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In der 10. Sitzung, vom 27. März, stellten die Regierungen von Bayern, Sachsen und dem Grossherzogthum Hessen, mit dem Zusatze, es möge über denselben binnen 8 Tagen abgestimmt werden, den Antrag:

„Die Bundesversammlung wolle unter Vorbehalt weiterer Beschlussfassung die vertrauensvolle Erwartung aussprechen, die Regierungen von ,,Österreich und Preussen würden dem Erbprinzen von Schleswig-Holstein,,Sonderburg-Augustenburg das Herzogthum Holstein in eigene Verwaltung „nunmehr übergeben, bezüglich der wegen des Herzogthums Lauenburg aber „unter ihnen getroffenen Vereinbarungen der Bundesversammlung Eröffnung „zugehen lassen."

Die erwähnten drei Regierungen begründeten den Antrag damit:

1. dass zur Zeit kein Gerichtshof bestände, welcher competent wäre, ein processualisches Verfahren einzuleiten, somit die Bundesversammlung berechtigt sei, über den bestberechtigten Prätendenten zu entscheiden;

2. dass es nothwendig erscheine, die suspendirte Stimme nicht mehr länger ruhen zu lassen;

3. durch Hinweisung auf die Seitens der deutschen Grossmächte in der Londoner Conferenz gegebene Erklärung;

4. endlich, dass durch die Einsetzung des Erbprinzen dem rechtlichen Verfolge anderer Ansprüche der Weg nicht abgeschnitten, ja vielmehr dieser erst rechtlich möglich wäre, da für die Mitprätendenten das Beschreiten des Austrägal-Verfahrens offen stehen würde.

Österreichs Gesandter am Bunde, Baron Kübek, stimmte diesem Antrage bei; der Gesandte Preussens, Herr v. Savigny, bemerkte jedoch sogleich, dass ihm der Antrag, ohne Prüfung im Ausschusse, übereilt erscheine.

Als dennoch beschlossen ward, am 6. April über denselben abzustimmen, erklärte Herr v. Savigny: „er müsse in dem so eben gefassten Beschlusse „mit Bedauern eine Überstürzung erkennen, welche der Sache nicht förderlich ,,sein würde.

„Zugleich sei er schon jetzt zu erklären beauftragt, dass die königliche „Regierung, da sie die Ansprüche des Erbprinzen von Augustenburg als ,,nachgewiesen nicht erachten kann, ihr Votum gegen den vorliegenden An,,trag abgeben werde, und dass sie sich im voraus gegen einen beschluss„mässigen Ausspruch der Bundesversammlung über bestrittene Fragen verwahre. Die königliche Regierung dürfe vielmehr von der Bundesversammlung ,,insbesondere erwarten und verlangen, dass, bevor bei einem Bundesbe,,schlusse eine Formulirung der Ansichten festgestellt wird, dieselbe eine „Prüfung nicht nur der Augustenburg'schen, sondern aller concurrirenden ,,Ansprüche vornehmen werde, namentlich der Seitens des Grossherzogs von „Oldenburg erhobenen Rechte und derjenigen Rechte, welche Preussen selbst,

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,,sowohl aus der Cession Königs Christian IX., als aus den alten Ansprüchen des brandenburgischen Hauses herzuleiten habe."

In der über den eingebrachten Antrag am 6. April erfolgten Abstimmung präcisirte der preussische Gesandte die eben angeführte Erklärung dahin, dass die preussische Regierung die Erbansprüche des Erbprinzen von Augustenburg nicht nur nicht nachgewiesen, sondern nicht nachweisbar erachte, - und was die im Punkte 3 der Begründung des Tripel-Antrages erörterte Haltung und Erklärung Preussens in London anbelangt, so sei sie lediglich nur ein Mittel zur Lösung der kriegerischen Complicationen gewesen. Dieser Vorschlag habe mit seiner definitiven Ablehnung jede weitere Bedeutung um so mehr verloren, als seitdem durch die mehrfache Geltendmachung von Ansprüchen die rechtliche und factische Lage eine andere geworden sei.

Der Antrag ward trotz der Einsprache des preussischen Gesandten mit Stin menmehrheit zum Beschluss erhoben; doch trat selbst Österreich demselben nur insoweit bei, als dies ohne Störung des zwischen Preussen und dem Kaiserstaate bestehenden Einverständnisses möglich wäre."

