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abzuprotzen und den eben stattfindenden Angriff der Infanterie auf das Bad mit einem heftigen Kartätschenfeuer zu unterstützen.

Die gesammte Infanterie des hannoverschen Centrums war nämlich inzwischen zum Sturme vorgegangen; die Preussen konnten, trotz der hartnäckigsten und tapfersten Vertheidigung, diesen Punkt gegen eine solche Übermacht nicht länger behaupten und wurden, gegen die Chaussée nach Henningsleben und in der Richtung auf den Siechenhof zurück weichend, von dem mittlerweile vorgekommenen Königin-Huszaren-Regiment ereilt, theilweise zersprengt und bis an die Niederung westlich des Erbsberges verfolgt.

Es war 4 Uhr und die letzte vom Feinde mit Noth behauptete Position genommen. Die Hannoveraner hatten einen schönen Sieg errungen; die Preussen befanden sich im vollen Rückzuge.

GL. v. Arentsschildt war nun darauf bedacht, seine Infanterie in eine geordnete Aufstellung zu bringen, während der Cavallerie die Verfolgung des Gegners zufiel. Die Brigaden de Vaux und Knesebeck sammelten sich auf dem Jüdenhügel, die Brigade Bülow südlich von Langensalza, und nur das zuletzt aus der Reserve vorgegangene 1. Bataillon des Leib-Regiments folgte mit der Reserve-Cavallerie dem Feinde in der Richtung auf den Siechenhof.

Die Reserve-Cavallerie mit den Gardes du Corps (3 Schwadronen in Linie) im 1., und dem Garde-Kürassier-Regimente (3 Escadrons-Colonnen) im 2. Treffen, kam bis auf die südlich vor Langensalza gelegene Höhe vor und sah von hier zwei feindliche Bataillons-Carrés einige hundert Schritte südlich des Klinggrabens vor sich. Es waren dies das 1. Bataillon des GrenadierRegiments Nr. 11, welches das Badewäldchen vertheidigt und auf dem Rückzuge Versprengte anderer Abtheilungen aufgenommen hatte, unter Befehl des Oberstlieutenants des Barres, und 1 Bataillon, welches Hauptmann von Rosenberg aus Abtheilungen verschiedener Regimenter und einzelnen Schützenzugen während des Rückzuges gesammelt hatte 1).

Das Regiment Cambridge-Dragoner, welches durch sein Erscheinen in Flanke und Rücken des Feindes so viel zum Zurückweichen des rechten preussischen Flügels beigetragen hatte, ging nun gegen das Bataillon des Barres vor, und Major Hammerstein forderte diesen Commandanten zur Waffenstreckung auf; doch mittlerweile erfolgte der Angriff der ReserveCavallerie, wodurch jede Verhandlung unterbrochen ward.

Mit Ungestüm stürzte sich das Regiment Gardes du Corps auf das Carré Rosenberg, doch das Bataillon blieb fest und stand nach dem mit aller Bravour ausgeführten Angriffe unerschüttert da.

1) Die gesammelten Abtheilungen waren vom 11., 71., und 25. Infanterie-Regiment, dem Brandenburger Landwehr-Regiment Nr. 20 und Coburg-Gothaer.

Die Garde-Kürassiere rückten gleichzeitig auf das Carré des Barres los. Das Bataillon ward gelockert, ja durchritten, aber nicht zersprengt, obgleich Major Hammerstein dasselbe auch durch 1 Escadron CambridgeDragoner von der entgegengesetzten Seite her attakiren liess. Die Dragoner drangen zwar in die Reihen der Infanterie ein und brachten dieselbe zum Weichen, erlitten aber dabei, gleich den Garde-Kürassieren, grosse Verluste; fast alle Officiere blieben am Platze.

Das Bataillon, welches nach der Attake in ziemlich aufgelöster Ordnung zurückging und sich inzwischen sammelte, wurde noch ein drittes Mal von 2 Escadrons Garde-Kürassieren angegriffen, wies aber auch diesmal die. hannoverschen Reiter zurück'). Von der Batterie Röttinger, welche den früher geschilderten Angriff der Reiterei nicht hatte unterstützen können, weil die Protzen zweier Geschütze über den Chausséedamm gestürzt und die zwei anderen Geschütze im moorigen Grunde stecken geblieben, war inzwischen ein Geschützzug auf der Höhe eingetroffen. Derselbe beschoss die sich zurückziehenden Bataillons, rückte sodann mit 2 Escadrons Garde-Kürassieren bis auf die Höhe nördlich von Illeben vor, und gab hier beiläufig um 41, Uhr die letzten Schüsse auf die Preussen ab. Die Garde-Huszaren, denen sich die 3. Escadron Gardes du Corps und die 3. von Cambridge-Dragoner angeschlossen hatten, waren schon früher über Nägelstedt auf diesem Punkte eingetroffen, ohne jedoch weiter an der Verfolgung Theil zu nehmen. Doch fielen diesen Abtheilungen viele Versprengte der Preussen in die Hände, die zu Gefangenen gemacht wurden.

