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über Paris nach Berlin abging, um daselbst die letzten Abmachungen des Bündnisses mit der preussischen Regierung zu pflegen.

In einer Note vom 9. März 1866 des Ministers Lamarmora an den italienischen Gesandten Grafen Barral in Berlin ward General Govone als ein Mann bezeichnet, welcher das vollste Vertrauen seines Königs besitze, und dessen Sendung den Zweck habe, sich der von beiden Staaten zur gemeinschaftlichen Vertheidigung zu treffenden militärischen Massregeln zu versichern.

General Govone kam Mitte März in Berlin an und verständigte sich rasch mit dem preussischen Cabinete.

In einer Depesche vom 3. April an den Grafen Barral ward General Govone durch den sardischen Minister des Auswärtigen, General Lamarmora, ermächtigt, ein Bündniss mit Preussen zu folgendem Zwecke abzuschliessen:

1.,,Entstehenden Falls durch Waffengewalt die Vorschläge aufrecht „zu halten, welche von Sr. preussischen Majestät bezüglich der Reform der ,,Bundesverfassung in einem den Bedürfnissen der Nation entsprechenden ,,Sinne gemacht worden;

2.,,Die Abtretung der Österreich unterworfenen italienischen Gebiete ,,an das Königreich Italien zu erwirken.

,,Piemont begann heisst es in dieser Depesche

1859 das Werk

,,der Befreiung der italienischen Erde mit dem edlen Beistande Frankreichs. ,Wir wünschen, dass dieses Werk in nicht zu ferner Zukunft von Ita,,lien vollendet werde, vielleicht in einem Unabhängigkeitskriege, der an der ,,Seite derjenigen Macht gekämpft würde, welche die Zukunft des deutschen ,,Volkes vertritt, im Namen eines identischen Nationalitätsprincipes. Unter den ,,Lösungen, welche zumal in diesen letzten Zeiten für die venetianische Frage ,,vorgeschlagen wurden, würde diese besser als jede andere uns gestatten, ,,in der Logik unserer politischen und internationalen Lage zu verbleiben ,,und unsere natürlichen Allianzen, auch die entferntesten, zu wahren.

„Wir werden überdies erfreut sein, Preussen im Widerstande gegen ,,die Pläne des österreichischen Kaiserthums zu unterstützen, indem dasselbe ,,sich entschieden an die Spitze der deutschen Nationalpartei stellt, jenes Par,,lament einberuft, das seit so vielen Jahren Gegenstand der Wünsche der ,,Nation war und für Deutschland, so wie es in Italien geschah, den Fortschritt der freisinnigen Institutionen mittelst Aus,,schliessung Österreichs sichert."

Wenn Deutschland dieses Ziel erreichte, so hatte also der Beistand Italiens einen grossen Antheil daran.

Am 8. April (wie erwähnt Tags darauf, nachdem Graf Bismarck

erklärt hatte, der Absicht des Königs von Preussen läge Nichts ferner als ein Angriffskrieg) ward der Vertrag abgeschlossen.

In Folge zweier königlichen Decrete, vom 20. und 26. März, rückten zu dieser Zeit schon die Mannschaften der 2. Kategorie des Jahres 1844 dann die Mannschaften der neuen Aushebung, die binnen 20 Tagen bereit zu sein hatten im Ganzen über 100,000 Mann zu den Fahnen des italienischen Heeres ein.

Nun beeilte sich die preussische Regierung, auch die Angelegenheiten am deutschen Bunde zur Reife zu bringen.

Schon am 9. April stellte dieselbe in Frankfurt den Antrag:

,,Die Bundesversammlung wolle die Einberufung einer aus directen. ,,Wahlen und allgemeinem Stimmrechte der ganzen Nation hervorgehenden ,,Versammlung für einen noch näher zu bestimmenden Tag beschliessen, um ,,die Vorlagen der deutschen Regierungen über eine Reform der Bundesver,,fassung entgegenzunehmen und zu berathen, in der Zwischenzeit aber, bis ,,zum Zusammentritte derselben, durch Verständigung der Regierungen unter ,,einander diese Vorlagen feststellen."

Die Motivirung dieses Antrages hob hervor, die Erfahrungen der letzten Reformversuche hätten gelehrt, dass weder die einseitigen Verhandlungen unter den Regierungen, noch die Debatten und Beschlüsse einer gewählten Versammlung allein im Stande wären, eine Neugestaltung des nationalen Verfassungswerkes zu schaffen, und dass somit eine Theilnahme beider Factoren hiezu nothwendig erschiene.

Graf Mensdorff suchte das in immer rascheres Rollen gerathende Rad der Ereignisse möglichst aufzuhalten.

Auf die preussische Note vom 7. April, deren Inhalt einen beruhigenden Charakter hatte, richtete Graf Mensdorff an demselben Tage auch nach Berlin versöhnliche Worte, in denen er erklärte, dass in Österreich keine erheblichen Truppenconcentrationen, keine ungewöhnlichen Ankäufe von Pferden, keine Einberufungen nennenswerthen Umfanges, überhaupt keine Massregeln erfolgt wären, die nach der militärischen Organisation Österreichs als die Vorläufer eines grossen Krieges gelten könnten.

