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auszuziehen. Die Tscherkessen, vermieden ihrerseits jeden ernsten allgemeinen Kampf. Endlich, sich den Anschein ge bend, als seyen sie von den fortwährenden Räubereien ganz erschüttert, schickten sie Abgeordnete in das tatarische Lager, um ihre Unterwürfigkeit ausdrücken zu lassen. Es wurden ihnen harte Bedingungen auferlegt, die sie aber gerne zu erfüllen versprachen. Nur baten sie sich zehn Tage aus, um die verlangten Jünglinge auszuliefern, und zwanzig Tage, um die Mädchen herzustellen, die schwerer, zu finden und auszuwählen seyen.― Nach den verstrichenen zehn Tagen hielten sie wirklich Wort, und schickten mit den jungen Männern gleichzeitig auch alle Gattungen von Lebensmitteln und starke Liqueure in das feindliche Lager. Beim Anbruche des zwanzigsten Tages, wo die ganze Armee, sich der Ruhe überlassend, noch halb trunken lagerte, vollführten die Tscherkessen, die sich indessen noch verstärkt hatten, den beabsichtigten Überfall. Ein Theil derselben kam die Abhänge herab, und fing an, große Steinblöcke auf die unten stehenden Zelte zu rollen; andere, wohl bewaffnet, stürzten sich auf das Lager, ohne den überraschten Tataren Zeit zur Fassung zu lassen. Die im Lager anwesenden tscherkessischen Jünglinge halfen, wie verabredet, getreulich ihren Brüdern. Der Mond beleuchtete das Unternehmen der Tscherkessen. Eine große Anzahl der Tataren wurde nie dergemegelt. Nur wenige entkamen. Der Chan verlor dabei einen Sohn und einen Bruder, sein Lager und die ganze Bagage. Seit dieser Zeit fahen sich die Tscher: keffen von allen Bedrückungen der Tataren befreit. Die in den westlichen Bergen und am Meere wohnenden Therteffen entzogen sich ebenfalls, deren Einfluße.

Die Macht der Tataren wurde noch wankender, als die Russen, welche sich schon bedeutend ausgedehnt hatten, im Jahre 1781 auch noch den Kuban und die Krimm erhielten. Die Türken mußten, in Folge des Vertrages von diesem Jahre, alle an der Nords und Ostküste des schwarzen Meeres gelegenen Festungen an die Russen abtreten. Es blieben ihnen nur mehr die Häs fen von Sudschuk Kale und Unapa, an welchen Stellen sie Festungen erbauten, und alle Kräfte dahin verlegten. Der in Anapa residirende Pascha hatte die Weisung, mit den Bergvölkern fortwährend in Verbindung zu bleiben, und sie gegen Rußland aufzureizen. Anapa wurde der Herd der türkischen Machinazionen. In diesem Orte wurden alle tscherkessischen Produkte aufgenommen. Die Türken leisteten den Bewohnern allen Vorschub, um ihren Einfluß gewichtiger als jenen Rußlands zu machen. Die Russen dagegen wandten alle Kräfte an, sich Unapas zu bemächtigen. Sie fühlten wohl, daß von dem Besize dieses wichtigen Hafens die Herrschaft des Kaukasus abhänge. Sie nahmen ihn im Jahre 1791, dann neuerdings 1807, und behielten ihn bis 1812, wo fie diese Festung, durch den damaligen Krieg mit Frank reich genöthiget, wieder den Türken überlassen mußten. Die Türken benügten die Zeit des neuen Besizes zur Wiedergewinnung ihres früheren Einflusses; was ihnen auch ziemlich gelang. Der größte Theil der Tscherkessen ergriff freudig die Gelegenheit, zu seinem alten Hand. werk, zur Räuberei, zurückzukehren. Die Einfälle in das russische Gebiet wurden so arg, daß troß der vielen festen Pläge, welche die Russen längs dem Ufer des Kuban angelegt hatten, und ungeachtet der Wachsam=

keit der an der Grenze anfgestellten Truppen, die Plünderungen gar nicht mehr abgewehrt werden konnten.

Der Herzog von Richelieu, damaliger Gouverneur des südlichen Rußlands, ermüdet von diesem Stande der Dinge, wollte es, da mit Gewalt nicht viel auss zurichten war, nunmehr versuchen, die Tscherkessen durch Zivilisirung für die russische Regierung zu gewinnen, Begeistert von diesem Projekte,, machte er im Jahre 1813 dem Kaiser Alexander dießfalls einen Vorschlag, der auch angenommen wurde. Der Herzog batte gefun den, daß die in den Bergen wohnenden Tscherkessen, obgleich sie eine angeborne Neigung zur Räuberei besißen, dennoch auch erhabenere und edlere Gefühle in ihren Busen tragen, und hatte sich auch die Überzeugung verschafft, daß ihre Einfälle in fremdes Gebier nicht so= wohl die alleinige Folge ihres kriegerischen Geistes und der Leichtigkeit sind, mit welcher sie sich wieder in ihre Berge zurückziehen können, sondern vielmehr aus Ur sache der großen Noth und des außerordentlichen Elendes geschehen; da sie in ihren wilden und unbebauten Bers gen eingeschlossen leben, und ihnen die Gelegenheit mangelt, die Früchte ihrer Wälder und ihrer mühevollen Jagden durch den Handel abzusehen.