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Das 1. Bataillon des Leib-Regiments, welches der rasch avancirenden Cavallerie nicht folgen konnte, rückte blos bis zum Siechenhofe vor, wo es gleichfalls gegen 200 Preussen gefangen nahm.

Um 4 Uhr Nachmittags stand die Avantgarde der Hannoveraner auf derselben Höhe, auf welcher des Morgens das Regiment Cambridge-Dragoner die Vorposten bezogen hatte.

Die Preussen befanden sich im eiligen Rückzuge, ohne von den Hannoveranern über Henningsleben hinaus mehr verfolgt zu werden.

Die Schlacht war um diese Zeit beendet, und blos auf einem Punkte sollte sich noch ein kurzer Kampf entspinnen, nämlich bei Thamsbrück, welchen Ort das preussische Detachement erst nach 4 Uhr zu räumen begann.

Zwei Escadrons Kronprinz - Dragoner, verstärkt durch die bis dahin beim Schanzbau beschäftigte Abtheilung, und die Batterie Eggers unternahmen nun die Verfolgung derselben, konnten aber den Feind nicht mehr er

1) Nebst diesen beiden Carrés hatten sich aus versprengten Abtheilungen noch viele andere kleine Klumpen gebildet, die von der hannoverschen Cavallerie aber grösstentheils durchritten und zu Gefangenen gemacht wurden.

reichen, der den Rückzug in südwestlicher Richtung über einen von nassen Gräben durchzogenen Wiesengrund bewerkstelligte, und, abgesehen von den durch das Feuer der Batterie erlittenen Verlusten, glücklich entkam.

Die Verfolgung nahm auch hier um 6 Uhr Abends ihr Ende.

Die Hannoveraner hatten ihren Sieg mit bedeutenden Verlusten erkauft. Sie verloren: 2 Officiere todt, 80 verwundet; von der Mannschaft 356 todt, 971 verwundet. Totale: todt und verwundet 1429 Mann. Todte und verwundete Pferde etwa 300.

Die Preussen, inclusive der Coburg-Gothaer, beziffern ihren Verlust auf 170 Todte, darunter 11 Officiere; 643 Verwundete, darunter 30 Officiere; und 33 Vermisste.

Nach officiellen hannoverschen Angaben fielen aber 907 Preussen, darunter 10 Officiere, in Gefangenschaft, und fast eben so viele sollen versprengt worden sein, die aber später zum Corps des Generals von Flies wieder

einrückten.

Ueberdies erbeutelen die Hannoveraner an Trophäen 2 Geschütze und gegen 2000 Gewehre.

Die Hannoveraner waren im Grossen intact, die Truppen des Generals von Flies fast aufgelöst, und nur die in unmittelbarer Nähe bereitstehende preussische Übermacht ward Ursache, dass die Hannoveraner diesen schönen Sieg nicht ausnützten.

In der folgenden Nacht beantragte GL. v. Arentsschildt einen mehrtägigen Waffenstillstand zur Beerdigung der Todten; GM. v. Flies lehnte jedoch diesen Antrag ab.

GL. v. Goeben, von dem Zustande der im Gefechte gewesenen Truppen unterrichtet, sandte noch in der Nacht zum 28. Verstärkungen, und zwar 7 Bataillons und 2 Batterien, mittelst Eisenbahn nach Gotha, und GL. von Falckenstein, inzwischen von Cassel nach Eisenach zurückgekehrt, verfügte für den 28. die Vorrückung der bei Gotha und Eisenach stehenden Streitkräfte gegen Langensalza.

GL. v. Manteuffel hatte am 26. das Detachement unter General Wrangel aus Cassel an sich gezogen und General v. Korth mit der Avantgarde von Göttingen nach Duderstadt vorgeschoben. Am 27. gelangte General v. Korth bis Worbis, die übrigen Truppen der Division erreichten Dingelstedt und Heiligenstadt. Auf die Nachricht von der Schlacht bei Langensalza eilte am 28. GL. v. Manteuffel mit den ihm zur Disposition stehenden Truppen nach Mühlhausen. Es waren dies nur ungefähr 8000 Mann, da General Korth auf die irrige Meldung, die Hannoveraner seien im Rückzuge auf Sondershausen begriffen, bis Elende gerückt und daher momentan nicht zur Hand des Divisions-Commandos war.

Österreichs Kämpfe 1866. I. Band.

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Auf allen Seiten von überlegenen Kräften umstellt und bedroht, blieb nun der hannoverschen Armee wohl Nichts mehr übrig, als auf eine ehrenvolle Capitulation bedacht zu sein.