Der preussische Gesandte erklärte aber kurzweg, dass seitens seiner Regierung die Erfüllung dieses Beschlusses nicht in Aussicht stehe, übrigens er auch gegen die Auffassung Verwahrung einlegen müsse, dass mit der Forderung einer gleichmässigen Prüfung der Ansprüche dem Bunde auch ein Recht auf die endgiltige Entscheidung zuerkannt worden sei.

Das Recht zu dieser Entscheidung wollte die preussische Regierung allein haben, und sie bewies diesen Willen bald, indem sie, alle Rücksichten gegen Österreich bei Seite setzend, den Weg der Thatsachen betrat.

Am 3. April erklärte der preussische Regierungs-Commissär Herr von Zedlitz der Landesregierung, der König von Preussen habe die Verlegung der preussischen Ostsee-Marine-Station von Danzig nach Kiel und die Befestigung dieses Hafens anbefohlen.

Gegen diese Erklärung des preussischen Commissärs legte Freiherr von Halbhuber Protest ein, und die österreichische Regierung liess, um wenigstens ihr Mitbesitzrecht auf Kiel zu constatiren, zwei in Geestemünde liegende k. k. Kriegsschiffe ebenfalls in Kiel Station nehmen.

Später, um den Conflict nicht zu verschärfen, willigte Österreich in die Etablirung der preussischen Marine in Kiel, unter der Bedingung, dass die preussischen Landtruppen, die den Bedarf im Frieden ohnehin weit überstiegen, um die Zahl der in Kiel unterzubringenden preussischen Marinemannschaft vermindert würden.

Es fand zu dieser Zeit auf dem früheren Kriegsschauplatze eine besondere Feier statt, an der auch kaiserliche Officiere als Gäste theilnahmen.

Am 20. und 21. April 1865 wurden nämlich an den Düppler-Schanzen und auf der Insel Alsen die Grundsteine zu Denkmälern in Gegenwart preussischer Truppen gelegt.

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Der König habe befohlen", hiess es in der Stiftungs-Urkunde, „den tapferen Gefallenen auf dem Schauplatze ihres Ruhmes ein Denkmal zu errichten, um den Dank des Vaterlandes zu verkünden und das Andenken der Gefallenen zu ehren, deren Heldenmuth in den Erinnerungen unserer Krieger leben wird, wenn sie die Frucht jenes Sieges einst mit dem. Schwerte zu schützen haben werden."

Die Sache war wirklich jetzt schon auf die Spitze des Schwertes gestellt, und nur die Langmuth und Nachgiebigkeit Österreichs, die auch nur bei dessen völliger Uneigennützigkeit möglich war, verhinderte, dass beide Staaten nicht jetzt schon das Schwert gegen einander zückten.

Preussen fuhr fort, sich immer unabhängiger und selbständiger auf

• dem Boden zu bewegen, der ihm nicht allein gehörte.

Es drang mit Entschiedenheit auf die Entfernung des Erbprinzen von Augustenburg aus dem Lande. Die sogenannte „,officielle Mitregierung" dieses Prätendenten ward als eine unter der Ägide Österreichs stehende dauernde Bedrohung der preussischen Interessen dargestellt.

Da sich die Anschauungen der kaiserlichen Regierung der vollen Zustimmung der Bevölkerung erfreuten, und alle Volksversammlungen davon Zeugniss ablegten, so wurden diese Versammlungen und die namhafteren Wortführer derselben zu Opfern preussischer Verfolgung.

Die willkürlichen Verfügungen von der einen Seite riefen Proteste und Gegenmassregeln auf der andern Seite hervor; -es konnte nicht fehlen, dass die Animosität hier und dort wuchs, so dass endlich ein grosser ernstlicher Schritt zur Verständigung nothwendig ward, wenn dem Umsichgreifen der feindlichen Stimmung und ihren Folgen Einhalt gethan werden sollte.

