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des Ruhmes. Das Mädchen kann einem Jünglinge keinen größeren Vorwurf machen, als wenn es ihm sagt, daß er nicht einmal geschickt genug ist, eine Kuh zu stehlen.

Kriegerische Raubanfälle und Plünderungen schei nen dem Tscherkessen, etwas Erlaubtes zu seyn. Daß er fie aber gerade für keine Tugenden ansieht, mag aus der Erzählung Interianos hervorgehen, der uns bemerkt, daß die Edlen erst im 60. Lebensjahre anfangen, den Gottesdienst zu besuchen, den sie in ihrer Jugend nur außer der Kirchenpforte zu Pferde gehört hatten, da sie, ihrer Plünderungen wegen, die Kirche zu entweihen . glaubten. Zwischen Personen, die durch die Bande der Verwandtschaft, Freundschaft oder Gastfreundschaft vereint stehen, bleibt das Eigenthum vollkommen gesichert.

Welcher Religion die Tscherkessen angehören, ist schwer zu bestimmen, da die christliche, muhamedanische und das Heidenthum bei ihnen fast verschmolzen vorkommen. Alle Eroberer, wie die georgischen, tartarischen und russischen Fürsten, suchten, dem Volke ihren Glaus ben aufzudrängen. Keiner konnte jedoch mit einem Male den alten Glauben vernichten, sondern mußte es gesche= hen lassen, wenn sich Aberglaube, alte Gebräuche, Feste, u.dgl. mit in den neuen Ritus einwebten. Obwohl man, jeßt in neuerer Zeit, im Allgemeinen dem christlichen Glauben folgt, so ist es doch nur mehr dem Anscheine nach, und jedes Volk, jeder Tribus, hat seine eigenen Gebräuche, Formen und alten Erinnerungsfeste. Die tscherkessischen Großen allein bekennen sich zur muhamedanischen Religion, ohne jedoch ihren zeremo niellen Beschränkungen Folge zu leisten. Die in den höheren Theilen des Gebirges Wohnenden sind noch voll

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kommene Heiden. Sie haben noch ihre geheiligten Wälder und Bäume, an welchen sie ihre Opfer bringen. Selbst die christlichen Kirchen in den tieferen Gegenden werden, nach der Meinung der Leute, von heiligen Bäumen umschattet. Zum Beweise, welchen Aberglaus ben die Tscherkessen noch þegen, und wie wenig Kennts niß der Natur sie besißen, mag hier nur angeführt seyn, daß sie den Donner für einen herunterfahrenden, Segen bringenden Engel halten, durch welchen eine vom Blige erschlagene Person geheiliget wird. Die Verwandten eines der Art Erschlagenen werden zu den Beglückten gerechnet, und erhalten aus der ganzen Nachbarschaft Glückwünsche für die ihnen zu Theil gewordene Ehre.

Nicht minder sonderbar sind die Formen bei ihren Begräbnissen, und die Verehrung der Verstorbenen. Nach jedem Begräbnisse wird ein feierliches Mahl gehalten, und nach demselben werden Spiele, Leibesübungen und Wettrennen zu Pferde und zu Fuß vorgenommen, bei welchen die Gewandtesten und Schnellsten, zu Ehren des Verstorbenen, mit Seidenstoffen und andern Preisen betheilt werden. Für die im Kriege Gefallenen schicken die Tscherkessen, gleich nach dem Gefechte, einige Abgeordnete an den Feind, um die Leichname gegen Pferde, Ochsen oder andere Gegenstände auszulösen.

Die Sprache der Tscherkessen hat Ähnlichkeit mit der Finnischen. Schreiben kann der Tscherkesse nicht. Die einzigen Buchstaben, die er kennt und anwendet, sind die, um seine Pferde zu markiren. Das, was er zum Handel braucht, besorgen ihm herumziehende Türken oder Juden, die sich in solchen Geschäften als ZwischenHändler anbieten. Die Erinnerung seiner Thaten bes wahren ihm die Sänger, die alle größern Epochen seis

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ner Geschichte, und die Heldenthaten seiner Vorfahren in Meimen vortragen, und den Muth und Ehrgeiz des Jünglings entflammen. Selbst von Räuberbanden wer den folche, mit Guitarren wandernde Sänger respektirt.

Der Hauptartikel im tscherkessischen Hans del ist der Mensch. Alles übrige ist nur unbedeutender Tauschhandel. Der Tscherkesse gibt Honig, Wachs, Zie gen, Pelzwerk, Getreide und Bauholz gegen Waffen, Kleiderstoffe und gegen Salz, an welchem letteren Artikel es ihm besonders gebricht. Gewinnt der Tscherkesse baares Geld, so verwendet er es hauptsächlich dazu, seine Waffen mit Gold und Silber zu verzieren, oder zu goldenen Bechern, aus welchen er bei Festlichkeiten trinkt. Goldschmiede sind daher die einzigen Handwerker, die in diesem Lande Lurusgegenstände bearbeiten.

