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Von der Saale bis zum Rhein.

19. Oktober bis 14. November.

Sehr früh schon wurde wieder aufgebrochen und um 7 Uhr in Halle unter der höchsten Begeisterung der Einwohner eingezogen; am Nachmittag kam die Botschaft, daß Leipzig um 1 Uhr mit Sturm genommen sei und das feindliche Heer in voller Auflösung flüchte, was den Jubel unendlich steigerte.

Am 20. verließ das Korps Halle wieder und erreichte die Gegend von Lauchstädt; am 21. wurde eine neue Avantgarde unter dem Kommando des Obersten Graf Henckel v. Donnersmarck gebildet und derselben auch das kombinirte Füsilier- Bataillon zugetheilt. Noch am selben Tage traf diese Avantgarde bei Freiburg an der Unstrut auf den Feind, woselbst sich alsbald ein blutiges Gefecht entwickelte.

Gefecht bei Freiburg.

21. Oktober.

Die feindliche Nachhut hielt namentlich Burg Zscheiplig und einen auf ihrem rechten Flügel gelegenen Wald stark besetzt. Anfangs stand das kombinirte Füsilier-Bataillon in der Reserve der Avantgarde; da jedoch der Feind die in den Wald bereits eingedrungenen Bataillone wieder gegen den diesseitigen Saum und darüber hinausdrängte, so wurde es schließlich ebenfalls ins Treffen geführt. Beim Anrücken fand es den Waldsaum bereits stark besetzt und hartnäckig vertheidigt. Der erste Angriff zwar glückte, und ein Theil des Waldes ward genommen, aber der Feind ging von Neuem zur Offensive über, warf die Füsiliere wieder heraus, und erst nachdem völlige Finsterniß eingetreten war, das Bataillon sich auch in dem lang andauernden Waldgefechte gänzlich aufgelöst hatte, gelang es, in Verbindung mit den anderen Bataillonen die Franzosen zu vertreiben und nach der Unstrut hinunter zu werfen, wo die Brücke von den Flüchtigen in wilder Verwirrung und argem Gedränge pasirt wurde. Nicht wenige wurden hierbei ins Wasser gedrängt und ertranfen. 18 Geschütze und 1200 Gefangene waren dem Yordschen Korps in die Hände gefallen.

Der Verlust, welchen die Brandenburger Füsiliere in diesem Treffen erlitten hatten, belief sich auf 1 Offizier, 34 Mann.

Der Offizier war der Lieutenant v. Pablowski, welchen, nachdem er früher bereits dreimal verwundet worden war, hier nun doch die tödliche Kugel ereilte. *)

Das kombinirte Musketier-Bataillon hatte in der Reserve gestanden und daher keinen Verlust.

Die weitere Verfolgung geschah über Groß-Sömmerda und Langensalza in der Richtung auf Eisenach, wobei aber die rauhe Witterung, das stete Biwakiren, die anstrengenden Märsche sowie die unzureichende Verpflegung in den ausgesogenen Gegenden schon jezt großes Elend unter den Truppen hervorriefen. In einem Berichte des Oberst Graf Henckel heißt es u. A.: „Ein Landwehroffizier hat, von Hunger und Ermattung ohnmächtig, die Nacht im Graben zugebracht." Am 26. erfolgte ein neuer Zusammenstoß mit dem Feinde.

Gefecht am Hörsel-Berge bei Eisenach.

26. Oktober.

Nach einem Marsche von drei Meilen, bei kaltem Wetter, den Wind ins Gesicht, erreichte das Korps am späten Nachmittage die Höhen bei Eichroda. Starke Kolonnen des Feindes hatten den Paß schon am Vormittage passirt und seine Nachhut, obwohl bereits seit dem Morgen von der Kavallerie beunruhigt, biwakirte im Thal. Eine sogleich vorgezogene preußische Batterie feuerte mit Kärtätschen in das Biwak. Die Wirkung war furchtbar, allein der Feind,

