten Theiles vom Königreiche Valenza sah, und, um sich die kaum gewonnenen Herzen seiner Katalanen nicht wieder zu entfrem= den, den Winter über in Barcellona zugebracht hatte, war sein vorzüglichstes Augenmerk dahin gerichtet, die das mals so geringen alliirten Streitkräfte im Osten der Halb insel dermaßen zu vermehren, und in eine solche Verfassung zu seßen, damit er dem sichern und nahebevorstehenden Angriffe des Herzogs von Anjou gehörig zu begegnen, und das Errungene wenigstens zu behaupten, wenn nicht zu erweitern vermögend sey. Als die alliirte Flotte am 22. Oktober 1705 in die Hafen des Ozeans zurückkehrte,

hatte sie dem Könige 6500 Mann englischer und hollän discher Truppen, 80 Geschüße, nebst vielem Mund- und Kriegsvorrathe, hinterlassen. Mit diesen unzulänglichen Kräften konnte man, in Katalonien und Valenza zugleich, einem Feinde nicht die Spiße bieten, der von mehreren Seiten einzubrechen drohte, und es überhaupt auf nichts Geringeres abgesehen zu haben schien, als dem Kriege mit einem Schlage ein Ende zu machen. Die Mittel zum Widerstande mußten jenen des Angreifers gewachsen bleiben; die Kraft solche zu wecken und zu finden lag in dem jungen Könige selbst, der zwar gerne weisem Rathe sein Ohr lieb, aber eben so gerne, auf sich selbst vertrauend, immer wieder einen Ausweg fand, wenn auch seine Lage noch so verzweifelt schien. Die meisten Schwierigkeiten lagen in den beschränkten Geldmitteln. Fürst Liechtenstein gestand in einem vertrauten Schreiben an den Prinzen Eugen vom 2. Februar, „daß die Noth eben so groß sey, ,,wie die Gefahr; es mangle an Truppen und Geld, und „da Philipp seine ganze Macht von Portugals Grenzen ,,weggezogen, nebstbei ein französisches Hilfskorps aus „Roussillon erwarte, so glaube der König kaum, mit sei,,ner Handvoll Soldaten widerstehen zu können; und ,,man besorge, daß die meisten Truppen, weil sie nicht „bezahlt werden könnten, vorzüglich Spanier und Nea„politaner, bei erster Gelegenheit wieder zum Feinde hin„überlaufen würden." Dazu kam ferner, daß der König mit jedem Lage mehr jenes Zutrauen in den Grafen Pe terborough verlor, welches er ihm anfangs unbedingt geschenkt hatte; da die sonderbare Handlungsweise dieses Mannes, wie billig, Jeden befremden mußte, der tiefer in die eigentlichen Verhältnisse zu blicken vermochte. Der Mangel an guten Generalen, und überhaupt an erfað

renen Offizieren, war ein weiterer, keineswegs zu übersehender Übelstand. Binnen kurzer Zeit waren zwei der tapfersten Generale, nämlich der Prinz Georg von Darmstadt und der holländische Gl. Graf Schrattenbach, dem Könige entrissen worden, deren Verlust tief empfunden wurde. Die einzige Hoffnung waren jeßt noch der Prinz Heinrich von Darmstadt, der holländische Gl. Graf Noyelles, der kaiserliche FML. Graf Uhlefeldt, und der englische GM. Donegal. Unter den gewöhnlichen Vers hältnissen würden diese allerdings zugereicht haben; nicht aber hier, wo man verschiedene wichtige Punkte mit Kommandanten versehen mußte, und die Streitkräfte im freien Felde oft und meist zwar nur in geringeren Theilen auftraten, aber eben deßhalb eines erfahrenen Führers um so mehr bedurften. Fürst Liechtenstein ließ darum nicht ab, seinen Kaiser zu bitten, „aufs eheste „etwelche solche Generale anhero zu schicken, welche Ihro „Majestät Truppen kommandiren, und derselben, und „absonderlich in denen Militärsachen, mit deren ver,,nünftigem guten Rath an Hand gehen, und sich sonsten ,,in das hiesige Land, und den spanischen und katalanischen ,,humor schicken mögen.“ Die Zeitumstände waren jedoch leider von einer Art, daß diesem Unsuchen keine Folge gegeben werden konnte.

Doppelt auffallend muß aber die Geldnoth erschei nen, wenn man bedenkt, daß das englische Parlament zur Führung des Krieges im Jahre 1706 für die in Spanien und Portugal aufzustellenden 29,335 Mann englischer und holländischer Truppen die Summe von 631,842 Pfund, nebstbei an Subsidien für Portugal 150,000 Pfund, und als Unterstüßung für Karl III. abermals 250,000 Pfund bewilligt hatte, wovon 103,000

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Pfund lediglich für dessen eigenen Haushalt bestimmt waren. Man kann daher dem in London beglaubigt gewefenen kaiserlichen Botschafter Graf Gallas nicht Unrecht geben, wenn er in einem Schreiben an den Prinzen Eugen bemerkte: „der Mangel an Geld sey die Ursache ,,aller späteren Unfälle des dießjährigen Feldzuges ges „worden; denn mit Nichts mache man Nichts." - Karl wünschte, in Holland ein Anlehen von 600,000 Gulden zu machen, und dafür die Salinen von Alicante, oder irgend eine andere Hypothek zu geben; allein auch dieses Geschäft, wofür man den Kaiser selbst zu gewin nen suchte, kam nicht zu Stande, und die Verlegen= heit wuchs mit jedem Tage, so daß, als der König spås ter die Reise nach Madrid antreten wollte, der Mangel an den nöthigen Summen die einzige Ursache war, welche selbe verzögerte; worüber Fürst Liechtenstein in einem Berichte an den Kaiser sagte: „Ihro Majestät wollen jwar den 8. oder 9. Juni von Barcellona abgehen, „wann solche nicht durch den Abgang der Geldmittel, „oder ein anderes accidens daran retardiret werden', ,,indeme der geringste fundus nicht vorhanden ist, wors „aus man die Artillerie, provision, Fuhrwesen und. „equipage bezahlen könnte; der königliche Hofstaat auch ,, fast anderthalb Jahr keinen Kreuzer Geld empfangen, und gleich Ihro Majestät voller Schulden stehen, als ,,daß man befürchten muß, daß bei Dero Abraiß, große ,,confusionen und Mißvergnügen entstehen werden."

Seit November vorigen Jahres hatte man übrigens getrachtet, in der begonnenen Errichtung von Infanterieund Kavallerie-Regimentern fortzufahren. Die Fußregimenter Castiglione, Barcellona, Deputazion, Joseph Baguer, Anton Baguer, die Reiter - Regimenter

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