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Der Menschenverkauf ist eine die tscherkessische Nasion noch am meisten schändende Handlung. Schon seit den frühesten Zeiten ist Tscherkessien, als ein Sklavenmarkt bekannt. Die Mädchen werden von den Altern nicht nur an den Bräutigam, sondern auch an Fremde verkauft. Eben so kann der Bruder seine Schwester, der Gatte feine Frau weggeben. Nie aber verkauft ein Tscherkese den andern. Er würde sonst, wie ein Mörder, der Blutrache anheimfallen. Nicht einmal der Fürst darf sei nen Leibeignen verkaufen. Der Tscherkesse hat dieß Recht nur über seine Sklaven und die von ihm gemachten Ges fangenen.

Da dieses Gefangene Machen und das Plündern dem kampflustigen Tscherkessen nicht nur ein einträglicher, sondern auch ein angenehmer Erwerb ist, so ließ er von jeber keine Gelegenheit unbenügt, wo sich ihm ein guÖftr. milit. Zeitschr. 1839. II. R

sich durch seine glücklichen Kriege und durch seine weise Regierung im ganzen Kaukasus so berühmt gemacht, daß sich ein großer Theil der Tscherkeffen freiwillig unter seinen Schuß, begab. Während seiner Oberherrschaft ünternahmen die Tscherkessen im Jahre 1509 einen Einfall in das benachbarte Mingrelien und Imerethi, und Inal schlug die Bewohner dieser Provinzen, als sie sich durch einen ähnlichen, Überfall an den Tscherkessen rächen wollten. Zur Regierungszeit Inals war es auch, daß fich fränkische und genuesische Ansiedler, die ihre Woh nungen in einigen nördlichen Thälern des Kaukasus, sbis jenseits des Kubang, aufgeschlagen hatten, tiefer in das Gebirge zürückzogen, wo sie sich mit den Landes- bewohnern vermischten, und bald ihren Ursprung und fibre Religion vergaßen.

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Im Jahre 1555, begann eine neue aber härtere Epoche für die Tscherkessen. Bis jetzt hatten diefelben nur mit den sie, umgebenden Tataren zu kämpfen. Nun aber kan ein anderes Volk; sie zu unterwerfen: die Russen, die sich zu dieser Zeit der Reiche Kafan und Astrachan bemächtiget shätten. Nunmehr zwischen beiden rivalisirenden Möchten gelegen, war es der Tscherkeffen Loos, fortwährend mit der einen oder der andern Macht zu kämpfen. ni mobil dis dim #isa,,7, Während die Russen 1555 im Often einfielen, wurden die Tscherkessen im Westen von den Tataren bedrängt. Ein Theil der Tscherkessen unterwarf sich dem Czaars Wasiljewitsch. Der Chan der Krimm, mit einem großen Heere einfallend zwang einen andern Theil, an den Kuban zu ziehen, und den Islam anzunehmen. Der 5.Gewalt, nachgebend, blieken die Tscherkessen so lange in

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diesen neuen Behausungen, bis es ihnen ein zwischen Rußland und den Tataren der Krimm ausgebrochener Krieg möglich machte, wieder in ihre Berge zurückzu. kehren. Nach diesem Kriege begab sich wieder ein gros BerTheil der Tscherkessen unter russischen Schuß, und ging zur griechischen Kirche über. Nur ihre Unführer und Edler blieben dem Islam getreu. Der Chan der Krimm; dem durchaus daran gelegen war, die Tschers Eeffent von der russischen Herrschaft und vom russischen Glauben loszureißen, bekriegte und besiegte dieselben neuerdings im Jahre 1570. Der vielen Anfälle und Verheerungen der Tataren müde, bequemten sich die Tscherkessen endlich, an den Chan der Krimm und dem Fürsten von Nogais einen jährlichen Tribut von 6000 Sklaven und eben so vielen Pferden zu bezahlen. Diese Unterwürfigkeit, Schwäche beurkundend, war für die Tataren nur eine Lockung mehr zur gänzlichen Besiegung der Tscherkessen.

Nachdem selbe den zugesagten Tribût wieder_ver. weigerten, segte sich der Chan, mit Einwilligung der Pforte, an die Spiße von 100,000 Tataren, und rückte mit selben gegen den Baksan, einem Flusse, der sich in den nach dem kaspischen Meere fließenden Terek mün det. Die Tserkessen hatten sich in die inneren, diesen Fluß umschließenden Berge jurückgezogen, und erbau ten an der engsten Stelle dieses Defilees einen gemauer ten Wall, welchen man heute noch die Mauer der Krimm nennt. Die Tataren waren in einer großen Ebene am Fuße eines hohen Berges gelagert, und blieben in derselben längere Zeit unthätig. Sie begnügten sich, heimlicherweise nach allen Seiten auf Plünderungen

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