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Sie fühlten sich besser als der Feind und hätten gerne Tag für Tag eine Schlacht geliefert, diesem Feinde aber den Rücken kehren zu müssen, ihn wieder in das Vaterland eindringen zu lassen, das war unerträglich. Und diese Mißstimmung wuchs, als am 24. Mai zwischen Lauban und Löwenberg die damalige preußische Grenze überschritten wurde. Wie kampfesfroh, wie siegesgewiß waren sie vor wenig Monaten über dieselbe nach Sachsen marschirt, und mit welchen Gefühlen kehrten sie nun zurück! Zurückgeworfen vom Feinde, ihre heldenmüthigen Anstrengungen vereitelt, ihre Zahl zu= sammengeschmolzen!

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Das III. Musketier Bataillon zählte am 24. nur noch): 11 Offiziere, 43 Unteroffiziere, 6 Spielleute, 480 Mann, und dies war noch das stärkste Bataillon im ganzen 1. Westpreußischen Infanterie - Regiment. Aber es muß anerkannt werden, daß die Truppen auch in diesen schweren Tagen ihre Pflicht unverändert erfüllten.

Im Hauptquartier des Korps war übrigens die gedrückte Stimmung im Heere nicht unbemerkt geblieben, daher beschloß General v. Blücher, durch einen kühnen Streich gegen die Avantgarde des Feindes den Geist der Truppen wieder zu heben, und legte jener bei Hainau einen Hinterhalt.

22 Schwadronen, 3 reitende Batterien, befehligt von den Obersten v. Dolffs und v. Mutius, stellten sich verdeckt auf, brachen, als die Division Maison aus Hainau vorrückte und sich in ebenem Gelände befand, auf ein gegebenes Zeichen*) hervor und stürzten sich auf die schnell Karrees bildenden Franzosen. Die Karrees wurden gesprengt, 1200 Mann niedergehauen, 300 bis 400 Gefangene gemacht und 11 Geschüße erbeutet. Blüchers Absicht ward erreicht, denn mit Jubel vernahm die Armee die Kunde und faßte wieder mehr Vertrauen auf die Zukunft.

Am 29. erreichte das Blüchersche Korps die Stellung von Peterwig in der Nähe von Schweidnih, wo es bis zum 2. Juni verblieb und die Nachricht von dem Abschluß einer 36 stündigen Waffenruhe erhielt. Da aber am 1. Juni Breslau von den Franzosen besett, die Stellung bei Peterwit also in der rechten Flanke umgangen war, so wurde am 3. der weitere Rückzug nach Strehlen angetreten und bei dieser Stadt ein Lager bezogen. Daselbst erfolgte am 6.

*) Es wurde die Windmühle von Baudmannsdorf in Brand gesteckt.

die Bekanntmachung von einem am 4. zu Poischwiz bei Jauer abgeschlossenen Waffenstillstande, dessen Dauer sich bis zum 20. Juli erstrecken sollte.

Der Waffenstillstand.

4. Juni bis 16. August.

Zeit vom 4. bis 30. Juni.

Die Nachricht von dem Abschluß dieses Waffenstillstandes war ein Donnerschlag sowohl für das Heer als für das ganze preußische Volk. Man gab sich den schlimmsten Besorgnissen hin und fürchtete einen Frieden, der Preußen und Deutschland dem verderblichen Einflusse des fremden Eroberers überlassen würde. Tiefe Trauer herrschte überall im Vaterlande! Bald aber brachten die Worte des Königs, mit denen er seinem Volke den Waffenstillstand ankündigte, mehr Zuversicht in die Gemüther.

„Der Feind", sagte König Friedrich Wilhelm, „hat einen Waffenstillstand angeboten; Ich habe ihn mit meinen Alliirten bis zum 20. Juli angenommen. Dies ist geschehen, damit die Nationalkraft, die Mein Volk bis jetzt so ruhmvoll gezeigt hat, fich völlig entwickeln könne. Rastlose Thätigkeit und ununterbrochene Anstrengungen werden uns dazu führen. Bis jet war uns der Feind an Zahl überlegen, und wir konnten nur den alten Waffenruhm wieder gewinnen; wir müssen jezt die kurze Zeit benugen, um so stark zu werden, daß wir auch unsere Unabhängigkeit erkämpfen. Beharrt in Eurem festen Willen, vertraut Eurem Könige, wirkt rastlos fort, und wir werden auch diesen heiligen Zweck erringen.“

Schon vor dem Eintritt des Waffenstillstandes am 28. Mai war eine neue Eintheilung der preußischen Armee angeordnet worden, zufolge deren sich drei Armeekorps unter den Generalen v. Yorck, v. Kleist und v. Bülow bildeten und unter den Oberbefehl des Generals der Kavallerie v. Blücher traten.