Seine Majestät habe in Seinem Vertrauen ihm selbst die Ermächtigung ertheilt, ohne jeden Rückhalt dem preussischen Gesandten die thatsächlich erfolgten Truppenbewegungen bekannt zu geben; - jede Discussion über die Priorität von Rüstungen sei nun des Weiteren überflüssig gemacht durch die Erklärung des Kaisers, dass er nie einen Angriff auf Preussen beabsichtigt habe.

Das Wiener-Cabinet habe nur eine gleiche Erklärung seitens des Königs Wilhelm gewünscht, jetzt liege eine solche vor, und da in Öster

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reich gar keine Kriegsvorbereitungen stattgefunden hätten, so käme es nur darauf noch an, dass Preussen die Rüstungen rückgängig mache, welche es zugestandenermassen seit 28. März in Gang gebracht habe.

Diese Erklärungen erregten nur den Unglauben und den Unwillen des preussischen Cabinets.

Am 15. April antwortete Graf Bismarck: „Während Österreich die ,,Zurücknahme seiner bisherigen militärischen Massnahmen als überflüssig er,,achtet, weil der Kaiser sein Wort verpfändet, dass Österreich keinen An,,griff im Sinne habe, verlange man von Preussen, dessen König in gleicher ,, Weise sein Wort verbürgt, die hervorgerufenen Vorsichtsmassregeln rück,,gängig zu machen; diese könnten nicht rückgängig gemacht werden, ehe ,,der Anlass hiezu behoben wäre. An der kaiserlichen Regierung sei es, die ,,Initiative zu ergreifen und eingestandene Rüstungen abzustellen, wenn ein ,,Gleiches von Preussen erwartet werde."

Hierauf ward Graf Károlyi am 18. April ermächtigt, sich in Berlin dahin zu äussern,,,dass Seine Majestät der Kaiser sich bereit erkläre, durch ,,einen am 25. desselben Monats zu erlassenden Befehl die, wie die königliche ,,Regierung glaubt, eine Kriegsbereitschaft gegen Preussen fördernden Dislo,,cationen rückgängig zu machen, so wie die darauf bezüglichen Massregeln ,,einzustellen, wenn Se. Majestät von dem Berliner Hofe die bestimmte Zusage ,,erhalte, dass an demselben oder doch am nachfolgenden Tage eine königliche ,,Ordre den früheren regelmässigen Friedensstand derjenigen Heerestheile ,,wieder herstellen werde, welche seit dem 27. v. M. einen erhöhten Stand ,,angenommen haben."

Auf diesen Antrag erwiderte die königliche Regierung am 21. April, dass sie denselben mit Genugthuung entgegennehme. Die Ausführung desselben werde sie in demselben Masse und in denselben Zeiträumen bewirken lassen, in welchen die entsprechende Verminderung der Kriegsbereitschaft der österreichischen Armee thatsächlich vor sich gehen werde.

Über das Mass und die Fristen sehe die königliche Regierung weiteren Mittheilungen entgegen.

Die Werthlosigkeit dieser Eröffnungen sollte sehr bald zu Tage treten. Die letzterwähnte Note traf zu einer Zeit in Wien ein, in welcher Italien seine Rüstungen nahezu beendet hatte. Seit dem 26. März hatte die dortige Regierung neue Rüstungsdecrete erlassen. Am 6. April waren die Urlauber der Kriegsmarine, ferner 400 ausser Dienst stehende Officiere, endlich am 10. April die 2. Kategorie der Altersclasse vom Jahre 1843 einberufen worden.

Diese Massregeln repräsentirten zusammen mit den Rüstungen vom 26. März eine Vermehrung von 185,000 Mann. Die italienische Armee

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hatte damit in Bezug auf den Mannschaftsstand ihre systemmässige Kriegsstärke erreicht.

Unter solchen Umständen sah sich die österreichische Regierung veranlasst, ebenfalls am 26. April nach Berlin zu erklären, wie sehr die vereinbarte Abrüstung Se. Majestät den Kaiser mit Befriedigung erfüllt habe, und dass derselbe bereit sei, das Erforderliche ungesäumt zu verfügen, d. i. die zur Verstärkung der Garnisonen nach Böhmen disponirten Truppen zurückzuziehen; zur Vermeidung jeder Missdeutung sei es jedoch nöthig, der königlichen Regierung Mittheilung zu machen, dass Österreich sich gezwungen sehe, sein italienisches Heer auf den Kriegsfuss zu setzen und sowohl zum Schutze der Po-Grenze, als der bedrohten Küsten umfassende Massregeln zu treffen. Diese Vorbereitungen gälten nur der Eventualität eines Kampfes gegen die Italiener, und die kaiserliche Regierung werde mit der Abrüstung augenblicklich beginnen, sobald sie versichert sei, dass die königliche Regierung den Massregeln im Süden keinen Einfluss auf die verabredete Herstellung des normalen Standes zwischen den beiden Staaten. gestatten werde.