Das Resultat dieser Bemühungen war der sogenannte „Gasteiner Vertrag", dessen wesentlichste Bestimmung darin bestand, dass die beiden Herzogthümer nicht mehr gemeinschaftlich, sondern jedes für sich, und zwar Holstein nicht ohne Beschränkungen durch Österreich, und Schleswig durch Preussen bis zur endlichen Austragung der Sache besetzt und regiert werden sollten; eine Bestimmung, die auf das Deutlichste die eingetretene Unverträglichkeit der beiden Cabinete manifestirte.

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Seines Mitbesitzrechtes auf Lauenburg begab sich Österreich in diesem Vertrage zu Gunsten Preussens gegen eine Geldentschädigung von 2,500.000 dänischen Reichsthalern.

Der Vertrag ward am 14. August preussischèrseits durch Graf Bismarck, österreichischerseits durch Graf Blome abgeschlossen und von den beiden Souveränen, welche sich persönlich in Salzburg trafen, am 20. August ratificirt. 1)

In Ausführung des Gasteiner Vertrages ernannten beide Regierungen Statthalter für die einzelnen Länder, und zwar Preussen für Schleswig den Generallieutenant Freih. v. Manteuffel, und Österreich den Feldmarschall

1) Dieser Vertrag lautete:

Art. 1. Die Ausübung der von den hohen vertragschliessenden Theilen durch den Art. III des Wiener Friedenstractates vom 30. October 1864 gemeinsam erworbenen Rechte wird, unbeschadet der Fortdauer dieser Rechte beider Mächte an der Gesammtheit beider Herzogthümer, in Bezug auf das Herzogthum Holstein auf Se. Majestät den Kaiser von Österreich, in Bezug auf das Herzogthum Schleswig auf Se. Majestät den König von Preussen übergehen.

Art. 2. Die hohen Contrahenten wollen am Bunde die Herstellung einer deutschen Flotte in Antrag bringen und für dieselbe den Kieler Hafen als Bundeshafen bestimmen. Bis zur Ausführung der dessfallsigen Bundesbeschlüsse benützen die Kriegsschiffe beider Mächte diesen Hafen, und wird das Commando und die Polizei über denselben von Preussen ausgeübt. Preussen ist berechtigt, sowohl zur Vertheidung⚫ der Einfahrt Friederichsort gegenüber die nöthigen Befestigungen anzulegen, als auch auf dem holstein'schen Ufer der Bucht die dem Zwecke des Kriegshafens entsprechenden Marineetablissements einzurichten. Diese Befestigungen und Etablissements stehen gleichfalls unter preussischem Commando, und die zu ihrer Besatzung und Bewachung erforderlichen preussischen Marinetruppen und Mannschaften können in Kiel und Umgebung einquartiert werden.

Art. 3. Die hohen contrahirenden Theile werden in Frankfurt beantragen, Rendsburg zur deutschen Bundesfestung zu erheben.

Bis zur bundesgemässen Regelung der Besatzungsverhältnisse dieser Festung wird deren Garnison aus kaiserlich österreichischen und königlich preussischen Truppen bestehen, mit jährlich am 1. Juli alternirendem Commando.

Art. 4. Während der Dauer der durch Art. I der gegenwärtigen Übereinkunft verabredeten Theilung wird die königlich preussische Regierung zwei Militärstrassen durch Holstein, die eine von Lübeck auf Kiel, die andere von Hamburg auf Rendsburg behalten.

Die näheren Bestimmungen über die Etappenplätze, so wie über den Transport und Unterhalt der Truppen werden ehestens durch eine besondere Convention geregelt werden. Bis dies geschehen, gelten die für die preussischen Etappenstrassen durch Hannover bestehenden Bestimmungen.

Art. 5. Die königlich preussische Regierung behält die Verfügung über einen Telegraphendraht zur Verbindung mit Kiel und Rendsburg und das Recht, preussische Postwagen mit ihren eigenen Beamten auf beiden Linien durch das Herzogthum Holstein gehen zu lassen.

Insoweit der Bau einer directen Eisenbahn von Lübeck über Kiel zur schleswigschen Grenze noch nicht gesichert ist, wird die Concession dazu auf Verlangen Preussens für das holstein'sche Gebiet unter den üblichen Bedingungen ertheilt, ohne dass ein Anspruch auf Hoheitsrechte in Betreff der Bahn von Preussen gemacht werden wird.