*) Im Soldatenfreund, Februar 1853, findet sich der Tod dieses tapferen Offiziers nach den Aufzeichnungen des Füsiliers Hechel folgendermaßen geschildert: „Eine Stunde etwa mochte das Feuer gedauert haben, als die Franzosen auf uns Sturm liefen. Wir waren zu wenig und mußten weichen. Ein großer bärmüßiger Kerl und hinter ihm ein ganzer Trupp anderer war mir dicht auf den Hacken. Ich stürzte durch den Wald so hastig, daß mir die Reiser der Bäume das Gesicht zerkragten. Ein Lieutenant von der 10. Kompagnie lief die gerade Wildbahn entlang. Diesen schoß der große Franzose nieder, bückte sich, nahm ihm Uhr, Börse und Säbel ab und verfolgte dann die Bahn weiter. Wir sahen es und zugleich, daß die Franzosen sich getheilt hatten. Da kehrten wir schnell wieder um. Ein Jäger und ich faßten die Wildbahn, in welcher die Bärmüße eben wieder zurücklief. Der Jäger riß sein Gewehr an die Backe und traf den Kerl so gut, daß er kopfüber zusammenstürzte ohne Ruck und Zuck. Dann ging er gemächlich hin, um ihn auszuplündern. Er nahm ihm unseres Lieutenants Uhr, Säbel und Börse wieder ab, die jener keine Viertelstunde besessen hatte. Das ist so Kriegslauf.“

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welcher hier um jeden Preis Stand halten mußte, formirte sich schnell, entwickelte viel Schüßen, und bald nahm das Gefecht einen sehr ernsthaften Charakter an. Vom Korps Yorck war die Division Hünerbein im Kampf und von dieser hauptsächlich das Brandenburgische und das 12. Reserve Regiment betheiligt. Das sehr schwierige Gelände begünstigte die in der Vertheidigung befindlichen Franzosen, und so endete das Gefecht erst, nachdem vollständige Finsterniß eingetreten war, mit dem Rückzuge des Feindes. Die Verluste der Division Hünerbein betrugen etwa 350 Mann; davon kamen beim Brandenburgischen Regiment auf

das kombinirte Musketier-Bataillon 2 Offiziere, 84 Mann

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Summe 2 Offiziere, 93 Mann.*)

Erwägt man, daß die kombinirten Bataillone außerordentlich schwach waren, theilweise wenig über 200 Mann zählten**), so ist dies immerhin ein sehr beträchtlicher Verlust.

Der Lieutenant v. Mauderode war geblieben, Lieutenant Hirschberg verwundet.

Dem Gefechte folgte eine eisig kalte Nacht, und mehrere Soldaten erwachten am Morgen nicht wieder, sie waren erfroren. Aber noch hatte man das höchste Maß der Mühseligkeiten und Leiden nicht erreicht. Weiter ging es am 27. wieder auf schlechten Gebirgswegen, das kombinirte Füsilier-Bataillon in der Avantgarde. Am 28. erreichte das Yorcksche Korps die Werra bei Salzungen und Barchfeld, wo die Truppen zum ersten Mal seit dem Ausmarsch aus Halle wieder Ortsunterkunft bezogen. Dann rückte das Korps quer über das Vogelsgebirge nach Gießen weiter. Der Marsch geschah über Geismar, Fulda und Hungen und brachte für die Soldaten die größten Anstrengungen und härtesten Entbehrungen mit sich; doppelt empfindlich, da die Jahreszeit bereits eine sehr rauhe war.

Werkes

Viel

Kapitän v. Plotho giebt in der Beilage XXIV. des 2. Bandes seines
Verlustliste des Gefechts am 26. Oktober

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die Einbuße anders an:

kombinirte Musketier-Bataillon 2 Offiziere, 191 Mann,

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**) Bei dem kombinirten Füsilier-Bataillon betrug der Antheil des I. Bataillons 12. Reserve - Regiments nur noch 107 Köpfe; schwerlich wird daher der der Brandenburgischen Füsiliere größer gewesen sein.

mehr aber litt natürlich die auf dem Rückzuge befindliche französische Armee.

„Allenthalben lagen todte Menschen und Pferde, zerbrochene Geschütze, Gewehre, Wagen aller Art und umhergestreute Munition. Halbverhungerte und durch die rauhe Witterung am Nervenfieber erkrankte Soldaten wurden in Menge angetroffen. Die Gutmüthigkeit unserer Soldaten war überwiegend; denn sie gaben diesen armen, wie wahnsinnig auf dem Felde umherlaufenden Leuten Brot und Branntwein. Es lohnte nicht, sie weiter gefangen zu nehmen. Jenseits Fulda, wo die Biegung der Chaussee den Berg hinaufsteigt, lagen mehrere halbverbrannte Leichen an einem Biwakfeuer." So schildert der Oberst Graf Henckel v. Donnersmarck die Spuren, welche die Franzosen auf ihrer Flucht aus Deutschland hinterließen. Am 4. November ward die Gegend von Gießen erreicht, und auf Befehl des Feldmarschalls Blücher*) erhielt das Korps hier zwei Ruhetage, welche ihm in der That höchst nöthig waren und in dieser wohlhabenden Gegend recht gut thaten.

