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,,königliche Regierung wird uns bereit finden, in den diesfalls nach Artikel ,,2 und 3 der Gasteiner Convention im Einverständnisse mit ihr in Frankfurt ,,zu stellenden Anträgen jedem ihrer billigen Wünsche entgegenzukommen. ,, Nicht weniger bereit sind wir, die von Preussen behufs der Befestigung von „Düppel und Alsen gewünschte Territorialabtretung gemeinschaftlich mit der ,,königlichen Regierung, falls sie dies verlangt, gegenüber dem künftigen Lan,,desherrn auszubedingen. Ebenso werden sich die Leistungen, welche die ,,Herzogthümer bis zu einer allgemeinen Regelung der Marinefrage am Bunde ,,für die preussische Flotte zu übernehmen haben, ohne Schwierigkeit durch ,,eine Convention zwischen Preussen und Schleswig-Holstein regeln lassen. ,,Und dasselbe gilt von den Bestimmungen, welche die Gasteiner-Convention ,,zu Gunsten Preussens in den Artikeln 4, 5, 6 und 7 hinsichtlich der Com,,municationen durch Holstein, des Eintritts der Herzogthümer in den Zoll,,verein und der Anlage eines Canals zwischen der Nord- und Ostsee ge,,troffen hat."

Graf Bismarck beantwortete diesen Antrag am 7. Mai.

In seiner Note erklärte er auf's Bestimmteste Preussens Willen, am Wiener Frieden und Gasteiner Vertrage festzuhalten, dass aber dadurch jede Einmischung eines Dritten, somit auch des deutschen Bundes ausgeschlossen wäre, ferner, dass Preussen keine Neigung habe, auf seine auf Schleswig-Holstein erworbenen Rechte zu Gunsten eines Dritten zu verzichten, dass es aber dagegen immer bereit sein werde, mit Österreich über die Bedingungen zu verhandeln, unter welchen dasselbe auf seinen Antheil an dem durch den Wiener Frieden Erworbenen verzichten wolle.

Durch diese Antwort waren also die Dinge wieder auf den alten Standpunkt gestellt.

Auch die Frage der Bundesreform nahm gleichzeitig eine bedenkliche Wendung. Der preussische Antrag zur Reform war am 21. April an einen zu wählenden Ausschuss von 9 Mitgliedern verwiesen worden.

In der Sitzung von diesem Tage hatten die meisten der den Bundesstandpunkt einnehmenden Regierungen dem von Österreich ausgesprochenen Verlangen beigestimmt, dass Preussen positive Vorschläge, welche die Ziele und Tragweite der angestrebten Reformen erkennen liessen, stellen möge.

Dieses Verlangen wies Graf Bismarck brüsk ab, indem er am 27. April in einer Circularnote erklärte, dass er an eine Verständigung der Regierungen über Text und Inhalt der Vorschläge ohne vorangegangene Bestimmung des Termines für die Parlamentseröffnung, d. i. ohne eine selbstauferlegte Nöthigung der einzelnen Regierungen nicht glaube, und dass somit die Bestimmung dieses Termines als der Kern des Antrages vom 9. April zu betrachten sei.

Mit der Ablehnung dieser Frage wäre die ernstliche Behandlung der Bundesreform ausser Möglichkeit; doch werde er in den Ausschussberathungen die Gebiete des Staatslebens bezeichnen, auf welche sich die preussischen Vorschläge erstrecken würden 1).

Mittlerweile hatte die preussische Regierung Anlass gefunden, die sächsische ihrer Kriegsvorbereitungen wegen zur Rede zu stellen, indem sie am 27. April nach Dresden erklärte, dass die militärische Lage Sachsens ihr nicht gestatte, dessen Vorbereitungen gleichgiltig zuzusehen, umsomehr, als die bisherige Haltung Sachsens vermuthen lasse, dass dieselben gegen Preussen gerichtet seien, daher die preussische Regierung, falls keine befriedigenden Erklärungen erfolgen sollten, zur Anordnung entsprechender militärischer Massregeln sich bemüssigt sehen würde.