Die massgebendsten Persönlichkeiten der Armee einigten sich endlich auch zu folgender Erklärung an den König:

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Wir Unterzeichnete erklären hiedurch auf unsere militärische Ehre ,,und den unserem Könige und Kriegsherrn geleisteten Eid vor Gott und unserem Gewissen:

„1. Dass Mannschaften und Pferde der hannoverschen Armee durch „die seit dem 19. d. M., mit ursprünglich mangelhafter Ausrüstung, ununter,,brochenen grossen Marschstrapazen, bei meistens mangelhafter Verpflegung, "So wie durch den gestern stattgehabten hartnäckigen Kampf, welcher einen „die Diensttauglichkeit beeinträchtigenden Verlust an Officieren und Unter,,officieren herbeigeführt hat, in hohem Grade erschöpft sind, so dass ohne „Vorhergegangene Ruhe eine Fortsetzung der Operationen nicht zulässig ist;

„2. dass die Munition bei gänzlichem Ausschluss alles weiteren Er„satzes nur noch zu etwa einem ernstlichen Gefechte ausreicht;

„3. dass es nach den gemachten Erfahrungen und nach den Mittheilun"gen der Intendantur unmöglich ist, die nöthigen Lebensmittel in ausreichen,,der Weise herbeizuschaffen;

„4. dass an mehreren Seiten feindliche Truppen in bedeutender Über,,macht herangezogen sind, die hannoversche Armee umzingelt haben, und „auf eine baldige Änderung der militärischen Lage durch Succurs befreun„deter Truppen nicht zu rechnen ist.

„Unter diesen Umständen müssen wir jeden Kampf und Widerstand „für ein gänzlich unnützes und erfolgloses Blutvergiessen halten und können „nach pflichtmässiger Überzeugung Seiner Majestät dem Könige nur an,,rathen, den Widerstand aufzugeben und eine Capitulation anzunehmen.

,,Langensalza, den 28. Juni 1866.“

v. Arentsschildt, General-Lieutenant,

v. d. Knesebeck, General-Major,

v. Wrede, General-Major, v. Bothmer, General-Major,

v. Bülow-Stolle, Oberst, de Vaux, Oberst, Dammers, Oberst Grl.-Adj. v. Stoltzenberg, Oberst, v. Geyso, Oberst, Cordemann, Oberst.

In Folge dieser Erklärung wurde GL. v. Arentsschildt vom Könige ermächtigt, eine Capitulation einzugehen, und der Commandant der feindlichen Avantgarde, GM. v. Flies, von dieser Absicht sogleich in Kenntniss gesetzt.

Auf die hierüber erhaltene Meldung entsandte GL. v. Falckenstein spät Abends den Major Wiebe mit den Capitulationsbedingungen in das hannoversche Hauptquartier, die hier mit einem einzigen geringfügigen Zusatze angenommen wurden, GL. v. Arentsschildt, welcher mittlerweile

die Nachricht erhalten hatte, dass GL. v. Manteuffel zum Abschlusse der Capitulation von Berlin aus designirt worden war, machte den Vorbehalt, dass, falls dieser General zu günstigeren Bedingungen ermächtigt wäre, die mit Major Wiebe getroffenen Vereinbarungen keine Geltung hätten.

Am 29. Morgens traf GL. Manteuffel im hannoverschen Hauptquartier ein, begab sich aber sofort, als er die Sendung des Majors Wiebe in Erfahrung gebracht, zu GL. v. Falckenstein nach Gross-Behringen.

zu Competenz-Er

Hier scheint es und zwar nicht das erste Mal örterungen gekommen zu sein. GL. v. Manteuffel soll schon bei Beginn des Feldzuges, als er den Befehl zum Einrücken in Hannover erhalten, die Meinung geltend gemacht haben, dass es sich für ihn blos um eine Cooperation mit GL. v. Falckenstein, keineswegs aber um seine Unterstellung unter die Befehle dieses Generals handle.

Dieses Mal hingegen war ein directer Befehl des Königs vorhanden, und so verblieb GL. von Manteuffel im Rechte; derselbe verfügte sich Mittags wieder in das hannoversche Hauptquartier und schloss nun die Capitulation. definitiv ab.

Die hannoversche Armee, welche am 28. ihre Aufstellung nicht veränderte, ward an diesem Tage von der Absicht des Königs, eine Capitulation. abzuschliessen, mittelst Armee-Befehl verständigt 1).

Am 29. bezogen die Hannoveraner weitläufige Cantonnements zwischen Langensalza und Gotha, nachdem sie vorher ihre Waffen und das Kriegsmaterial an die Preussen abgegeben hatten.

Die in der Schlacht bei Langensalza in Gefangenschaft gerathenen Preussen (907 Mann, darunter 10 Officiere) waren schon am 28. Nachmittags wegen drückenden Verpflegsmangels von Seite der Hannoveraner freigegeben worden.

Am 30. Juni begann der Rücktransport der einzelnen Abtheilungen der hannoverschen Armee mittelst Eisenbahn über Magdeburg nach Hildesheim und Celle; am 4. Juli traf GL. von Arentsschildt in Hannover ein und entliess daselbst sein Hauptquartier; am 5. Juli war die Auflösung der hannoverschen Armee definitiv vollendet.

Der König und der Kronprinz begaben sich anfänglich auf ein Schloss in der Nähe von Jena, später in das Altenburgische, zuletzt nach Wien. Die Königin blieb mit den Prinzessinen in Hannover.

Niemand wird der kleinen, aber treuen und tapferen hannoverschen Armee die Theilnahme ob des tragischen Geschickes, das ihrer todesmuthigen Haltung vorbehalten war, versagen können.

1) Armee-Befehl und Capitulation in den Beilagen zum VII. Abschnitt Nr. 3 u. 4.

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