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gegend zu durchsuchen. Es war für die Preußen die höchste Zeit gekommen, sich zurückzuziehen.

Dà trat plößlich der Mond aus dem Gewölke hers vor, das ihn bis jest verborgen, und beleuchtete die Szene. Die Franzosen bemerkten sogleich ihre Gegner, und begrüßten dieselben mit Flintenschüssen. Zugleich erkannte der preußische Offizier, daß die ausgefallene französische Kolonne ihm weit überlegen, daher jeder Widerstand unnüß, und Rettung nur dann möglich sey, wenn es ihm gelang, das Fort Saint Antoine schnell zu erreichen. In diesem wäre es ihm möglich ge= worden, sich auch gegen Übermacht so lange zu vertheidigen, bis die, durch den Kanonendonner sicher schon aufgeregte, Reserve der Husaren durch das fortwährende Musketenfeuer zu seiner Unterstüßung herbeigerufen würde. Aber eine andere französische Kolonne war bereits aus dem Vugter Thore herausgebrochen, und hatte schon die Ruinen des Forts beseßt. Zugleich waren in der Stadt alle Schleußen aufgezogen worden. Die Gewässer der Aa und Dommel überschwemmten schnell die Eisdecke, und bedrohten, die preußische Schar in wes nigen Minuten zu ertränken. Es blieb derselben nur noch die einzige Hoffnung, das Dorf Bugt früher zu erreichen, als die französische Kolonne von Saint Antoine auf dem Damme dahin gelangte.

Unter dem von den Dämmen auf das Piket gerich teten Gewehrfeuer und den von den nächsten Bastionen abgeschossenen Kanonenkugeln zerstreute sich die ganze Abtheilung, und jeder Soldat suchte, sich einzeln zu retten. Als die Fliehenden dem Dorfe Vugt nahten, hatten die Franzosen dasselbe bereits beseßt, und durchsuchten eben die Gebäude und Gärten. Einige versteckte

Preußen wurden aufgefunden; die andern, obwohl von den Einwohnern mit Herzlichkeit aufgenommen und sorgfältig versteckt, waren in Gefahr, von den Franzosen ebenfalls entdeckt und gefangen zu werden. Da kamen noch zur rechten Zeit die Husaren von St. Michiel Gestel und andere in nahen Dörfern gestandene Jäger herbei, vertrieben die Franzosen aus dem Dorfe, und warfen sie in den Plaß zurück. Das Piket des Lieutenants Kretschmer verlor in dieser Nacht nicht mehr als drei Mann, die verwundet gefangen worden.

Dieser Vorfall hatte indeß keine Störung in den vertraulichen Verhältnissen der Preußen mit den Be= wohnern der Stadt nach sich gezogen. Im Gegentheile war wenige Tage später zur Bestürmung schon jede Vorbereitung getroffen, und die thätige Mitwirkung einer großen Anzahl der Bürger zugesichert. Die Preußen hatten einen ausführlichen Grundriß der Stadt und die genauesten Nachweisungen über die Lage jeder Kaserne, die Stärke der Besaßung, so wie jedes einzelnen Wachpostens, über die Zahl der in jeder Bastion aufgeführten Kanonen, u. f. w. erhalten. Die Schiffer hatten sich mit Waffen und Munizion versehen. Leitern, Haken und anderes Sturmgeräthe waren vorbereitet. Der Oberst von Zastro w mit dem Regimente Kolberg war bis Vlymen vorgerückt, um beim Sturmë mitzuwirEen, und von der Artillerie - Reserve waren Kanonen und Haubißen gesandt worden, um die Stadt zu beschießen. In der dem Sturme vorhergehenden Nacht des 25.-26. Jänners *) wurde verabredetermassen in der

*) Es ist hier zu bemerken, daß in dieser Zeitbestimmung Koch, Plotho und alle übrigen Quellen überein

Stadt ein großer Ball gehalten, und die französischen Offiziere waren dazu geladen. Man hoffte, daß diesels ben, durch Tanz ermüdet, durch reichlich genossenen Wein betäubt, im tiefsten Schlafe liegen würden, wenn am 26. Jänner um drei Uhr Morgens der allgemeine An griff begann. Die Schiffer hatten versprochen, den Rückzug der Befaßung in die Zikadelle Papenbrill mit gewaffneter Hand zu verhindern. Sie hatten auch die Männer gesendet, welche die Stürmer führen sollten. Die Kolonne, die das Vugter Thor angreifen mußte, bestand aus den Bataillons des Kolberger und des 9. Reserve Regiments. Sie sammelte sich bei Bugt und hinter dem Fort Saint Antoine. Die Tirailleurs derselben machten, geführt von den Lieutenants Schlich. ting und Müller, den Vortrab. Der Lieutenant Kretsch mer mit seinen Tirailleurs stand als Vortrab bei der andern Kolonne, die gegen das Hinthammer Thor vorrücken sollte. Diese Kolonne versammelte sich im Fort Crevecöur.