Die ersten freundschaftlichen Handelsverbindungen wurden mit Mehmet Jendar - Oglou, Prinzen von Pschade, durch eine seiner Verwandren, die den Gen, Buchholz geheirathet hatte, eröffnet. Im Einverständnisse mit diesem Prinzen errichtete man zwei Stappelpläße für den Handel, einen zu Pschade, den andern zu Ghelindfchik, Eine kleine russische Flotte von 15 Schiffen wurde, von Scaffi befehligt, zur Sicherung

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dieses Handels unter Segel gefeßt. Der Pring Oglou beschüßte denselben ebenfalls mit größter Treue und bezeugte wirklich das aufrichtigste Verlangen, zur Ruhè und Zivilistrung.der Tscherkessen beizutragen. Die gute Wirkung blieb aber weit hinter der Erwartung. Die Gebirgsbewohner, treu an ihren alten Gewohnheiten hängend, und immer dieselben wie sie Strabo ber schrieben, überschritten noch unaufhörlich den Küban', und plünderten und verheerten, jest wie vor die auf russischem Gebiete liegenden Dörfer: Noch mehr mußte alle Hoffnung eines freundschaftlichen Verhältniffes schwinden, als man sich überzeugte, daß die Tscherkessen in dem legten russisch- türkischen Kriege (1828) ju Taus senden unter die türkischen Fahnen gingen. Man müßte endlich die Absicht gänzlich aufgeben, ein Volk zivilifis ren zu wollen, das Jeden für einen ungerechten Feind ansieht, der ihm das Recht des Raubes oder nach seinen Begriffen die Freiheit, zu entreißen verfachts Nur die Gewalt allein schien fortan das einzige Mittel zu seyn, dieses Volk unterwerfen zu können. om sinai

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Im Jahre 1829 erwarb Rußland durch den Fries den von Adrianopel die unbeschränkte Herrschaft über Tscherkessien, und über die ganze Ostküste des schwarzen Meeres von Anapa bis zum Fort St. Nikolaus. Die Tscherkessen wollten aber die Bestimmungen dieses Vers trages nicht auf sich anwenden lassen, und widerstrebten. den russischen Anordnungen. Die Regierung versuchte es darauf noch einmal, in Unterhandlungen mit den Tschers Eeffen zu treten, konnte aber mit diesem Volke, das in so viele von einander unabhängige Theile zerstückelt ist, nichts auswirken. Ein anderer Versuch, die tscherkessis

schen Unführer durch Unstellungen in der russischen Armee und durch hobe Pensionen zu gewinnen, blieb ebenfalls erfolglos. Die Tscherkessen erhoben ihre Stirne um so freier, und seßten ihre Raubzüge fort; was endlich die russischen Grenzbewohner zur Wiedervergeltung anreizte. Die gegenseitigen Plünderungen mußten beide Völkerschaften zu den heftigsten und unversöhnlichsten Feinden machen. Um dieses Treiben endlich ans Ende zu bringen, erklärte Kaiser Nikolaus den Tscherkessen den Krieg, betheuernd: daß er Gebrauch von jenen Rechten machen wolle, die er durch den Traktat von Adrianopel errungen. Es wurde. ein vielversprechender Operazionsplan entworfen, an dessen Ausführung nun schon seit zehn Jahren gearbeitet wird. Die Russen hatten nämlich die Absicht, auf tscher. Eeffischem Boden festen Fuß zu fassen, das ganze Land mittels militärischen Linien zu durchschneiden, diese Lis nien stazionsweise mit Schanzen zu versehen, und das durch die einzelnen Stämme zu isoliren, und theilweise zu unterwerfen. In Übereinstimmung mit diesem Projekte suchte man, den Tscherkessen alle Zufuhren auf dem Meere, wie überhaupt alle Verbindungen mit auswärtigen Mächten, abzuschneiden, traf aber gleichzeitig Anstalten, daß die Tscherkessen ihre nothwendigsten Bedürfnisse, wie Salz, Kleiderstoffe, u. dgl., auf freundschaftlichem Wege aus Rußland beziehen konnten. Unter dem Vorwande von Sicherheitsmaßregeln gegen die Pest wurde allen fremden Schiffen das Landen an der tscherkessischen Küste untersagt, und allen Regierungen hiervon die Mittheis lung gemacht. Rußland rüstete zu diesem Zwecke eine Flottille aus. Zwei Kreuzer zogen immer der Küste entlang. Einer von Ghelindschik ausgehend, hatte die

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