Die sächsische Regierung erwiderte hierauf am 29. April, dass, wie sehr sie auch den von ihr präcisirten Standpunkt fest halte, sie sich doch nicht der Betrachtung entziehen könne, dass der zunächst vom Separatkriege bedrohte Staat sich in solchem Falle vor Allem selbst in die nothwendige Verfassung setzen müsse, um vor dem von ihm anzurufenden Bunde nich als ein wehrloses, sondern als ein gerüstetes Glied zu erscheinen.

Die bisherigen Rüstungen Sachsens bestanden übrigens nur in geringfügigen Vorbereitungen und Standeserhöhungen; es rüstete erst ernstlicht als Preussen selbst die Mobilisirung aller seiner Streitkräfte anordnete.

Erst nachdem die preussische Regierung zwischen dem 3. und 12. Mai die auf die Mobilisirung ihrer gesammten Armee abzielenden Ordres erlassen hatte, mobilisirte Sachsen seine Armee. Am 6. Mai erfolgte die Einberufung sämmtlicher Urlauber, am 7. jene der Kriegsreservisten, und am 9. erging die Anordnung zum öffentlichen Pferdeeinkaufe.

Erst jetzt schritt auch Österreich zur vollständigen Mobilisirung jener Truppen seiner Armee, die die Aufgabe hatten, sich dem preussischen Heere entgegenzustellen.

Vielen, und namentlich Jenen, die berufen waren, den höchsten Einfluss auf die Führung des kaiserlichen Heeres zu nehmen, schien es, dass Österreich viel zu spät rüste, dass es früher hätte rüsten sollen.

Am 5. Mai brachte Sachsen seine mit Preussen entstandene Controverse an den Bund, indem es die beiden Noten vom 27. und 29. April demselben vorlegte und mit dem Antrage: „die Bundesversammlung wolle ungesäumt beschliessen, die königl. preuss. Regierung darum anzugehen, dass ,,durch geeignete Erklärungen dem Bunde mit Rücksicht auf Artikel XI der Bundesacte volle Beruhigung gewährt werde" den Schutz des Bundes anrief.

1) Dies erfolgte am 11. Mai.

Einstweilen erachtete sich die sächsische Regierung für vollkommen berechtigt und verpflichtet, alle zur Vertheidigung erforderlichen Massregeln zu treffen.

Der preussische Gesandte erklärte bei dieser Gelegenheit Namens seiner Regierung, dass nach dem Circulare vom 24. März und dessen für ihre Sicherheit ungünstiger Bescheidung, ferner nach der Erfolglosigkeit der Unterhandlungen mit Österreich und Sachsen, die preussische Regierung nicht entschlossen sein könne, die ihrerseits getroffenen Massregeln zurückzunehmen, sie vielmehr ihrerseits von der Bundesversammlung erwarte, dass dieselbe Österreich und Sachsen zur Rückgängigmachung der eingestandenen Rüstungen baldmöglichst veranlassen werde. Sollte jedoch der Bund in dieser Hinsicht Anstand nehmen, oder ihm die nöthige Kraft fehlen, so würde sich Preussen gezwungen sehen, das Bedürfniss seiner Sicherheit und Erhaltung der europäischen Machtstellung als massgebend zu betrachten und sein Verhältniss zum Bunde den gebieterischen Forderungen der Selbsterhaltung unterzuordnen.