Um drei Uhr brachen beide Kolonnen in größter Stille auf. Die zweite rückte von Crevecöur auf dem Damme von Orten vor. Die Dunkelheit hüllte den Zug ein, und der frischgefallene Schnee dämpfte den Schall der Fußtritte. Die Franzosen waren so eben beschäftigt, die Eisdecke der Graben beim Scheine vieler Laternen aufzubrechen. Diese grelle Beleuchtung hinderte sie, wahrzunehmen, - das Klopfen und Zerschlagen des Eises, zu hören, daß diese zweite Kolonne an ihnen in der Entfernung von kaum zweihundert

stimmen; indeß Kretschmer den Sturm um einen · Tag früher geschehen läßt.

Schritten vorbeimarschirte. Der Vortrab gelangte unent= deckt bis an das vor dem Hinthammer Thore liegende Ravelin. Die Kolonne folgte in einiger Entfernung.

Als die Uhr des Domes die dritte Stunde schlug, begannen die in den Orten - Damm eingeschnittenen Kanonen und Haubißen ein sehr lebhaftes Feuer mit Kugeln und Granaten auf die Zitadelle. Dasselbe hatte den Zweck, die Aufmerksamkeit der Besaßung von den wahren Ungriffspunkten abzulenken, und sie auch von einem Rückzuge in die Zitadelle abzuschrecken. Diese nämlich beherrschte die Stadt, und hätte die Alliirten, auch nachdem sie in dieselbe eingedrungen wären, durch ihr Feuer zwingen können, sie wieder zu räumen.

Der Vortrab warf die mitgebrachten Bretter über den aufgeeisten Graben des Ravelins, und erstieg den Wall. Die auf demselben stehenden Posten wurden niedergestochen, die Besaßung des Ravelins im Wachhause überfallen, entwaffnet und gefangen genommen. Dieses Alles wurde in größter Stille vollbracht.

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Die Kolonne kam jest an den Graben des Haupts walles, dessen Waffer nicht gefroren war. Die Brücke war aufgezogen. Die Sturmleitern wurden ange= legt; mehrere Soldaten stiegen hinauf. Ein mit dem Sperrzeuge versehener Schlosser öffnete leise die Vorhängeschlösser, welche die um die Brücke geschlungene Eisenkette festhielten. Die Brücke stürzte herab. Der Vortrab eilte hinüber, und befand sich dann am Stadt, thore. Erst der von dem Fall der Brücke verursachte Lärm hatte die Thorwache von der Nähe des Feindes unterrichtet. Von dem Walle begann nun ein lebhaftes Feuer aus Geschüß und Musketen. Der Vortrab war aber bereits unter dem Schuß, und das Feuer verursachte der nach

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ziehenden Kolonne bei weitem größeren Verlust. Nun hieben die Zimmerleute einige Pallisaden auf beiden Seiten neben dem Thore weg. Die Leitern wurden angelegt. Ein Theil des Vortrabs stieg hinauf; indeß der andere von unten auf die oben stehende Wache schoß. Diese sette ihr Feuer so lange lebhaft fort, bis die hinan kletternden Preußen ihr mit den Bajonetten nahe kamen. Nun flüchtete sie sich auf dem Walle der Zitadelle zu.

Die vor der ersten Kolonne marschirenden Tis railleurs waren von dem Dorfdiener Jan van Bowlen gut über das Eis geführt worden. Der Vormüller hatte alle Fenster seiner Mühle beleuchtet. Der Vortrab hatte, gleichzeitig mit jenem der zweiten Kolonne, das Vugter Thor erstiegen. Der Hörnerruf beider Tirailleurscharen verkündete wechselseitig das örtliche Gelingen.

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Die Kolonnen schlugen nun den Sturmmarsch. Die Thore wurden von den Zimmerleuten eingehauen. Die auf dem Walle stehenden Feldstücke wurden von den Tirail, leurs gegen die Stadt gewendet, und mit in die Gasfen hinabgezogen. Aus allen Häusern stürzten die einquartierten Franzosen heraus, und flüchteten der Zita= delle zu. Die dahin führen.de Straße hätte denselben von den Schiffern gesperrt werden sollen. Wirklich hatten dieselben diesen Zugang beseßt, feuerten auf die Fliehenden, vermochten aber nicht, sie aufzuhalten.

Die Tirailleurs der beiden Kolonnen kamen einander auf dem Marktplaße entgegen. Die Sturmkolonnen vertheilten sich in den Straßen, und eilten nach den Kasernen und den verschiedenen Pläßen. Aber nun machten die schon in der Zitadelle befindlichen Franzosen einen Ausfall. Sie hatten sich schnell überzeugt, daß in derselben nur etwas weniges Mehl, und gar kein Schlachtvich, auch keine Kochgeschirre, sich vorfanden

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