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dem Königreiche Portugal zuströmt, und auf seiner rechten Seite den Alagon und die Herjas aufnimmt, erhebt sich auf einem der felsigen Hügel am linken Ufer das ehrwürdige, schon im grauesten Alterthume bekannte Ulcantara. Seine prachtvolle, auf 6 Pfeilern ruhende, 670 Schritte lange, 28 Schritte breite, und nahe an 200 Fuß über den Tajo sich erhebende Brücke soll noch von Trajan herrühren, wie die dortigen Inschriftsteine sagen. Der Plaß hatte eine bastionirte Umfassung, und war nur auf der Mittagseite zugänglich; denn im Norden schüßte ihn der tiefe Tajo, im Westen und Often aber zwei in felsigen Schluchten abfließende Bäche. Uralte, mit festen Thürmen versehene Mauern zogen sich überdieß noch außerhalb an den Berglehnen hin, und der einzige Zugang, welcher im Süden, oder was gleichviel gilt, auf dem linken Tajo-Ufer in die Stadt führte, lag unter dem kreuzenden Feuer des Plages und eines kleinen Werkes, das einen vorliegenden Hügel krönte. Der Aufzug war gut, die Mauern fest; 9 Ba= taillons (5000 Mann), obwohl meist junger Truppen, mit 50 metallenen und mehreren eisernen Geschüßen, für den Widerstand zureichend. Nur einen Musketenschuß von der Stadt im Osten, jenseits des Baches, lag das ausgedehnte, mit einer hohen Mauer umgebene Franziskanerkloster, welches 1 Hauptmann mit 50 Mann besest hielt; im Norden erhob sich, hoch über dem Tajo, ein Sarazenenschloß oder Kastell als leßter Zufluchtsort des Vertheidigers, indem es auch den Rückzug auf das jenseitige Flußufer decken konnte. Dieß war ungefähr die damalige Lage pon Alcantara. Um 10. erstürmten die Verbündeten das Kloster. Am Abende dieses Tages wurden die Laufgraben eröffnet, und zwei Breschbatte

rien auf 15 und 12 Kanonen, am 11. auch noch eine Keffelbatterie von 6 Mörsern erbaut. Die Besaßung suchte vergebens, das Kloster wieder zu erobern. Am 12. traf der aus Beira kommende Marquis Fronteira mit einigen Truppen beim Heere ein. Der Kommandant des Plages bot die Kapitulazion an; da er aber mit Waffen und Gepäck abzuziehen begehrte, so wurde selbe verweigert. Um 14. Nachmittags waren die Wallbrüche gangbar, Alles zum Sturme bereit; da öffnete Alcantara seine Thore. Die Garnison zog am 16. durch die Bresche aus, und blieb kriegsgefangen; der größte Theil nahm jedoch Dienste unter den Fahnen Karls III. Die Alliirten fanden hier 64 Kanonen, worunter 47 von Metall, viel Munizion, Waffen, Monturstücke, 15,000 Säcke Korn und 35,000 Säcke Hafer. Man legte sogleich Hand an, das Schadhafte wieder auszubeffern, und ließ eine Besaßung von 4 Bataillons in der Festung.

Die Straße nach Madrid war geöffnet. Galloway drang auf Eile; die Portugiesen zauderten. Endlich thaten sie wieder einen Schritt vorwärts. Am 19. ging der Marquis Fronteira mit der Vorhut bis Coria; das Heer selbst überschritt am 20. bei Alcantara den Lajo, und lagerte am 21. bei Pedras-albas. Am 22. ergab sich Mo= raleja; am 23. Coria. An beiden Orten machte man etwa 300 Mann regulärer Truppen und eben so viel Milizen zu Gefangenen. Der Herzog von Berwick führte sein schwaches Korps am 20. von Caceres in der Richtung auf Plasencia, überschritt den Tajo bei Can=' naveral (zwischen Alcantara und Almaraz *), und traf

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*) Duvivier sagt S. 345, I. Bd. ganz irrig „sur le pont d'Arzobispo."

