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Am 16. wurde an die Vertreter der ausserdeutschen Grossmächte am Bunde die oben präcisirte Erklärung des Bundes-Präsidiums mittelst Noten bekannt gegeben und bemerkt, dass die gefassten Entschlüsse auch für Preussen fortwährend giltig wären.

Wir stehen hiemit an der Schwelle des Krieges, der für Österreich und seine Verbündeten einen so unerwartet unglücklichen Ausgang nehmen sollte.

Bevor wir an die Darstellung der Ereignisse desselben gehen, haben wir nur noch zu bemerken, dass zur Zeit, als die Rüstungen Preussens und Österreichs schon ihren vollen Gang nahmen, das Ausland Schritte zu einer Verständigung versuchte. Frankreich, England und Russland hatten sich nämlich damals zu einem Conferenz - Vorschlage geeinigt und zur Theilnahme auch Österreich, Preussen und Italien, so wie den deutschen Bund eingeladen.

Die diesbezüglichen am 27. und 28. Mai in Frankfurt von den Geschäftsträgern der drei neutralen Grossmächte überreichten Einladungsschreiben bezeichneten als Gegenstände der Verhandlung:

1. die Herzogthümerfrage,

2. Die Massregeln zur Beruhigung Italiens;

3. Die Angelegenheiten der Bundesreform, so weit dieselben das europäische Gleichgewicht berührten.

Der Bund hatte diese Einladung angenommen und bestimmte den königlich bayerischen Staatsminister Freiherrn von der Pfordten als seinen Vertreter bei der beabsichtigten Conferenz, hob jedoch in seiner Antwortsnote hervor, dass die holsteinische Frage, abgesehen von Schleswig, so wie die Reform der Bundes-Verfassung, abgesehen von den internationalen Beziehungen des Bundes, von jeher als innere Fragen des Bundes angesehen worden wären.

Auch Preussen und Italien waren dem Vorschlage beigetreten; als jedoch Österreich seinen Beitritt zwar nicht ablehnte, wohl aber seine Zusage an die bestimmte Voraussetzung knüpfte, dass das öffentliche europäische Recht und die bestehenden Verträge den Ausgangspunkt dieser Vermittlungsversuche bilden, und die theilnehmenden Mächte kein Sonder-Interesse zum Nachtheile des europäischen Gleichgewichtes und der Rechte Österreichs verfolgen würden, zerfloss das Nebelgebilde des Congresses, und die Bestätigung lag offen vor, wie wenig die neutralen Grossmächte die Absicht gehabt hatten, dem Rechte seine Anerkennung zu verschaffen.

Der Congress wäre nur ein Mittel gewesen, Österreichs Besitzrechte zu Gunsten seiner Gegner zu schmälern; die österreichische Regierung war sich dessen ebenso bewusst, wie dass die von ihr gestellte Bedingung ihres

Beitritts zum Congresse diesen selbst scheitern machen müsste. Der Congress kam auch nicht zu Stande. ')

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Wir gehen nun zur Darstellung der Streitmittel über, welche in dem bevorstehenden grossen und für die Geschicke ganz Mittel-Europa's entscheidenden Kampfe zur Verwendung kommen sollten, und welche Mitte Juni bereit waren, das Glück der Waffen zu versuchen.

4) Wie wenig Rücksicht Österreich von diesem Congresse zu erwarten gehabt hätte, lassen die folgenden beiden Schriftstücke deutlich sehen.

In einem der Öffentlichkeit übergebenen Schreiben an den Minister der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs vom 11. Juni äusserte sich Kaiser Napo

leon folgendermassen über seine Congressidee:

Wir hätten, soweit es uns betrifft, für die Mittelstaaten des deutschen Bundes „eine engere Einigung, eine mächtigere Organisation und eine bedeutendere Rolle, „für Preussen grössere Gleichartigkeit und mehr Macht im Norden, und für Österreich „die Erhaltung seiner grossen Stellung in Deutschland gewollt. Wir hätten ausser„dem gewollt, dass Österreich mittelst billiger Compensation Venetien an Italien abtreten könnte, denn wenn es im Einverständnisse mit Preussen, und ohne sich „um den Vertrag von 1852 zu kümmern, mit Dänemark im Namen der deutschen ,,Nationalität einen Krieg geführt hat, so erschiene es nur gerecht, dass es in Italien „dasselbe Princip anerkenne und die Unabhängigkeit der Halbinsel vervollständige.“ Der italienische Gesandte am Tuilerienhofe hatte an den Minister Lamarmora am 16. Mai über diesen Gegenstand folgendermassen geschrieben:

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„Eine Lösung wird für die in Rede stehenden Fragen nicht vorgeschlagen "werden, was aber Venetien angeht, so ist es klar, dass das Aufwerfen der Frage „dem Hinweise auf ihre Lösung gleichkömmt, die keine andere sein kann, als

-

die vom kaiserlich

„die Cession derselben seitens Österreich an Italien; „französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten bei mir geführte Sprache stimmt mit dieser Anschauungsweise überein."

II. Abschnitt.

Organisation der kriegführenden Mächte.

Die Wehrkraft Preussens.

Die Regierung Preussens war seit dem Jahre 1813 bemüht gewesen, das Heer in einer zu der Bevölkerungszahl ganz unverhältnissmässigen Stärke zu organisiren. Obgleich kaum halb so gross wie Österreich und Frankreich, sollte Preussen ein Heer besitzen, welches jenen der erwähnten Grossstaaten nicht nachstand.

Dieser grosse politische Zweck sollte durch die allgemeine Wehrpflicht und die Landwehr- Institution erreicht werden, und das preussische Heer hatte demnach bis zum Jahre 1860 eine Organisation, nach welcher es für den Krieg 200,000 an eigentlichen Feldtruppen und 300,000 Mann an im Waffendienste durchaus geübten Landwehren, also im Ganzen 500,000 Mann aufstellen konnte.

Durch die ganze lange Friedenszeit, die dem Jahre 1815 folgte, begnügte sich Preussen, dessen damaliger Politik eine aggressive Richtung noch ferne lag, mit dieser militärischen Organisation, ohne an derselben Wesentliches zu ändern, wenn auch bei Gelegenheit verschiedener Mobilisirungen in den Jahren 1831, 1848, 1850 und 1859, zu denen Preussen Anlass gefunden, die geringe Tauglichkeit und Verlässlichkeit der Landwehr für den Dienst im Felde nicht hatte verkannt werden können.

Erst im Jahre 1860, unter der Regierung des Königs Wilhelm I., und mit dem Eintritte des Grafen Bismarck in das Ministerium ward die Heerkraft Preussens nicht ausreichend befunden, und trotz des Widerspruches der Bevölkerung an eine Reorganisation geschritten, welche das stehende Heer Preussens zu einer den anderen Grossstaaten völlig ebenbürtigen Macht erheben sollte.

Diese Reorganisation gipfelte in folgenden Punkten:

1. Verdoppelung des stehenden Heeres.

2. Ausscheidung der Landwehr - Infanterie aus der in erster Linie zu mobilisirenden Feldarmee mit der ausschliesslichen Bestimmung zu Besatzungsdiensten.

3. Gänzliche Auflassung der Landwehr-Cavallerie.

4. Erhöhung der jährlichen Aushebung von 40,000 auf 63,000 Mann. 5. Verlängerung der Dienstverpflichtung für das stehende Heer von

5 auf 7 Jahre (mit Festhaltung der dreijährigen Präsenz), dagegen

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6. Verkürzung der Dienstverpflichtung für das 1. Aufgebot von 7 auf 4, für das 2. Aufgebot von 7 auf 5 Jahre.

lerie,

Im Frühjahre 1866 war diese Umwandlung,

-

bis auf jene der Cavalgänzlich durchgeführt, und nur in Betreff der Dienstverpflichtung waren die früheren Normen beibehalten, was der Heeresleitung den Vortheil gab, zur Completirung der Cadres auf ältere Jahresclassen zurückgreifen zu können.