Art. 6. Es ist die übereinstimmende Absicht der hohen Contrahenten, dass die Herzogthümer dem Zollvereine beitreten werden. Bis zum Eintritt in den Zollverein, respective bis zu anderweiter Verabredung besteht das bisherige, beide Herzogthümer umfassende Zollsystem unter gleicher Theilung der Revenuen desselben fort. In dem

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lieutenant Freiherrn v. Gablenz für Holstein. Die frühern Civil-Commissäre blieben denselben zur Seite.

Baron Halbhuber ward jedoch bald durch Herrn v. Hoffmann

ersetzt.

Die Einsetzung der neuen holsteinischen Landesregierung mit dem Sitze in Kiel erfolgte am 15. September.

Den Befugnissen der entscheidenden Politik fernstehend", sagte FML. Freiherr v. Gablenz in seiner Proclamation an die Holsteiner, „,beseelt mich

Falle, dass es der königlich preussischen Regierung angezeigt erscheint, noch während der Dauer der in Art. I der gegenwärtigen Übereinkunft verabredeten Theilung Unterhandlungen behufs des Beitritts der Herzogthümer zum Zollvereine zu eröffnen, ist Se. Majestät der Kaiser von Österreich bereit, einen Vertreter des Herzogthums Holstein zur Theilnahme an solchen Verhandlungen zu bevollmächtigen.

Art. 7. Preussen ist berechtigt, den anzulegenden Nord-Ostsee-Canal je nach dem Ergebnisse der von der k. Regierung eingeleiteten technischen Ermittelungen durch das holstein'sche Gebiet zu führen. Insoweit dies der Fall sein wird, soll Preussen das Recht zustehen, die Richtung und die Dimensionen des Canals zu bestimmen, die zur Anlage erforderlichen Grundstücke im Wege der Expropriation gegen Ersatz des Werthes zu erwerben, den Bau zu leiten, die Aufsicht über den Canal und dessen Instandhaltung zu führen und das Zustimmungsrecht zu allen denselben betreffenden reglementarischen Bestimmungen zu üben.

Transitzölle oder Abgaben von Schiff und Ladung, ausser der für die Benützung des Canals zu entrichtenden, von Preussen für die Schiffe aller Nationen gleichmässig zu normirenden Schifffahrtsabgabe, dürfen auf der ganzen Ausdehnung des Canals nicht erhoben werden.

Art. 8. An den Bestimmungen des Wiener Friedensvertrages vom 30. October 1864 über die von den Herzogthümern sowohl gegenüber Dänemark, als gegenüber Österreich und Preussen zu übernehmenden finanziellen Leistungen wird durch die gegenwärtige Übereinkunft Nichts geändert; doch soll das Herzogthum Lauenburg von jeder Beitragspflicht zu den Kriegskosten befreit werden.

Der Vertheilung dieser Leistungen zwischen den Herzogthümern Holstein und Schleswig wird der Bevölkerungsmassstab zu Grunde gelegt werden.

Art. 9. Se. Majestät der Kaiser von Österreich überlässt die im mehrerwähnten Wiener Friedensvertrage erworbenen Rechte auf das Herzogthum Lauenburg Sr. Majestät dem Könige von Preussen, wogegen die königlich preussische Regierung sich verpflichtet, der kaiserlich österreichischen Regierung die Summe von zwei Millionen fünfmalhunderttausend dänische Reichsthaler zu entrichten, in Berlin zahlbar in preussischem Silbergelde vier Wochen nach Bestätigung gegenwärtiger Übereinkunft durch Ihre Majestäten den Kaiser von Österreich und den König von Preussen.

Art. 10. Die Ausführung der vorstehenden verabredeten Theilung des Condominiums wird baldmöglichst nach Genehmigung dieses Abkommens durch Ihre Majestäten den Kaiser von Österreich und den König von Preussen beginnen und spätestens bis zum 15. September beendet sein.

Das bis jetzt bestehende gemeinschaftliche Obercommando wird nach vollendeter Räumung Holsteins durch die königlich preussischen, Schleswigs durch die kaiserlich österreichischen Truppen, spätestens am 15. September aufgelöst werden. So geschehen Gastein, am 14. August 1865.

(L. S.) G. Blome m. p.

(L. S.) v. Bismarck m. p.

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