am dritten Tage in Malpartida de Plasencia. ein, wo GL. Jeoffreville schon den Tag zuvor mit einem Theile der Reiterei eine Aufstellung genommen hatte. — Am 26. rückte das verbündete Heer bis an den Alagon; am 28. ergab sich Plasencia; Karl wurde dort zum Könige ausgerufen, und Berwick ging bis an die Venta de Bazagona zurück. Um 1. Mai überschritt Galloway die Bazagona, und lagerte am Abende dieses Tages an der Heerstraße nach Madrid, sechs Stunden vorwärts Plasencia, im Angesichte von Alma raz. Berwick, durch 10 Milizbataillons aus der Gegend von Badajoz verstärkt,trat den Rückweg an. Der Hof in Madrid zitterte; denn die Alliirten hatten kaum noch fünf kleine Märsche dahin; die Hauptstadt war ohne Truppen; das Heer, welches selbe vertheidigen sollte, stand fünfundsiebzig deutsche Meilen davon entfernt vor Barcellona. Die schuß- und rathlose Gemahlinn Philipps beschwor in einer Versammlung am 1. Mai die spanischen GroBen, und vorzüglich die kastilianischen Hidalgen, um schleunigen Beistand. Sie versicherte, Katalonien würde nächstens unterworfen seyn, und regte den spanischen Stolz gegen die verachteten Portugiesen auf. Ja sie erinnerte sogar an die Keher, welche heranzögen, die heiligen Altäre zu besudeln, legte das Wohl der Monarchie in die Hände des Adels, und verlangte Proben seiner Treue. Die Rede machtè tiefen Eindruck; allein statt augenblicklicher Hilfe erhielt die Herzoginn nur Rath, statt Truppen und Geld nur Worte des Trostes und weithinausgeschobene Verheißungen. Jeder suchte das Seine in Sicherheit zu bringen', und beide Kastilien geriethen in Aufruhr und Verwirrung. Die hochherzige Fürstinn sah, daß hier Alles verloren sey, und die Portugiesen ̈®

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nur anzurücken brauchten, um die Schlüffel der Hauptstadt in Empfang zu nehmen.

Da brach die Zwietracht im alliirten Kriegsrathe von Neuem aus. Furcht erfüllte die Gemüther, als die Kunde von der Eroberung des Montjuich und dem nahen Falle von Barcellona bis ins Tajothal gedrungen war, und die Standhaftigkeit der Portugiesen heftig erschütterte. Am 1. Mai wurde, ganz gegen den Willen des Grafen Galloway und des holländischen Glts. Friesheim, in Überlegung genommen; „Ob man bei so bewandten ,,Umständen weiter gegen Madrid vorrücken solle ?" Diese Frage war in jenem Augenblicke ein offenbarer Vers rath an den Interessen Karls III., und gleichbedeutend mit der freiwilligen Aufgebung des einzigen Weges, der zur Eroberung führen konnte. Mangel an Lebensmitteln war auch dießmal wieder der nichtige Vorwand. Die drei höchsten Generale im Heere hatten jeder eine andere Meinung. Galloway wollte gerade nach Madrid gehen; Las Minas begehrte Badajoz zu belagern; der Marquis Fronteira verlangte die Unterwerfung von Ciudad Rodrigo. Galloway und Friesheim drangen nicht durch; an dem eisernen Willen des schwachen Kriegsrathes zerschellte machtlos die ohnehin mehr nominelle als faktische Gewalt des Generalissimus. Die zu allen Zeiten so beliebten Erholungsquartiere kamen wieder zur Sprache; da man schon einunddreißig Tage im Felde stehe, und die große Hiße im Anzuge sey. Um aber nicht den Vora wurf auf sich zu laden, daß man gar nichts gethan habe, schlug endlich Minas und fein Anhang vor: Eroberungen in Estremadura zu machen, die Tajobrücke bei Almaraz, ein altes Römerwerk,

zu befestigen; Ciudad Rodrigo zu belagern. Wenn aus Katalonien gün

stigere Nachrichten einträfen, so wolle man weiter gehen. So sprach der Kriegsrath. Mit Mühe erlangte Galloway, daß man sich von Lissabon weitere Befehle erbitte. Er schrieb indessen an den König von Portugal und den englischen Gesandten in Lissabon, und bat um bestimmte Weisun=" gen für die portugiesische Generalität. Indessen zog das alliirte Heer an der Bazagona hip und her, ging noch am 1. Mai auf Las Vellas, empfing am 3. die Unterwerfung der Stadt und des Gebietes von Alma raz, das man aber nicht beseßte, und nåhm am 5. die Huldigung aller umliegenden Ortschaften auf dem rechten Tajo-Ufer entgegen.

Da kam von Lissabon der gemessene Befehl; „auf ,,dem geraden Wege nach Madrid vorzurücken,“ *) von welchem man nur noch fünfundzwanzig Stunden-entfernt war. Aber auch dieser Befehl enthielt eine Klausel,

*) Dieß war ganz in Übereinstimmung mit dem Willen der Höfe von Wien, London und Haag. Die Königinn Anna schrieb dießfalls eigenhändig an Peter I. Auch die Generalstaaten mißbilligten später in ihrem Schreiben vom 19. Juni, und zwar in einem aufrichtig derben Tone, gegen den König von Portugal, die Operazionen im Monat Mai, „welche statt gegen Madrid, links nach Ciudad Rodrigo führten,“ und wünschten, „ein kluges Benehmen mit Beseitigung jedes Aufenthaltes." Die Kunde von diesen Beschlüssen drang bis nach Barcellona. Fürst Liechten= stein schrieb unterm 28. Mai dem Kaiser „daß, wenn „die Portugiesen Erfrischungsquartiere wirklich bezogen hätten, dieses wohl die fatalste Zeitung, und die ein„zige Sache wäre, welche die gegenwärtigen Progressen und den noch diesen Sommer verhoffendeu Conquist „von Spanien, verhindern könnte.“

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