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Vorwort.

Das Jahr 1866 hat mitten im Herzen Europa's einen Kampf

entstehen sehen, von dessen Erschütterungen heute und wohl für lange Zeit noch der gesammte Continent vibrirt.

Zwei grosse Staaten, das eben entstandene Italien, und das nach grösserer Macht und der Führerschaft in Deutschland strebende Preussen, griffen, unter sich verbündet, den Kaiserstaat Österreich, diesen beständigen Verfechter des vertragsmässigen Rechtes, im Süd und Nord seiner Grenzen an.

Der Kampf war ein ungleicher, und die Würfel fielen zum. Nachtheile Österreich's.

Einer der glänzendsten Feldzüge der kaiserlichen Waffen gegen dreifache Übermacht im Süden, der Sieg bei Custozza und die grosse See-That bei Lissa, gingen spurlos unter in dem Missgeschicke, dem Österreich's Heer im Norden erlag.

Die beiden Gegner des Kaiserstaates haben ihre Ziele erreicht. Der kaiserliche Soldat steht nicht mehr auf italischem Boden, den er in hundertfältigen Kämpfen zum Ruhme und zur Grösse des deutschen Namens errungen hatte.

Im Norden ist mancher deutsche Thron gefallen, manches bisher selbständige Staatsleben vernichtet; der deutsche Bund liegt zertrümmert; Österreich steht in keinem politischen Zusammenhange mehr mit dem deutschen Wesen, und die Krone Preussens, bereichert durch die schleswig - holsteinischen, hannover'schen, kurhessischen, nassauischen Lande und andere ehemals freie Gebiete, hat nun die Führerschaft und auch die Verantwortlichkeit für die weiteren Geschicke Deutschlands allein übernommen.

Die Zeit wird lehren, was von den neuen Verhältnissen gesund und lebensfähig ist, und was nicht; sie wird erweisen, ob Deutschland ohne Österreich, das durch Jahrhunderte sein bestes Blut und seinen ganzen Wohlstand für Deutschlands Grösse und Unabhängigkeit geopfert hat, stark genug sei, sich inmitten der europäischen

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die Zeit end

Staatengesellschaft zu consolidiren und zu erhalten; lich wird zeigen, ob das grosse deutsche Volk jener strammen Centralisation fähig ist, der es unterworfen werden soll.

Wie dem nun sei, Österreich wird in der Zukunft frei und unabhängig, mit seiner ganzen ungetheilten Kraft da eintreten können, wo es sein eigenstes Interesse erheischt, und das Heer Österreichs wird sich dabei nach wie vor seiner grossen Aufgabe bewusst

bleiben.

Wir widmen diesem Heere, auf dem der Bestand und die politische Grösse des Staates ruhen, die folgenden Blätter, welche die Geschichte seiner und seiner Verbündeten opfervollen Kämpfe des vorigen Jahres enthalten.

Die Armee hat ein Anrecht auf diese Geschichte.

Möge sie die Schwierigkeiten einer solchen Arbeit nicht verkennen und uns nicht der Lässigkeit oder Absichtlichkeit zeihen, wenn wir, das Ganze vorzugsweise im Auge behaltend, manches der Aufzeichnung werthe Detail übergehen mussten, manchen Widerspruch nicht ausgleichen und in der Schilderung des oft chaotischen Kampfgedränges beim besten Willen manchmal nicht scharf und gerecht genug urtheilen konnten.

Dieses Werk erscheint offenbar zu früh, — und doch kann dasselbe nicht früh genug in die Hände des Heeres kommen, damit dieses erfahre und für alle Zukunft wisse, in welcher Weise es gleichzeitig zu so grossem Triumphe und zu so entsetzlicher Niederlage gekommen ist.

Wien, im August 1867.

I. Abschnitt.

Einleitung.

Die politischen Vorgänge vor Ausbruch des Krieges.

Es sind nur wenige Jahre verflossen, seit österreichische und preussische Truppen als Verbündete gemeinschaftlich in's Feld rückten, um einen deutschen Stamm von der demselben unerträglich gewordenen dänischen Fremdherrschaft zu befreien.