Die Division Hünerbein kam in Steinbach, Anneroth, Albach und Machelheim unter.

Wie es mit dem Korps stand, geht daraus hervor, daß es jetzt in seinen Reihen nicht mehr 10 000 Kombattanten zählte, von 37 700, welche im August ausmarschirt waren, und trotz wiederholter Nachschübe. Von 106 Geschützen waren nur noch 42 einigermaßen brauchbar; das andere Fuhrwesen hatte seit Ende September nicht mehr folgen können. An Munition mangelte es sehr, und die Gewehre waren in traurigem Zustande viele ganz unbrauchbar -und thatsächlich gab es überdies eine große Anzahl Soldaten, die gar keine mehr hatten.

Daß die Bekleidung und das Schuhzeug in der erbärmlichsten Verfassung sich befanden und bei Offizieren wie Leuten die Montirungsstücke gänzlich unbrauchbar waren, bedarf kaum der Erwähnung. Der Kampf um die Befreiung des Vaterlandes hatte in fast jeder Beziehung die härtesten Opfer und Entbehrungen auferlegt und sollte noch weitere fordern.

Am 7. ward wieder aufgebrochen. Anfänglich lag es in des Feldmarschalls Blücher Absicht, den Rhein bei Mühlheim zu überschreiten und dann in Belgien und Holland einzudringen; demnach ging der Marsch über Braunfels und Weilburg in jener Richtung.

*) Diese Ernennung war ihm am 18. Oktober zu Theil geworden.

Am 11. jedoch kam ein Gegenbefehl; die Schlesische Armee war zur Einschließung von Mainz bestimmt worden und setzte sich über Dieß dahin in Bewegung. Am 14. November überschritt das Korps Yorck den Taunus; als es von der Höhe der Platte" das goldene Mainz" liegen, die Fluthen des Rheines schimmern sah, da brach lauter Jubel aus den Reihen der Krieger; mochte auch Mancher mit Wehmuth auf die zusammengeschmolzene Schaar blicken und der gefallenen Kameraden gedenken, es war doch ein hohes Gefühl des Stolzes und der Freude, dem grünen Rhein als Sieger zu nahen, Schmach und Schande getilgt zu haben und das Morgenroth einer besseren Zukunft zu erblicken. Am Mittag des 14. rückte das Yorcksche Korps in Wiesbaden ein und bezog theilweise Ortsunterkunft in der Umgegend; das kombinirte Füsilier-Bataillon kam nach Erbenheim.

Am Rhein.

15. November bis 31. Dezember.

Der Division Hünerbein fiel zunächst die Aufgabe zu, den auf dem rechten Rhein-Ufer gelegenen Brückenkopf von Mainz, die Feste Caftel, einzuschließen. Zwar unternahm der Feind nichts Ernstliches, immerhin aber gelangten die Truppen nicht zu vollkommener Ruhe; kaum 30 Mann stark waren die Kompagnien an den Rhein gelangt, sollten nun den Vorpostendienst versehen und dabei doch mit dem größten Eifer an der Wiederherstellung ihres Materials arbeiten.

Wie es damit stand, ist bereits gesagt, mit dem Empfang der Löhnung sah es aber noch schlimmer aus. Seit dem 1. August batten weder Offiziere noch Mannschaften ihr „Traktement" empfangen, ja Viele hatten noch vom Juni und Juli Rückstände zu fordern; nun erhielt am 15. November jedes Bataillon aus der Kriegskasse zu Wiesbaden 1600 Thlr.; außerdem noch 150 Thlr. Medizin und 100 Thlr. Reparaturgelder und sollte angeben, was die bei der Fahne befindliche Mannschaft dann noch für Juni und Juli zu fordern hätte. Aus dieser kleinen Abschlagszahlung nach so langer Zeit läßt sich ersehen, wie wenig Geld damals in den Kaffen des Staates war.

Ein Tagesbefehl vom 17. machte dem Korps bekannt, daß zwar mit dem größten Fleiß daran gearbeitet werde, eine neue Fußbekleidung herzustellen, allen Bedürftigen jedoch nicht gleich geholfen

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