Da zu dieser Zeit die Rüstungen in der ausgedehntesten Weise, wie in Österreich und Sachsen, so auch in Preussen im Gange waren, so stellten Bayern, Württemberg, Baden, Grossherzogthum Hessen, die grossherzoglich und herzoglich sächsischen Häuser, sowie Braunschweig und Nassau, nachdem sie sich Mitte Mai in einer Conferenz zu Bamberg zu gleichmässigen Schritten geeinigt hatten, am 19. Mai folgenden Antrag am Bunde:

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„Die Bundesversammlung wolle an alle diejenigen Bundesglieder, welche militärische, über den Friedensstand hinausgehende Massnahmen oder „Rüstungen vorgenommen haben, das Ersuchen richten, in der nächsten ,,Sitzung der Bundesversammlung zu erklären, ob und unter welchen Vor„aussetzungen sie bereit seien, gleichzeitig, und zwar von einem in der Bundesversammlung zu vereinbarenden Tage an, die Zurückführung ihrer Streit„kräfte auf den Friedensstand anzuordnen."

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Dieser Antrag ward am 24. Mai angenommen, und sollte über denselben am 1. Juni abgestimmt werden.

In der Bundestagssitzung von diesem Tage konnte der österreichische Gesandte mit voller Wahrheit erklären, dass Österreich mit ruhigem Bewusstsein auf seine langmüthigen, trotz mancher Verkennung beharrlich fortgesetzten Bestrebungen, ein Einverständniss mit Preussen zu erzielen, zurückblicken könne, dass aber Preussen die schliessliche Lösung der Verhandlung als eine Frage der Macht behandelt habe und selbst nicht vor dem beklagenswerthen Entschlusse zurückgetreten sei, sich auf auswärtige Gegner des Kaiserstaates zu stützen, dass Österreich, so von zwei Seiten gefährdet und

ungewiss, ob der erste Angriff im Süden oder im Norden erfolgen werde, sich in Vertheidigungszustand habe setzen müssen.

Ferner eröffnete er, dass er beauftragt wäre:

,,der hohen Bundesversammlung unter Bezugnahme auf die Erklärung "Österreichs und Preussens vom 24. August vorigen Jahres die Anzeige zu „erstatten, dass die kaiserliche Regierung ihre Bemühungen, „einen definitiven bundesgemässen Abschluss der Herzog,,thümerfrage durch ein Einverständniss mit Preussen vorzubereiten, für jetzt als vereitelt betrachte, und dass sie „in dieser gemeinsamen deutschen Angelegenheit alles Weitere ,,den Entschliessungen des Bundes anheimstelle, welchen von Seite Österreichs „die bereitwilligste Anerkennung gesichert sei;" ferner, dass der kaiserliche Statthalter in Holstein gleichzeitig die erforderliche Specialvollmacht zur Einberufung der holsteinischen Ständeversammlung erhalte, damit diese gesetzliche Vertretung nicht länger der Gelegenheit entbehre, ihre Ansichten auszusprechen, ein Recht, welches ihr nach Art. I der Gasteiner Convention zustand.

Dagegen gab der preussische Gesandte der bekannten Auffassung über die Priorität der Rüstungen neuerdings Ausdruck und bemerkte zum Schlusse, dass die preussische Regierung noch bereit wäre, auf den Friedensfuss zurückzukehren, wenn der Bund Österreich und Sachsen zur Abstellung ihrer den Frieden bedrohenden Rüstungen bewege, und wenn der königlichen Regierung Bürgschaften gegen die Wiederkehr derartiger Beeinträchtigungen des Bundesfriedens gewährt würden.

Sollte der Bund hiezu nicht die Macht haben, oder sich der solchen Eventualitäten vorbeugenden Einführung der Reform widersetzen, so werde Preussen seinen weiteren Entschliessungen nur seine rechtliche Überzeugung zu Grunde zu legen haben.

Die preussische Regierung sah in dem Vorgehen Österreichs, in seiner Appellation an den Bund, in der Einberufung der holsteinischen Stände einen Bruch des Gasteiner Vertrages.