Das I. und II. Reserve-Bataillon Leib-Infanterie-Regiments gehörten danach zu der 2. Brigade (Oberst v. Horn) des I. Armeeforps Generallieutenant v. Yorck.

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Das III. Musketier-Bataillon 1. Westpreußischen InfanterieRegiments zur 1. Brigade (Oberst v. Klüx) des II. Armeekorps Generallieutenant v. Kleist. — Die Stärke dieser Bataillone_vor Beginn des Waffenstillstandes war, wie bei allen Truppen, nur gering.

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III. Musketier-Bataillon

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11 Offiziere, 43 Unteroffiziere, 6 Spielleute und 480 Mann.

Durch Auflösung und Vertheilung der dritten Reserve-Bataillone an die Regimenter wurde diese Stärke wieder etwas erhöht, so hatte am 4. Juni das

III. Musketier-Bataillon: 15 Offiziere, 57 Unteroffiziere,
8 Spielleute, 623 Mann, 5 Chirurgen;

gegenüber einer Sollstärke von: 19 Offizieren, 60 Unter-
offizieren, 9 Spielleuten, 732 Mann, 5 Chirurgen;
und etwas später nur: 14 Offiziere, 49 Unteroffiziere,
7 Spielleute, 595 Mann, 5 Chirurgen;

sei es, daß diese Verringerung in Nachwirkungen des Feldzuges, Krankheiten u. s. w. ihren Grund hatte, oder daß Abgaben an neu errichtete Truppentheile stattgefunden haben. An Wunden krankten noch von Offizieren: Kapitän v. Dobrißkowski und die Lieutenants v. Heydebrandt, v. Pablowski, v. Kczewski und v. Gruben.

Nach den Bestimmungen des Waffenstillstandes hatten die Franzosen Breslau wieder geräumt, und es war zwischen ihnen und der verbündeten Armee ein Strich Landes für neutral erklärt worden, damit während der Waffenruhe nicht zufällige feindliche Zusammenstöße der beiderseitigen Truppen stattfinden konnten. So blieben vollständig unbesezt die Kreise Hirschberg, Jauer, Liegniß, Neumarkt und ein Theil des Breslauer Kreises.

An die Grenze dieses neutralen Gebietes schob die verbündete Armee zu völliger Sicherung Avantgarden vor; so war auch von der Blücherschen Armee eine Anvantgarde unter Generalmajor v. Korswandt im Breslauschen bei Koberwitz aufgestellt, theils biwakirend, theils kantonnirend. Zu dieser Avantgarde waren auch das Bataillon v. Othegraven und das Bataillon v. Krosigk kommandirt; ersteres kam mit je einer Kompagnie in Wasserjentsch, Karawana, Tschauselwitz und Gallowitz unter; das Bataillon v. Krosigk lag mit zwei Kompagnien in Zaumgarten und mit je einer in Neyen und Klein-Sirnig.

Das I. Reserve-Bataillon unter Major v. d. Golg kantonnirte innerhalb seines Brigadeverbandes in Brosewig.

Je weiter sich nun die Ueberzeugung befestigte, daß der Waffenstillstand wirklich nur für die Sammlung und Organisation der Streitkräfte des Landes dienen sollte, umsomehr hob sich auch die Stimmung wieder. Mit dem größten Eifer wurde die Bildung der Landwehren betrieben, wurde aller Orten gerüstet und geübt das ganze Land war ein großes Heerlager. Aber nicht nur bei den Landwehren war diese Thätigkeit nöthig, auch die Linientruppen bedurften derselben in hohem Grade; sie waren nicht nur schwach an Zahl, sondern auch in Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung sehr beruntergekommen, und ihre innere Tüchtigkeit ließ des vielen unausgebildeten Ersages wegen auch bedeutend zu wünschen übrig.