Eine grosse Zahl deutscher Regierungen hatte sich zwar damals, vielleicht im Vorgefühle seiner schweren Folgen, gegen den letzten Zweck dieses Kriegszuges ausgesprochen, und in Österreich hatte man im Allgemeinen, zum Theil aus instinctivem Widerwillen gegen eine, wenn auch vorübergehende Verbindung mit Preussen, blos geringe Sympathien für die Sache, zu deren Verfechtung ein obwohl nur kleiner Theil seines Heeres, zu Ende 1863, nach dem fernen Norden zog.

Doch die kaiserliche Regierung hatte ihre Gründe, trotz des Widerspruches der ihr näherstehenden deutschen Bundesregierungen, und trotz der Bedenken, die sich im eigenen Volke erhoben, Hand in Hand mit Preussen an's Werk zu gehen.

Es galt ja vor Allem ein deutsches und gerechtes Unternehmen, und Österreich war von jeher der erste und ausdauerndste Kämpfer für deutsche Ehre und deutsches Recht gewesen.

Die Weltgeschichte ist voll von den beharrlichen Kämpfen, die es zur Ausbreitung, nicht seines eigenen, sondern des deutschen Wesens, namentlich gegen seine westlichen und südlichen Nachbarn focht.

Die deutsche Ehre war zudem in dieser Angelegenheit schon zu sehr verpfändet, als dass die letztere nicht mit aller Kraft zum Austrage hätte kommen müssen.

Es war weiters zur Ehre Deutschlands nothwendig, dass in dieser rein deutschen Frage, die aber gleichwohl sehr leicht die Einrede des Auslandes herbeiführen konnte, wenigstens die beiden ersten Staaten des deutschen Bundes sich im Angesichte der Welt einig zeigten.

Österreichs Kämpfe 1866. I. Band.

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Endlich nahm Preussen, das schon in den Jahren 1848 und 1849 im Vereine mit anderen deutschen Bundestruppen einen nicht glücklichen Versuch zu demselben Zwecke gemacht, sich diesmal mit einer solchen Leidenschaftlichkeit des wieder erwachten Streites an, dass Österreich sich demselben geradezu feindselig hätte gegenüberstellen müssen, um es von der Ausführung seiner Plane gegen Dänemark abzuhalten.

So zogen denn zu Ende des Jahres 1863 österreichische Truppen im Vereine mit preussischen aus, um Schleswig-Holstein von der dänischen Herrschaft zu befreien.

Richtig wäre es wohl von Seite Österreichs gewesen, sich vor dem BeSinne dieses Krieges mit seinem Verbündeten hinreichend über die politische Stellung zu verständigen, die dem befreiten Lande nach dem Kriege zu geben sein würde; denn immerhin musste man darauf gefasst sein, dass Preussen sich nach dem Kriege leicht versucht fühlen könnte, das ihm nahe, Österreich aber ferne gelegene Land seinen eigenen Zwecken in der einen oder anderen Weise dienstbar zu machen.

Doch diese Verständigung erfolgte nicht, und Österreich ging bedingungslos, im guten Glauben an die Rechtlichkeit seines Verbündeten, in den Kampf 1).

Der Kampf gegen die verhältnissmässig geringe dänische Kriegsmacht ward mit Glück und Ruhm begonnen und zu Ende geführt.

Noch sind den Zeitgenossen die Waffenthaten dieses Krieges in lebhaftester Erinnerung: die Tage von Ober-Selk, Översee, Veile, Helgoland, — an denen die österreichischen Regimenter unter ihrem kühnen Führer, dem FML. Freiherrn v. Gablenz, und die kaiserliche Marine unter ihrem Helden Tegetthoff, den Feind aus Schleswig und Jütland und aus der Nordsee vertrieben, und die Tage von Düppel und Alsen, an denen das preussische Heer unter Prinz Friedrich Carl zwei der schwierigsten Angriffe auf das Glänzendste durchführte und damit den Krieg zum Abschluss brachte.