Die preussische Regierung antwortete hierauf am 30. April in naiver Weise, dass sie sehr enttäuscht wäre. Sie habe gehofft, dass die Herstellung des normalen status quo sich auf die Gesammtheit der die Kriegsbereitschaft fördernden Bewegungen erstrecken werde, die kaiserliche Regierung erwähne aber nur der Truppenvermehrung in Böhmen und lasse die in Schlesien, Mähren und Westgalizien geschehene unberührt. Auch die Begründung der Rüstungen in Italien könne sie nicht anerkennen, da nach übereinstimmenden Nachrichten im Königreiche Italien keine Rüstungen stattgefunden. Sollten solche aber in der jüngsten Zeit in Ausführung gebracht worden sein, so könnten sie nur in den österreichischen Rüstungen ihren Grund haben.

Einen wahren Hohn dem Kaiserstaate in's Gesicht schleudernd, sprach sich dann Graf Bismarck weiter aus: die preussische Regierung hoffe, dass Österreich sowohl alle in den nördlichen Provinzen getroffenen Massregeln rückgängig machen, als auch sich demnächst von der Grundlosigkeit der im Süden veranlassten Rüstungen überzeugen, und demnach zur gesammten Herstellung des Friedensfusses in der k. k. Armee schreiten werde; erst dann würde es für die königliche Regierung möglich sein, den kommenden Verhandlungen anders als unter Festhaltung des Gleichgewicht es in der Kriegsbereitschaft beider Mächte entgegenzugehen.

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Hierauf war von Seite Österreichs nur mehr die folgende Antwort möglich, welche Graf Károlyi am 4. Mai an den preussischen Minister übergab:

,,Euere Excellenz begreifen, dass wir Angesichts dieser Erklärung die ,,Verhandlung über eine gleichzeitige Zurücknahme der von Preussen gegen,,über Österreich, und von Österreich gegenüber Preussen angeordneten mili,,lärischen Vorbereitungen für erschöpft halten müssen. Durch die von uns ...in Berlin wie in Frankfurt ertheilten feierlichen Versicherungen steht fest, ,,dass Preussen von uns keine Offensive, Deutschland keinen Bruch des ,,Bundesfriedens zu besorgen habe.

,,Ebensowenig beabsichtigt Österreich Italien anzugreifen, wiewohl die ,,Losreissung eines Theiles des österreichischen Staatsgebietes das bei jeder ,,Gelegenheit offen ausgesprochene Programm der Florentiner Regierung bil,,det. Dagegen ist es unsere Pflicht, für die Vertheidigung der Monarchie zu ,,sorgen, und wenn die Regierung Preussens in unseren Defensiv-Mass,,regeln gegen Italien ein Motiv erblickt, ihre eigene Kriegsbereitschaft auf,,recht zu erhalten, so bleibt uns nur übrig, dieser Pflicht, die keine fremde ,,Controle zulässt, Genüge zu leisten, ohne uns in fernere Erörterungen über ,,die Priorität und den Umfang einzelner militärischer Vorkehrungen einzu,,lassen. Dass wir übrigens nicht blos die Integrität unseres Reiches, son,,dern auch das Gebiet des deutschen Bundes gegen eine Offensive Italiens ,,sicherzustellen haben, wird man sich in Berlin nicht verhehlen können, und ,, wir dürfen und müssen im Interesse Deutschlands die ernste Frage stellen, ,,wie Preussen das Verlangen, dass wir die deutschen Grenzen unbewacht ,,lassen sollen, mit den Pflichten einer deutschen Macht vereinbar finden könne ?" In der Zwischenzeit, nämlich gleichfalls am 26. April, hatte die österreichische Regierung noch, um die Discussion auf jenes Terrain wieder zurückzuleiten, von welchem dieselbe ausgegangen, im versöhnlichsten Tone die preussische Regierung aufgefordert, gleichzeitig mit Österreich in Frankfurt zu erklären, dass sie beschlossen hätten, die durch den Wiener Frieden erworbenen Rechte auf denjenigen Prätendenten weiter zu übertragen, welchem der Bund die überwiegende Berechtigung zur Erbfolge im Herzogthume Holstein zuerkennen würde.

Weiters hiess es in dieser Note:

,,Bietet die königliche Regierung hiezu die Hand, so machen wir dage,,gen uns anheischig, überall, wo dies nöthig sein wird, dazu mitzuwirken, dass ,,dem preussischen Staate diejenigen speciellen Vortheile bleibend gesichert ,,werden, mit deren Gewährung wir uns im Laufe der gepflogenen Verhand,,lungen einverstanden gezeigt haben, und über welche, was Holstein betrifft, ,,bereits in den Artikeln 2-7 der Gasteiner Convention provisorische nähere ,,Feststellungen enthalten sind. Preussen wird hienach definitiv die mili,,tärischen Stellungen von Kiel, Rendsburg und Sonderburg erwerben. ,,Kiel wird zwar Bundeshafen, Rendsburg Bundesfestung werden, aber die Österreichs Kämpfe 1866 1. Band.

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