Graf Bismarck richtete in diesem Sinne am 3. Juni einen Protest nach Wien, in welchem er erklärte, dass Preussen nunmehr sich berechtigt halte, wieder auf den Boden des Wiener Friedens zurückzutreten, und dass die Regierung diesfalls die Wahrung ihrer Condominatsrechte in die Hände des Generals v. Manteuffel gelegt habe.

Ausserdem erliess Graf Bismarck an die preussischen Vertreter an den ausserdeutschen Höfen ein Circulare, welches das Vorgehen Österreichs als directe Provocation und als den Wunsch, die Sachen zum gewaltsamen Bruche zu bringen, bezeichnete.

Das Schriftstück wimmelte von den gehässigsten Anklagen und von den gewagtesten Verdrehungen, wie sie wohl selten ein Staat dem andern vor dem Forum der Öffentlichkeit in's Gesicht geschleudert.

Indessen gingen die Dinge ihren unaufhaltsamen Gang fort und waren durch die Verfügungen der preussischen Regierung schon jetzt nahe daran, in dem äussersten Norden Deutschlands zum Blutvergiessen zwischen jenen Truppen zu führen, die einst gemeinschaftlich für die Erwerbung jenes Bodens gekämpft und geblutet hatten.

FML. Freiherr v. Gablenz erliess am 5. Juni das Patent, welches die Stände für den 11. des Monates nach Itzehoe einberief.

Hierauf verständigte General Manteuffel am 6. den Statthalter von Holstein, dass er sich in Folge Befehls seiner Regierung zum Einrücken in Holstein gezwungen sehe, um durch Besetzung der nicht von österreichischen Truppen occupirten Theile des Landes die Rechte zu wahren, die durch die Einberufung der holsteinischen Stände verletzt worden wären.

FML. Freiherr v. Gablenz protestirte gegen diesen Bruch des Gasteiner Vertrages, worauf vom 7. Juni ab die Preussen von Schleswig her in Holstein einmarschirten ').

Die österreichische Brigade, welche viel zu schwach war, um sich den preussischen Colonnen mit Gewalt zu widersetzen, und welche von Wien aus Befehl hatte, sich, im Falle die Preussen Miene machten Gewalt zu gebrauchen, über die Elbe zurückzuziehen, wurde gleichzeitig um Altona concentrirt *). Von hier aus richtete FML. Freiherr v. Gablenz in Folge Auftrages seiner Regierung die folgende Erklärung an Generallieutenant von Manteuffel: Das k. k. Cabinet ist nicht in der Lage, die von der königlich preussi,,schen Regierung angenommene Anschauung, wie sie sich sowohl in den

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1) Es waren diess das 11., 25., 36. und 59. Infanterie-Regiment (à 3 Bataillons zu 1000 Mann) das 5. und 6. Dragoner-Regiment (à 4 Escadrons zu circa 150 Pferden) und 4 Batterien, welche Truppen grösstentheils auf der Strasse über Hohenwedstedt gegen Itzehoe vorrückten.

2) Die Brigade bezog am 8. und 9. Juni nachstehende enge Cantonnirungen: Brigadestab in Altona;

das 22. Jäger-Bataillon in Stetting, Langenfelde, Eidelstedt, Kollau, Lockstedt, und Niendorf;

das Infanterie-Regiment: Khevenhüller Nr. 35 in Altona;

das Infanterie-Regiment: Ramming Nr. 72 in Altona, Kl. Flottbeck, Nienstedten,

Schenefeld, Osdorf, Dokenhuden, Blankenese;

die 4pfündige Fussbatterie 3/1 in Bahrenfeld und Ottmarschen;

von der 2. Division Windischgrätz-Dragoner Nr. 2: die 5. Escadron in Eidelstedt, Relling und Halstenbeck, die 6. Escadron in Schnelsen, Burgwedel, Ellerbeck und Ottensen.

Das Regiment Ramming-Infanterie hatte Beobachtungsposten gegen Uetersen, Windischgrätz-Dragoner gegen Quickborn, Oldesloe und Pinneberg ausgestellt.

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