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Dänemark trat im Wiener Frieden vom 30. October 1864 die Herzogthümer Lauenburg, Holstein und Schleswig an die beiden siegreichen Mächte ab.

1) In dieser Beziehung enthält die Convention vom 16. Jänner 1864 im §. 5 nur den folgenden Passus, welcher die vertragsmässige Grundlage aller späteren Beziehungen zwischen Preussen und Österreich geblieben ist:

„Für den Fall, dass es zu Feindseligkeiten in Schleswig käme, und also die „zwischen den deutschen Mächten und Dänemark bestehenden Vertrags-Verhältnisse „hinfällig würden, behalten die Höfe von Preussen und Österreich sich vor, die künf„tigen Verhältnisse der Herzogthümer nur im gegenseitigen Einverständniss festzustellen. Zur Erzielung dieses Einverständnisses würden sie eintretenden Falles die sachgemässen weiteren Abreden treffen."

Der Artikel III des Wiener Vertrages lautete wörtlich:

„Seine Majestät der König von Dänemark entsagt allen seinen Rechten „auf die Herzogthümer Schleswig-Holstein und Lauenburg, zu Gunsten Ihrer „Majestäten des Kaisers von Österreich und des Königs von Preussen, und ,,verpflichtet sich, die Dispositionen anzuerkennen, welche die genannten ,,Majestäten in Bezug auf die Herzogthümer treffen werden."

Die Ratificationen dieses Vertrages wurden am 16. November in Wien ausgewechselt, und am 29. November ward der Vertrag in Frankfurt dem deutschen Bundestage vorgelegt.

Hierauf, ungefähr Ein Jahr nachdem sie zum Kriege ausgezogen waren, kehrten die österreichischen und preussischen Truppen wieder in ihre Heimat zurück, jeder Mann geschmückt mit einer Erinnerungs-Medaille, die, aus erobertem dänischem Geschützmateriale gegossen, auf der einen Seite die Namenszüge der verbündeten Monarchen enthielt und an einem, die Landesfarben Österreichs und Preussens vereinenden Bande zu tragen war.

In den Herzogthümern blieben zurück: von Seite Österreichs die Brigade GM. Ritter v. Kalik, 7 Bataillons, 2 Escadrons und 1 Batterie; von Seite Preussens: 2 Infanterie-Brigaden, bestehend aus 18 Bataillons, 1 Cavallerie-Brigade zu 18 Escadrons und 3 Batterien.

Die königlich sächsischen und hannover'schen Bundes-Contingente, welche während des Krieges das Herzogthum Holstein als deutsches Bundesland besetzt gehalten hatten, verliessen gleichfalls, auf Andringen Österreichs und Preussens, in Folge eines Bundesbeschlusses vom 5. December, das Land.

Die Regierung der Herzogthümer sollte bis zur definitiven Regelung der politischen Stellung derselben eine gemeinschaftliche sein, mit dem Sitze zu Schleswig. Österreich delegirte hiezu als kaiserlichen Regierungs- Commissär den Freiherrn v. Lederer, dem jedoch bald Baron Halbhuber folgte, Preussen als königlichen Regierungs - Commissär den Freiherrn v. Zedlitz.

Es hätte wohl mehr als menschlicher Voraussicht bedurft, um zu jener Zeit zu ahnen, dass schon nach kaum anderthalb Jahren die gesammten Streitkräfte Österreichs und Preussens sich in einem Kampfe auf Tod und'Leben begegnen würden, in einem Kampfe, in dem beide Mächte und mit ihnen alle übrigen Staaten Deutschlands, ohne Ausnahme, ihre ganze politische Existenz einzusetzen hätten.

Wohl war leicht vorherzusehen, dass der alte zwischen Österreich und Preussen herrschende Antagonismus endlich einmal zu einem über die ganze Zukunft dieser beiden Staaten entscheidenden Conflicte würde führen müssen; doch dass dieser Conflict so nahe bevorstehe, nachdem Österreich seinem Rivalen noch eben vor Kurzem zu einem echt nationalen Werke

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