In Folge der Reorganisation betrug nun der Friedensstand des stehenden Heeres 210,000 Mann, und zwar :

81 Infanterie-Regimenter (Garden, Füsiliere, Gre-
nadiere (à 3 Bataillons)

10 Jäger- (Schützen-) Bataillons

48 Cavallerie-Regimenter, wovon 8 à 5, die übrigen

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253 Bataillons,

200 Escadrons,

9 Feld-Artillerie-Regimenter mit je 15 Batterien) 135 Batterien === à 4 bespannte Geschütze

=

9 Festungs-Artillerie - Regimenter à 8 Festungs-)
Compagnien

1 Feuerwerks-Abtheilung,

540 Geschützen,

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9 Pionnier-Bataillons und 2 Reserve-Pionnier-Compagnien,

9 Train-Bataillons.

Diese Truppen waren in 9 gleich starke Armee-Corps eingetheilt.

Das Garde-Corps, welches seine Ergänzungen aus sämmtlichen Provinzen bezog, stand in Berlin und Potsdam; die übrigen Armee-Corps waren in den Provinzen, aus welchen sie sich rekrutirten, dislocirt, und zwar: das I. Corps in Ostpreussen mit dem Stabe zu Königsberg,

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Jedes Armee Corps bestand aus 2 Divisionen, jede Division aus

1) Siehe Armee-Eintheilung 1866 und Stände in den Beilagen zum II. Abschnitt Nr. 1, 2 und 3.

2 Infanterie-Brigaden, und 1 Cavallerie-Brigade; ferner gehörten zu jedem Corps 1 Jäger-Bataillon, 1 Artillerie-Brigade (Feld- und Festungs-Regiment), 1 Pionnier-Bataillon und 1 Train-Bataillon.

Das von jedem Corpsbezirk ergänzte 9. Infanterie- (Füsilier-) Regiment, eigentlich zur Disposition des Corps - Commandeurs bestimmt, entfiel bei sämmtlichen Armee-Corps durch verschiedene Abcommandirungen.

Zum VIII. Armee - Corps gehörten noch die unter einer besonderen Inspection stehenden Besatzungen von Mainz, Rastatt und Luxemburg mit zusammen 6 Infanterie-Regimentern.

Die bei Beginn des Feldzuges im Schleswig'schen befindlichen Truppen waren aus mehreren Generalaten dorthin abcommandirt und formirten 2 combinirte Infanterie - Brigaden (4 Regimenter) und 1 combinirte CavallerieBrigade (2 Regimenter), dann 1 Artillerie - Fuss - Abtheilung (letztere vom 6. Armee-Corps).

An Landwehren waren zu Beginn des Jahres 1866 die Stämme von 116 Infanterie - Bataillons und 12 Cavallerie-Regimentern mit im Ganzen 2247 präsenten Mann, worunter 276 Officiere, vorhanden.

Für den Krieg hatte die preussische Armee sich organisationsgemäss wie folgt aufzustellen:

a) Feldtruppen.

Diese begriffen das ganze stehende auf Kriegsfuss gesetzle Heer mit Ausnahme der Festungs-Artillerie-Regimenter. Die zu mobilisirenden ArmeeCorps setzen sich durch Einberufung der Reserve auf den Kriegsstand. Der Bedarf an Officieren wird theils durch Beförderung, theils durch Beiziehung von Landwehr-Officieren zur Linie gedeckt.

Das Pferde-Erforderniss (80,000 bis 90,000) ist schon im Frieden auf die einzelnen Kreise repartirt, und kann im Lande aufgebracht werden.

Die Landwehren zählen nur mittelbar, d. h. insoweit selbe nicht zu Besatzungstruppen verwendet werden, zu den Feldtruppen und werden gewöhnlich in zweiter Linie verwendet; ihre Ergänzung erfolgt durch Einberufung der zu selben gehörigen Officiere und Mannschaften, und die formirten Bataillons werden in der Regel Stabsofficieren der Linie übergeben, während die schon im Frieden als „Bezirks-Commandeure" angestellten Stabsofficiere zur Führung des Ersatz-Control-Geschäftes in ihren Bezirken verbleiben.

b) Besatzungstruppen.

Zu diesen gehören: die Festungs-Artillerie-Regimenter des stehenden Heeres, die Landwehr-Infanterie, soweit selbe zu Festungs-Besatzungen und Garnisonen benöthigt wird, und 40 Besatzungs-Escadrons, welche im Kriege

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