Sofort wurde dahin gestrebt, die Lücken an Führern und Mannschaften zu ergänzen. Feldwebel und freiwillige Jäger, die fich dazu eigneten und von den Truppen in Vorschlag gebracht waren, wurden zu Offizieren ernannt und an die Landwehr abgegeben; Ersatmannschaften wurden eingestellt, eifrig suchte man Bekleidung, Schuhwerk und Ausrüstungsstücke auszubessern und neu zu beschaffen, und vor allen Dingen ward nach Möglichkeit exerzirt, geschwärmt und Felddienst geübt oft vom frühen Morgen bis zum späten Abend; Ruhe gab es nicht. Und hier zeigte sich solch unausgesetztes Streben doppelt nöthig, denn die Anzahl der ausgebildeten Soldaten und Unteroffiziere war, wie gesagt, nur gering, und sehr viele Offiziere kannten das neue Reglement sowie den Dienstbetrieb nur unvollständig oder gar nicht, da ein Theil der älteren jahrelang außer Dienst gewesen, eine nicht minder große Zahl der jüngeren aber eben erst zu ihrer Stellung befördert worden war. So gab es denn überreichlich zu schaffen und zu wirken.

Die ungeheure Vermehrung der Streitkräfte erforderte aber auch die Schaffung neuer Truppenverbände. Das arme, faum 5 Millionen Einwohner zählende Land stellte im Verlauf des Waffenstillstandes 271 000 Streiter auf, und es war daher durchaus nöthig, jowohl bei der Landwehr die errichteten Bataillone zu Regimentern zusammenzustellen, als auch bei den Linientruppen die große Zahl der Bataillone eines Regiments zu verringern und aus dem Ueberschuß neue Regimenter zu bilden. Aus diesem Grunde geschah die Stiftung des Brandenburgischen Jafanterie-Regiments 1. Juli 1813.

Eine Königliche Kabinets-Ordre verfügte:

„Ich habe beschlossen, das I. und II. Reserve-Bataillon des Leib-Infanterie-Regiments nebst dem III. Bataillon des 1. Westpreußischen Infanterie-Regiments zusammenzuziehen und durch dieselben ein neues Regiment unter dem Namen »Brandenburgisches Infanterie-Regiment« formiren zu lassen, wovon das letztgedachte Bataillon unter dem Kommando des Majors v. Krosigk das Füsilier-Bataillon bildet, und soll dies Regiment zur Brandenburgischen Truppen-Brigade gehören. Zum Kommandeur dieses Regiments ernenne ich den Oberstlieutenant v. Borcke. Die übrigen Reserve-Bataillone sollen auch zu drei und drei zusammenstoßen und so, wie die Anlage das Nähere zeigt, zu 12 ReserveInfanterie-Regimentern formirt werden.

Die Reserve-Infanterie-Regimenter sind nach den Nummern der Stamm-Regimenter bezeichnet worden, und hat dadurch ein jedes Stamm-Regiment mit Ausschluß der Garden sein eigenes Reserve-Regiment erhalten, dies neue Brandenburgische Regiment mit inbegriffen, welches künftig das 12. Stamm-Regiment wird. Neudorf, den 1. Juli 1813.

gez. Friedrich Wilhelm."

Wahrscheinlich wurden nun das II. und Füsilier-Bataillon von der Avantgarde des Generalmajors v. Korswandt abgelöst, da das Regiment am 8. Juli in Quartieren der Umgegend von Strehlen zusammengetreten ist.

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Einige Nachweisungen über den Stand der Bekleidung und Bewaffnung des Regiments sind aus „Thomaskirch, den 15. Juli“ und ein Bericht über den Zustand des Regiment aus Alt-Wansen, den 21. Juli" datirt, sämmtlich mit der Unterschrift des Majors v. Othegraven als des stellvertretenden Regimentskommandeurs. Oberstlieutenant v. Borcke, der mit seinem Bataillon in der Nähe von Trebbin im Brandenburgischen gestanden hatte, war noch nicht eingetroffen.

Nach diesen Berichten betrug die Stärke des Regiments:

61 Offiziere, 180 Unteroffiziere, 40 Spielleute,*) 2184 Mann, 13 Chirurgen **), 10 Hautboisten, 3 Büchsenmacher.

Einschließlich Regiments- und Bataillons-Tambours. **) Regiments, Bataillons- und Kompagnie-Chirurgen.

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